Das Ich-Bin kennenlernen

Erläuterungen zum ”Ich“ und zum ”Ich-bin“

Die Bezeichnungen ”Ich“ und ”Ich-bin“ klingen zwar ähnlich, aber es gibt einen wohl durchdachten Grund, warum man diese beiden Bezeichnungen wählt. Der Zusatz ”bin“ in der Formulierung ”Ich-bin“ meint nicht dasselbe wie z.B. ”Ich fühle mich gut“ oder ”Ich fühle mich schlecht.“

Er meint vielmehr, dass es jemanden gibt, der sich manchmal gut und manchmal auch schlecht finden kann, aber niemals im Sinne von ”ein Leben lang gut“ und auch nicht ”ein Leben lang schlecht“.

Denn wenn es zutreffen würde ”Ich fühle mich gut“ und das meine wahre Natur wäre, dann würde ich mich nicht nur manchmal gut fühlen, sondern immer. Oder wenn es zuträfe, dass meine wahre Natur es ist ”Ich fühle mich schlecht“, dann würde ich mich nicht nur manchmal schlecht fühlen, sondern immer.

Aber nichts von beiden trifft zu, das ich als einen dauerhaften Zustand bezeichnen könnte, der mich ausmacht.

Dieses ”Ich“ (ohne das ”bin") meint immer nur eine momentane Erfahrbarkeit, ein ganz bestimmtes Bezugsverhältnis, auf das ich meinen Fokus gerichtet habe.

Demgegenüber meint das ”Ich bin“ weder die Erfahrbarkeit, dass ich mich gut noch schlecht fühle. Es meint, dass es jemanden gibt, der diese Wechsel erfahren kann. Anders gesagt. Das ”Ich bin“ meint das reine Vorhandensein und noch keine konkrete Erfahrbarkeit.

Das ”Ich bin“ ist das, was ein ”ich fühle dieses“ oder ”ich fühle jenes“ überhaupt erst ermöglicht.

Hier ein paar Beispiel zur Verdeutlichung der Unterschiede:

Damit ich morgens nach dem Aufwachen bemerken kann, ob ich gut oder schlecht geschlafen haben, benötige ich dafür zuerst mein eigenes Vorhandensein. Erst dann kann ich meinen Fokus auf meinen Körper richten und feststellen, ob ich gut oder schlecht geschlafen habe.

Ebenso gilt: Bevor ich morgens nach dem Aufwachen sagen kann ”Ich erinnere mich, was ich mir für den Tag vorgenommen habe“, muss ich zunächst vorhanden sein, damit mir das gelingt.

Anschaulich gesagt: Das Ich-Bin (das Vorhandensein) muss morgens als Erstes aufwachen/erscheinen, damit es überhaupt zu einem Erinnerungsvorgang kommen kann, oder zu einer Sinneswahrnehmung, oder zu einer Handlung.

Ich bin weder die Erfahrbarkeit ”Ich erinnere mich an meine Tagespläne“ noch bin ich die Erfahrbarkeit von ”Ich fühle mich gut“. Das alles sind wechselnde Qualitäten und nicht mein unveränderlich zugrunde liegendes Ich-Bin.

Ähnliches gilt, wenn ich als Kind behaupte ”Ich bin ein Kind“, doch schon 10 Jahre später etwas ganz anderes erkläre, nämlich ”Ich bin ein Jugendlicher“ und noch viele Jahre später auch diese Ich-Überzeugung wieder ändere, weil ich mich inzwischen für einen Erwachsenen halte.

All diese Ich-Erfahrbarkeiten sind notwendige, kommunikative Ausdrucksformen, aber sie sind nicht meine wahre Natur, die während all dieser Wechsel unveränderlich vorhanden ist. Denn ich selbst verändere mich zu keinem Zeitpunkt, wohl aber meine Ansichten darüber, was ich jeweils bin, mal ein Kind, mal ein Jugendlicher, mal ein Erwachsener, mal als einer, der gut geschlafen hat, u.s.w.

Das sogenannte ”Ich“ meint die jeweilige Erfahrbarkeit, die andauernd wechselt, während das ”Ich-Bin“ mein zugrunde liegendes Vorhandensein meint, dass sich während meines Lebens niemals verändert. Ich bleibe stets Derjenige, der ich bereits bei der Trennung meines Körpers von dem meiner Mutter war, egal, wie lange mein Körper funktionieren wird.

Zusammenfassung:


Ich-Bin = das während des Lebens unveränderliche Vorhandensein

Ich = die ständig wechselnde Erfahrbarkeit, für die ich mich jeweils halte
 
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Das ist eine glasklare Darstellung, als Vorschlag einer näherungsweisen Begriffsdarlegung völlig unproblematisch und in sich stimmig. Danke schön!

Nur gegen dieses "unveränderliche Vorhandensein" möchte ich einwenden, dass diese Unveränderlichkeit ja unabhängig von Unterscheidung existieren können müsste - also als bloßes Vorhandensein jenseits von Unterschieden, was sie aber unmöglich kann, wenn überhaupt Unterschiede möglich sein sollen, da ja die Natur von Unterschieden ja gerade Veränderlichkeit ist.
 
huhu

Möchte mich auch beteiligen, ich verstehe es nicht ganz. Dieses Ich bin setzt doch voraus das da jemand ist oder nicht?

Aber da ist doch garkein Ich bin irgendwie oder, es kann in direkter Wahrnehmung kein Ich geortet lokalisiert oder gefühlt werden. Was da ist ist, wie du schon sagst Anwesenheit, Gewahrsein (Bewusstsein) aber doch eben in Wirklichkeit ohne Ich bin, da ist doch kein Ich.
Keine Person einfach nur etwas unerklärliches.... Setzt Ich bin nicht jemanden voraus der es denkt, wer soll es sonst sein außer das Ich. Und das Ich ist doch sozusagen nur Illusion
Verstehe ich da was falsch? (Bin hier um zu lernen, klärt mich ruhig auf, obwohl ich ehrlichgesagt eh nur die hälfte von dem verstehe was ihr sagt *g*)

LG Thaisen
 
Na, wenn Du z.B. Kopfweh hast sagst Du ja: ich habe Kopfweh - Du sagst nicht: es ist Kopfweh da, so wie man sagt: es regnet. Sondern man sagt: ich habe Kopfweh und charakterisiert somit den Zustand des eigenen Ich, der in diesem Moment eben von der Wahrnehmung "Kopfweh" geprägt ist. D.h. das Kopfweh wird bezogen auf ein Ich und das wäre dann der Zustand des Ich in diesem Moment, da es Kopfweh wahrnimmt und somit ist dieses Ich mit dem Kopfweh zugleich. Das ist aber noch nicht das Ich-bin sondern der Zustand des Ich. Das Ich-bin meint den Geist davor, der nötig ist, um überhaupt so etwas wie Kopfweh unterscheiden zu können, eben Geist an sich. Geist oder Ich-bin ist das, was Dinge wahrnehmen und unterscheiden kann, ohne selbst diese Dinge zu sein, während das Ich das Ergebnis dieser Unterscheidungen ist. So würde ich Meikels Begriffsbestimmung in etwa verstehen.
 
Dieses Ich bin setzt doch voraus das da jemand ist oder nicht?
Eine Voraussetzung ist etwas Zusätzliches. Das heißt, mit anderen Worten sagst du hier: Es gibt das Ich-Bin und zusätzlich jemanden, dem man das Ich-Bin zuordnen könnte. Diese Schlußfolgerung ist falsch. Aber die Erklärung dazu ist nicht einfach. Ich werde auch hierzu demnächst noch mehr darüber schreiben.

Aber da ist doch garkein Ich bin irgendwie oder, es kann in direkter Wahrnehmung kein Ich geortet lokalisiert oder gefühlt werden. Was da ist ist, wie du schon sagst Anwesenheit, Gewahrsein (Bewusstsein) aber doch eben in Wirklichkeit ohne Ich bin, da ist doch kein Ich.
Da ist auch kein Bewusstsein im Sinne von "als gegeben vorhanden". Denn Bewusstsein gibt es nicht immer, sondern nur manchmal. Bei Bewusstlosigkeit wie auch beim traumlosen Schlaf ist nichts da, das einem bewusst sein könnte und daher auch kein Bewusstsein. Aber es ist ein Ich-Bin vorhanden, das einem ermöglicht, wieder aufwachen zu können.
 
Es scheint so, dass das Ich-bin schon vorher vorhanden gewesen sein muss, da ich ja am nächsten Tag wieder aufwache und davon erzählen kann, was gewesen ist. In Wahrheit aber erscheint alles sofort und unmittelbar jetzt. Es gibt keine Möglichkeit zu zeigen, dass da etwas vorher gewesen ist, selbst, wenn ich mich "erinnere" nicht geträumt zu haben. Alles, was je ist, ist jetzt. Selbst wenn es denn Inhalt "nichts geträumt" oder " nicht bewusst" hat. Und genau an diesem Punkt ensteht das Bedürfnis nach der Frage: was ist das, was dies feststellt? Und daraus folgend eben diese Begriffsunterscheidungen, die versuchen sich einem irgendwie aussen liegendem "Phänomen" zu nähern, das gar kein auffindbares Phänomen jenseits von uns ist, sondern wir sind es selbst und zwar mitsamt all dem Rätselraten und Fragen. Es ist niemals zu finden, was bereits der Fall ist.
 
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Folgendes könnte auch für diesen thread von Belang sein:

Das Ich-Bin ist hier als SELBST beschrieben:

"Die Aufmerksamkeit als Werkzeug der Unterscheidung zur Trennung von Selbst und Nicht-Selbst im alltäglichen Leben
25 Dez
Erleuchtung · Erwachen · SELBST · Aufmerksamkeit

Erwachen, und die Unterscheidung von Selbst und Nicht-Selbst

Weshalb das Selbst von Nicht-Selbst unterscheiden, wenn es doch nur das SELBST gibt?

Dein mächtigstes Werkzeug



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Erwachen und die Unterscheidung von Selbst und Nicht-Selbst


Das Erwachen offenbart, dass die Trennung zwischen Mir und Gott nicht existiert, dass die Trennung zwischen der Schöpfung und Gott nicht existiert, dass folgerichtig und in der tatsächlichen Erfahrung die Trennung zwischen der Schöpfung und Mir nicht existiert. Und zwar sowohl als Mir als das SELBST als auch das Mir als „kleines Ich“, das auch als SELBST erkannt und erfahren wird. Es gibt nur das eine SELBST. Das ist die Erkenntnis/Erfahrung des Erwachens. Und bis diese Erkenntnis nun stabil zu unserer dauerhaften alltäglichen Erfahrung wird, findet ein Prozess statt, in dem permanent das Selbst vom Nicht-Selbst unterschieden wird, bis in der Erfahrung nur noch das eine SELBST vorhanden ist.

Nun mag man stutzen, denn eben wurde gesagt, es gäbe nur das SELBST. Also weshalb jetzt plötzlich Selbst von Nicht-Selbst unterscheiden?


Je nachdem, wo wir uns auf unserem Weg befinden, haben wir unterschiedliche Schritte vor uns.
Um das Selbst vom Nicht-Selbst unterscheiden zu können, muss man erstmal die Erfahrung des SELBST gemacht haben. Ohne diese Erfahrung und das Wissen um das SELBST, kann das „Ziel“ der Erleuchtung nicht erlangt werden. Der Weg beginnt, bzw. nimmt eine entscheidende Wendung mit einer Erwachenserfahrung, einer unzweifelhaften Erfahrung des SELBST. Solange diese Erfahrung nicht gemacht ist, werde ich mich mit der Bemühung um Erleuchtung immer in relativen Sphären aufhalten, doch hier ist es nicht zu finden. Dennoch ist es nicht vergebens in den relativen Ebenen Selbsterforschung zu bestreiten, da ich mich mit diesem Tun durchaus auf eine Erwachenserfahrung vorbereite. In dieser Phase vor dem Erwachen, gibt es also kein Selbst und Nicht-Selbst in der Erfahrung, es gibt hier nur die relative Welt der Erscheinung, der ich alleinige Realität zuschreibe. Es gibt das „kleine Ich“ in der Welt, das eventuell einem Glauben an eine übersinnliche Welt gegenübersteht, diese aber noch nicht als absolut erfährt.


Dein mächtigstes Werkzeug


Sobald also die Erfahrung des absoluten Selbst gemacht wird, und damit klar ist, dass DAS das einzige ist, was es gibt, was ALLES ist, beginnt der Prozess der Unterscheidung von Selbst und Nicht-Selbst, von absolut und relativ. Dies ist ein hochpersönlicher Weg, da jedes Individuum persönliche Unwissenheiten mit sich trägt, die nach und nach in dem Lichte reinen Gewahrseins aufgelöst werden. Manchen Menschen widerfährt dieser Prozess in der „dunklen Nacht der Seele“, die wie ein allumfassender Läuterungsprozess endet in der dauerhaften Erfahrung des einen SELBST. Selbst und Nicht-Selbst als polare Erscheinungen sind dann transzendiert.

Mit der Erfahrung des SELBST bekommst du ein mächtiges „Werkzeug“ in die Hand, das wie von selbst dich ergreift und transzendiert.

(Zwischenanmerkung von mir: Hier werden also nicht die Phänomene wie z.B. Kopfschmerzen unterschieden, sondern relativ von absolut und Selbst von Nicht-Selbst.)

Hier siehst du einen Ausschnitt aus einem Satsang zu diesem Thema."

https://www.erwachenunderleuchtung.de/2016/12/25/die-aufmerksamkeit-als-werkzeug-der-unterscheidung-zur-trennung-von-selbst-und-nicht-selbst-im-alltäglichen-leben/
 
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