Hallo Syrius, auch so nebenbei,
die meisten Beiträge, die ich gelesen haben, beziehen sich auf den Christus aus heutiger Sicht, was letztlich nicht die Hintergründe zum Kreuzestod erklären. Hier wird sicherlich der Blick auf den historischen Jesus mehr erklären können.
Dazu sollte man sich zunächst das erste Paradigma der Juden-Christen ansehen, um die eigentliche Botschaft Jesus zu erkennen. Es ging ihm nämlich darum, dass er die Vorstellung hatte, dass der Jüngste Tag und das Reich Gottes nach jüdischer Vorstellung mittelbar bevorstehen oder sogar schon begonnen haben sollte. Jesus lebte streng in seinem jüdischen Glauben und hatte zu keinem Zeitpunkt vor, eine neue Religion zu gründen. Ähnlich Luther versuchte er vielmehr die eingefahrenen Muster infrage zu stellen, um zu den eigentlichen Glaubensinhalten zurückzufinden.
Man muss dazu die ganze Geschichte kennen, in der verschiedene jüdische Propheten die Zeichen nannten, die erfüllt werden mussten, ehe das Reich Gottes auf Erden einziehen konnte. Jesus war so von dieser Vorstellung überzeugt, dass er begann diese Zeichen zu erfüllen, um die Herrschaft Gottes herbeizuführen.
Deswegen ist er auch nach Jerusalem gezogen und deshalb ist er auch auf dem Esel mit einem Palmzweig in die Stadt eingezogen. Alleine dieser Akt war für gläubige Juden eine ungeheuere Anmaßung, welche nicht ungestraft hingenommen werden konnte. Das hatte auch Jesus als strenggläubiger Jude gewusst.
Es galt nun in letzter Konsequenz die Prophezeiungen umzusetzen, welche den Tod des Knechtes Gottes (2. Jesajas) erforderte und er war bereit diesen Schritt zu gehen. Nach Jesajas sollte der Knecht Gottes durch seine Leiden die Welt von seinen Sünden befreien, um damit das Reich Gottes herbeiführen zu können (man beachte die Parallelität). Nach diesem Verständnis spielte sein Tod ohnehin keine Rolle mehr, denn am Jüngsten Tag bedurfte er auch nicht mehr seines Körpers. Dieses Verständnis erklärt auch einige seiner Gleichungen.
Die ganzen Ereignisse in Garten Getsemani und dem letzten Abendmahl bekommen so einen Sinn, er war bereit, der Knecht Gottes zu sein. Deshalb hatte er auch seinen Lieblingsjünger Judas beauftragt den entscheidenden Tipp an die Hohepriester zu geben. Es war kein Verrat, sondern ein sehr schwerer Auftrag, der zu erfüllen war.
Jesus sah sich selbst zu keinem Zeitpunkt als Christus, erst Paulus hatte diese Überhöhung vorgenommen. Mein Gott, mein Gott, warum hast du mich verlassen? manifestiert dann auch die ganze Menschlichkeit Jesus, da spricht kein göttliches Wesen, sondern ein verzweifelter Mensch in seinen Qualen.
Die Vorstellung von dem unmittelbar bevorstehende Reich Gottes, blieb noch über einen längeren Zeitraum ein wesentlicher Glaubensinhalt für die Urchristen. Auch Paulus glaubte, Jesus würde als Christus zu seinen Lebzeiten wiederkommen, um besagtes Reich zu etablieren.
Mit zunehmender Zeitspanne wurde das Ereignis auch immer weiter in die Zukunft verlegt. Mit der Einführung der christlichen Zeitrechnung im 3. Jahrhundert wurde dann das Ereignis nach mehrmaliger Nachbesserung auf das Jahr 1000 verlegt. Da auch dieses Jahr ohne Folgen verstrich, hatte man es dann auf eine unbestimmte Zeit verlegt.
Unabhängig von der späteren Entwicklung des christlichen Glaubens und dessen Inhalts, hatte sich so der historische Jesus einfach nur geirrt, er ist für seine Vorstellung gestorben. So etwas sehen wir auch heute noch im Irrglauben muslimischer Terroristen. Um es gleich klar zu stellen, ich stelle Jesus nicht in deren Nähe. Wäre Paulus mit seiner Missionierung der Heiden nicht gewesen, würde heute niemand mehr von Jesus sprechen. Vermutlich würden wir dann an Mitras glauben.
Wer das alles nicht glauben mag, sollte sich einmal mit einschlägiger Literatur rund um Jesus und dem christlichen Glauben namhafter Autoren beschäftigen. (z.B. Das Christentum -Wesen und Geschichte von dem Theologieprofessor Hans Küng, ISBN 3-492-03747).
Jesus Mission selbst hatte zwar öfters mit Nichtjuden gesprochen, seine Botschaft richtete sich jedoch ausschließlich an Juden. Am 1. Apostolischen Konzil hatte man sich so geeinigt, dass die Jerusalemer Gemeinde weiterhin, wie Jesus selbst, sich nur an die Juden richtet und Paulus außerhalb Israels die Heidenmissionierung betreiben darf. Es dürfte dich interessieren, dass die Gemeinden der Judenchristen um 400 n.Chr. aufgehört haben zu existieren.
Merlin