Elmar Theveßen leitet das ZDF-Studio in Washington und berichtet unter anderem aus den USA.
https://www.zdf.de/nachrichten/politik/coronavirus-trump-usa-100.html :
Purpurne Seuche", so hieß das Geschehen, das im Sommer 2019 die Welt ergriff. Es begann mitten in China, als ein Tourist sich mit einem neuen Virus ansteckte, es in andere chinesische Großstädte trug; von dort verbreitete es sich in alle Welt und überrollte auch die USA.
Allein hier 110 Millionen Erkrankte, mehr als eine halbe Million Tote. Sie starben nicht an Covid19 und auch nicht in Wirklichkeit, sondern nur in einer Übung der amerikanischen Regierung mit dem klangvollen Namen "Crimson Contagion". Was da vom 13. bis 16. August vergangenen Jahres bei einer Tagung des US-Gesundheitsministerium mit Behörden von zehn Bundesstaaten durchgespielt wurde, ist nun Wirklichkeit geworden.
Die Pandemie überrollt das System
Statt des Vogelgrippevirus bei der Simulation ist es nun eben Sars-Covid2, das vielleicht noch viel mehr Menschen das Leben kosten könnte. Und die Trump-Administration ist dafür mitverantwortlich.
Nach dem Entwurf eines vertraulichen Abschlussberichts, den die
New York Times jetzt veröffentlichte, offenbarte die Übung desaströse Mängel im amerikanischen Gesundheitssystem und den Strukturen für den Fall einer globalen Pandemie:
- Von "Konfusion" und zahlreichen "Konflikten" zwischen den Behörden ist die Rede,
- von "fehlender Klarheit" über die Zuständigkeiten, "unzulänglichen" Finanzierungsquellen,
- "uneinheitlichen" und "fehlerhaften" Leitfäden.
Behörden fehlt der große Überblick
Die Ministerien für Gesundheit und Heimatschutz, der Katastrophenschutz und die Seuchenkontrollbehörde CDC konnten "keinen Überblick über die Lage" geben, es gab nicht einmal eine gemeinsame Datenbasis. Bundesstaatliche und regionale Verwaltungsstellen hatten keine Ahnung, welche Informationen sie im Ernstfall erheben und weitergeben müssten.
Und dann steht da der Satz:
Die derzeitige medizinische Versorgungskette und Produktionskapazität kann die Nachfrage von Staaten während einer globalen Grippepandemie nicht decken.
aus dem Abschlussbericht zu "Crimson Contagion"
All das
erleben die Menschen in den USA nun hautnah, abgemildert bestenfalls durch mutige Improvisation und durch das entschlossene Handeln der Gouverneure einiger Bundesstaaten.
Trump wollte von der Ausbreitung des Coronavirus nichts wissen
Nach mehreren erfolglosen Versuchen konnte Gesundheitsminister Alex Azar den Präsidenten am 18. Januar endlich telefonisch erreichen, so berichtet die Washington Post unter Berufung auf zwei hochrangige Mitarbeiter von US-Sicherheitsbehörden. Aber Trump unterbrach seinen Minister und fragte lieber nach anderen Themen.
Anfang Februar verhängte Trump dann zwar einen Einreisestopp für Personen, die sich vorher in China aufgehalten hatten, aber noch zwei Wochen danach sagte er öffentlich:
Ich denke, das wird gut ausgehen. Wenn wir im April wärmeres Wetter haben, dann hat das einen negativen Effekt auf das Virus.
US-Präsident Trump Mitte Februar über die Verbreitung des Coronavirus
"The system was blinking red" - Alarmstufe Rot, so beschreibt ein Geheimdienstmitarbeiter, der anonym bleiben will, gegenüber der Washington Post die Lage im Januar und Februar 2020.
Es ist die gleiche Formulierung, die einst der CIA-Chef George Tenet benutzte, als er nach dem 11. September 2001 erklären musste, wie und warum die US-Regierung alle Warnungen des Geheimdienstes vor möglichen Terroranschlägen der Al-Qaida in den USA ignoriert hatte.
Als Donald Trump vergangenen Woche angesichts steigender Fallzahlen nach den Versäumnissen gefragt wurde, sagte er:
"Niemand hat jemals an solche Zahlen gedacht." Es war eine Lüge, wie der Abschlussbericht von "Crimson Contagion" und die Warnungen der eigenen Geheimdienste belegen.
Elmar Theveßen leitet das ZDF-Studio in Washington und berichtet unter anderem aus den USA.
https://www.zdf.de/nachrichten/politik/coronavirus-trump-usa-100.html