Die Leere der Lehre (II)

gutes zitat. da fällt mir ein zitat von hermann hesse ein. passt zwar nicht zum thema wissen, aber ich finde es einfach treffend.

Belehrung

Mehr oder weniger, mein lieber Knabe,
sind schließlich alle Menschenworte Schwindel,
verhältnismäßig sind wir in der Windel
am ehrlichsten, und später dann im Grabe.

Dann legen wir uns zu den Vätern nieder,
sind endlich weise und voll kühler Klarheit,
mit blanken Knochen klappern wir die Wahrheit,
und mancher lög und lebte lieber wieder.

mfg
karasu
 
Werbung:
(Die Bürde der Lehre (und des Lehrers))

(63)
Wer sich daran verdient nicht zu herrschen
und sich darauf besinnt, auch nicht beherrscht zu sein,
dem erwächst Großes,
da er nur an Großem wächst.

Er sieht die Welt in einem Sandkorn an
und doch in alldem nur das Eine.

Was sonst keiner vergeben kann,
er nimmt es hin, vergibt es dann
und sieht dadurch den Sinn.

Im scheinbar Leichten und Flüchtigem
versteht er es
sich Schwerstem und Gewichtigen
zu unterzieh’n.

So verbirgt er seine Größe
in flüchtiger und unscheinbarer Tat
und überwindet so das Große,
das selbst ein Gewaltiger und Starker
nicht zu überwinden vermag.
(Ein starker Mann zerbricht daran.)

So ist es hier mit allem Großen,
es verbirgt sich gut,
da es in seiner wahren Größe
nur im Flüchtigen, Verborgenen und Wesensgleichem ruht.

So auch der Berufene:
Unbedeutend ist Ihm seine Größe, darum wirkt sie in Ihm.
Sie zu bekunden ist Ihm das Schwierigste, und nicht das Leichte.
Da er diese Bürde jedoch auf sich nimmt,
obgleich er sie scheut,
vermag er sie auch zu tragen.



(Übertragung R.S.)
 
Im Gebirge der Wahrheit kletterst du nie umsonst: entweder du kommst schon heute weiter hinauf, oder du übst deine Kräfte, um morgen höher steigen zu können.

Friedrich Nietzsche

mfg
karasu
 
(Das Verbergen der Lehre und des Lehrers)

(64)
Was IN SICH RUHT, ist leicht zu tragen,
was IN SICH GLEICH ist, leicht zu lenken.

Was JUNG ist, lässt sich leicht zerbrechen,
was KLEIN ist, rasch zerstreuen.

Wirkt Einer auf etwas ein, was noch kommt,
so bleibt die Wirkung seines Tun stets verborgen.
Ordnet Einer das, was noch nicht gesehen wird,
erscheint das Gesehene noch als verwirrt.

Die Macht von Schöpfung und Lehre
tritt in der Ordnung hervor, indem sich diese Ordnung erst entfaltet,
und doch schon im Verborgenen der Schöpfung, wie auch der Lehre ruht.

So wie die Stärke eines Baumes sich schon in der Zartheit seines Sprösslings findet.

So wie die Größe eines Turmes sich in seinen Steinen verbirgt,
auch wenn diese Steine noch wirr auf einem Haufen liegen.

So wie die Vollkommenheit eines Weges
sich nicht im ANBEGINN, sondern im ZIEL offenbart,
obgleich diese Vollkommenheit im ANBEGINN verborgen liegt,
sich dort begründet,
und doch erst Schritt um Schritt sich mit der Reise selbst entfaltet.

Wer nach dem Baum sucht, fasst es nicht.
Wer nach dem Turm späht, sieht es nicht.
Wer nach dem Ziel fragt, erlangt es nicht.

Da das Wesen der Lehre verborgen ist,
führt kein solches Fassen oder Sehen oder Streben zu Ihr hin.

Doch auf diese Weise mühen sich so Viele
das Wesen der Lehre (oder des Lehrers) zu Erfassen, zu Sehen oder Anzustreben,
obgleich es SO weder zu verstehen, noch zu erkennen, noch darin einzumünden ist.

Auf diese Weise wird das Geschenk der Lehre (und des Lehrers) verdorben (durch dieses Streben).

Erst wenn das, was in der Lehre UND im Lehrer
ERFASST, ERKANNT oder GEFUNDEN werden kann,
ebenso geachtet wird,
wie das,
was in der Lehre oder im Lehrer
NOCH NICHT ERFASST, ERKANNT oder GEFUNDEN werden kann,
da es noch verborgen liegt,
erst durch solches ANNEHMEN der Lehre und des Lehrers,
wird die Lehre nicht verdorben.

Auf diese Weise wird auch der Berufene die Lehre dem Suchenden schenken:

Er schenkt die Lehre keinem, der sie nicht erfassen will.
Er offenbart die Lehre dort nicht, wo kein Verlangen nach Ihr vorherrscht.

So erzwingt er das Erfassen der Lehre nicht.
So verleiht er der Lehre nichts Schweres und hält sie so wert(wahr).

Er zeigt, dass die Lehre, nicht gelernt werden muss
und wendet sich daher an jene, die es nicht anstreben, eine Lehre zu erwerben.

Auf diese Weise lehrt er, wie die Schöpfung selbst lehrt
und erzwingt nichts.



(Übertragung R.S.)
 
(Über das Praktizieren der Lehre)

(65)
Niemand tritt in die Lehre ein,
wenn er etwas anderes darin sucht,
als SICH SELBST.

Keiner tritt in das Wissen der Lehre ein,
wenn er in diesem WISSEN etwas anders findet,
ALS SICH SELBST.

So ist das Wissen der Lehre und des Lehrers
nicht bei denen zu finden,
die zu einer Lehre oder einen Lehrer gehen,
um eine Lehre oder einen Lehrer zu finden,
sondern bei jenen,
die zu einer Lehre oder einen Lehrer gehen,
um sich SELBST dort zu finden.

Dass die Leute leicht in Streit geraten
über eine Lehre oder einen Lehrer,
kommt von Ihrer Art eine Lehre oder einen Lehrer anzusehen
und Ihren vielen Erkenntnissen darüber,
was die Lehre oder der Lehrer ist,
da es NICHT in Ihnen SELBST ist.

Und da dieses Erkennen nicht SIE SELBST betrifft,
werden sie dieses Erkennen auch zu erstreiten suchen.
Doch wer mit solcher Art von Erkenntnissen zu herrschen sucht,
dessen Reich wird den Räubern zum Opfer fallen.

Wer von solchem Bestreben frei ist,
dessen Reich ist nicht zu erobern,
da er keine Erkenntnis bewahrt oder anstrebt,
die nicht IN IHM SELBST ist oder AUS IHM SELBST kommt.
So kann keiner Ihm seine Erkenntnisse rauben
oder Ihn selbst zum Räuber machen.

Solch ein Streben im Erkennen der Lehre und des Lehrers
ist tief und weit und allumfassend.
Solche Art des Praktizierens im Erkennen der Lehre
bewirkt das Gelingen,
da es (nur) für das eigene Selbst geschieht
und somit gelingt es auch für alles andere.

Im Streben nach den Erkenntnissen der Lehre oder des Lehrers,
dort draußen (als Lehrer und Lehre) gesucht,
wird NICHTS außer das Wort der Lehre und die Gestalt des Lehrers gefunden werden
und diese Art von Erkennen der Lehre oder des Lehrers,
sucht nun Menschen und auch Orte zu beherrschen.

Und doch bewirkt dieses Streben NICHTS, das von Bestand wäre,
weder in dem, der so strebt, noch in allem anderen.


(Übertragung R.S.)

 
ad
(65) Lehrsatz
aus dem TE (Thomas Evangelium)

(78): Jesus sagte: "Weshalb seid ihr auf das Feld hinausgegangen?
Um ein Schilfrohr zu sehen, das vom Wind bewegt wird?
Um einen Menschen zu sehen, der weiche Kleider trägt wie eure Könige und eure Mächtigen?
Diese, die weiche Kleider tragen (zu tragen streben), werden nicht in der Lage sein, die Wahrheit zu erkennen."
 
Chinesische Parabel:

Ein alter Mann mit Namen Chunglang, das heißt "Meister Felsen", besaß ein kleines Gut in den Bergen. Eines Tages begab es sich, dass er eins von seinen Pferden verlor. Da kamen die Nachbarn, um ihm zu diesem Unglück ihr Beileid zu bezeigen.
Der Alte aber fragte:"Woher wollt ihr wissen, dass das ein Unglück ist?" Und siehe da: einige Tage darauf kam das Pferd wieder und brachte ein ganzes Rudel Wildpferde mit. Wiederum erschienen die Nachbarn und wollten ihm zu diesem Glücksfall ihre Glückswünsche bringen.
Der Alte vom Berg aber versetzte:"Woher wollt ihr wissen, dass es ein Glücksfall ist?"
Seit nun so viele Pferde zur Verfügung standen, begann der Sohn des Alten eine Neigung zum Reiten zu fassen, und eines Tages brach er das Bein. Da kamen sie wieder, die Nachbarn, um ihr Beileid zum Ausdruck zu bringen. Und abermals sprach der Alte zu ihnen:"Woher wollt ihr wissen, dass dies ein Unglücksfall ist?"
Im Jahr darauf erschien die Kommission der "Langen Latten" in den Bergen, um kräftige Männer für den Stiefeldienst des Kaisers und als Sänftenträger zu holen. Den Sohn des Alten, der noch immer seinen Beinschaden hatte, nahmen sie nicht.
Chunglang musste lächeln.

Hermann Hesse (Mit der Reife wird man immer jünger)

mfg
karasu
 
ja, die Parabel ist mir in ähnlicher Form durch Osho bekannt
je mehr Perspektiven sich entfalten
um so unklarer wird die Wertung eines Geschehens.
Irgendwann wird man sich eingestehen, dass es keinen Sinn ergibt, das Geschehen selbst zu bewerten.

Man kann den Emotionen einen Wert zumessen, die unmittelbar mit diesem Geschehen verbunden sind, indem man diese Empfindungen in sich selbst ermisst/erfühlt oder sie mit dem anderen teilt
und das macht durchaus Sinn,
nur dem Geschehen selbst, sollte man keine Wertung geben.
Dies führt zu nichts und verblendet nur die Sicht...

"Was immer auch geschieht ist ohne Bedeutung, doch nichts was geschieht ist bedeutungslos...."
(aus "Dieser Weg")

LG
 
(Das WIRKEN der Lehre und des Lehrers)

(66)
Dass jenes, dass da strömt und so sich mehret
im tiefsten Tal zur Flut wird dieser Welt,
als König auch das Land regiert und es ausformet,
liegt daran, dass es MEHR ist und gefällt.

Es liegt DARUNTER und so ist es MEHR.
Es liegt DARÜBER und so ist es ALLES.

Und ALLES ist es, über das es sich ergießt,
wie Regen, der auf die Erde fällt,
(und fragt auch nicht, ob es gefällt),
sieht nur den Dienst SICH SELBST nun zu verströmen.

Und MEER ist es, in das es sich ergießt,
wie eine Quelle, die sich ungezähmt erhebt
und ohne Irrtum oder Pflicht
in MEHR einfließt, als dieses SELBST bewegt.

So auch der Berufene:
Er ist darüber, wie der Regen der nun fällt,
und ALLES dann belebt.
Er ist darunter, wie die Quelle, die sich hebt
und unbeirrt in dieses MEHR einströmt.

So ist er selbst darüber, wenn er kniet
und auch darunter, wenn er sich erhebt.

Was oben ist, kann unten sein, so kann es dienen.
Was unten ist, dient selbst in seiner Größe nur der Welt.

So belastet der Berufene niemanden, durch das was er ist.
So verwirrt der Berufene niemanden, durch das was er ist.

Die Welt ist nur willig sich selbst zu erheben, wenn niemand sie belastet.
Die Welt ist nur willig sich selbst aufzuklären, wenn niemand sie verwirrt.

Da der Berufene es selbst nicht erstreitet,
bewirkt er selbst auch keinen Streit darüber.


(Übertragung R.S.)

 
Werbung:
ja, die Parabel ist mir in ähnlicher Form durch Osho bekannt
je mehr Perspektiven sich entfalten
um so unklarer wird die Wertung eines Geschehens.
Irgendwann wird man sich eingestehen, dass es keinen Sinn ergibt, das Geschehen selbst zu bewerten.

Man kann den Emotionen einen Wert zumessen, die unmittelbar mit diesem Geschehen verbunden sind, indem man diese Empfindungen in sich selbst ermisst/erfühlt oder sie mit dem anderen teilt
und das macht durchaus Sinn,
nur dem Geschehen selbst, sollte man keine Wertung geben.
Dies führt zu nichts und verblendet nur die Sicht...

LG

Hallo R.S.
Dem Geschehen keine Wertung zu geben in unserer realen Situation der Trennung, hieße das nicht, auf Selbstreflektion zu verzichten und zurückzukehren ins Paradies?
Hieße das nicht, die Verantwortung für unser Tun abzulehnen?
Kein Phötus kehrte je in den Mutterleib zurück.
 
Zurück
Oben