C
Condemn
Guest
In welche Richtung würdest Du Politiker denn korrumpieren wollen, so Du selbst politische Ambitionen hast und wäre ein Korrumpieren nicht mit dem verbunden, wo Du bisher gegenargumentiert hast - da vermutlich Korruption die Ursache dafür ist, dass eine Politik gemacht wird, gegen die demonstriert werden muss, als Bürgerpflicht, insbesondere bei der Aufrechterhaltung von Maßnahmen, die nicht mehr von der Verfassung gestützt sind, sondern den Industrien in die Tasche arbeitet, die zu den Korrumpierern gehören ...?
Nur so ein Gedanke und gute Nacht
eva
Um das jetzt mal ernsthaft zu beantworten: Das ist ein sehr komplexes Thema. Es gibt glasklar echte und illegale Korruption, ich glaube aber dass die wiederum seltener ist und nicht so relevant wie etwas das nicht illegal ist und oft einfach Lobbyismus bzw. Interessenvertretung genannt wird. Und auch das sehe ich nicht als böse an. Man sollte da verstehen, dass es für nahezu jeden Standpunkt durchaus Gründe gibt. Eine Rüstungsfirma wird z.B. sagen, dass solange es einen Bedarf an Waffen gibt auch Waffen hergestellt und verkauft werden. In dem Kontext wäre es dann unsinnig Rüstungsfirmen zu sehr zu gängeln, denn Verkauf von Rüstung ist auch Einflussnahme, damit im Interesse eines Landes. Bestimmte Industrien sagen: "Wir haben hier jetzt etwas das zukunftsweisend ist. Wenn ihr zu stark reguliert, vertreibt ihr die Innovatoren (z.B. mein Gebiet: Blockchain-Tech) und zerstört das zarte Pflänzchen bevor es der starke Baum ist." Die Atomlobby sagt: "Wir sind sehr CO2 arm und solange es keine echte Alternative gibt, und Kohle ist ja wohl keine, solltet ihr uns nicht abschalten und dann Strom von Frankreich kaufen die Aomtkraftwerke an die dt. Grenze bauen."
Manche Industrien werden dann so stark, z.B. Finanz, dass sie später erpressen können. Sie können z.B. vereinfacht formuliert sagen: "Rettet unsere Bank, denn wir haben Schulden bei Bank X und Y und Z und die geraten sonst auch in Probleme, und nur nebenbei: Denkt an die Einlagen ganz normaler Bürger."
Will sagen: Probleme entstehen oft nicht aus purer Gier und Bosheit weil irgendwelche James Bond Bösewichte mit Geld und Knarre auftauchen. Das gibt es sicherlich auch, aber generell und immer: Politiker stehen in einem Dschungel verschiedenster Interessen in ganz unterschiedlichen und sehr komplexen Gebieten für die sie unmöglich genug Expertise haben. Die Berater die wirklich Fachkompetenz haben kommen normalerweise dann aus eben jenen Bereichen selbst und sind daher parteiisch.
Das Problem ist: Man kann das nicht lösen. Es gibt nichts worauf man zeigen und sagen kann "Da ist der gordische Knoten und wenn wir den kaputt kriegen oder verändern regelt sich der Rest.". Und jede vermeintliche Lösung hat Nebenwirkungen. Manche können sowas sehr tief analysieren, auch psychologisch, und vor Fehlern warnen. Aber niemand kann das wirklich so vollkommen um eine Art perfektes Gleichgewicht hinzubekommen.
Deshalb werden jene die eher rational und nüchtern sind und v.a. jene die insgesamt zufrieden sind und für die das Spiel funktioniert immer eher "Krisenverwalter" wählen. Die wollen keine vermeintlichen Problemlöser, keine Revolutionäre. Ich meine das ohne Wertung. In den USA ist das übrigens eigentlich schon anders. Sowohl Bernie Sanders als auch Trump stehen in den Augen eher für Revolutionäre. Und das obwohl Bernie bei uns ein normales SPD-Mitglied sein könnte und Trump eben ein korrupter Narzisst ist der nur ein Talent hat: Marketing.
Wenn man nun an jene denkt die auf solche Demos gehen: Was man da sehen kann sind Menschen, die wohl mehrheitlich daran glauben das wir betrogen werden. Sie können sich nicht vorstellen, dass es bei Corona mit rechten Dingen zugeht, dass da nicht irgendwas anderes hinter steckt, weil sie diese Überzeugung mittlerweile pauschalisieren und auf jedes Thema anwenden. Und anders als ich glauben viele nicht an ein komplexes Geflecht natürlicher Dynamiken, sondern an Steuerung. Paradoxerweise glauben die genau deshalb an Lösungen und jeder hat ne andere im Kopf. AfD-Wähler glauben es würde besser wenn die AfD an der Macht wäre, irgendwelche anderen Gruppen sind vielleicht sogar Revolutionäre und wollen gleich alles umstürzen und was auch immer auf den Trümmern errichten (davon träumen sowohl rechte wie auch linke Pseudo-Revoluzzer). Manche glauben man müsse "Feind X" bekämpfen oder "Feind Y" und nachdem man den Endsieg eingefahren hat sind wir im gelobten Land. Das ist vielleicht etwas übertrieben dargestellt, aber es ist wahrscheinlich nicht ganz falsch.
Das Problem bei denen sind oft nicht mal zwingend die Diagnosen. Die Probleme auf die sie zeigen sind meistens real. Aber nie so eindeutig wie sie glauben, und viel vielfältiger und letztlich natürlicher. Und gerade weil diese Dynamiken, die zum Teil tatsächlich gesteuert aussehen können, natürlich sind, gibt es dagegen kein Mittel. Menschen sollten nicht gegen natürliche Dynamiken ankämpfen. Und deshalb bin ich auch oft so "verständnisvoll". Ich finde nichts wirklich unnatürlich sondern das meiste sogar naheliegend und in der Tendenz auch berechenbar. Deshalb ist mein Rat an andere individuell immer den eigenen Bereich zu finden, eine möglichst stimmige Kombi aus Kompetenz und Integrität zu entwickeln und den Rest zu beobachten, aber sich nicht zu tief mit irgendeiner Seite zu identifizieren und sich dafür zu engagieren. Das sind schwarze Löcher.
Das ist mein Rücktrittsschreiben betreffend meiner geplanten Kanzlerschaft.
P.S.:
Die einzige Lösung: Irgendeine Art kollektive Bewusstseinserweiterung die uns alle zu besseren Menschen macht. Aber nicht mal Jesus hat das geschafft, also selbst so einer wäre als Bundeskanzler auch nur einer von vielen.