Vielen Dank liebe
@FelsenAmazone.
Dein Beitrag berührt mich im Herzen. Ich lese ihn immer wieder und freue mich an den Gefühlen, die dabei aufsteigen.
Meine Welt ist seit Corona auf den Kopf gestellt. Ich bin ein politisch neutraler Mensch. Ich erlebe mich hauptsächlich als Praktizierende eines medizinischen Berufs, der wenig Anerkennung bekommt. Ich bin schlechte Behandlung gewohnt, sei es von Ärzten, Sozialarbeitern, Vorgesetzten, den Bewohnern selbst und ihren Angehörigen. Pflege ist stumm. Egal wie schlecht der Dienst besetzt ist, wir machen gute Miene zum bösen Spiel.
Aber diese Maskenpflicht kommt für mich als das eine große Symbol daher: Maul halten, Maske auf.
Da werde ich stutzig. Beginne zu zweifeln. Und mein "wie jetzt?" wurde gedanklich immer lauter.
Ich arbeite seit Jahren im Hochstress. Es ist Teil meines Jobs, in Notfallsituationen einen klaren Kopf zu behalten. Selbst wenn ich Angst habe, merke ich davon nichts. In dem Moment gilt es, jemand in Not zu beschützen, zu betreuen und von größerem Schaden zu bewahren.
Wenn um mich herum alles im Panikmodus erstarrt/rumrennt/kreischt ... bleibe ich im Fokus und handlungsfähig. Das beschränkt sich nicht nur auf den Beruf, sondern das scheint Teil meiner Persönlichkeit zu sein. Das habe ich nicht gelernt, das war schon immer ein Wesenszug von mir.
Das Arbeiten im Fokus geht mit einer Form der emotionalen Erstarrung einher, die mich rein rational agieren läßt. Ist die Krise behoben, die Situation beendet, das Problem gelöst, dann kann ich wieder empfinden und alle Emotionen branden an. Manchmal erst Stunden später, auf dem Weg nach Hause.
Seit Corona befinde ich mich im Dauerstreß. Ich höre schlechter, ich schlafe schlechter, Haarausfall, Konzentrationsmangel.
Daß etwas nicht mehr stimmt, daß etwas völlig aus dem Gleichgewicht ist, habe ich gemerkt, als ich nicht mehr meine Karten deuten konnte. Meine heißgeliebten Lenormand sprachen plötzlich nicht mehr zu mir und ich mußte mich notgedrungen um eine Lösung kümmern. Den Konflikt suchen und anschauen. Meine eigene Position bestimmen.
Das finde ich, ist momentan die schwerste Aufgabe. Nichts zu sagen, was den anderen noch mehr in Rage bringt. Oder seine Beiträge nicht persönlich zu nehmen. Ich versuche auch im Alltag, alle Menschen zu validieren. Das ist ein Konzept aus der Arbeit mit Demenzerkrankten. Im Umgang mit hysterischen, panischen, aggressiven Personen taugt die Validation schon, aber im Forum bekomme ich dafür einfach nur ... auf's Maul gehauen.
Da rotten sich welche zusammen und schlagen wild um sich, prügeln wortreich, bildreich auf alles und jeden ein, der da nur einen Hauch anders denkt. Meine Ansicht wird zerpflückt, zerschreddert und gevierteilt. Würde es dem anderen helfen, hätte das ja was Gutes. Aber die Leute geben ja keine Ruhe mehr. Das ist fast eine Raserei.
Ich fühle in diesem Forum überwiegend nur die vielen Formen von Hass, der mir entgegenschlägt. Auch wenn es mich nicht persönlich betrifft, wenn es gar nciht an mich gerichtet ist und ich in Stellvertretung verprügelt werde. Das macht mich fassungslos. Das ist vielleicht das Wort, das meinen momentanen Zustand am ehesten beschreibt. Die Fassung fehlt. Die Welt ist aus den Fugen geraten, das Bild hat sich verschoben, der Rahmen ist zerbrochen.
Das war der Grund, warum ich hier in diese Coronadiskussion reingeschaut habe. Ich dachte, das hier ist meine Gemeinschaft und hier fände ich Gesprächspartner.