beobachter, beobachtetes, zeuge

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Hallo Irfan

Ich habe den Text von Ajan Buddhadasa über die Geburt einmal hier rein kopiert:

Die Worte "Geburt" und "Tod" erfordern bezüglich der Sprache das gleiche Unterscheidungsvermögen. In der Umgangssprache bedeutet das Wort "Geburt" aus dem Schoss einer Mutter geboren zu werden. In der Dhamma-Sprache jedoch bedeutet das Wort "Geburt", dass eine Form von Anhaften geboren wird. Diese Art Geburt ereignet sich jedes mal, wenn wir einen Gedanken oder ein Gefühl aufsteigen lassen, dem Ergreifen und Festhalten von etwas als "Ich" oder "Mein" beigemengt ist, so wie "Ich bin", "Ich habe" und "Ich tue". Das ist die Geburt des "Ich" oder des Ego.

So kann man an einem einzigen Tag beliebig oft in vielen unterschiedlichen Formen geboren werden, da jedesmal eine Geburt erfolgt, wenn irgend eine Form des Anhaftens an den Gedanken etwas zu sein aufsteigt. Jede Vorstellung von "Ich bin", "Ich war", oder "Ich will" ist zugleich eine Geburt. Das ist die Bedeutung von "Geburt" in der Dhamma-Sprache. An einem Tag kann es viele Geburten geben, viele Dutzende von Geburten, und jede von ihnen ist unbefriedigend, frustrierend und schmerzlich. Diese Art Geburt zu vernichten ist Nibbana. ständige geboren werden. Wenn wir erst mal wissen wie die Tatsache, dass dieses "Ich" nie mehr geboren werden wird, zu erfahren ist. Dies kann "Nicht-Geburt" genannt werden. Ihr könnt es auch "Tod" nennen, wenn ihr das vorzieht.

In meinen Augen bezieht der Text von Ajan Buddhadasa sich in erster Linie auf unsere Verhaftungen, die zwar im übertragenen Sinne immer wieder neu geboren werden, sich also immer wieder in unserem Verhalten zeigen, aber im Grunde genommen nicht wirklich geboren werden, da sie bereits fester Bestandteil unseres Wesens sind.

Ich würde diese Geburten und Tode allerdings nicht mit der Wiedergeburt bzw. mit der Reinkarnation gleichsetzen, weil die Wiedergeburt bzw. die Reinkarnation auf den realen Tod bzw. auf die reale Wiedergeburt als neues Lebewesen bezieht. Die Geburt von der Ajan Buddhadasa spricht, bezieht sich dagegen auf das Entstehen und Vergehen unserer sinnlichen Verhaftungen.

Alles Liebe. Gerrit
 
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Ich denke er meint schon das Ich,
da sich das Ich aus eben diesen Verhaftungen zusammensetzt.


edit:

habe jetzt vergessen hier noch was anzufügen,
was soll denn der reale tod sein, wenn nicht das lösen von allen verhaftungen?
 
Hallo Wyrm

Wyrm schrieb:
Ich denke er meint schon das Ich,
da sich das Ich aus eben diesen Verhaftungen zusammensetzt.

edit:

habe jetzt vergessen hier noch was anzufügen,
was soll denn der reale tod sein, wenn nicht das lösen von allen verhaftungen?

Man kann ja auch sterben, wenn man sich nicht von den Verhaftungen gelöst hat, also nicht erleuchtet ist (ist ja der Normalfall). Dann wird man eben wiedergeboren.

Wenn man aber stirbt und die Erleuchtung erlangt hat, dann hat man sich natürlich auch von allen Verhaftungen gelöst, dann wird man nicht mehr wiedergeboren.

Alles Liebe. Gerrit
 
beim sterben lösen sich alle verhaftungen, mehr kann ich dir im moment nicht sagen :)

edit:

also der vorgang des sterbens, die auflösung des Ichs.

oder anders ausgedrückt, die vereinigung von ich und nicht-ich, was nicht vereinigt zu werden braucht, da es eins ist.
 
Lotusz schrieb:
Ich würde diese Geburten und Tode allerdings nicht mit der Wiedergeburt bzw. mit der Reinkarnation gleichsetzen, weil die Wiedergeburt bzw. die Reinkarnation auf den realen Tod bzw. auf die reale Wiedergeburt als neues Lebewesen bezieht. Die Geburt von der Ajan Buddhadasa spricht, bezieht sich dagegen auf das Entstehen und Vergehen unserer sinnlichen Verhaftungen.
Buddhadasa sagt, daß die Schriften falsch verstanden werden. Er sagt, daß die Wiedergeburt sich eben gerade nicht auf den physischen Tod bezieht. Dieses ist eben nur ein Mißverständnis. Genau deswegen ist der Text ja so brisant.

Wyrm schrieb:
beim sterben lösen sich alle verhaftungen, mehr kann ich dir im moment nicht sagen :)

edit:

also der vorgang des sterbens, die auflösung des Ichs.
Beim Sterben lösen sich die Verhaftungen auf jeden Fall, egal in welcher Bedeutung das Wort "Sterben" nun gebraucht wird.
 
fckw schrieb:
Dann suche das, was allen dreien zugrundeliegt und nicht wahrnehmbar ist. Es gibt eine Antwort. Ich habe sie gefunden, Wyrm hat sie gefunden, Divo hat sie gefunden und viele andere Forumsteilnehmer auch. Aber es ist nicht unbedingt leicht.
"Suche das, was nicht wahrnehmbar ist". Das ist nun wirklich nicht leicht.

fckw schrieb:
Schick ihm doch mal ne Email, wo du ihm für die gelungenen Bücher dankst!
Autsch, das hat gesessen. Wieso bin ich auf diese Idee eigentlich nicht selber gekommen, in der ganzen Zeit? Ich bin etwas beschämt...

Edit: Ich habe nicht die Bücher, sondern die CD von ihm.
 
Hallo Irfan

Irfan schrieb:
Ich versuche ja eben nicht, den Handelnden "wegzujonglieren". Es ist nur so: Ich kann keinen Handelnden entdecken. Ich meine das nicht als Theorie, sondern als ganz konkrete Erfahrung genau in diesem Moment. Gedanken und Empfindungen tauchen auf und verschwinden wieder, Handlungen geschehen. Hätte ich etwas anderes tun können als genau das, was ich gerade getan habe? Jede solche Alternative ist eine bloße Vorstellung (und diese Vorstellung ist darüberhinaus noch völlig unbeweisbar).

Seltsamerweise empfinde ich das nicht den ganzen Tag so. Ich glaube, das hängt mit Identifikation zusammen (wobei ich sagen muß, daß ich noch lange nicht verstanden habe, wer sich da jetzt identifiziert bzw. wie eine solche Identifikation nun genau funktioniert). Der Handelnde zu sein, heißt Identifikation mit den Gedanken und Handlungen, die aber bei genauerer Beobachtung von selbst auftauchen bzw. Reaktionen auf andere Geschehnisse sind.

Der Handelnde wird also nicht wegjongliert, sondern muß ganz im Gegenteil hinzugefügt werden, um zu existieren.

Ich kann das nicht nachvollziehen, was Du sagst. Egal, was auch in deinem Leben geschieht, Du bist derjenige, der eine Reaktion auf alles, was um dich herum geschieht, erfährt. Entweder erfährst Du Freud oder Leid oder irgendetwas dazwischen. Jeder identifiziert sich automatisch mit seinem Körper. Und das ist biologisch auch so gewollt. Es hat seinen Sinn, dass das so ist.

Erfährst Du Schmerzen, so möchte der Körper dir damit etwas mitteilen. Er möchte dir mitteilen, dass Du möglichst schnell etwas unternehmen solltest, um diesen Schmerz zu beenden. Auf dieses Signal hin wird jeder normale Mensch handeln, um die Schmerzen möglichst schnell zu beenden. Erlebst Du Lust, so sagt dir dein Körper damit, dass dieses ein äusserst angenehmer Zustand ist. Hier zeigt sich dein Handeln darin, dass Du versuchst, diesen Zustand möglichst lange aufrecht zu erhalten oder ihn möglichst oft herbeizuführen.

Es ist also keineswegs so, dass da kein Handelnder wäre. Ausserdem besteht eine Handlung nicht nur aus der blossen Vorstellung, sondern sie ist darüber hinaus mit Emotionen verknüpft. Und mir scheint, diese Emotionen scheinen für dich der springende Punkt zu sein. Würdest Du in entsprechenden Situationen nicht handeln, so würdest Du eventuell dein Leben gefährden. Das ist aber gegen die Logik der Natur, die dir ein Programm, genannt Instinkt, mit in die Wiege gelegt hat, welches in bedrohlichen Situationen mehr oder weniger vollkommen automatisch abläuft.

Und wenn Du meinst, Du könntest keinen Handelnden entdecken, so verneinst Du dich selber und das spricht in meinen Augen gegen die Naturgesetze. Darum vermute ich in dieser distanzierten Haltung zum eigenen Selbst ein krankhaftes Verhalten. Dieses beruht in meinen Augen darin, dass man sich dem eigenen Ich entziehen möchte, weil es zu sehr mit Angst und Schmerz verbunden ist. Und darum greift man zu der List, dass man versucht, sich selber als nicht mehr existent zu betrachten.

Das mag ja eine Weile gut gehen. Die Frage ist nur wie lange. Denn im Unterbewusst brodelt es weiter. Und wenn die Hilferufe des Körpers kein Gehör mehr finden, so heisst das noch lange nicht, dass die Ursachen für diese Hilferufe, nämlich die Erkrankungen, damit beseitigt sind. Sie arbeiten dann halt im Verborgenen weiter. Man kann natürlich weiterhin versuchen, diese Krankheiten zu ignorieren. Aber ich fürchte, eines Tages brechen sie so massiv hervor, dass sie sich nicht mehr ignorieren lassen.

Ist Ramana Maharshi nicht denselben Weg gegangen, hat er nicht die gleichen Ideen gehabt und ist er nicht eines Tages an Krebs erkrankt?

Wo ist mein Denkfehler?

Alles Liebe. Gerrit
 
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Hallo Wyrm

Wyrm schrieb:
beim sterben lösen sich alle verhaftungen, mehr kann ich dir im moment nicht sagen :)

edit:

also der vorgang des sterbens, die auflösung des Ichs.

oder anders ausgedrückt, die vereinigung von ich und nicht-ich, was nicht vereinigt zu werden braucht, da es eins ist.

Beim Tod lösen sich natürlich alle Verhaftungen auf. Laut dem Hinduismus bleibt aber die Seele bestehen. Und der Buddhismus behauptet, die mentalen Kräfte bleiben bestehen und reinkarnieren irgendwann in ein neues Leben. Dieses geschieht offensichtlich so oft, bis die Erleuchtung erlangt ist.

Aber im Grunde genommen halte ich sowohl die hinduistische Vorstellung als auch die buddhistische fur Unfug. In meinen Augen gibt es nur eine Wiedergeburt und zwar die Wiedergeburt im jetzigen Leben, nämlich dann, wenn wir die Erleuchtung erlangt haben, was auch immer das sein mag. Und was nach dem Tod geschieht? Ich weiss es nicht. Es ist mir auch egal. Was mich allein interessiert, ist meine Wiedergeburt im jetzigen Leben.

Alles Liebe. Gerrit
 
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