Depression / Liebeskummer

Liebe Ahorn,
es gibt verschiedene Formen von Depressionen.
Ist sie reaktiv, also auf ein Trauma, zurückzuführen, kann sie sicher wegtherapiert werden.

Liegt eine organische Ursache vor im Neurotransmitterhaushalt, kann medikamentös eingestellt werden auf bestmögliche Befindlichkeit, jedoch muss das nicht heißen, dass derjenige aus eigener Kraft aus den Depressionen herauskommt.
Sag mal einem Kurzsichtigen, wenn er seine Einstellung ändert, dass er dann keine Brille mehr braucht...
Es kommt wohl immer drauf an, wieweit organisch etwas manifestiert ist.

Aussagen GEGEN Psychopharmaka halte ich genauso für unangebracht wie Medikamentenmissbrauch.
 
Werbung:
Es ist schade das er antidepressiva nimmt. So unterdrückt er die schreie, geholfen ist ihm damit nicht wirklich.

Je nachdem, wie suizidgefährdet der Depressive ist, ist es manchmal unumgänglich, unterstützend Antidepressiva einzunehmen.
Zuweilen sitzt das Problem so tief, dass der Betroffene ohne solche Hilfe absolut dicht macht und nichts rauslassen kann zur Aufarbeitung. Somit wäre das Problem ohne Medikamente ja ebenfalls nicht lösbar.

Nun ja, über das Thema wird viel gestritten.
Oftmals wird von den Medikamentengegnern auch nicht bedacht, dass es nicht nur um das bloße Ausschalten von Suizidgedanken geht sondern dass Betroffenen einfach geholfen werden muss, ihren normalen Alltag weiter zu bewältigen, um nicht noch den Job zu verlieren oder für die Familie/Kinder handlungsunfähig zu werden, was Depressionen ja so an sich haben, dass sie lähmend wirken...

Außerdem wirken Antidepressiva nicht ausschließlich sedierend, was viele gar nicht so wissen!
Beruhigung ist nicht die einzige Wirkung. Trizyklische Antidepressiva wirken auch Angst lösend und Stimmung aufhellend.
Was die beste Kombination ist, die man sich denken kann, wenn man wirklich mal selbst betroffen war.

Um es noch bildlicher zu machen:
Das Medikament wirkte bei mir genau GEGENTEILIG von dem, was Alkohol bewirkt, der den Kopf vernebelt.

Mein Kopf war voll mit wirren Gedanken, die sich im Kreis drehten. Ich war
antriebsschwach, ängstlich, panisch, tieftraurig und wie eingefroren, Magenschmerzen, Kopfdruck, Verdauungsprobleme, unfähig, zu sprechen oder zu handeln, Kreislauf ständig am Schwanken.
Nach Einnahme des Medikamentes wurde ich zunächst ruhiger. Dann lösten sich die inneren Spannungen, Magen, Darm, Kopf alles wieder freier oder ganz frei. Antrieb zum Tun kam wieder. Das Aufklaren des Kopfes war wie wenn nach einem dunklen Regentag die Wolken aufbrechen und Sonnenstrahlen durchdringen.
Dann konnte ich arbeiten und meine Familie versorgen und hatte abends ein besseres Gefühl als an Tagen ohne Medikamente. Dann war ich erst in der Lage, zur Therapie zu fahren und dort geistig an der Vergangenheit und dem Depressionsauslöser zu arbeiten. Allmählich lernte ich wieder zu lächeln und nun wirklich zu leben.

LG, Romaschka
 
Aussagen GEGEN Psychopharmaka halte ich genauso für unangebracht wie Medikamentenmissbrauch.

Hallo Romaschka,

da bis heute niemand, auch nicht die Psychiater, wirklich weiss, wie die Psychopharmaka genau wirken, sollte man auf jeden Fall vorsichtig damit umgehen.
Mir wurde auch mal ein Mittel aufgeschrieben, welches ich nach einmaliger Einnahme gleich wieder abgesetzt habe. Die Ärzte sind sehr schnell im Verschreiben. Manchmal habe ich den Verdacht, sie kriegen Provision... .

Ich glaube, dass jede Depression auch körperlich feststellbar ist (auch meine damalige), dass es Veränderungen im Gehirn gibt. Vielleicht gibt es unterschiedliche Ausprägungen, das kann sein. Aber ich denke auch, dass einer Unterdrückung jeder schlechten Emotion nicht gut ist, weil man auch nicht mehr offen für die guten Momente des Lebens ist - das ist genau das, was ich an meiner Freundin beobachte...
Ich glaube aber auch, dass sie den Weg der Medikamente gehen muss, warum weiss ich nicht, aber das scheint ihr Weg zu sein, vielleicht findet sie irgendwann noch einen anderen. Ich finde es nur schade, dass sie nicht zur Freude findet...

LG
Ahorn
 
...da bis heute niemand, auch nicht die Psychiater, wirklich weiss, wie die Psychopharmaka genau wirken, sollte man auf jeden Fall vorsichtig damit umgehen.

So pauschal kann man das nicht einfach behaupten!
Die Wirkung von trizyklischen Antidepressiva ist bekannt und kann von mir genau so bestätigt werden. Siehe mein post weiter oben, wie es mir unter der Einnahme ging.
Vorsicht ist bei ALLEN Medikamenten geboten, die wir uns zuführen. Alles hat neben der erwünschten Wirkung unerwünschte Nebenwirkungen.
Wobei ich lediglich Mundtrockenheit zu beklagen hatte, was wirklich im Verhältnis zur Wirkung des Präparates so gering war, dass ich gut damit klarkam. Eine fortlaufende Blutbildkontrolle, die ich wie im Beipackzettel empfohlen, machen ließ, brachte keine negativen Befunde mit sich.


Mir wurde auch mal ein Mittel aufgeschrieben, welches ich nach einmaliger Einnahme gleich wieder abgesetzt habe. Die Ärzte sind sehr schnell im Verschreiben. Manchmal habe ich den Verdacht, sie kriegen Provision... .

... einmalige Einnahme... erwartest du Wunder?
Nicht jeder verträgt jedes Medikament - soweit ok.
Aber man muss es ausprobieren.
Wenn du ohne auskamst, auch schön. Das solltest du trotzdem nicht zum Maßstab für alle machen.


Ich glaube, dass jede Depression auch körperlich feststellbar ist (auch meine damalige), dass es Veränderungen im Gehirn gibt. Vielleicht gibt es unterschiedliche Ausprägungen, das kann sein. Aber ich denke auch, dass einer Unterdrückung jeder schlechten Emotion nicht gut ist, weil man auch nicht mehr offen für die guten Momente des Lebens ist - das ist genau das, was ich an meiner Freundin beobachte...
Ich glaube aber auch, dass sie den Weg der Medikamente gehen muss, warum weiss ich nicht, aber das scheint ihr Weg zu sein, vielleicht findet sie irgendwann noch einen anderen. Ich finde es nur schade, dass sie nicht zur Freude findet...

LG
Ahorn

Schade, wir reden hier aneinander vorbei.
LG Romaschka
 
Liebe Romaschka,

danke für die Ergänzung, jetzt verstehe ich es etwas besser.

Zur zeitweisen Unterstützung ist eine medikamentöse Behandlung manchmal gut, gerade bei Suizidgefahr sehe ich das ähnlich (die Gedanken hatte ich ja auch - aber ich bin feige..., deswegen war es nicht gefährlich), aber wenn es über Jahre geht??? Dann stimmt irgendwas an der Zusammenarbeit Therapeut/Medikament/Betroffener nicht - glaube ich. Oder wenn der Betroffene immer wieder in die Klinik will ... ich weiss nicht ... Sicher ist es schön, mal wirklich geborgen zu sein, aber das langfristige Ziel sollte bei jeder Form von Therapie (egal ob Psycho oder Medikamentös) sein, dass man selbständig leben kann.
Es gibt auch noch die Chronisch Kranken - ja, aber da habe ich oft das Gefühl, dass sie erst von der Schulmedizin dazu gemacht werden: Mein damaliger Arzt würde immer noch Depression als Krankheitsgrund aufschreiben, wenn ich ne Grippe habe... Und andere Menschen lassen sich schnell was einreden.

LG
Ahorn
 
Liebe Ahorn,
das freut mich, dass ich mich dir verständlich machen konnte.

Ich stimme dir auch zu, dass es sehr oberflächliche Ärzte gibt.
Einer in meiner Gegend wird im Volksmund "Doc holiday" genannt, weil er schon den gelben Schein/Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung zückt, noch ehe der Patient gesagt hat, weshalb er grade da ist...

Wenn ein Depressiver in Langzeitbehandlung ist und keinerlei Fortschritt zu bemerken ist, lässt das die Vermutung aufkommen, dass entweder Patient-Therapeut nicht miteinander harmonieren oder der Behandler unfähig ist oder der Patient keine Eigenverantwortung übernehmen will/kann oder das Medikament nicht greift oder die Art der Therapie nicht die geeignetste für denjenigen ist... Gründe gibt es da eine Menge.
Hast du eine Vermutung, welcher auf deine Freundin zutreffen könnte? Dann könntest du ja da mal eine vorsichtige Empfehlung abgeben: Arzt wechseln, endlich Selbstverantwortung übernehmen, Therapieform wechseln...

LG, Romaschka
 
Liebe Romaschka,

ich ahne, dass sie schreckliches in ihrer Kindheit erlebt hat - sie ist vielleicht noch nicht soweit, da genau hinzuschauen - denn hinschauen bedeutet Schmerzen - es ist leichter mit einem Stempel Borderliner rumzulaufen, als diesen Schmerz auszuhalten. Das kann ich nachvollziehen. Es hat warscheinlich weniger mit Wollen als mit Können zu tun. "Wie über diese Schwelle gehen, wenn es doch so dunkel ist - und der Schmerz wartet?"
Sie selbst wirkt sehr stark, da traut sich manch ein Therapeut nicht, Tacheles zu reden (aus eigener Schwäche). Ich meine nicht böse reden, sondern nur so, dass sie aufwacht, die Therapeuten sind alle lieb mit ihr, da lässt sie sich gerne fallen und "umtutteln".
In meiner Therapie wurde mir von Anfang an klargemacht, dass es nur auf Zeit ist, das konnte ich mir zwar anfangs nicht vorstellen, aber am Ende habe ich mich daran erinnert. Ja, und einer von meinen ersten Therapeuten (ich hatte mehrere, was je nach Heilungsschritt auch sinnvoll war), hat mal unbedacht etwas gesagt, was ich falsch verstanden habe - aber dadurch habe ich gelernt, dass niemand anders für meine Heilung verantwortlich ist - ich muss selber tun... Das, was ich verstanden hab, hat mir mordsmässig wehgetan. Ich habe das für mich und mit ihm klären können - aber langfristig hat mir der falsch verstandene Satz weitergeholfen.

Was ich mit diesem Mega-Absatz sagen will, manchmal können treffende Worte sehr heilsam sein. Das traut sich aber nicht jeder Therapeut - vielleicht ist das auch nicht bei jedem Klienten angesagt, das weiss ich nicht - bin kein PsychoMensch...

LG
Ahorn
 
Liebe Ahorn,
schön, dass du so viel Verständnis für deine Freundin hast. Ich kann es auch verstehen, dass du es schade findest, dass sie scheinbar nicht rauskommt aus ihrem Drama. Zusehen zu müssen fällt mir auch recht schwer, und seit ich aus meinem "Loch" gekrochen bin und weiß, dass es machbar ist, fällt es mir noch schwerer... Aber jeder hat seine eigene Geschwindigkeit und jeder Fall ist anders gelagert, so dass es keine Patentvorgehensweise geben kann.

Die treffenden Ansagen sind oft schwer verdaulich. Ein Therapeut muss ja auch immer schwerst abwägen, ob er damit den Patienten wegjagdt oder ihn aus der Reserve lockt zum Vorankommen...

Du hast mich an einen Ausspruch erinnert, als meine Thera mal sagte, ich würde "mauern". Das habe ich zu Beginn überhaupt nicht verstanden. Das hat erst viel später "klick" gemacht, dass sie meinte, ich würde "zumachen" und das Thema abblocken.
Das Verstehen dessen, was in der Therapie abgeht, ist auch zuweilen mühselig. Aber es hat mir zum Ende immer mehr Spaß gemacht.

LG Romaschka
 
Werbung:
Liebe Romaschka,

... Aber jeder hat seine eigene Geschwindigkeit und jeder Fall ist anders gelagert, so dass es keine Patentvorgehensweise geben kann.
und ich bin in vielen Dingen sehr ungeduldig - vielleicht darf ich bei ihr mal Geduld lernen... das fällt schwer...

Die treffenden Ansagen sind oft schwer verdaulich. Ein Therapeut muss ja auch immer schwerst abwägen, ob er damit den Patienten wegjagdt oder ihn aus der Reserve lockt zum Vorankommen...
Jeder reagiert anders - das ist spannend - und schwierig, denn wenn es schief geht, macht der Klient erst recht dicht...

Das Verstehen dessen, was in der Therapie abgeht, ist auch zuweilen mühselig. Aber es hat mir zum Ende immer mehr Spaß gemacht.
Und dann ist plötzlich Schluss - dann kann mit dem Therapeuten nicht mehr rumblödeln und Spass haben - echt blöd :schmoll: Ich darf mich ja wieder melden, wenn was ist - aber es ist nix, das, was ich bei ihm lernen konnte, hab ich gelernt, er hat gut vorgesorgt ... :nudelwalk

LG
Ahorn
 


Schreibe deine Antwort....
Zurück
Oben