Antike Stoiker & neuzeitlicher Stoizismus

Ich hab mir nun auch noch die Netflix-Serie zum römischen Reich reingezogen. Sie beginnt mit Marc Aurels Kaiserreich (Staffel 1, Folge 1) und dessen Sohn.


Was ich bei Marcus Aurelius auch noch bemerkenswert finde, wie er sich immer wieder aufrappelt, wenn er gesundheitlich angeschlagen ist. Seine Philosophie scheint ihn auch diesbezüglich gestärkt zu haben.
 
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Ich gehe nach diesem lehrreichen stoizistischen Rundgang zum Eingangsbeitrag zurück und führe den Thread im Kreis zur Vollendung.

Die Philosophie der antiken Stoiker ist mir als neuzeitliche Interpretation des Stoizismus tatsächlich eine angenehme seelische Medizin geworden, die sich bei mir sogar körperlich positiv auswirkt, wie ich gerade heute merke,

https://www.projekt-gutenberg.org/antonius/selbstbe/chap005.html
Marcus Aurelius Antonius, Selbstbetrachtungen. V 9.

"Empfinde keinen Ekel, lass deinen Eifer und Mut nicht sinken, wenn es dir nicht vollständig gelingt, alles nach richtigen Grundsätzen auszuführen.

Fange vielmehr, wenn dir etwas misslungen ist, von neuem an und sei zufrieden, wenn die Mehrzahl deiner Handlungen der Menschennatur gemäß ist, und behalte das lieb, worauf du zurückkommst.

Kehre zur Philosophie nicht wie zu einer Zuchtmeisterin zurück, sondern wie die Augenkranken zum Schwämmchen oder zum Ei oder ein anderer zum Pflaster oder zum Wasserstrahl.

Denn alsdann wird es keine Qual für dich sein, der Vernunft zu gehorchen, vielmehr wirst du dich ihr vertrauensvoll anschließen.

Bedenke doch nur, dass die Philosophie nur das verlangt, was auch deine Natur verlangt."


Der letzte Satz zeigt, worauf es ankommt, dass man nämlich auf die Intuition und den eigenen Körper hören sollte, gerade auch in Sachen Selbstheilung.
 
Zuletzt bearbeitet:
"Die Urkraft des Weltganzen ist wie ein gewaltiger Strom, der alles mit sich fortreißt. Wie unbedeutend sind selbst diejenigen Staatsmänner, die die Geschäfte nach den Regeln der Weltweisheit zu lenken wähnen! O Eitelkeit! Was willst du, Mensch? Tue doch, was gerade jetzt die Natur von dir fordert. Wirke, solange du kannst, und blicke nicht um dich, ob's einer auch erfahren wird. Hoffe auch nicht auf einen platonischen Staat, sondern sei zufrieden, wenn es auch nur ein klein wenig vorwärts geht, und halte auch einen solchen kleinen Fortschritt nicht für unbedeutend.

Wie steht's damit, ob sie den Willen der Allnatur erkannt haben und ihre eigenen Erzieher geworden sind? Haben sie aber nur eine Schauspielerrolle gespielt, so verdammt mich niemand dazu, sie ihnen nachzuspielen. Die Philosophie lehrt mich Einfachheit und Bescheidenheit; fort mit vornehmtuender Aufgeblasenheit!" Marcus Aurelius XIX, 29

Interessant, dass diese Vorstellungen auch heute noch eine Rolle spielen in der Naturwissenschaft.

Was läuft falsch in der gegenwärtigen Physik?

 
Youtube: Zu Glück, Schmerz, Seelenruhe von Lucius Annaeus Seneca


Auch wenn ich nicht so viele andere Stoiker erwähnte neben dem römischen Philosophenkaiser Marcus Aurelius Antonius, hörte ich die anderen stoischen Philosophen auf Youtube, wo es viele interessante Hörbücher zu den antiken Philosophen gibt (z. B. zum Stoiker Epiktet). So ist etwa der Philosoph und Stoiker Lucius Annaeus Seneca ebenfalls sehr eindrücklich, gerade wenn es um das Thema Zeit geht.

Seneca hat mir da wirklich eine neue Welt erschlossen, indem ich die Zeit nun viel bewusster wahrnehme. So gesehen werde ich wohl den Rest meines Lebens doppelt ausnutzen, viel mehr als das bisherige Leben, auch wenn ich nie jemand war, der z. B. im Wartesaal kirre wurde. Ich war schon immer eine unbewusste Stoikerin, aber bewusst gelebt ist es schon noch ausgiebiger. Das spürte ich in den letzten Tagen sehr deutlich, wie es mich verändert hat und mich davon abhält, mich zu verzetteln oder meine Zeit zu vertrödeln.
 
Ich MUSS meine Zeit optimieren. Ich bin in meiner Leistungsfähigkeit herabgesetzt aufgrund einer chronischen Schmerzkrankheit. Deshalb muss ich mich optimieren, damit ich trotzdem im Alltag und in meinen Aufgaben und Zielen ausreichend funktioniere. Der Stoizismus bietet gute Lösungen, denn es geht darin vor allem um das Loslassen von unnötig belastenden und kontraproduktiven Sichtweisen. Man kann ziemlich viel erreichen, wenn man mental geklärt ist. Und dabei hilft mir eben die Klarsicht des Stoizismus.

Vor allem Epiktet geht darin sehr weit als ehemaliger Sklave, der sich seine innere Freiheit in stoischer Ruhe bewahren konnte trotz vielen widrigen äußeren Umständen. Er hat sein Leben sehr stark vereinfacht auf das Wesentliche und sich so neue Handlungsräume geschaffen durch den Abbau der Fesseln, worin wir uns alle unbewusst legen lassen durch die Gesellschaft und den Konsum. Er räumte sein Leben auf, innerlich und äußerlich, und fand eine eigene Übersicht und beherrschbare Ordnung für sein Leben und Umfeld. Genau das will ich für mich auch erreichen.

Wer keinen zeitlichen Leidensdruck hat, für den ist das "Programm der Stoiker" nicht unbedingt das Richtige. Aurelius hat es als Medizin aufgefasst, nicht als allgemeine Lebensregel für jeden. Mir bringt es halt gerade sehr viel in meiner Lebenslage und ich bin sehr glücklich darüber. Meine Intuition hat mich zu den Stoikern geführt. Es ist die Antwort für mich, muss aber nicht für jeden das Richtige sein. Aber ich kann mir vorstellen, dass der Thread sinnvoll ist, um andere mit ähnlicher Bedürfnislage darauf zu bringen, wenn ihre Intuition sie auch entsprechend leitet.
 
Der Stoizismus befasst sich auch sehr eingehend mit Sterben und Tod als unausweichliche Zwischenstation nach Drüben. Dazu gibt es aus dem Bereich der Sterbebegleitung eine interessante 50-seitige Arbeit, kostenlos erhältlich über folgenden Titel, den man nur bei Google eingeben muss: Seelische Probleme im Umgang mit Sterben und Tod
https://www.patientenanwalt.com/publikationen/patientenzentrierte-projekte/
darunter: https://www.patientenanwalt.com/dow...cheProbleme_im_Umgang_mit_Sterben_und_Tod.pdf
 
Der Stoizismus befasst sich auch sehr eingehend mit Sterben und Tod als unausweichliche Zwischenstation nach Drüben. Dazu gibt es aus dem Bereich der Sterbebegleitung eine interessante 50-seitige Arbeit, kostenlos erhältlich über folgenden Titel, den man nur bei Google eingeben muss: Seelische Probleme im Umgang mit Sterben und Tod
https://www.patientenanwalt.com/publikationen/patientenzentrierte-projekte/
darunter: https://www.patientenanwalt.com/dow...cheProbleme_im_Umgang_mit_Sterben_und_Tod.pdf

In meiner Ziel- und Handlungsanleitung habe ich für mich eine Art Leitfaden geschrieben, der meine Ziele zusammenfasst und zur spirituellen Ebene bis nach dem Tod reicht. Nicht nur im Sinne von "Was bleibt von mir zurück in dieser Welt an Wirkung?", sondern auch "Wie entwickle ich mich spirituell so weiter, dass es nach meinem Tod bleibt und mich spirituell weitergebracht hat für die nächste spirituelle Ebene der Transzendenz?"
 
Interessanter wissenschaftlicher Artikel über die Stoa und die Vorstellung der Vielfaltigkeit eines "All umfassenden Gottes", um die Vielgötterei minimalistisch auf den Monotheismus runterzubrechen.

https://www.bibelwissenschaft.de/wi...ils/stoa/ch/55877e3095d3bc552c13d2af7357b693/
"Stoa
[...]

2.2. Physik
[...]

Die Stoa kann die diese Welt gestaltende „Vernunft (Logos)“, „Schicksal [...], „Geist des Zeus“ und „Gott“ gleichsetzen (SVF I,160 = Nickel § 475, vgl. Diogenes Laertius VII,135f). Gott ist das aktive, vernünftige Prinzip, das die Welt und seine Teile gestaltet und durchdringt (Diogenes Laertius VII,134; SVF II,1027 = L.-S. § 46A = z.T. Nickel § 307), er ist „die Welt selbst und die zentrale Durchdringung ihres Geistes“ (Cicero, De nat. deor. I,39 = L.-S. § 54B = Nickel § 433). Er ist einer und doch werden die vielen Götter des griechischen Pantheons und die Mythen über sie nicht negiert, sondern etymologisch bzw. allegorisch interpretiert: „… entsprechend seinen verschiedenen Kräften [wird Gott, der Schöpfer des Alls] mit vielen Appellativen bezeichnet …
[...]
So kann die Stoa die Volksfrömmigkeit durch vertiefende Interpretation in ihr philosophisches System integrieren (Pohlenz 71992, 97) und trotz Vielheit der Götter am Monotheismus festhalten. [...]

Die Existenz Gottes ist nach stoischer Auffassung wissenschaftlich beweisbar: Unter allen Lebewesen zeichnet sich der Mensch nach den Stoikern in allen Völkern dadurch aus, dass er – aufgrund seiner göttlichen Herkunft – „irgendeine Kenntnis von Gott hat“: „Derjenige [erkennt] Gott, der sich sozusagen erinnert und erkennt, woher er kommt“ (Cicero, paradoxa Stoic. I,24, Übers. Nickel). Die Vorstellung, dass Gott existiert, wird also für den Menschen, der „allein das ranghöchste Unterscheidungsmerkmal der Vernunft (ratio) besitzt“ (Cicero, De nat. deor. II,16 = L.-S. § 54E = Nickel § 417) als selbstverständlich erachtet und kann auch logisch erschlossen werden. So argumentiert Chrysipp: „Wenn es nämlich … in der Natur etwas gibt, was der Geist des Menschen, was sein Verstand, was seine Kraft, was das menschliche Können nicht zu bewirken vermag, dann ist das, was es bewirkt, mit Sicherheit besser als der Mensch … Wie aber könnte man das passender als mit dem Wort ‚Gott‘ bezeichnen?“ (Cicero, De nat. deor. II,16 = L.-S. § 54E). Von Kleanthes sind vier Gottesbeweise überliefert (Cicero, De nat. deor. II; mit Abweichungen bei Sextus Empiricus, Adv. math. IX,88ff. = z.T. Nickel § 413, vgl. dazu: Boyancé 1962, 45–71). Der wichtigste ist: die Schönheit der Gestirne und die Ordnung und Gesetzmäßigkeit ihrer Bewegungen.

Da Gott mit dem Logos als Prinzip der Weltgestaltung identifiziert wird, das den Kosmos ganz und gar durchdringt, ist Gott immanent vorgestellt (Pohlenz, 71992, 95; kritisch dazu: Dienstbeck, 274-310). Deshalb wird in Bezug auf die Stoa gern von einem Pantheismus gesprochen. Gleichwohl lassen sich einige Ansätze zur Transzendenz beobachten (Bréhier, 280f): Beim Weltenbrand, wenn die Natur sich auflöst und „die Natur ein wenig stehen bleibt“, kommt „Juppiter … zur Ruhe …, seinen Gedanken hingegeben“ (Seneca, ep. I,9,16). Im Zeushymnus des Kleanthes drückt sich – charakteristisch für die Stoa im Unterschied zu Aristoteles und Platon (Bréhier, 281) – eine persönliche Frömmigkeit aus: Gott wird hier u.a. als Vater angesprochen (SVF I,537 = Nickel § 519)."
 
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In der biblischen Apostelgeschichte 17 des Neuen Testaments diskutiert Paulus mit Epikureern und Stoikern über Gott. Er nähert sich im jüdischen Selbstverständnis des "All umfassenden Schöpfergottes" an durch Betonung der Gemeinsamkeiten und hängt erst danach die neuartige christliche Interpretation an (ab Vers 30, was ich jetzt nicht zitiere).

https://www.die-bibel.de/bibeln/online-bibeln/lesen/ZB/ACT.17/Apostelgeschichte-17
Apg 17, 16-29 Zürcher Bibel (ZB) In Athen: Die Rede des Paulus auf dem Areopag
Während Paulus in Athen auf sie wartete, packte ihn die Wut beim Anblick der zahllosen Götterbilder, die es da in der Stadt gab. In der Synagoge sprach er dann mit den Juden und den Gottesfürchtigen, und auf dem Marktplatz unterhielt er sich täglich mit den Vorübergehenden. Auch etliche aus dem Kreis der epikureischen und stoischen Philosophen liessen sich auf ein Gespräch mit ihm ein, und einige sagten: Was will dieser Schwätzer eigentlich?, andere dagegen: Er scheint ein Verkünder fremder Gottheiten zu sein. Er verkündigte nämlich Jesus und die Auferstehung. Sie nahmen ihn mit, führten ihn auf den Areopag und sagten: Können wir erfahren, was für eine neue Lehre das ist, die du da vorträgst? Befremdliches bringst du uns zu Ohren; wir möchten erfahren, worum es da geht. Alle Athener und die Fremden, die sich dort aufhalten, tun nämlich nichts lieber als letzte Neuigkeiten austauschen.

Da stellte sich Paulus hin, mitten auf dem Areopag, und sprach: Männer von Athen!
Ihr seid - allem Anschein nach - besonders fromme Leute! Denn als ich umherging und mir eure Heiligtümer anschaute, fand ich auch einen Altar, auf dem geschrieben stand: Dem unbekannten Gott. Was ihr da verehrt, ohne es zu kennen, das verkündige ich euch.Der Gott, der die Welt geschaffen hat und alles, was darin ist, er, der Herr des Himmels und der Erde, wohnt nicht in Tempeln, die von Menschenhand gemacht sind, er lässt sich auch nicht von Menschenhänden dienen, als ob er etwas nötig hätte; er ist es ja, der allen Leben und Atem und überhaupt alles gibt. Aus einem einzigen Menschen hat er das ganze Menschengeschlecht erschaffen, damit es die Erde bewohne, so weit sie reicht. Er hat ihnen feste Zeiten bestimmt und die Grenzen ihrer Wohnstätten festgelegt, damit sie Gott suchen, indem sie sich fragen, ob er denn nicht zu spüren und zu finden sei; denn er ist ja jedem einzelnen unter uns nicht fern. In ihm nämlich leben, weben und sind wir, wie auch einige eurer Dichter gesagt haben: Ja, wir sind auch von seinem Geschlecht. Da wir also von Gottes Geschlecht sind, dürfen wir nicht denken, das Göttliche sei vergleichbar mit etwas aus Gold oder Silber oder Stein, einem Gebilde menschlicher Kunst und Erfindungsgabe.

siehe dazu: Stoa, unter: 3.1.3. Frühes Christentum
https://www.bibelwissenschaft.de/wi...stoa/ch/55877e3095d3bc552c13d2af7357b693/#h16

und: Areopagrede
https://www.bibelwissenschaft.de/wi...opagrede/ch/856b39cbc9753e2951f0df3fd42c24ff/
 
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