Wissenschaftliche Arbeit ist alles, was Mensch denkt, fühlt und tut. Auch derer, die nicht Wissenschaft dazu sagen.
Nein, eben das ist Wissenschaft nicht.
Basis der Wissenschaft ist alles, was man messen (Naturwissenschaften) bzw. anderweitig beobachten (Wirtschafts- bzw. Geisteswissenschaften) kann - innerhalb dieser Grenzen bewegt sie sich (Formalwissenschaften sind jetzt ausgenommen, die sind da ein eigenes Kapitel).
Die Wissenschaft versucht, das Gemessene (bzw. Beobachtete) zuerst einmal zu abstrahieren - das heißt alle Faktoren wegzudenken, die die Messung (Beobachtung) nicht maßgeblich beeinflussen. Dann macht sie verschiedene Versuche und stellt anhand dieser Versuche eine Theorie auf - um das zu tun, benötigt man natürlich Fakten (das sind Dinge, die man direkt aus den Messungen bzw. Beobachtungen ablesen kann, z.B. "
der Siedepunkt von H2O ist bei Normaldruck 100°C" - Messung - oder "
Menschen, die ein geringes Einkommen haben reagieren auf eine Erhöhung des Brotpreises paradoxerweise mit einer erhöhten Nachfrage nach Brot" - Beobachtung).
So, nun haben wir also unsere Hypothese, die erklären soll, warum das so ist. Diese Erklärung wirft man nun ins "wissenschaftliche Forum", und jeder, der gewillt ist, darf sich daran gütlich tun und sie regelrecht zerlegen. Die Hypothese wird von jeder Seite genau betrachtet und es wird nach Falsifizierungsmöglichkeiten gesucht. Nur, wenn keinem anderen Menschen eine Erklärung einfällt, unter welchen Umständen die Hypothese nicht stimmen könnte, wird sie verworfen. Dazu muss man entweder Fakten haben (also Messungen/Beobachtungen, die die Hypothese widerlegen), oder einen Denkfehler bei der Erstellung der Hypothese feststellen.
Schafft die Hypothese diese "Feuertaufe", wird sie eine Theorie und ist anerkannt, einen bestimmten Sachverhalt befriedigend zu erklären.
Alles, was man gemeinhin unter Esoterik fasst, geht normalerweise andere Wege:
Erstens befasst sie sich nur damit, was Einzelne "denken, fühlen, tun". Leider tun sich Menschen schwer, ihre eigenen Erfahrungen objektiv auszuwerten. Ich werde meine folgenden Ausführungen anhand eines sehr guten Beispiels aufzeigen: Homöopathie. Die Basis der Homöopathie gründete Samuel Hahnemann mit seinem berühmten "Chinarindenversuch"; er nahm eine höhere Dosis Chinarinde und stellte fest, dass sich bei ihm genau die gleichen Effekte einstellten wie bei der Krankheit, die man oft mit Chinarinde behandelt hat damals: Malaria. Er folgerte, dass man mit Substanzen, die in hohen Dosen ein Symptom hervorrufen in geringen Dosen eben jenes Symptom bekämpfen könne.
Hier kommt schon die erste Verletzung wissenschaftlichen Arbeitens her, die in der Esoterik oft verwendet wird: Ein eingeschränkt induktives Argumentationsverfahren. Dabei nimmt man Einzelbeispiele ("bei mir hat Homöopathie dort geholfen, wo die Schulmedizin versagt hat!") und baut auf diesen eine Theorie genereller Gegebenheit auf. Das Problem? Es werden immer nur einzelne und sehr subjektive Beispiele hergenommen. Ein Gegenbeispiel wären die Wirtschaftswissenschaften, die zwar ebenfalls rein induktiv auf der Basis von Beobachtungen arbeiten (wie im vorigen Brot-Beispiel), dies jedoch auf einer universellen Skala machen und gemäß des wissenschaftlichen Prinzips jedes "Gegenbeispiel" genau untersuchen und in die Theorie einzubauen versuchen.
Hahnemanns Beispiel ist gut, weil er aus dieser einen Erfahrung eine generelle Gesetzmäßigkeit abgeleitet hat, die so nicht stimmen kann. Schließlich gibt es tausende Wirkstoffe, die nicht das Symptom hervorrufen, das sie therapieren. Solange die homöopathische Theorie das nicht erklären kann, ist sie nicht wissenschaftlich.
Schließlich leitete er noch das "Potenzierungsprinzip" ab; dass, je geringer man einen Wirkstoff konzentriert, sich die Wirkung desselben steigern. Auch hier haben wir eine Verletzung der Wissenschaftlichkeit in Form eines einfachen Logikfehlers, er noch dazu auf keiner Faktenbasis (Beobachtung, Messung) aufbaut.
Zweites Problem an der Esoterik ist, wenn man unbedingt will, dass eine Hypothese stimmt, obwohl das nach dem Konsensus der rational Denkenden nicht der Fall ist. Das ist natürlich höchst unwissenschaftlich. Perfektes Beispiel ist die moderne Homöopathie:
Nachdem die Theorie der Homöopathie durch die Loschmidt'sche Zahl bzw. das Dalton'sche Atommodell in Form von anderen, auf Fakten basierenden Theorien angezweifelt (bzw. falsifiziert) wurde, versuchte man krampfhaft, die Theorie irgendwie am Leben zu erhalten. Das geschah durch diese "Erinnerung des Wassers"-Sache. Das Wasser erinnert sich nämlich auch, wenn kein Wirkstoff mehr drin ist. Hier wird versucht, eine Theorie zu verifizieren, indem man
eine andere Theorie erfindet, die wiederum
in keinster Weise auf Fakten basiert. So etwas ist natürlich eine absolute Umkehr der wissenschaftliche Methodik und verstößt gegen die Regeln selbiger auf mehrere Weisen. Das Problem: die Wissenschaft falsifiziert (sich selbst), die Esoterik versucht (sich selbst) zu verifizieren, immer öfter durch scheinwissenschaftliche Argumente.
Long story short:
Wissenschaft beobachtet und misst zuerst Dinge und versucht dann nach der Auswertung, eine funktionierende Theorie zu erstellen.
Esoterik baut auf Basis von isolierten Einzelbeobachtungen oder oberflächlichen bzw. assoziativen "Allgemeinweisheiten" Theorien auf, und versucht sie dann mithilfe von Messungen oder Beobachtungen zu verifizieren.