Ich gehe da noch weiter und sage:
Das Gegenüber ist kein Gegenüber. Das Gegenüber ist ein Inhalt meiner Wahrnehmung und kann nicht mit einem anderen Inhalt meiner Wahrnehmung gleichgesetzt werden - gleichwohl es absolut gleichwertig ist. Folglich verschwindet jeder Druck, das Gegenüber zu etwas anderem zu formen, als es ist, überzeugen zu wollen oder einzuordnen in gewisse Vorurteile und Konditionen.
Das Gegenüber ist vollkommen einzigartig und mir deshalb nicht gegenüber wie ein Spiegelbild, an dem ich dieses oder jenes zu bemängeln hätte.
Ich hatte mir noch kurz überlegt, ob ich
Gegenüber schreiben soll, weil mir das gar nicht so gefällt, tat es dann aber doch, weil ich grad nichts Besseres fand. Dass es Inhalt meiner Wahrnehmung ist, da bin ich mit dir, dass es nicht mit einem anderen Inhalt meiner Wahrnehmung gleichgesetzt werden kann, obwohl es absolut gleichwertig ist, das versteh ich nicht.
Ja, es ist eh nur die Psyche, die bemängelt und einordnet und formen will. Aber du musst zugeben, dass es die Psyche nun wirklich nicht immer leicht hat.

Sie hat ja nur übernommen, was ihr eingetrichtert wurde, schau dir mal die Gesellschaft an, da ist Psyche wo man hinschaut. Das Individuum der Gesellschaft ist die individualisierte Person, nicht das spirituelle Individuum, und die grosse Kunst, erfolgreich zu sein oder bei den andern anzukommen, besteht im Masken tragen. Das kollektive Denken und Fühlen beruht auf dem materialistischen Weltbild, dessen Begierde sich nicht stillen lässt - Mangeldenken, Kompensation, Kampf und Wettbewerb sind "unser" tägliches Brot. Und viele Menschen merken nicht mal, wie sehr sie von diesem kollektiven Erfahrungspool gespiesen werden. Da ist es natürlich schon gut, wenn man weiss, woher unser empfundene Mangel eigentlich rührt, um ihn nicht auf das Gegenüber zu projizieren. Die Psyche hat dann die Möglichkeit, sich an ihren Ressourcen zu orientieren, statt an den Defiziten. Es nützt nämlich herzlich wenig, sich auf ein Jetzt zu fokussieren, das es mehr theoretisch als praktisch gibt, bzw. welches geistig nicht wirklich begreifbar ist, weil die Mechanismen all der Süchte und Zwänge an der Tagesordnung es längst überlagert haben.
Wir sind halt eine zutiefst spirituell ausgehungerte Gesellschaft, das finde ich schon lange. Das mag jetzt sehr negativ klingen, aber ich finde, wer einigermassen geerdet durch die Welt geht, sieht doch das alles auch. Oder etwa nicht?