Interessanter wissenschaftlicher Artikel über die Stoa und die Vorstellung der Vielfaltigkeit eines "All umfassenden Gottes", um die Vielgötterei minimalistisch auf den Monotheismus runterzubrechen.
https://www.bibelwissenschaft.de/wi...ils/stoa/ch/55877e3095d3bc552c13d2af7357b693/
"Stoa
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2.2. Physik
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Die Stoa kann die diese Welt gestaltende „Vernunft (Logos)“, „Schicksal [...], „Geist des Zeus“ und „Gott“ gleichsetzen (SVF I,160 = Nickel § 475, vgl. Diogenes Laertius VII,135f). Gott ist das aktive, vernünftige Prinzip, das die Welt und seine Teile gestaltet und durchdringt (Diogenes Laertius VII,134; SVF II,1027 = L.-S. § 46A = z.T. Nickel § 307), er ist „die Welt selbst und die zentrale Durchdringung ihres Geistes“ (Cicero, De nat. deor. I,39 = L.-S. § 54B = Nickel § 433). Er ist einer und doch werden die vielen Götter des griechischen Pantheons und die Mythen über sie nicht negiert, sondern etymologisch bzw. allegorisch interpretiert: „… entsprechend seinen verschiedenen Kräften [wird Gott, der Schöpfer des Alls] mit vielen Appellativen bezeichnet …
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So kann die Stoa die Volksfrömmigkeit durch vertiefende Interpretation in ihr philosophisches System integrieren (Pohlenz 71992, 97) und trotz Vielheit der Götter am Monotheismus festhalten. [...]
Die Existenz Gottes ist nach stoischer Auffassung wissenschaftlich beweisbar: Unter allen Lebewesen zeichnet sich der Mensch nach den Stoikern in allen Völkern dadurch aus, dass er – aufgrund seiner göttlichen Herkunft – „irgendeine Kenntnis von Gott hat“: „Derjenige [erkennt] Gott, der sich sozusagen erinnert und erkennt, woher er kommt“ (Cicero, paradoxa Stoic. I,24, Übers. Nickel). Die Vorstellung, dass Gott existiert, wird also für den Menschen, der „allein das ranghöchste Unterscheidungsmerkmal der Vernunft (ratio) besitzt“ (Cicero, De nat. deor. II,16 = L.-S. § 54E = Nickel § 417) als selbstverständlich erachtet und kann auch logisch erschlossen werden. So argumentiert Chrysipp: „Wenn es nämlich … in der Natur etwas gibt, was der Geist des Menschen, was sein Verstand, was seine Kraft, was das menschliche Können nicht zu bewirken vermag, dann ist das, was es bewirkt, mit Sicherheit besser als der Mensch … Wie aber könnte man das passender als mit dem Wort ‚Gott‘ bezeichnen?“ (Cicero, De nat. deor. II,16 = L.-S. § 54E). Von Kleanthes sind vier Gottesbeweise überliefert (Cicero, De nat. deor. II; mit Abweichungen bei Sextus Empiricus, Adv. math. IX,88ff. = z.T. Nickel § 413, vgl. dazu: Boyancé 1962, 45–71). Der wichtigste ist: die Schönheit der Gestirne und die Ordnung und Gesetzmäßigkeit ihrer Bewegungen.
Da Gott mit dem Logos als Prinzip der Weltgestaltung identifiziert wird, das den Kosmos ganz und gar durchdringt, ist Gott immanent vorgestellt (Pohlenz, 71992, 95; kritisch dazu: Dienstbeck, 274-310). Deshalb wird in Bezug auf die Stoa gern von einem Pantheismus gesprochen. Gleichwohl lassen sich einige Ansätze zur Transzendenz beobachten (Bréhier, 280f): Beim Weltenbrand, wenn die Natur sich auflöst und „die Natur ein wenig stehen bleibt“, kommt „Juppiter … zur Ruhe …, seinen Gedanken hingegeben“ (Seneca, ep. I,9,16). Im Zeushymnus des Kleanthes drückt sich – charakteristisch für die Stoa im Unterschied zu Aristoteles und Platon (Bréhier, 281) – eine persönliche Frömmigkeit aus: Gott wird hier u.a. als Vater angesprochen (SVF I,537 = Nickel § 519).
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