Aber Wirkungen stehen niemals alleine, sie sind die Echos ihrer Ursachen.
Das klingt auf den ersten Blick überzeugend und schön formuliert. Doch das ist die klassische Denkweise des Kausalitätsprinzips, das bereits 1964 von John Bell mit seiner berühmten ”Bell´schen Ungleichung“ beerdigt hat. Allerdings ist es nicht verwunderlich, dass sich eine seit Jahrtausenden gefestigte Denkweise wie die des Kausalitätsprinzips auch heute noch größter Liebhaber und Anhänger erfreut, weil man damit so schön den Ablauf der Dinge erklären kann, obwohl da letzten Endes gar keine Dinge sind, sondern eben nur eine EINZIGE Gesamtwirkung, genannt Natur oder Universum.
Vermutlich siehst du Aufmerksamkeit als primäre Ursache aller Wirkungen.
Nein, dieser Formulierung kann ich nicht zustimmen, weil ich überzeugt bin, dass es bereits Aufmerksamkeit VOR einer Ursache geben muss, damit diese überhaupt zustande kommen kann. Letztendlich ist auch das nicht korrekt, weil es keine Ursache im Sinne von Anfang oder Erster Wirkung geben kann. Warum nicht?
Eine Ursache, verstanden als Anfang bzw. Erste Wirkung, setzt eine absolute Wirkungslosigkeit voraus, weil es sonst nicht der korrekte Anfang gewesen sein kann. Nur eine Wirkungslosigkeit stellt sicher, dass es vor einem postulierten Anfang (oder Ursache oder Erster Wirkung) keine anderen Wirkungen gibt.
Nun ist es jedoch so, dass eine Wirkungslosigkeit per Definition keinen Impuls beinhaltet, der zu irgendetwas führen könnte, weder zu einer Ersten Wirkung noch zu sonst etwas. Und aufgrund dieser Tatsache ergibt sich die einzig mögliche Schlussfolgerung, dass es keinen einzigen Anfang für irgendetwas gegeben haben kann. Was wir tun, wenn wir etwas als Anfang bezeichnen ist, dass wir uns ein ganz bestimmtes Ereignis aus der ständig und kontinuierlich ablaufenden Gesamtwirkung der Natur herauspicken und sämtliche vorherigen Ereignisse ignorieren. Wir müssen das tun, um uns besser zurecht zu finden. Das nennen wir dann Kausalitätsprinzip. Manche nicht so gebildeten Menschen bezeichnen gar Ursache und Wirkung als Dasselbe. Oder noch schlimmer, sie verwenden den Begriff ”Ursache“ im Plural, wo doch jeder weiß, dass alles, was auf eine Ursache folgt, ausschließlich nur Wirkungen sein können. Solche Menschen behaupten zwar gerne noch immer, dass es ein Ursache-/Wirkungsprinzip gibt, aber sie haben mit der vereinbarten Anwendung ihrer eigens dafür gewählten Begriffe und Bedeutungen bereits größte Schwierigkeiten.
Anhand eines Beispiels möchte ich gerne aufzeigen, warum es keine Ursache gibt:
Nehmen wir ein Beispiel aus dem Alltag. Auf einer Straßenkreuzung fahren zwei Autos ineinander, ein rotes und und ein blaues. Blechschaden. Die Polizei wird gerufen, um die Ursache zu ermitteln. Der Polizist geht zu einem Zeugen am Straßenrand und fragt ihn: ”Haben Sie gesehen, wie das passiert ist?“ und der Zeuge antwortet: ”Ja, für mich ist die Sache klar. Die Ursache des Unfalls ist der Automobilhersteller des blauen Fahrzeugs. Denn wenn der Hersteller das Auto nicht gebaut hätte, wäre es nicht zu dem heutigen Unfall hier gekommen.“
Der Polizist kratzt sich am Kopf, weil er sich eingestehen muss, dass die Antwort weder falsch, noch gelogen, noch an den Haaren herbeigezogen ist. Aber er will zur Sicherheit noch einen zweiten Zeugen befragen. Dieser antwortet:
”So´n Quatsch! Der Automobilhersteller ist keinesfalls Schuld an dem Unfall. Die tatsächliche Ursache für den Unfall ist die Mutter des Fahrers des blauen Autos. Denn wenn sie ihren Sohn nicht geboren hätte, dann wäre es nicht zu dem Unfall gekommen.“
Auch diese Antwort ist weder gelogen noch unwahr, sondern sie ist genauso gültig und wahr wie die Aussage des ersten Zeugen.
Während der Fahrer des roten Wagens beiden Aussagen zugehört hat, muss er darüber schmunzeln. Denn in Wahrheit hat er beim Abbiegen einer hübschen Blondine am Straßenrand hinterhergeschaut und konnte deswegen nicht rechtzeitig bremsen, was er natürlich nicht zu Protokoll gibt. Für ihn ist die Blondine die Ursache des Unfalls.
Genauso gut könnte ich jetzt sagen, dass beides Unsinn ist. Denn die wahre Ursache ist unsere Sonne am Himmel. Denn ohne Sonne, keine Erde, keine Autos, keine Unfälle. Auch das ist eine wahre Aussage und nicht gelogen oder erfunden.
Was zeigen uns diese Beispiele?
Sie zeigen, dass prinzipiell jedes Ereignis, um es als Ursache zu bezeichnen, genauso gut ist wie jedes andere. Daher gibt es keine tatsächliche Erste Wirkung, oder einen tatsächlichen Anfang oder eine Ursache für irgendetwas.
Ich bin letzten Endes nicht mal bereit, die gesamte Natur als "eine Wirkung" zu bezeichnen (im Sinne von Zählbarkeit 1), weil der Begriff ”Wirkung“ bereits vergeben ist als Folge einer Ursache. Aber es gibt keine Ursache, keinen korrekten Anfang mit einer zwingend vorherigen Wirkungslosigkeit für irgendetwas, wie ich eben aufzeigte.
Tatsächlich ist jedes beliebige Ereignis, wenn man es denn als eigenständiges Ereignis sehen möchte, in Wahrheit nur ein bestimmter Ausschnitt aus dem ständig und kontinuierlich stattfindenden Gesamtablauf, den wir zusammenfassend als Natur oder Universum bezeichnen.
Wenn du deinen Aufmerksamkeitsfokus vollumfänglich und kontinuierlich auf diesen natürlichen Gesamtablauf gerichtet lassen könntest, wo gäbe es da für dich Ursachen und Wirkungen?
Anm.:
Ein Like-Button bekommst du dafür, weil ich es respektiere, dass du dir ausführliche Gedanken darüber machst und bereit bist, sie hier zu formulieren, als andere hier.