Die Krux an der Sache ist nur: Einen Sozialstaat können wir uns nur leisten, wenn die Konjunktur stimmt. Nur dann sind wir in der Lage, Rentner, die zu wenig Geld haben, zu unterstützen oder eben auch die Harz4ler.
Du unterliegst da einem bitteren Irrtum. Denn die gute Konjunktur wird auf dem Rücken der Schwachen erkauft.
Was wir uns u.a. alles leisten können:
- Kriege (und da zahlt Deutschland übrigens auch, wenn sie nicht militärisch mitmachen)
- Bankenrettungen (und bitte informieren wie es dazu kam, was Banken so alles taten, um in Schieflage zu kommen)
- korrupt geleitete Prestigeprojekte wie Stuttgart21 oder die Elbphilharmonie etc. (gibt noch viele andere)
- Deutsche Steuerzahler dürfen aus "Solidarität" für Rettungspakete zahlen, damit z.B. reiche griechische Reeder NULL Steuern zahlen müssen. Das Geld dieser Rettungspakete geht zum großen Teil sofort wieder zurück zu z.B. deutsche Banken (darum gehts wirklich. Um Solidarität ging es nie!)
- Deutschland leistet es sich, Rüstungsgüter in Länder zu verkaufen, die es mit Rettungspaketen unterstützen muss (sowas nennt man, wie fast alles in dieser Liste, schlicht Umverteilung von unten nach oben)
- versteckte Subventionen (Aufstockung) an Konzerne, damit die ihre Niedriglohnpolitik weiter durchsetzen können
- Steuerschlupflöcher für Konzerne, die zum Teil weniger Steuern zahlen als ein e Familienbetrieb.
Da gehts jährlich insgesamt um hunderte Milliarden. Das Spiel läuft so: Die Masse muss zahlen und die Schwächeren werden noch geschwächt (die zahlen übrigens auch Steuern), damit einige wenige richtig viel Kohle machen können und nie Verantwortung übernehmen müssen. Das ist Politik für Konzerne und Banken, nicht für die Bevölkerungen der EU (in den USA ist es noch schlimmer).
Übrigens: Abgesehen von Tschechien ist Deutschland das EINZIGE Land in der EU, dass eine EU-Konvention gegen Korruption (Abgeordnetenbestechung) nicht ratifiziert hat!
Noch zu Zeiten meiner Großeltern gab es überhaupt keine Unterstützung in irgendeiner Weise und wenn sie es gegeben hätte, hätte diese Generation - ohne eine Gegenleistung dafür zu erbringen - sich geschämt, diese überhaupt anzunehmen. Einfach Geld kassieren und dafür nichts tun? Das wäre für diese Menschen undenkbar gewesen.
Es gibt seit über hundert Jahren Unterstützung für Ärmere. Diese Klischees der edlen Vorfahren ist sowieso bescheuert. Wer vorm Verhungern ist oder das Dach über dem Kopf zu verlieren droht, nimmt Hilfe an. Dazu kommt: Zu Zeiten Deiner Großeltern war es in Deutschland noch leichter über die Runden zu kommen, weil der landwirtschaftliche Sektor breiter war. Und vor allem: Die Vermögensunterschiede waren geringer und die Möglichkeit mit Fleiß etwas zu erreichen und aufzusteigen waren besser. Das ist psychologisch extrem wichtig, auch wenn das Wohlstands-Niveau insgesamt niedriger war.
Heute ist es genau umgekehrt. Da lautet der allgemeine Tenor: "Ernährt mich gefälligst. Das ist die verdammte Pflicht des Staates." Dazu sage ich: OK, wenn der Staat diese Hilfe heute anbietet, warum nicht annehmen? Aber auch das scheint vielen nicht recht zu sein, denn offensichtlich ist dies Unterstützung immer zu wenig.......
Das ist auch ein Klischee. Klar gibt es jene, die man als Abzocker ansehen kann. Gab es immer... und wenn sie nicht den Staat abzocken, zocken sie ihre Mitbürger ab. Aber vor allem gibt es Millionen von Menschen, die zwar hart arbeiten, aber netto so wenig haben das sie davon gar nicht leben können. Und es gibt Millionen ohne Job, die von dieser Gesellschaft in vielfacher Hinsicht abgehängt werden. Und das ist nicht alleine deren Schuld. Schau Dir an wie es in den USA läuft... daran kannst Du erkennen wie es hier kommen wird.
Und wenn Du Dir mal die Vermögensverteilung anschaust, die ich ja schon mal ansprach, wirst Du erkennen: Reiche werden in der Regel immer reicher wenn sie nicht blöde Fehler machen. Die Zahl der Millionäre ist in der Krise deutlich gestiegen. Aber es gibt v.a. immer mehr Menschen die ärmer werden, Schulden machen müssen und einen Abstieg hinlegen gegen den sie sich auch mit viel Fleiß nicht stemmen können. Das System ist insgesamt einfach ungerecht. Wenn das obere Drittel mehr als die Hälfte allen Vermögens besitzt und die untere Hälfte gar nichts (was nicht heißt das die nicht arbeiten), läuft ja wohl einiges falsch.
Hier.... ganz aktuell:
Bundestag veröffentlicht Zahlen zur Bilanz in der Regierungszeit von Kanzlerin Merkel. In acht Jahren 120.000 Millionäre zusätzlich, während das Armutsrisiko steigt.
http://www.abendblatt.de/politik/article120137753/Mehr-Arme-und-mehr-Millionaere-in-Deutschland.html
Manche erkennen das nicht weil sie in einer Art Elfenbeinturm sitzen. Das ist nicht als Vorwurf gemeint, denn dazu reicht es schon in einem netten Dorf zu wohnen oder einem eher wohlhabenden Stadtteil. Aber wenn man in einem Stadtteil wohnt in dem viele wohnen die man als "sozial-schwach" bezeichnet (der Begriff ist m.A.n. übrigens echt krank) erkennt man sehr schnell dass das nicht alles irgendwelche Schmarotzer sind und das es verdammt viele sind, die von einer massiven Ungerechtigkeit betroffen sind. Denn das betrifft auch nicht nur jene die auf Zahlungen vom Staat angewiesen sind. Es betrifft auch jene, die wichtige Arbeiten machen, sehr fleißig sind, aber damit nur gerade so über die Runden kommen. Insgesamt kämpfen sich viele Millionen durch den Monat, müssen jede Menge Demütigungen ertragen und in den meisten Fällen nehmen die gerade NICHT alles mit was sie könnten. Denn jeder Schritt in das System ist psychologisch teuer erkauft.
Übrigens: Das alles betrifft auch Millionen Rentner. Vor allem in deutschen Großstädten gibt es Millionen alter Menschen die jahrzehntelang hart arbeiteten, auf deren Rücken im Grunde ganz Deutschland nach dem Krieg aufgebaut wurde, die im Winter mit dicken Decken in der Wohnung sitzen weil sie sogar an der Heizung sparen müssen damit sie keine Mietrückstände aufbauen.
Wenn man die massive Ungerechtigkeit unserer Gesellschaft nicht erkennt, dann deshalb, weil man sich Illusionen machen will, weil man an Vorurteilen festhalten will. Und damit klammert man mindestens 1/3 der Gesellschaft aus weil es ein paar gibt, die man möglicherweise zu Recht als Schmarotzer bezeichnen kann. Aber wie gesagt... auch dafür gibt es Gründe. Und diese Gründe wiederum sind eher in Schicksalsschlägen und/oder psychischen Erkrankungen zu suchen.