12 Lichter

Bengolf


Bengolf war durch das Zusammentreffen mit Alturin sehr nachdenklich geworden. Etwas Ungutes ging vor im Sternenwald, dessen war er sich sicher und er hatte das Gefühl, dass sich dort der Kern allen Übels befand. Er wollte seinem alten Freund Alturin helfen und er wollte in die Kristallstadt. Hatora würde sich bestimmt freuen, ihn wieder zu sehen und ihm ging es genauso. Der junge Mikkel hatte durch Alturins Erzählungen sein Interesse geweckt. Auch ihn wollte er unbedingt kennen lernen. Er wusste von einer alten Prophezeiung, die von Hatora gehütet wurde, aber er wusste zuwenig darüber, als dass er etwaige Schlüsse daraus ziehen konnte. Nun, vielleicht würde Hatora ihn bei seinem Besuch etwas mehr darüber erzählen. Bei seinem Ritt durch den Wald erreichte Bengolf eine kleine Lichtung, an der nicht weit entfernt ein alter Handelsweg vorbei führte. Kurz darauf vernahm er Geräusche, die vom Weg herüber zu kommen schienen. Er stieg ab und band sein Pferd hinter einem grossen Stein an einem Baum an. Vorsichtig bewegte er sich in Richtung des Weges. Die Geräusche wurden immer lauter. Hier mussten viele Menschen unterwegs sein. Er hörte Pferdehufe und ein lautes Klappern.


Bengolf versteckte sich hinter einem dicken Kastanienstamm und beobachtete den Weg. Dann tauchten sie auf! Askaden! Das kriegerische Volk aus dem Süden zog auf dem Handelsweg entlang in Richtung Kristallstadt. Pferde, Wagen und jede Menge Kriegsgerät führten sie mit sich. Der Tross riss nicht ab. Es mussten Tausende sein. Fahnen mit dem Zeichen der Askaden wurden getragen und zu ihrem eh schon grimmigen Aussehen erkannte Bengolf eine wilde Entschlossenheit in ihren Gesichtern. Ihre Waffen schepperten laut bei dem Gang über den Handelsweg. Schwerter, Kampfbeile, Schilde und Pfeil und Bogen waren zu sehen. Auf einigen Wagen wurden Teil von Rammböcken transportiert, die vor Ort zusammengebaut werden konnten. Am Ende des Zuges schlossen sich etliche Wagen mit Proviant an. Bengolf kannte die Askaden. In der letzten grossen Schlacht im vorherigen Zeitalter hatten sie sich auf die dunkle Seite geschlagen. Gemeinsam mit seinem alten Freund Alturin hatte er gegen sie gekämpft. Sie waren unerbittliche Gesellen, die keine Gnade kannten.


Es dauerte eine gute halbe Stunde, bis der letzte Teil der Armee an ihm vorbei gezogen war. Bengolf wartete noch einen Augenblick, um nicht von eventellen Nachzüglern entdeckt zu werden. Er musste seinen Plan ändern und auf schnellstem Wege in die Kristallstadt reiten. Er musste Hatora warnen! Bengolf lief zu seinem Pferd zurück, sprang auf und trieb es an. Er wollte in einem Stück durchreiten. Nun war Eile geboten. Zweieinhalb Tage ritt er Tag und Nacht durch, es gab nur kurze Pausen um das Pferd zu tränken und dann kam er endlich an. Völlig erschöpft passierte er das Tor zur Kristallstadt und nahm den Weg empor zur Glasburg. Er gab sein Pferd in die Hand eines Wachpostens und gab ihm zu verstehen, dass er schnellstens mit Hatora sprechen müsste. Ein anderer Posten brachte ihn in die Glasburg. Dort erfuhr er, dass Hatora sich zusammen mit dem jungen Mikkel ausserhalb der Stadt befand. Sie kümmerte sich um seine Ausbildung und am Abend wollten sie zurück sein. Bengolf bekam ein Quartier zugewiesen und legte sich völlig erschöpft auf sein Bett. Eigentlich wollte er wach bleiben, um sofort mit Hatora sprechen zu können wenn sie eintraf, doch der Schlaf übermannte ihn fast augenblicklich. Zu anstrengend war der Ritt gewesen.


Er schlief unruhig und nach kurzer Zeit hatte er einen Traum. Er befand sich auf einer schönen Lichtung. Eine sehr alte Knorreiche befand sich dort und auf ihr war das Zeichen. Eine Sonne und zwölf Sterne rings herum. Hell strahlte die Sonne und die Sterne leuchteten in einem silbernen Licht. Dann wurde das Strahlen der Sonne etwas schwächer und zwei der Sterne erloschen. Plötzlich erlosch noch einer der Sterne und die Sonne verblasste wiederum ein wenig. Die alte Knorreiche gab merkwürdige weinerlich brummende Töne von sich. Wiederum erloschen zwei der Sterne und dann tat sich der Boden auf und grässlich aussehende Gestalten entstiegen dem Waldboden. Eine wilde Schlacht entbrannte in der auch seine Freunde Alturin, Hatora und ein Heer der Lichtkrieger kämpften. Dann ein greller Lichtblitz!


"Bengolf! Bengolf! Da besuchst Du mich nach über fünfzig Jahren wieder einmal und ich muss Dich schlafend vorfinden." Bengolf schlug die Augen auf und erkannte Hatora, die sich über ihn gebeugt und ihn wachgerüttelt hatte. Hektisch fuhr Bengolf hoch und stand auf. "Hatora!" Er verbeugte sich leicht vor der Herrscherin der Kristallstadt. "Ich muss Dir dringend berichten, Herrin. Es gehen schlimme Dinge vor." Hatora hob gebieterisch die Hand und Bengolf verstummte augenblicklich. "Du siehst furchtbar aus, mein Lieber. Ich habe Dir ein Bad vorbereiten lassen. Danach werden wir gemeinsam speisen. Ich möchte Dir jemanden vorstellen, den Du unbedingt kennen lernen solltest. Danach sprechen wir über alles und Du kannst berichten. Keine Wiederede!" Bengolf fügte sich. Er kannte Hatora zu gut und wusste, dass jetzt jedes Argument verpuffen würde. Also ergab er sich einem äusserst wohltuenden heissen Bad und ging dann anschliessend zu dem Raum, in dem Hatora zu speisen pflegte. Ein Bediensteter liess ihn ein. Er war allein und setzte sich auf einen der Stühle. Der Tisch war bereits gedeckt und die wunderbaren Speisen verdeutlichten ihm, wie gross sein Hunger inzwischen geworden war. Er hatte seit Tagen nichts Anständiges mehr gegessen. Am liebsten hätte er gleich ordentlich zugelangt, aber er wollte nicht unhöflich sein und auf seine Gastgeberin warten, wie es sich gehörte.


Es wurde fast unerträglich. Der Duft von frischem Obst und das dampfende Gemüse, der frische Käse und das lecker aussehende frische Brot raubten ihm fast den Verstand. Vielleicht doch schnell ein Griff in die verführerischen Weintrauben? Zwei oder drei würden bestimmt nicht auffallen. Langsam hob er seine Hand und griff sich die Weitrauben. "Greif ruhig schon zu Begolf, Du musst sehr hungrig sein," hörte er plötzlich Hatora's Stimme hinter sich. Er hatte sie nicht eintreten hören und erschrak so sehr, dass er die Trauben fallen liess. Er stand sofort auf und verbeugte sich leicht. "Verzeiht mir Herrin, aber mein grosser Hunger drohte mich zu übermannen. Ich wollte nicht unhöflich sein und habe mich auch lange zurückhalten können, aber dann..." Er machte eine entschuldigende Handbewegung. "Schon gut mein Lieber, antwortete Hatora, nimm Platz und lasse es Dir schmecken." Bengolf hob die Trauben auf und wartete, bis Hatora Platz genommen hatte, dann setzte er sich ebenfalls. Hatora bewegte ihn mit ihrer einladenden Handbewegung dazu, herzhaft zuzugreifen. Er lud sich seinen Teller ordentlich voll und liess es sich schmecken. Während des Essens wurde kein Wort gesprochen. Bengolf wusste, dass Hatora dies nicht mochte.


Als sie mit dem Essen geendet hatten, sagte Hatora: "Nun, was hast Du zu berichten, lieber Freund?" Bengolf wischte sich den Mund ab und erzählte Hatora von seinem Zusammentreffen mit Alturin, von seinen Erlebnissen im Sternenwald und von der Horde wilder Askaden, die er auf der alten Handelsstrasse gesehen hatte. "Du bringst keine guten Nachrichten Bengolf, sagte Hatora, ich hoffe dass Alturin bald zurück ist, damit wir gemeinsam beraten können. Hatora winkte einen der Bediensteten heran und trug ihm auf, den Tisch abzuräumen und liess ihn nach Mikkel schicken. Bengolf, der seinen Nachtisch schwinden sah, hob seine Hand und bat:" Äh, darf ich noch etwas von den wunderbaren Weintrauben?...." "Lasse die Schüssel mit den Trauben hier," wiess sie den Mann an.


"Ich möchte Dir nun unseren neuen Gast vorstellen, der seit einigen Tagen hier bei uns weilt und den ich ausbilden werde. Es ist der junge Mikkel, der durch unglückliche Umstände seine Eltern verlor, ein Lichtmagier-Ehepaar dass nicht allzuweit entfernt für das Wohl der Dorfbewohner und der Natur sorgte. Ein äusserst ungewöhnlicher Junge, der körperlich und geistig seinem Alter sehr weit voraus ist." Mikkel wurde hereingeführt. Er blieb vor Hatora stehen, verbeugte sich leicht und sagte: "Ihr habt mich rufen lassen Herrin?" Hatora ergriff das Wort. "Dies ist Bengolf, ein sehr alter Freund von mir. Gefährte und auch alter Freund von Alturin. Gemeinsam haben wir schon Einiges erlebt und so manche Schlacht geschlagen. Er wird helfen, Dich ordentlich auszubilden. Bengolf sah Hatora erstaunt an, denn er wusste noch nichts von ihren Plänen. Mikkel wandte sich Bengolf zu, nickte ihm kurz zu und grüßte mit einem Kopfnicken: "Herr". "Sei mir gegrüßt junger Mann. Sag, wie ist Dein Alter?" "Ich werde bald vier," antwortete Mikkel. Bengolf wandte ungläubig den Kopf und sah Hatora an. "Ich hatte Dir bereits gesagt, dass er auch seinem Alter weit voraus ist," sagte sie und lächelte Bengolf mit einer hochgezogenen Augenbraue an. "Das ist unglaublich," waren die einzigen Worte, die ihm dazu einfielen. "So nun verrichte weiter Deine Aufgaben, lieber Mikkel, ich habe noch mit Bengolf zu reden und wir sehen uns dann zum Abendessen." "Ja Herrin," antwortete Mikkel und verliess den Raum. Sein langes blondes Haar wehte beim Laufen hin und her.


Viele Dinge beredeten Hatora und Bengolf bis zum Abend und Bengolf brannte eine Frage auf der Seele. Hatora hatte es längst bemerkt und sagte:" Nun darst Du Deine Frage stellen, welche Dich schon seit Stunden umtreibt, Bengolf." Er fühlte sich ertappt und etwas verlegen rückte er damit heraus. "Ja in der Tat Herrin, Du hast Recht, es gibt da etwas...... Es geht das Gerücht um eine Prophezeiung, welche in unser Zeitalter fallen soll. Ich frage mich, ob Du sie kennst und mir wohl etwas darüber sagen kannst." "Gewiss kenne ich sie, denn sie liegt seit ewiger Zeit in den Gewölben der Glasburg. Höre gut!


"Einer wird kommen in jener Zeit

und das Licht wird sein Schwert sein,

zu grossen Taten früh schon bereit,

stellt sich schnell grosse Kraft ein.



Doch wohnen inne dem mannhaften Kind,

auch des Menschen niedere Teile,

ist er da, so achtet geschwind,

dass nicht dunkle Seite ihn ereile."


"Dies ist der Kern der Prophezeiung Bengolf. Ich bin mir sicher, dass von Mikkel die Rede ist. Ich wünsche mir sehr , dass Du hilfst ihn auszubilden. Deine Kenntnisse über den Umgang mit Pfeil und Bogen und Dein Wissen über die Naturkräfte wären sehr nützlich und hilfreich für ihn."


"Das werde ich sehr gern tun Herrin. Wie könnte ich auch anders, würde ich mich doch ansonsten um manches bereichernde Gespräch mit Dir und um so manchen Gaumenschmaus bringen."


"Du hast Dir von Alturin viele seiner Schmeicheleien abgeschaut und weisst, wie Du mit einer Frau sprechen musst, das gefällt mir, antwortete Hatora, und ich bin sehr froh über Deine Zusage. So kann ich mich auch noch um andere wichtige Dinge kümmern und weiss Mikkel bei Dir in den besten Händen."


"Ich danke Dir für Dein Vertrauen Hatora, entgegnete Bengolf, wenn es Dir recht ist, beginne ich gleich morgen."


"Das wäre ganz in meinem Sinne, Bengolf," entgegnete Hatora.

Es war schon spät geworden und Bengolf verabschiedete sich von Hatora und ging zu Bett. Er wollte morgen früh aufstehen und sich mit Mikkel beschäftigen.


Es würde bestimmt ein interessanter Tag werden...


H.A. - hier genannt Tolkien
 
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Aus den Tiefen des Waldes



Ein sehr schöner Wald, dachte Alturin und wenn die Umstände andere wären, hätte er es hier geniessen können. Doch Undra hatte Recht, etwas war hier, dass hier nicht hingehörte, etwas Fremdes dass er noch nicht einordnen konnte. Vorsichtig ritt er weiter und blickte aufmerksam zu allen Seiten. Er musste an an Bengolf denken. Ob er wohl noch etwas herausgefunden hatte? Da schreckte ihn der Schrei einer Eule auf! Undra war im Anflug. Sie wirkte hektisch auf ihn und schien ihn vor etwas warnen zu wollen. Dann tat sich plötzlich der Boden auf! An unzähligen Stellen auf dem Waldboden wurden Klappen umgeworfen und kleine Wesen entstiegen dem Waldboden wie die Ameisen. Gnomm! Bis an die Zähne bewaffnet! Innerhalb von Sekunden war Alturin von Hunderten von ihnen umringt. Er hatte nicht den Hauch einer Chance. Pfeile, Kurzschwerter und Lanzen waren auf ihn gerichtet. Etliche der Gnomm schickten Undra einen Pfeilhagel hinterher, aber die Vielzahl der Deckung bietenden Bäume und ihre Wendigkeit ermöglichten ihr die Flucht.

Der Anführer der Gnomm trat hervor. Sein Kettenhemd war stramm um seine Brust gespannt. Zwei Gürtel waren um seinen Oberkörper gespannt, in denen zwei Messer in ihrer Halterung steckten.

"Steig ab, befahl er Alturin knapp. Durchsucht ihn nach Waffen!"

Alturin stieg vom Pferd und zwei der Gnomm durchsuchten ihn und sie waren nicht zimperlich dabei. Sein Körper wurde hin und her gerissen. Sie fanden sein Messer. Natürlich. Als sie fertig waren, stiessen sie ihn verächtlich ein Stück zurück. "Packt ihn und fesselt ihn und dann ab zum Meister mit ihm," befahl der Anführer mit lauter, gebieterischer Stimme.

Er hatte besonders grosse Augen. Sie hatten alle grosse Augen, weil sie sich meist unter der Erde aufhielten, aber die des Anführers waren geradezu unheimlich. Schwarz stachen sie aus den Augenhöhlen hervor. Mit einer knappen Kopfbewegung bedeutete er Alturin voran zu gehen. Links und rechts von ihm bildeten sich Reihen der Gnomm, um ihn zu eskortieren und sie zogen los in Richtung der Mitte des Sternenwaldes. Alturin sah sich nach hinten um und sah, dass am Schluss des Zuges sein Pferd geführt wurde. Der Fussmarsch war lang und er wurde ohne Pause zum Ziel geführt und irgendwann nach Stunden erreichten sie den Anfang des mittleren Teiles des Waldes. Die ersten Sternenbäume waren zu sehen. Jetzt war es nicht mehr weit bis zum Ziel. Alturin fragte sich, was ihn nun wohl erwarten würde. Auf wen würde er hier treffen? Was war hier geschehen? Die Gnomm waren eigentlich eher als ein friedfertiges Volk bekannt, wer um alles in der Welt hatte sie so verändert?

Sie kamen an ihrem Ziel an. Der erste, der älteste Sternenbaum ragte aus der Mitte hoch empor. Er war uralt. Mit Ehrfurcht betrachtete Alturin den mächtigen Stamm. Es hätte bestimmt zwanzig Männer gebraucht, ihn zu umspannen. Man führte ihn zu einer Holzhütte, die aus dicken Stämmen zusammengebaut war. Eine massive, schwere Eichentüre sicherte den Eingang. Sie wurde geöffnet und man stiess Alturin hinein. Als die Türe wieder verschlossen war, sicherten zehn der Gnomm die Hütte und stellten sich rings herum auf. Alturin lag auf dem Boden. Der Lehm fühlte sich klamm an und er stand auf und setzte sich auf das einfache Holzbett, dass in der Ecke stand. Viel mehr gab es hier nicht. Auf der anderen Seite der Hütte stand ein Tisch mit einem Stuhl davor. Die Hütte hatte kein Fenster, lediglich durch die Gitterstäbe der Tür fiel ein wenig Licht. Alturin war erschöpft von dem langen Marsch und legte sich auf's Bett. Die Zudecke roch ein wenig unangenehm. Er nahm sie trotzdem und bedeckte sich damit. Kurz darauf schlief er ein.

Die Gnomm die Alturin bewachten, hatten sich an die Wand der Blockhütte gelehnt und unterhielten sich leise. Einer von ihnen lachte höhnisch auf. Plötzlich sprangen sie alle nacheinander auf und stellten sich kerzengerade hin. Ein grosser Mann in einem langen schwarzen Gewand näherte sich ihnen. Rincobal.

"Seid gegrüsst Herr," sagte der Anführer der Wachen zu ihm. Rincobal antwortete nicht. Alle anderen Gnomm taten es ihrem Anführer gleich und verbeugten sich. Rincobal liess sich eine Fackel geben und leuchtete durch das vergitterte Fenster ins Innere der Hütte. Minutenlang starrte er Alturin an. Er sagte kein Wort. Die Gnomm schwiegen ebenfalls. Es herrschte eine bedrohliche Stille. Sie wussten genau, dass Rincobal es nicht mochte, wenn er ungefragt angesprochen wurde. Einer von ihnen hatte dies mehrfach getan - er weilte nicht mehr unter ihnen....

"Lasst ihn ausschlafen und wenn er wach ist, bringt ihn sofort zu mir," zischte er dem Anführer zu. Der Gnomm nickte nur ergeben und verbeugte sich abermals. Rincobal wandte sich ab und ging zurück. Er schärfte seinen Leuten ein, alle paar Minuten mit der Fackel in die Hütte zu leuchten, um sofort zu sehen, wenn er wach ist.

Alturin träumte..... Ein Geheimnis..... Alte Schrift.....Ein Kristall.....Eine alte Prophezeiung.....Hatora, sie wusste.....Unruhig wälzte er sich hin und her.

Unsanft wurde er plötzlich aus seinem Traum gerissen. Zwei der Gnomm zerrten an ihm und trieben ihn zum Aufstehen an. Sie hatten gesehen, wie er sich gewälzt hatte und gedacht, er wäre aufgewacht. Noch etwas benommen trat Alturin aus der Hütte heraus. Eskortiert von zehn Gnomm wurde er durch den Sternenwald geführt in Richtung des Hauses von Rincobal.

Alturin staunte als er es zum ersten Mal erblickte. Es war komplett aus Holz gebaut. Aus Sternenholz! Welch ein Frevel!, empörte sich Alturin innerlich. Er hätte Eiche nehmen können, aber Sternenbäume? Solche unglaublich wertvollen Bäume? Alturin konnte es nicht fassen. Das Haus war sehr gross und hatte drei Etagen. Die untere Etage war erleuchtet mit unzähligen Kerzen. Überall war der Schein durch die Fenster zu sehen. Die oberen Etagen waren mit Fensterläden verschlossen. Alturin wurde von den Gnomm eine siebenstufige Treppe hinaufgeführt. Dann wies man ihn unsanft an zu warten. Der Anführer trat an die Tür und klopfte vorsichtig an.

"Herr? Der Gefangene ist nun hier."

Nach etwa einer Minute öffnete sich die schwere Tür. Alturin und seine Bewacher traten ein. Die Tür schloss sich wieder. Allein.

Man führte ihn durch eine Eingangshalle. Rincobal sass auf einer Art Thron, der auf einer kleinen Erhöhung stand. Zwei der Männer stiessen ihn nach vorn und Alturin fiel dem Mann vor die Füsse. Er wollte sich gerade wieder aufrichten, als einer der Gnomm ihm mit einem dicken hölzernen Stab von hinten auf seine Beine schlug. "Bleib am Boden bis der Meister Dich auffordert, Dich zu erheben," herrschte er ihn an.

Alturin stöhnte laut auf. Der Schlag war sehr schmerzhaft. Rincobal stand auf. Er began langsam um Alturin herum zu laufen und sah ihn an.

"Hebe Dein Haupt," befahl er, nachdem er ihn ein paar Mal umkreist hatte. "Wie ist Dein Name, alter Mann?", fragte er ihn mit scharfer, durchdringender Stimme.

Alturin hob langsam den Kopf und sah den Mann an. Er war gross und in einen langen schwarzen Umhang gehüllt. Langes, volles, schwarz glänzendes Haar fiel ihm auf die Schultern. Aus seinem länglichen Gesicht starrten ihn zwei dunkle Augen an. Alturin kniete vor ihm auf dem Boden.

"Mein Name ist Kulat und ich komme aus dem Waldreich, antwortete Alturin. Ich habe dort Verwandte besucht und bin auf dem Rückweg nach Hause. Der Wald schien mir eine Abkürzung zu sein, aber ich habe mich wohl verirrt."

"Man hat mir berichtet, dass Du eine Eule mit Dir führst," sagte er mit linkischem Unterton.

"Oh, dass war Theta, antwortete Alturin. Ich habe sie als Jungvogel aufgezogen. Ihre Eltern wurden von Jägern getötet. Danach bin ich sie nie wieder los geworden. Sie begleitet mich seit Jahren, ja." Er versuchte, sich ein Lächeln abzuringen.

"Du bist ein schlechter Lügner," entgegnete er gefährlich leise.

Gerade als er etwas entgegnen wollte, wirbelte Rincobal herum und herrschte ihn mit hallender Stimme an.

"Schweig, Alturin!"

Überrascht sah ihn Alturin an.

"Ich bin Rincobal!", sagte er mit kraftvoller Stimme.

"Aber..... Rincobal war ein weisser Zauberer und Du bist...naja...eher..."

"Ja das war er. Ein weisser Zauberer, aber das Schicksal hat ihn schwarz gemacht, Alturin. Alles Weisse ihn ihm ist erstorben." Und nun erzähle mir, Alturin. Was weisst Du über die Prophezeiung?"

"Welche Prophezeiung meint Ihr," fragte Alturin überrascht.

"Die Prophezeiung aus der Kristallstadt meine ich, die in unsere Zeit fällt und die einen neuen grossen Herrscher ankündigt."

"Ich weiss nicht, was Du meinst, Herr," antwortete Alturin.

Rincobal bebte innerlich. "Ich frage Dich ein letztes Mal und nun überlege Dir Deine Antwort gut, alter Mann. Was weisst Du über diese Prophezeiung?"

Sein ausgestreckter Arm und seine geöffnete Hand deuteten auf Alturin. Er überlegte einen Moment und streckte entschuldigend seine Arme aus. Rincobal schloss seine Hand zur Faust. Er wartete noch 5 Sekunden, dann spreizte er plötzlich seine Finger und Alturin wurde wie von einer Schockwelle gegen die hölzerne Wand geschleudert. Blut rann aus einer Platzwunde am Kopf. Er regte sich nicht.


H.A. hier genannt Tolkien
 
Bengolfs Schüler



Am nächsten Morgen waren Bengolf und Mikkel früh auf den Beinen. Bengolf staunte abermals über die Grösse des fast Vierjährigen. Einen Kopf noch, dann hatte er seine Grösse erreicht. Die "Vier" hatten sie gemeinsam. Mikkel war fast vier Jahre alt und Bengolf hatte fast vier Zeitalter hinter sich gebracht. Bald würde er ihn an Körpergrösse überholen, doch die Erfahrungen von fast vier Zeitaltern würde er in dieser Zeit nicht aufholen.

Sie waren raus vor das Tor gegangen. An einer Eiche war eine Zielscheibe angehängt und in einer Entfernung von etwa zwanzig Metern wartete ein Mann aus der Stadt auf sie. Pfeile und zwei Bögen lagen bereit. Als sie dort angekommen waren, forderte Bengolf Mikkel auf, einen Bogen in die Hände zu nehmen. Er lehrte ihn zunächst, wie ein guter Bogen gemacht wird, welches Holz man dafür nimmt und wie die Sehne beschaffen sein sollte. Er erklärte ihm, dass für einen guten, gezielten Schuss eine entsprechende Körperhaltung und ein fester Stand nötig wären. Kurz darauf bekam Mikkel einen Pfeil in die Hand. Er legte ihn in den Bogen ein, spannte wie Bengolf es ihm gezeigt hatte, zielte und nach 3 Sekunden verliess der Pfeil den Bogen. Ein kurzer sirrender Pfeiffton war zu hören. "Klack". Der Pfeil steckte in der Zielscheibe. Nahe an der Mitte.

"Gut!, sagte Bengolf, ich liebe es, wenn ein Schüler schnell lernt." Mikkel schoss insgesamt zehn Pfeile ab. Alle trafen die Scheibe. Drei davon nahe an der Mitte.

"Und nun gehen wir zehn Schritte zurück," sagte Bengolf und Mikkel folgte ihm. Wieder schickte Mikkel zehn Pfeile in Richtung Zielscheibe. Diesmal trafen trotz der grösseren Entfernung sechs Pfeile nahe der Mitte und die anderen vier weiter aussen. Wieder entfernten sie sich weitere zehn Schritte von der Scheibe. Neun Pfeile trafen nahe der Mitte und einer traf genau mittig.

"Sehr gut Mikkel, freute sich Bengolf. Ich muss sagen, einen solch talentierten Schüler hatte ich lange nicht."

Mikkel erfüllte es mit Stolz und er strahlte Bengolf an.

"Nun ist es genug mit dem Schiessen für heute," sagte Bengolf. Er ging zurück in Richtung des Tores und nahm seinen Boden und einen Pfeil in die Hand. Etwas nach weiteren zwanzig Schritten hielt er inne und legte den Pfeil ein. Er hob den Bogen mit dem Pfeil in den Himmel, drehte sich um und legte auf die Scheibe an. Zwei Sekunden später war der Pfeil unterwegs. Das Geräusch von brechendem Holz war zu hören. Der Pfeil von Mikkel in der Mitte der Scheibe war gespalten!

"Wahrlich eine Meisterleistung," staunte Mikkel voller Ehrfurcht.

"Wenn Du diesen Schuss zweimal hintereinander schaffst, ist Deine Ausbildung an dieser Waffe beendet, sagte Bengolf. Dann bekommst Du von mir Deinen eigenen Bogen."

"Meinen eigenen Bogen?", fragte Mikkel.

"Ja, er ist schon fertig und wartet nur auf Dich, also nur weiter so junger Lichtmagier."

Bengolf legte die Hand auf seine Schulter und sie gingen zurück in die Kristallstadt. Kurz vor dem Tor sah Bengolf eine Eule in die Stadt fliegen.

"Ich glaube, dass war Undra, Alturins Eule. Er scheint bald zurück zu kommen," sagte Bengolf. Er schaute sich um, doch nichts war zu sehen. "Sie fliegt ihm immer weit voraus. Er wird bestimmt nicht mehr lange auf sich warten lassen. Lass uns etwas essen gehen."

So gingen sie in die Stadt zurück und begaben sich zum Essen. Sie waren in Bengolfs Kammer gegangen und hatten dort gegessen. Bengolf ging auf den Balkon, setze sich auf den Stuhl und zündete sich eine Pfeife an. Weisse gleichmässige Kringel verliessen seinen Mund.

"Bei uns im Dorf rauchen auch manche Männer. Warum macht man das eigentlich?", fragte Mikkel.

Ähm, ja, weisst Du, ähäm," ein Hustenanfall unterbrach Bengolf.

Da klopfte es an der Türe. Erfreut über die Störung schickte er Mikkel zum Öffnen. So war ihm die Antwort erspart geblieben. Ein Diener Hatoras stand vor der Tür und richtete aus, dass Hatora ihn sofort sprechen müsse. Er trug Mikkel auf hier auf ihn zu warten und ging sofort los. Kurz darauf klopfte er an Hatoras Tür. Ein Diener bat ihn herein. Hatora machte einen besorgten Eindruck.

"Ich habe schlechte Nachricht Bengolf, sagte Hatora. Alturin ist in die Hände der Gnomm gefallen. Seine Eule Undra hat es mir gerade berichtet."

"Aber die Gnomm sind doch als friedfertiges Volk bekannt," wunderte sich Bengolf.

"Ich bin genauso verwundert wie Du Bengolf und kann mir noch keinen rechten Reim darauf machen, aber ich muss wissen, was dort geschehen ist. Undra muss sich zuerst ein wenig ausruhen, danach werden wir der Angelegenheit auf den Grund gehen. Führe Du die Ausbildung von Mikkel weiter. Ich werde in zwei Tagen zurück sein."

"Aber Herrin....Ihr wollt doch nicht?"

Hatora hob die Hand. "Sei beruhigt Bengolf, es ist alles wohl überlegt."

Beunruhigt verliess Bengolf Hatoras Zimmer. Er überlegte fieberhaft, was sie wohl vor hatte. Nachdenklich betrat er sein Zimmer. Mikkel sass auf dem Balkon und schnitzte an einer Holzfigur. Sie unterhielten sich noch eine Weile und legten sich eine Stunde nach Sonnenuntergang schlafen.

Die Stadt lag dunkel in dieser Nacht unter einem wolkenverhangenem Himmel.

Zwei Eulen hoben lautlos von Hatoras Balkon ab und flogen in Richtung Sternenwald......

Am nächsten Morgen begab sich Bengolf mit Mikkel nach dem Frühstück wieder vor die Tore der Stadt. Heute wollte er damit beginnen Mikkel zu lehren, wie man ein Schwert führt. Sie führten jeder ein hölzernes Übungsschwert mit und Bengolf begann damit, Mikkel die Waffe zu erklären. Danach kamen ein paar Stellungs-, Hieb- und Stichübungen. Dann machten sie eine kleine Pause und setzten sich unter die alte Eiche.

"Benutze ein Schwert und auch Deinen Bogen immer nur als letzte Möglichkeit Mikkel, sagte Bengolf oder wenn Du direkt mit einer Waffe angegriffen wirst. Wenn es irgend möglich ist, sollte man immer zuerst versuchen die Dinge auf friedliche Weise und durch ein miteinander Reden zu klären. Die Waffen sollten immer das letzte Mittel sein. Dies ist sicher nicht immer möglich, aber man sollte es doch zuerst versuchen. Doch wenn Du kämpfen musst, dann kämpfe mit ganzem Herzen und mit ganzer Kraft.....und mit Weisheit. Töte nie zum Spass und quäle niemanden unnötig. Dies wäre unehrenhaft und unmenschlich. Hast Du das alles verstanden?," fragte Bengolf.

"Ja Herr," antwortete Mikkel. Er hatte aufmerksam zugehört.

Sie nahmen ihre Holzschwerter wieder auf und übten bis zum späten Nachmittag weiter. Bengolf war erstaunt über die Kraft des Jungen. In allen Belangen entwickelte er sich mit unglaublicher Schnelligkeit. Er war stets hoch konzentriert und verstand meist alles nach der ersten Übung. Und wie schnell er wuchs...., es war einfach unglaublich. Man konnte das Gefühl bekommen, als müsse er sich beeilen. Der Gedanke machte Bengolf nachdenklich und er musste an die Prophezeiung denken. Sollte Mikkel etwa....?

"Nun soll es für heute genug sein," sagte Bengolf. Sie nahmen ihre Schwerter auf und gingen zurück in die Stadt.

Den nächsten Tag verbrachten sie mit Konzentrations- und Intuitionsübungen. In der grossen Halle der Glasburg ging Mikkel vor Bengolf her zur Mitte der Halle. Bengolf hatte das Gefühl, dass er schon wieder ein Stück gewachsen war. Er verband Mikkel die Augen. Dann zog er sein Schuhwerk aus und schlich sich leise weg. Mikkel sollte nun erspüren, wo Bengolf sich befand und dann in die Richtung zeigen.

"Du musst es fühlen," hatte Bengolf ihm gesagt.

Mikkel konzentrierte sich ein paar Sekunden, dann zeigte er in Bengolfs Richtung. Bengolf schlich ein paar Meter zur Seite. Wieder fand er ihn genau. An die hundert Mal wiederholte er die Übung. Mikkel fehlte kein einziges Mal. Dann schlich sich Bengolf hinter Mikkel an und pieckste ihn in die Seite, um ihn zu necken. Erschrocken drehte er sich weg und lachte. Er schien kitzelig zu sein. Bengolf schlich sich wieder von hinten an und wollte ihn mit seinem Finger piecksen. Doch diesmal hatte Mikkel es erahnt. Er schnappte Bengolfs Hand und zog ihn bltzschnell zu sich heran. Ehe er sich versah, lag er über Mikkels Schulter. Mikkel nahm seine Augenbinde ab und drehte sich mit Bengolf auf den Schultern immer schneller im Kreis. Bengolf fasste in seine Seite und begann ihn auszukitzeln. Kurz darauf lagen beide lachend auf dem Boden der grossen Halle.

Als Bengolf aufsah, sprang er sofort auf. Hatora stand in der Tür! Sie hatte sie wohl schon eine Weile beobachtet.

"Ihr seid schon zurück, Herrin,?" fragte Bengolf erstaunt.

"So ist es Bengolf und ich muss mit Dir sprechen. Wie kommst Du voran Mikkel. Macht Dir das Lernen Freude?", wandte sie sich an den Jungen.

"Ja Herrin, es macht mir grosse Freude." Er machte eine leichte Verbeugung.

"Dann ist es gut. Begib Dich eine Weile auf Dein Zimmer Mikkel, ich habe mit Bengolf zu reden."

"Ja Herrin," antwortete Mikkel und machte sich gleich auf den Weg.

Hatora schritt vor Bengolf her und ging zu ihrem Zimmer. Die kleine Eulenfeder auf ihrem Umhang war Bengolf nicht aufgefallen....


H.A. -hier genannt Tolkien
 
Der Plan


Hatora berichtete Bengolf, was sie im Sternenwald gesehen hatte.

"Alturin wird in einer Holzhütte gefangen gehalten und wird von zehn der Gnomm bewacht, die bis an die Zähne bewaffnet sind. Rincobal der mir als weisser Zauberer bekannt war, hat sich auf die dunkle Seite begeben. Der Grund ist mir nicht bekannt. Jedoch hat er das Volk der Gnomm unter seine Herrschaft gebracht und knechtet sie mit harter Hand. Er ist ein mächtiger Zauberer und dunkel sind seine Gedanken. Alturin ist unversehrt, ich habe ihn an der Tür durch die Gitterstäbe gesehen."

"Ihr seid so nahe heran gekommen?, fragte Bengolf.

"Undra und ich sassen auf einem Ast eines Sternenbaumes, Bengolf. Nun frag nicht weiter, es ist nicht wichtig. Wichtiger ist, dass wir einen Plan schmieden, wie wir ihn von dort befreien können."

"Ihr habt Recht Herrin," antwortete Bengolf.

"Der Boden ist durchsetzt von den Behausungen der Gnomm. Sie würden sofort bemerken, wenn sich jemand über den Waldboden zum Sternenwald bewegt. Dieser Weg wäre zum Scheitern verurteilt. Eine List muss her, Bengolf. Wir müssen es schaffen, sie abzulenken und dann..... aus der Luft vielleicht. Aber wie bringen wir Alturin zum Fliegen?"

Nachdenklich sahen sie sich an, aber an diesem Tag kamen sie nicht weiter.

Ein Monat ging ins Land und der junge Mikkel hatte riesengrosse Fortschritte gemacht. Sowohl in seiner Ausbildung als auch von seiner Grösse her. Er hatte mit Bengolf gleichgezogen. Vor ein paar Tagen hatte er die Prüfung im Bogenschiessen bestanden und im Schwertkampft stand er kurz davor. Bengolf war ungeheuer stolz auf seinen Schüler. Er saugte das Wissen förmlich in sich auf und eine einzige Erklärung reichte aus. Fragen stellte er selten. Bis auf heute.

"Bengolf, sag mal....glaubst Du dass meine Eltern wirklich tot sind?"

Bengolf war überrascht über diese Frage. Mikkel tat ihm leid. Er sah den Körper eines fast erwachsenen Mannes vor sich, der in geradezu kindlicher Manier nach seinen Eltern fragte. Er hatte es trotz der vielen neuen Eindrücke noch nicht verwunden. Natürlich nicht.

Freundschaftlich legte Bengolf seinen Arm um Mikkels Schulter.

"Weisst Du, nach dem was wir über die Umstände wissen, müssen wir zum jetzigen Zeitpunkt davon ausgehen, dass sie leider nicht mehr unter uns weilen. Aber letztlich wissen wir es nicht ganz genau und....... Hoffnung gibt es immer. Du solltest sie Dir von niemandem nehmen lassen Mikkel. Merkwürdige Dinge geschehen gerade jetzt in diesem Lande und wer weiss, was noch alles kommt. Ich kann fühlen, dass Du eine sehr starke Wunschenergie hast. Vielleicht hilft Dir dies weiter Mikkel. Stelle Dir einfach vor, dass Du sie eines Tages wieder siehst," sagte Bengolf.

"Meinst Du, dass hilft?," fragte Mikkel.

Bengolf zögerte einen Moment.

"Wäre doch möglich oder? Und schaden kann es auch nicht. Ich denke, wenn Du Hatora um Rat fragen würdest, könnte sie Dir helfen. Allerdings solltest Du nicht dauerhaft im Land der Wünsche bleiben, denn das Leben findet hier statt," sagte er.

Mikkel nickte nur und sie gingen weiter in Richtung der alten Eiche vor dem grossen Tor. Heute standen weitere Übungen mit dem Schwert an. Bengolf verband Mikkel die Augen und gab ihm sein Schwert. Seit einer Weile schon war es nicht mehr aus Holz.

"Und nun.....konzentriiiiiiere Dich Mikkel!" sagte Bengolf mit erhobener Stimme.

Mikkel stand kerzengerade mit dem Rücken zu ihm und hatte seinen Kopf gesenkt. Die Schwertspitze stand auf dem Boden und seine Hände lagen oben auf dem Griff. Nach kurzer Zeit hob er den Kopf, umfasste den Schwertgriff mit beiden Händen und nahm es vor die Brust.

"Und los!," rief Bengolf.

Er bewegte sich auf Mikkel zu, hob sein Schwert und liess es auf ihn niedersausen. Mikkel zog das Schwert hoch und blockte den Schlag ab. Geschickt drehte er sich zur Seite weg und ging zum Gegenangriff über. Seitlich führte er das Schwert in Richtung Bengolfs Körper. Bengolf blockte ab und stach nach vorne auf Mikkels Körper. Mikkel lies sich fallen, hakte in Bengolfs Beine ein und warf ihn im Drehen um. Blitzschnell sprang er auf die Beine und brachte seine Schwertspitze an Bengolfs Hals zum Stehen. Bengolf war völlig überrascht worden. Es ging alles so schnell. Er forderte Mikkel auf, seine Augenbinde abzunehmen und hielt ihm die Hand entgegen. Mikkel zog ihn hoch. Sie lachten sich an.

"Der Zusatzunterricht beim Hauptmann der Lichtkrieger hat Dir gut getan Mikkel. Das war sehr gut. Du führst eine gute Klinge und bist zu einem passablen Kämpfer gereift. Ich bin stolz auf Dich! Der Unterricht ist zu Ende. Und nun......empfange Dein Schwert. Komm mit in die Waffenkammer," sagte Bengolf.

Sie gingen zurück in die Glasburg und kurz darauf standen sie vor dem Eingang der Waffenkammer. Ein Wachsoldat öffnete ihnen. In der Mitte der Kammer stand Hatora und hielt ein in wertvolles Tuch eingewickeltes Schwert in der Hand. Sie forderte Mikkel auf näher zu kommen. Mikkel verbeugte sich vor ihr. Ein feierlicher Moment. Hatora legte das Schwert in Mikkels geöffnete Hände und nahm das Tuch ab. Ein silbernes, blitzendes Schwert kam zum Vorschein. Am Ende des Griffes war ein gelber Edelstein eingearbeitet. Die Enden des gekreuzten Schlagschutzes über dem Griff waren mit zwei roten Edelsteinen besetzt. In der Mitte des Griffschutzes war zu beiden Seiten ein Symbol eingearbeitet. Eine goldene Sonne mit zwölf Diamanten ringsum.

"Empfange nun Dein jungfräuliches Schwert Mikkel, sagte Hatora mit erhobener Stimme, möge es Dich beschützen und Dir immer gute Dienste leisten. Mögest Du es stets mit Weisheit führen und zum Wohle der Menschen einsetzen."

Mikkel bedankte sich und verbeugte sich erneut vor Hatora. Voller Stolz hielt er sein eigenes Schwert in der Hand und sah es sich ganz genau an. Ein Bediensteter kam heran und übergab Mikkel die dazugehörige Scheide für sein Schwert. An Bengolf gab er ein kleines Beutelchen herüber, in dem etwas eingepackt war. Bengolf wandte sich an Mikkel.

"Und dies hier ist ein kleines Geschenk von mir für Dich. Ich habe es für Dich anfertigen lassen," sagte Bengolf.

Er holte einen ledernen Gürtel aus dem Beutel heraus und reichte ihn Mikkel. Mikkel bedankte sich und sah sich den braunen Ledergürtel genau an. Er rollte ihn aus. Es waren verschiedene Situationen aus dem Leben dort eingearbeitet. Ein kleines Dorf, dass Mikkels Dorf darstellen sollte. Eine alte Knorreiche auf einer Lichtung, die ein Sonnensymbol trug mit zwölf Sternen drum herum und die Kristallstadt mit der Glasburg.

"Das sind gleich zwei wunderschöne Geschenke, sagte Mikkel, ich danke Euch von ganzem Herzen!" Er verbeugte sich zuerst vor Hatora und dann vor Mikkel.

"Legs mal an, sagte Bengolf, nicht dass es noch Staub ansetzt."

Mikkel lachte und schnallte sich den Gürtel um. An seiner linken Seite hatte er die Schwertscheide angebracht, in die er nun sein neues Schwert einsteckte.

"Das sieht mir recht vielversprechend aus, meinte Hatora. Heute ist ein besonderer Tag und ich denke, dass wir diesen Tag ein wenig feiern sollten. Ich habe ein Mahl herrichten lassen. Lasst uns speisen gehen."

Sie ging voran in Richtung des Speisesaales und Bengolf und Mikkel folgten ihr. Kurz darauf nahmen sie an einer festlich gedeckten Tafel Platz und liessen es sich schmecken. Nach dem Essen sprachen sie gerade über Mikkels Schwert, als ein Diener hereinkam und sich an Hatora wandte.

"Herrin, Undra ist mit einer Botschaft zurückgekehrt," sagte er.

"Führe sie herein," wies ihn Hatora an.

Kurz darauf flatterte Undra herein und nahm auf einer freien Stuhllehne Platz. Sie verbeugte sich vor Hatora und wippte mit dem Köpfchen auf und ab.

"Ich habe Undra zur weisen Eulenmutter geschickt und sie um Rat und Hilfe gebeten. Nun Undra berichte uns. Was hat die weise Eule für Nachricht?"

Bengolf fragte Hatora, ob Mikkel dabei bleiben solle.

"Er ist nun einer von uns, Bengolf und er soll hören, was Undra uns an Kunde mitbringt."

Undra ergriff das Wort und berichtete Hatora und den anderen von ihrer Reise zur weisen Mutter Eule.

"Die Mutter Eule lässt Euch grüssen Herrin. Auch sie hat Kenntnis davon, dass merkwürdige Dinge geschehen sind und sie weiss darum, dass gewisse Dinge im Umbruch sind in unserer Welt. Der weisse Zauberer Rincobal hat zur dunklen Seite gewechselt und scharrt immer mehr Verbündete um sich herum. Er wurde bei anderen Völkern gesehen sucht deren Anführer auf, um sie für sich zu gewinnen. Er ist von niederen Absichten geführt und seine Gier nach Macht und Verderbnis scheint immer grösser zu werden. Verblendet von seinem eigenen Schmerz wird sein Zorn auf die glücklich und zufrieden lebenden Menschen immer grösser. Die Mutter Eule sagt Euch ihre Hilfe zu in der Angelegenheit um Alturin und den Sternenwald. Einen Tag vor dem nächsten Neumond werden sie hier bei Euch eintreffen."

"Das sind gute Nachrichten Undra. Richte der weisen Mutter Eule bitte meinen Dank und meine Grüsse aus und sage ihr, dass wir sie mit Freude erwarten."

Mit einem leichten Kopfnicken hob Undra ab und flog gleich aus einem offen stehenden Fenster heraus.

"Was habt Ihr vor Herrin," fragte Bengolf.

Hatora offenbarte Bengolf und Mikkel ihren Plan. Die Befreiung von Alturin aus den Händen des wahnwitzigen Rincobal sollte bald beginnen. Bei Neumond würde die Eulenschar in den Sternenwald eindringen und mit Hilfe einer List für die Befreiung von Alturin kämpfen. Mikkel sollte derweil in der Glasburg bleiben und mit einer weiteren neuen Ausbildung beginnen, die sein Wissen um den Umgang mit den Kristallen erweitern sollte.

Der Tag des Neumondes nahte heran und alle Vorbereitungen waren getroffen. Die Kristallstadt war angefüllt mit Hunderten von Eulen. Einige Lichtkrieger standen bereit und auf einem Karren, der von einem schwarzen Rappen gezogen wurde, waren unter einer Decke Dinge verstaut, die Hatora für den Angriff benötigte. Bengolf führte den Zug an mit Hatora an seiner Seite. Die Schar der Eulen erhob sich in die Luft und begleitete den Zug.

Auf dem etwas holperigen Boden des Vorplatzes der Kristallstadt wackelte der Karren hin und her und unter der Decke bewegten sich die mitgeführten Dinge.

Doch führte der Karren noch etwas mit sich, von dem niemand hier wusste.....


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Alturins Feuer

Alturin lag auf seinem Bett im Blockhaus. Er konnte nicht schlafen. Seit zwei Tagen hatte er mehrfach den Eindruck gehabt, dass Hatora ihn per Gedankenkraft zu erreichen versucht hatte. Doch scheinbar schien ein Schutzzauber um dem Sternenwald zu liegen, der ihr ein Durchkommen erschwerte. Ein Gefühl beschlich ihn, dass sie irgendetwas vor hatte. Nur was und wann?

Er horchte nach draussen. Einige der Wachen schliefen. Er hörte ihr Schnarchen. Zwei unterhielten sich leise. Alturin hatte mitbekommen, dass Rincobal den Wald verlassen hatte. Er war unterwegs zu den Bergvölkern. Den Succs, den Makalach und den Angamanen. Er wollte sie auf seine Seite bringen, um sich ihre kriegerischen Dienste zu Nutze zu machen. Auf seinem Pferd hatte er ihn am Morgen davon reiten sehen. Er hatte das Gespräch mit dem Anführer der Gnomm bruchstückweise mitbekommen. Ihm hatte er das Kommando während seiner Abwesenheit übergeben und ihn ermahnt, Disziplin zu halten.

Alturin musste an Mikkel denken. Sein fortgeschrittener Wuchs bezogen auf sein Alter war wirklich ungewöhnlich. Auch seine schnelle Auffassungsgabe war aussergewöhnlich. So etwas war ihm seit zwei Zeitaltern nicht mehr begegnet. Es waren die Atlanen, die in grauer Vorzeit jene Eigenschaften aufwiesen. Meist blond und von grosser Statur waren sie. Jedoch waren sie ausgestorben. Etwas war damals geschehen und die Frauen bekamen plötzlich keine Kinder mehr. So wich das Leben aus dem Lande im hohen Norden. Eine Legende machte die Runde, dass es einem Weibe der Atlanen gelungen war, sich diesen Umständen zu entziehen. Sie hatte das Land Jahre zuvor verlassen und war einem Manne gefolgt, in den sie sich verliebt hatte. Es soll den Atlanen damals verboten gewesen sein, sich mit anderen Völkern zu mischen oder längere Zeit das Land zu verlassen. Von dem Weibe hörte man nie wieder etwas und es hiess, sie sei unterwegs umgekommen.

Ob sie vielleicht doch....

Alturin verwarf den Gedanken, rollte sich in seine Decke ein und drehte sich herum. Er war müde geworden und schlief kurz darauf ein.......


.......der Schnee war tief und Alturin steckte seinen Stab bei jedem Schritt vor sich in den Schnee, um Stolperfallen zu erkennen. Bis zur Hüfte ging ihm der Pulverschnee. Die Luft wurde dünner und sein Atem schwerer. Die Schneemenschen waren nicht mehr weit entfernt. Er kannte ihr Dorf. Er war schon einmal hier. Ein Zeitalter her. Ihre Seherin Phasma hatte ihm schon einmal geholfen.

Es begann zu schneien. Dicke Flocken fielen herab und im Nu war seine Kleidung von einer weissen Schicht bedeckt. Sturm kam auf und drohte ihm die Sicht zu nehmen. Das Vorwärtskommen wurde ihm immer schwerer. Mit aller Kraft kämpfte er gegen den Sturm an, aber er kam nicht voran. Zu stark war der Wind. Alturin liess sich nach vorn auf seine Knie in den Schnee fallen. Plötzlich hörte er etwas in seiner Nähe. Flügelschlagen! Eine weisse Schneeeule war vor ihm im Schnee gelandet. Sie trug eine zusammengerollte Botschaft für ihn im Schnabel.

Alturin griff nach der Papierrolle und die Eule öffnete ihren Schnabel. Er rollte die Nachricht aus und hatte Mühe, dass im Sturme flatternde Papier zu lesen. Doch dann las er: Kehre um! Die Schrift wiederholte sich immer wieder und mit jedem Mal wurde sie grösser und eindringlicher. KEHRE UM!.......

Alturin schreckte hoch. Ihm war kalt. Fröstelnd zog er die Decke höher. Der unangenehme Geruch stieg ihm in die Nase. Was hatte der Traum zu bedeuten? Kehre um? Wie sollte er umkehren, er war gefangen? Dann wurde ihm mit einem Mal klar.....er sollte einfach nur aufwachen! Plötzlich war er hellwach. Jemand wollte ihn aufmerksam machen. Er sollte erwachen.

Alturin stand vorsichtig von seinem Bett auf und horchte nach draussen. Nichts war zu hören. Leise ging er zur Tür und spähte durch die Gitterstäbe hinaus. Draussen war nichts zu sehen, alles war ruhig. Weit entfernt brannte ein kleines Feuer und erhellte die nähere Umgebung etwas.

Plötzlich eine Bewegung. Ein kleiner Schatten. Alturin blickte nach oben. Nur eine Eule. Sie hatte sich nahe des Feuers auf einem der Bäume niedergelassen. Da! Noch Eine! Alturin schaute sich weiter um. Weitere Eulen schwebten lautlos heran. An die zwanzig der Nachtjäger zählte Alturin inzwischen. Das war ungewöhnlich - hier ging irgendetwas vor! Aufmerksam beobachtete Alturin den Wald. Hier am Boden rührte sich nichts, aber in den Bäumen wimmelte es nur so von Eulen. Und dann sah er sie........Undra! Sie schwebte lautlos auf die Hütte zu. Kurz davor breitete sie ihre Schwingen zum Abbremsen und klammerte sich an den Gitterstäben in der Tür fest. Mit ihrem buschigen Bein schien sie Alturin heranwinken zu wollen. Alturin legte sein Ohr an ihren Schnabel und Undra flüsterte ganz leise. Das Wort "Gundram" war schwach zu hören.

Mehrfach nickte Alturin, dann flog Undra sachte davon. Alturin sah ihr nach, sie landete auf dem Sternenbaum vor ihr. Kurz darauf brach die Hölle los. Bumm!! Alturin erschrak! Ein Riesenknall zerriss die nächtliche Waldruhe und liess die Wachen aufschrecken. Feuerschein war zu sehen. Alturin blickte durch die Gitterstäbe nach draussen. Das musste das Haus von Rincobal sein. Aus ihrem Schlaf gerissen, dem die meisten sich hingegeben hatten stürmten die Gnomm in Richtung des Brandes. Aufgeschreckt und verstört rannten sie schreiend darauf zu.

"Die Gundram da!... und da!....sie greifen an!. Die Gundram greifen aaaan," schrie Alturin immer wieder. Als auch der letzte Wachmann der Gnomm die Hütte verlassen und ausser Reichweite war, um sich dem scheinbar angreifenden alten Feind der Gnomm entgegen zu stellen, flogen mehrere Eulen heran. Gemeinsam hatten sie ein starkes Seil gepackt, dessen Ende sie Alturin reichten. Er zog es durch die Gitterstäbe und die Eulen flogen damit davon. Kurz darauf wurde die Tür aus den Angeln gerissen.

Alturin war frei!

Vor ihm auf dem Waldboden war ein Netz ausgebreitet worden. Alturin setzte sich darauf. Unzählige Eule flogen heran, packten die Enden und plötzlich befand sich Alturin in der Luft. Überall um sich herum hörte er das starke Schlagen der Eulenflügel. Es mussten wohl über fünfzig sein. Sie flogen mit Alturin im Netz durch den Wald. Hin und her wurde er geschwenkt zwischen den Bäumen. Sie mussten zunächst durch den Sternenwald hindurch. Das Dach war hier zu dicht, um nach oben entwischen zu können. Endlich erreichten sie sein Ende und im angrenzenden Laubwald fanden sie ein Lücke, durch die sie in den nächtlichen Himmel stiessen. Immer höher stiegen sie und als Alturin sich umdrehte, konnte er den Feuerschein des Brandes noch sehen. Der Flug wurde ruhiger und bald konnte Alturin das Ende des Waldes sehen.

Er erkannte einen Karren, der dort stand und Menschen. Bengolf war dort! Und Hatora! Sie hatte zwölf ihrer Lichtkrieger um sich versammelt. Die Eulen schwebten mit dem Netz über dem Karren ein und setzten Alturin dann etwas unsanft ab. Schnell befreite er sich von dem Netz und sprang vom Wagen herab.

"Hatora, rief er und verbeugte sich vor ihr, ich bin so froh, Euch zu sehen. Ich stehe tief in Eurer Schuld, Herrin." Hatora lächelte ihn nur an.

"Bengolf alter Freund, wandte er sich an seinen alten Gefährten, es tut so gut, Dich zu sehen!" Lachend fielen sie sich in die Arme.

"Es ist Zeit, sagte Hatora, eilt euch, wir müssen zurück und dürfen nun keine Zeit verlieren. Die Gnomm werden ihren Gast schon vermissen."

Alturin erklomm schnell den Rücken des für ihn mitgeführten Pferdes und sie setzten sich in Bewegung. Hatora führte die Gruppe, gefolgt von Alturin und Bengolf, dahinter ritten sechs der Kristallkrieger. Der Karren bildete die Mitte, am Schluss sicherten weitere sechs Lichtkrieger das Ende ihres Zuges. Plötzlich schrie einer der Lichtkrieger "Gnomm! Sie kommen aus dem Wald hinter uns her. Treibt die Pferde an, rasch!"

Alle sahen sich erschrocken nach hinten um. Es waren zehn von ihnen. Sie waren klein, doch sehr schnell... und sie holten auf! Schwerter blitzen auf in ihren Händen.

"Sie holen uns ein," rief einer der Lichtkrieger und alle trieben ihre Pferde weiter an.

Plötzlich flog die Decke auf dem Karren hoch in die Luft und Mikkel stand mit seinem Bogen in den Händen breitbeinig auf der Ladungsfläche! Er legte zwei Pfeile gleichzeitig in die Sehne.

"Mikkel," raunte Alturin überrascht.

Bengolf ritt mit nach hinten gedrehtem Kopf und offenem Mund weiter. Hatoras Blick sprach Bände. Sie hatte ihm befohlen, in der Stadt zu bleiben....

Geschickt federte Mikkel auf dem Karren stehend mit seinen Beinen die Bewegungen der holperigen Fahrt ab und legte an. Er hatte zwei der Gnomm genau anvisiert. Die Pfeile würden ihr Herz durchbohren, wenn sie die Sehne verliessen.

Doch er zögerte. Etwas in ihm hielt ihn zurück. Immer näher kamen die Gnomm heran. Die sechs Kristallkrieger hinter ihm waren zur Seite geschwenkt, um ihm freies Schussfeld zu geben. Keine hundert Schritte trennten sie mehr von ihren Feinden. Doch Mikkel senkte den Bogen unter den erstaunten Blicken der Anderen. Zwei, drei Augenblicke vergingen. Dann hob Mikkel plötzlich den Bogen mit den Pfeilen an. Er zielte.... Sirrend verliessen die Pfeile die Sehne, um kurz darauf klatschend in die Oberschenkel der ersten beiden Gnomm einzuschlagen. Vor Schmerz aufschreiend überschlugen sie sich in ihrem schnellen Lauf und blieben zusammengekrümmt am Boden liegen.

Weitere vier Mal entnahm Mikkel dem Köcher vor ihm jeweils zwei Pfeile und vier Mal streckte er je zwei der Gnomm nieder. Die letzten beiden waren nur noch fünf Pferdelängen von ihnen entfernt gewesen. Dann senkte er seinen Bogen und setzte sich auf den Boden des Karrens.

Hatora drehte sich kurz zu ihm um und ihre Blicke trafen sich. Mikkel sah etwas in ihren Augen, dass ihm nicht gefiel, doch da war auch noch etwas Anderes, dass er sich nicht erklären konnte. Hatora richtete ihren Blick wieder nach vorn. Sie verlangsamte ihren Ritt. Die Gefahr schien zunächst vorüber zu sein und die Anspannung wich aus den Körpern der Menschen aus der Kristallstadt. Bald würden sie wieder sichereres Gelände erreichen. Was sollte ihren Rückweg nun noch stören?....


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Alte Pfade


Mikkel war sehr froh, dass Alturin wieder bei ihm war. Er war in der letzten Zeit neben Bengolf zu einer wichtigen Bezugsperson für ihn geworden. Gleich bei der ersten Rast suchte er seine Nähe. Er war verunsichert. Er hatte sich den Unmut von Hatora zugezogen durch sein Fehlverhalten. Trotz des Erscheinungsbildes eines erwachsenen Mannes schlug dennoch das Herz eines Kindes in seiner Brust. Er war verunsichert. Hatora liess ihn unbeachtet und würdigte ihn keines Blickes. Mit fragendem Blick sah er Alturin an.

"Wird Hatora mir meinen Fehler je vergeben," fragte er Alturin besorgt.

"Es wird immer wieder Gelegenheiten für Fehler geben mein Lieber. Du hast einen Fehler begangen, indem Du Dich Hatoras Anweisungen widersetzt hast. Andererseits..... wer weiss was geschehen wäre, wenn Du nicht bei uns gewesen wärest. Nun, es wird auch neue Gelegenheiten geben, den Fehler wieder gut zu machen. Sorge Dich nicht allzu sehr. Ich kenne Hatora recht gut und weiss, dass sie nicht nachtragend ist. Gib den Dingen einfach etwas Zeit."

"Du meinst ich soll gar nichts tun,?" fragte Mikkel ungläubig.

"Nun, ich halte es zumindest im Moment für das Beste," antwortete Alturin.

Trotz der wenig zufriedenstellenden Antwort war Mikkel doch etwas beruhigt. Die letzten Stunden waren anstrengend und so legten sich alle früh schlafen und die Lichtkrieger wechselten sich mit der Wache ab. Nach einer ruhigen Nacht waren alle früh auf den Beinen und kurz nach Morgengrauen ritten sie weiter. Hatora führte sie an. Mikkel beobachtete sie unauffällig. Sie schien sehr in Gedanken versunken und blickte stur geradeaus.

Plötzlich kam Bewegung in die Gruppe. Undra kehrte von ihrem Erkundungsflug zurück. Sie war sehr aufgeregt und pfeilschnell schoss sie heran. Dann bremste sie ruckartig ab und landete auf dem ausgestreckten Arm von Hatora. Mit flatternden Flügeln berichtete sie Hatora, was sie gesehen hatte.

"Askaden,? fragte Hatora ungläubig. So schnell habe ich nicht mit ihnen gerechnet. Nehmt mit dem Karren den gleichen Weg, welchen wir gekommen sind. Zwei Lichtkrieger sollen ihn begleiten. Wir Anderen nehmen den Pfad durch die Schlucht von Gulgur. Eilt Euch! Wir dürfen keine Zeit verlieren, die Stadt wird von wilden Askaden angegriffen," trieb sie die Gruppe lauthals an.

Erschrocken über die schreckliche Nachricht spornten sie sofort ihre Pferde an und galoppierten los.

Keiner passierte die enge Schlucht von Gulgur, wenn er dies nicht unbedingt musste. Sie war so schmal, dass ein Karren nicht hindurch gepasst hätte. Alle mussten hintereinander durch die Schlucht. Es gab keine Deckung und bei einem Angriff wäre man verloren gewesen. Doch sie hatten Glück. Ungehindert kamen sie durch die enge Schlucht hindurch und erreichten erleichtert den Ausgang. Sofort spornte Hatora ihr Pferd an und führte die Gruppe in schnellem Galopp weiter. Nach wildem Ritt erreichten sie den Hügel, der den Blick auf die Stadt frei machte. Hatora stockte der Atem!

Tausende der Askadenkrieger waren auf dem Platz vor der Kristallstadt angetreten. In Reih und Glied standen sie wohlgeordnet in Blocks von zweihundert Männern und blickten auf die Stadt. Kriegsgerät war aufgefahren worden. Katapulte, Rammböcke und Schleudern. Feuer waren überall zu sehen. Alle beobachteten betroffen die Szenen, die sich vor dem Tor der Stadt abspielten. Die Askaden waren ein kriegserprobtes Volk. Kampf war ihnen nicht fremd und sie scheuten die Gefahr nicht. Bald würden sie gegen die Stadt anrennen und versuchen, sie zu erobern.

"Hier können wir nicht durch, sagte Hatora, wir müssen einen geheimen Weg beschreiten. Folgt mir!"

Sie ritt in den Wald zurück und kamen nach kurzem Ritt an einen Felsen auf einem kleinen bewaldeten Hügel . "Bindet die Pferde hinter den Bäumen an, so dass sie nicht sofort gesehen werden können," befahl sie den Männern. Hatora ging auf den Felsen zu. Sie legte ihre Hände auf den grossen Stein und sprach eine magische Formel. Plötzlich rollte der Stein auf die Seite und gab den Weg zu einem geheimen Gang frei, durch den alle in die Stadt gelangen sollten. Als der letzte der Männer den Durchgang passiert hatte, verschloss Hatora den Eingang wieder. Nichts war mehr zu sehen. Hatora strich über ihren Kristallring, den sie am Finger trug und helles Licht ermöglichte ihnen mit seinem Licht den sicheren Gang durch den geheimen Tunnel.

Abrupt endete der Weg vor einer steinernen Wand. Hier ging es nicht weiter. Hatora legte abermals ihre Hände auf den Stein und wie durch Wunderhand schob sich die Wand zur Seite und machte den Weg in die Kellergewölbe der Kristallstadt frei. Als alle eingetreten waren, verschloss Hatora den Eingang wieder. Mit dem Gefühl den Schutz der Kristallstadt für sich zu haben, strebten alle erleichtert in die obere Ebene. Voll unter Waffen stehende Lichtkrieger kreuzten ihren Weg nach oben. Hektisch wurden Schwerter, Pfeile und Bögen, Lanzen und Messer aus der Waffenkammer ausgegeben. Die Lichtkrieger, die sie begleitet hatten, verliessen sie und verteilten sich auf ihre Einheiten. Hatora, Alturin, Bengolf und Mikkel betraten den grossen Balkon in Hatoras Gemächern und blickten auf die gewaltige Zahl der Feinde.

Der Hauptmann der Lichtkrieger betrat den Balkon und erstattete Hatora Bericht. Ihre Verteidigung stand. Alle Posten waren besetzt. "Halte das Tor im Blick Hauptmann und schicke zusätzliche Bogenschützen auf die Wehrtürme," ordnete Hatora an. Der Hauptmann nickte und verliess geschwind den Balkon.

Alturin blickte herunter auf die Feinde. In vorderster Reihe sah er ihn. Ihren Anführer Artron. Ein Kämpfer von hünenhafter Grösse, kampferprobt mit dem Schwert und der Lanze. Der Ruf von ungeheuerer Kraft eilte ihm voraus. Es hiess, dass er einmal einen Stier mit blossen Händen besiegt und getötet hatte. Er war der Kopf der Schlange der Askaden und Hatora war sich sicher, dass in Wahrheit Rincobal hinter seinem Aufmarsch steckte. Bengolf hatte den Balkon kurz verlassen und kam nun mit seinem Bogen zurück und gab Alturin sein Schwert in die Hand. Mikkel staunte über das wunderschön gearbeitete Silberschwert. Es war einst ein Geschenk Hatoras an ihn gewesen und Alturin hatte insgeheim gehofft, es nicht mehr aus der Waffenkammer holen zu müssen.

Dann hob Artron sein Schwert in die Höhe. Aus mehreren Hörnern ertönte ohrenbetörender Lärm. Lautes Kriegsgeschrei der Askaden erfüllte die Luft. Die feindlichen Truppen rückten vor.

Die Schlacht begann.....


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Die Schlacht


Hatora hob ihre Hände in die Höhe. Kraft ihrer Macht und der Kristalle legte sie einen energetischen Schutz über die Kristallstadt. Alturin und Bengolf machten sich auf. Sie wollten unten am Tor mithelfen und taktische Anweisungen geben. Mikkel wollte ihnen folgen, der scharfe Blick Hatoras jedoch hielt ihn zurück. Er blieb neben ihr auf dem Balkon stehen und es war ihm in diesem Moment unangenehm, mit ihr ganz allein zu sein. Ihr Unmut gegen ihn war noch deutlich zu spüren. Das Kriegsgeschrei der Askaden wurde immer lauter. Das Dröhnen der Trommeln drang ohrenbetäubend zu ihnen herauf. Stück für Stück näherten sich die feindlichen Truppen dem Tor. Als die Bogenschützen ihre Bögen hoben und die Pfeile einlegten, gingen sämtliche Schilde der Askaden im Gleichklang nach oben und bildeten eine schier undurchdringliche Schutzwand.

Alturin war mit Bengolf oben auf dem Schutzwall angekommen und hatte den Befehl über die Bogenschützen übernommen. "Pfeile los, schrie er aus Leibeskräften, lasst Welle auf Welle folgen, sie sollen nicht zur Ruhe kommen. Deckt sie ein mit Pfeilen und durchbrecht ihre Deckung!" Sirrend verliess Welle um Welle den Schutzwall und ging auf die Angreifer nieder. Doch ihre Schilde waren stark und hielten dem Hagel stand. Nur vereinzelt wurden Angreifer getroffen, die Lücken die sich dann auftaten, waren zu gering, um ihre Formationen aufzulösen. Unaufhaltsam näherten sie sich weiter dem Haupttor.

Hatora sah Artron, den Anführer der Askaden, wie er sich in vorderster Front weiter in Richtung Tor bewegte. Er hielt etwas in der Hand. Ein Kristall! Ein ungutes Gefühl beschlich Hatora. Sie wandte sich an Mikkel. "Laufe so schnell Dich Deine Füsse tragen zu Alturin und berichte ihm, dass Artron einen Kristall hat. Es wäre möglich, dass er meinen Schutz durchbricht. Eile Dich! Und Mikkel! Danach kommst Du sofort hierher zurück!

Mikkel nickte kurz und spurtete los. Pfeilschnell eilte er durch die Gänge, erreichte die ersten Gassen und spurtete weiter hinunter zum Tor. Er raste die Stufen des steinernen Wehrturmes hinauf und hielt sofort nach Alturin Ausschau. Dann sah er ihn und rannte zu ihm. Alturin hatte selbst zum Bogen gegriffen und jagte einen Pfeil nach dem anderen auf die Angreifer hinab.

"Alturin! Alturin!, rief Mikkel. Hatora schickt mich. Artron führt einen Kristall mit sich und sie befürchtet, dass er ihren Schutzwall durchdringt!"

Bestürzt hielt Alturin inne. "Ein Kristall sagst Du?", fragte Alturin ungläubig.

"Ja ein Kristall!", bestätigte Mikkel.

Alturin beugte sich vorsichtig über die Brüstung der Wehrmauer, um Artron sehen zu können. Dann sah er ihn. Siegessicher ging er auf das Tor zu. Sein übergrosser, gebogener Schild sollte ihn vor den heranschiessenden Pfeilen schützen und war bereits gespickt von unzähligen Pfeilen der Lichtkrieger. Noch etwa zwei Schritte trennten ihn von der leicht schimmernden Schutzhülle. Prasselnd schlugen immer wieder neue Pfeile in den Schild ein, doch sein starker Arm hielt den Einschlägen stand. Er hob den Kristall in seiner Hand hoch und richtete ihn gegen die Schutzhülle. Alturin wartete gespannt ab. Beschwörende Formeln sprechend ging Artron langsam weiter. Dann hatte er die Schutzhülle erreicht und blieb stehen. Das Kriegsgeschrei verstummte plötzlich. Gespannte Ruhe stellte sich ein. Dann ging Artron einen Schritt vor.

"Nein!, dass kann nicht sein," rief Alturin. Die Hülle hatte ein Loch, dass sich immer mehr ausweitete. Alturin drehte sich zu Mikkel um und wollte ihn gerade zu Hatora zurückschicken mit der schlimmen Nachricht, als er ihn bewaffnet mit einem Bogen und zwei eingelegten Pfeilen neben sich auf der Wehrmauer stehen sah. Wie eine Statue stand er da. Hoch konzentriert und völlig ruhig wartete er auf seine Chance. Alturin hielt inne.

Das sichtbare Zurückweichen der Schutzhülle löste einen Sturm an Kriegsgeschrei bei den Angreifern aus und als Artron seinen rechten Arm hob und seine Truppen nach vorne beorderte, sah Mikkel seine Chance gekommen. Artron hatte sich etwas zur Seite gedreht und der Schild gab etwas von seinem Körper frei. Die beiden Pfeile verliessen sirrend die Sehne des Bogens. Dann folgte ein lauter Aufschrei Artron's. Einer der Pfeile durchschlug die Hand, die seine Truppen nach vorne bewegt hatte. Der andere nagelte seinen rechten Fuss am Boden fest. Wütend und mit schmerzverzehrtem Gesicht brach Artron die Pfeile durch und zog sie mit einem Schmerzensschrei aus Hand und Fuss heraus. Er blickte nach oben, um den Schützen erkennen zu können. Sein hasserfüllter Blick traf Mikkel und Alturin.

Mikkel wollte sich nicht ein zweites Mal den Unmut von Hatora zuziehen und machte sich geschwind auf den Rückweg zu ihr.

Alturin beorderte mehr Schützen auf die Wehrmauer und liess das Tor verstärken. Hier würde die erste Angriffswelle sie treffen.

Unter ihren hochgehaltenen Schilden näherten sich die Askaden mit ihren Rammböcken dem Tor. Weitere Körbe mit Pfeilen wurden auf die Wehrmauer gebracht und prasselten nun in noch grösserer Zahl auf die Angreifer nieder. Artron hatte sich mit seinem Schild geschützt und als seine Krieger ihn erreicht hatten, wurde er unter ihren schützenden Schilden nach hinten in Sicherheit gebracht, um seine Wunden zu versorgen. Einer seiner wild aussehenden Hauptleute hatte das Kommando übernommen und trieb die Truppen zur Eile an. Dann war er zu hören, der erste Schlag des Rammbockes....

Das schwere Tor erzitterte bedrohlich unter dem Schlag. Mit einem vorsichtigen Blick konnte Alturin den Kopf des Rammbockes sehen. Er war aus dem härtesten Holz gemacht, das man hier kannte. Sternenbaumholz! Diese Frevler!, dachte Alturin. Sie machen gemeinsame Sache mit diesem verblendeten Rincobal. Er musste sie aufhalten! Pech wurde von der Mauer heruntergegossen und mit Brandpfeilen beschossen. Ein Flammenmeer erhellte den Raum vor dem Tor. Schreiend brachen einige der brennenden Angreifer zusammen und versuchten verzweifelt, die Flammen zu löschen. Sofort rückten neue Männer nach, um den Rammbock erneut gegen das Tor zu schleudern. Der nächste Schlag traf das Tor!

Alturin beugte sich von der Wehrmauer zur Innenseite herunter und rief: "Schafft Holz heran und sichert das Tor! Rasch, eilt Euch!"

Kurz darauf kamen Männer mit bereit gestellten Baumstämmen zurück und verkeilten das Tor. Wieder und wieder schlug der Rammbock gegen das Tor. Unten sah er Bengolf an einem der Verteidigungsschlitze stehen. Pfeil um Pfeil schoss er auf die Angreifer ab. Viele von ihnen hatte er niedergestreckt, um das Tor zu schützen, aber es waren so viele. Doch das starke Tor hielt ihnen stand. Verzweifelt rannten die Angreifer dagegen an, doch sie konnten es nicht durchbrechen.

Mikkel war wieder in den Gemächern von Hatora angekommen und als er auf den Balkon zu rannte, blieb er abrupt stehen. Hatora hatte eine Rüstung angelegt. Sie leuchtete wie ein Stern und schien aus Kristall zu sein. Staunend und etwas geblendet berichtete Mikkel ihr was geschehen war.

"Es ist gut, dass Du nach Deinem Kunstschuss sofort zurück gekommen bist. Eine weitere Missachtung meiner Anweisungen hätte ich Dir wirklich übel genommen." Ein Lächeln huschte über ihr Gesicht und Mikkel wusste in diesem Moment, dass aller Unmut gegen ihn verflogen war.

Bei den Angreifern unten am Tor machte sich langsam Resignation breit. Das Tor gab nicht nach. Jedenfalls nicht mit diesen Mitteln! Der Hauptmann beorderte einen der Männer nach hinten. Kurz darauf kam dieser mit drei kleinen Säckchen zurück und reichte sie dem Hauptmann. Sie sahen ganz lieblich und unscheinbar aus, wie sie so in Blattwerk eingewickelt waren.....

Der Hauptmann schritt unter dem Schutz der Schilde vor, bis an das Tor, vor dem das brennende Pech hoch aufloderte. Er nahm die Säckchen und warf sie ins Feuer. Danach zogen sich die Männer zurück, bis sie etwa zehn Pferdelängen vom Tor entfernt stehen blieben.

Alturin hatte die Szene beobachtet. Er hatte gesehen, wie der Hauptmann die Säckchen ins Feuer geworfen hatte und die Truppen sich zurückzogen. Das konnte nur Eines bedeuten!

Oarkraut!

"Zieht Euch zurück vom Tor und bildet eine Verteidigungsreihe, raaaasch," schrie Alturin nach unten zu den Soldaten. Sie setzen Oarkraut ein! Drei Reihen Bogenschützen nach vorn! Schnell weg vom Tor, eilt Euch!" Das Wort Oarkraut brachte die Männer sofort in Bewegung und alle rannten sofort los und taten, wie Alturin befohlen hatte. Kurz darauf standen vier Reihen Bogenschützen in sicherer Entfernung zum Tor, die Bogen gespannt. Über vierhundert Pfeile waren auf das Tor gerichtet. Alturin war von der Wehrmauer herunter gekommen und wollte den Männern unten im Kampf beistehen. Gerade als er sich zu der hinteren Reihe der Schützen stellte geschah es.

Boummm! Mit irrsinnig lautem Knall explodierte das Oarkraut und riss das schwere Tor in viele Stücke. Die Druckwelle riss die ersten beiden Reihen der Bogenschützen um. Manche wurden von den umherfliegenden Teile des Tores getroffen. Alturin duckte sich schützend zu Boden.

"Schnell, auf mit Euch, nehmt euere Stellung wieder ein , rasch!", rief er den Männer zu. Schnell richteten sie sich wieder auf. Lautes Gebrüll brandete auf. Durch den aufgewirbelten Staub und den Qualm der Expolsion brandete die erste Welle der Angreifer durch das offene Tor herein. "Pfeile los!", schrie Alturin. Sirrend verliess Hagel um Hagel die Bögen und streckte viele der Angreifer nieder. Doch es waren zu viele. Immer näher und näher kamen sie den Reihen der Bogenschützen.

Sein alter Gefährte Bengolf kam an seine Seite und sah ihn besorgt an. Alturin packte den Griff seines Schwertes....


H.A. - hier genannt Tolkien
 
Die Schlacht


Hatora hob ihre Hände in die Höhe. Kraft ihrer Macht und der Kristalle legte sie einen energetischen Schutz über die Kristallstadt. Alturin und Bengolf machten sich auf. Sie wollten unten am Tor mithelfen und taktische Anweisungen geben. Mikkel wollte ihnen folgen, der scharfe Blick Hatoras jedoch hielt ihn zurück. Er blieb neben ihr auf dem Balkon stehen und es war ihm in diesem Moment unangenehm, mit ihr ganz allein zu sein. Ihr Unmut gegen ihn war noch deutlich zu spüren. Das Kriegsgeschrei der Askaden wurde immer lauter. Das Dröhnen der Trommeln drang ohrenbetäubend zu ihnen herauf. Stück für Stück näherten sich die feindlichen Truppen dem Tor. Als die Bogenschützen ihre Bögen hoben und die Pfeile einlegten, gingen sämtliche Schilde der Askaden im Gleichklang nach oben und bildeten eine schier undurchdringliche Schutzwand.

Alturin war mit Bengolf oben auf dem Schutzwall angekommen und hatte den Befehl über die Bogenschützen übernommen. "Pfeile los, schrie er aus Leibeskräften, lasst Welle auf Welle folgen, sie sollen nicht zur Ruhe kommen. Deckt sie ein mit Pfeilen und durchbrecht ihre Deckung!" Sirrend verliess Welle um Welle den Schutzwall und ging auf die Angreifer nieder. Doch ihre Schilde waren stark und hielten dem Hagel stand. Nur vereinzelt wurden Angreifer getroffen, die Lücken die sich dann auftaten, waren zu gering, um ihre Formationen aufzulösen. Unaufhaltsam näherten sie sich weiter dem Haupttor.

Hatora sah Artron, den Anführer der Askaden, wie er sich in vorderster Front weiter in Richtung Tor bewegte. Er hielt etwas in der Hand. Ein Kristall! Ein ungutes Gefühl beschlich Hatora. Sie wandte sich an Mikkel. "Laufe so schnell Dich Deine Füsse tragen zu Alturin und berichte ihm, dass Artron einen Kristall hat. Es wäre möglich, dass er meinen Schutz durchbricht. Eile Dich! Und Mikkel! Danach kommst Du sofort hierher zurück!

Mikkel nickte kurz und spurtete los. Pfeilschnell eilte er durch die Gänge, erreichte die ersten Gassen und spurtete weiter hinunter zum Tor. Er raste die Stufen des steinernen Wehrturmes hinauf und hielt sofort nach Alturin Ausschau. Dann sah er ihn und rannte zu ihm. Alturin hatte selbst zum Bogen gegriffen und jagte einen Pfeil nach dem anderen auf die Angreifer hinab.

"Alturin! Alturin!, rief Mikkel. Hatora schickt mich. Artron führt einen Kristall mit sich und sie befürchtet, dass er ihren Schutzwall durchdringt!"

Bestürzt hielt Alturin inne. "Ein Kristall sagst Du?", fragte Alturin ungläubig.

"Ja ein Kristall!", bestätigte Mikkel.

Alturin beugte sich vorsichtig über die Brüstung der Wehrmauer, um Artron sehen zu können. Dann sah er ihn. Siegessicher ging er auf das Tor zu. Sein übergrosser, gebogener Schild sollte ihn vor den heranschiessenden Pfeilen schützen und war bereits gespickt von unzähligen Pfeilen der Lichtkrieger. Noch etwa zwei Schritte trennten ihn von der leicht schimmernden Schutzhülle. Prasselnd schlugen immer wieder neue Pfeile in den Schild ein, doch sein starker Arm hielt den Einschlägen stand. Er hob den Kristall in seiner Hand hoch und richtete ihn gegen die Schutzhülle. Alturin wartete gespannt ab. Beschwörende Formeln sprechend ging Artron langsam weiter. Dann hatte er die Schutzhülle erreicht und blieb stehen. Das Kriegsgeschrei verstummte plötzlich. Gespannte Ruhe stellte sich ein. Dann ging Artron einen Schritt vor.

"Nein!, dass kann nicht sein," rief Alturin. Die Hülle hatte ein Loch, dass sich immer mehr ausweitete. Alturin drehte sich zu Mikkel um und wollte ihn gerade zu Hatora zurückschicken mit der schlimmen Nachricht, als er ihn bewaffnet mit einem Bogen und zwei eingelegten Pfeilen neben sich auf der Wehrmauer stehen sah. Wie eine Statue stand er da. Hoch konzentriert und völlig ruhig wartete er auf seine Chance. Alturin hielt inne.

Das sichtbare Zurückweichen der Schutzhülle löste einen Sturm an Kriegsgeschrei bei den Angreifern aus und als Artron seinen rechten Arm hob und seine Truppen nach vorne beorderte, sah Mikkel seine Chance gekommen. Artron hatte sich etwas zur Seite gedreht und der Schild gab etwas von seinem Körper frei. Die beiden Pfeile verliessen sirrend die Sehne des Bogens. Dann folgte ein lauter Aufschrei Artron's. Einer der Pfeile durchschlug die Hand, die seine Truppen nach vorne bewegt hatte. Der andere nagelte seinen rechten Fuss am Boden fest. Wütend und mit schmerzverzehrtem Gesicht brach Artron die Pfeile durch und zog sie mit einem Schmerzensschrei aus Hand und Fuss heraus. Er blickte nach oben, um den Schützen erkennen zu können. Sein hasserfüllter Blick traf Mikkel und Alturin.

Mikkel wollte sich nicht ein zweites Mal den Unmut von Hatora zuziehen und machte sich geschwind auf den Rückweg zu ihr.

Alturin beorderte mehr Schützen auf die Wehrmauer und liess das Tor verstärken. Hier würde die erste Angriffswelle sie treffen.

Unter ihren hochgehaltenen Schilden näherten sich die Askaden mit ihren Rammböcken dem Tor. Weitere Körbe mit Pfeilen wurden auf die Wehrmauer gebracht und prasselten nun in noch grösserer Zahl auf die Angreifer nieder. Artron hatte sich mit seinem Schild geschützt und als seine Krieger ihn erreicht hatten, wurde er unter ihren schützenden Schilden nach hinten in Sicherheit gebracht, um seine Wunden zu versorgen. Einer seiner wild aussehenden Hauptleute hatte das Kommando übernommen und trieb die Truppen zur Eile an. Dann war er zu hören, der erste Schlag des Rammbockes....

Das schwere Tor erzitterte bedrohlich unter dem Schlag. Mit einem vorsichtigen Blick konnte Alturin den Kopf des Rammbockes sehen. Er war aus dem härtesten Holz gemacht, das man hier kannte. Sternenbaumholz! Diese Frevler!, dachte Alturin. Sie machen gemeinsame Sache mit diesem verblendeten Rincobal. Er musste sie aufhalten! Pech wurde von der Mauer heruntergegossen und mit Brandpfeilen beschossen. Ein Flammenmeer erhellte den Raum vor dem Tor. Schreiend brachen einige der brennenden Angreifer zusammen und versuchten verzweifelt, die Flammen zu löschen. Sofort rückten neue Männer nach, um den Rammbock erneut gegen das Tor zu schleudern. Der nächste Schlag traf das Tor!

Alturin beugte sich von der Wehrmauer zur Innenseite herunter und rief: "Schafft Holz heran und sichert das Tor! Rasch, eilt Euch!"

Kurz darauf kamen Männer mit bereit gestellten Baumstämmen zurück und verkeilten das Tor. Wieder und wieder schlug der Rammbock gegen das Tor. Unten sah er Bengolf an einem der Verteidigungsschlitze stehen. Pfeil um Pfeil schoss er auf die Angreifer ab. Viele von ihnen hatte er niedergestreckt, um das Tor zu schützen, aber es waren so viele. Doch das starke Tor hielt ihnen stand. Verzweifelt rannten die Angreifer dagegen an, doch sie konnten es nicht durchbrechen.

Mikkel war wieder in den Gemächern von Hatora angekommen und als er auf den Balkon zu rannte, blieb er abrupt stehen. Hatora hatte eine Rüstung angelegt. Sie leuchtete wie ein Stern und schien aus Kristall zu sein. Staunend und etwas geblendet berichtete Mikkel ihr was geschehen war.

"Es ist gut, dass Du nach Deinem Kunstschuss sofort zurück gekommen bist. Eine weitere Missachtung meiner Anweisungen hätte ich Dir wirklich übel genommen." Ein Lächeln huschte über ihr Gesicht und Mikkel wusste in diesem Moment, dass aller Unmut gegen ihn verflogen war.

Bei den Angreifern unten am Tor machte sich langsam Resignation breit. Das Tor gab nicht nach. Jedenfalls nicht mit diesen Mitteln! Der Hauptmann beorderte einen der Männer nach hinten. Kurz darauf kam dieser mit drei kleinen Säckchen zurück und reichte sie dem Hauptmann. Sie sahen ganz lieblich und unscheinbar aus, wie sie so in Blattwerk eingewickelt waren.....

Der Hauptmann schritt unter dem Schutz der Schilde vor, bis an das Tor, vor dem das brennende Pech hoch aufloderte. Er nahm die Säckchen und warf sie ins Feuer. Danach zogen sich die Männer zurück, bis sie etwa zehn Pferdelängen vom Tor entfernt stehen blieben.

Alturin hatte die Szene beobachtet. Er hatte gesehen, wie der Hauptmann die Säckchen ins Feuer geworfen hatte und die Truppen sich zurückzogen. Das konnte nur Eines bedeuten!

Oarkraut!

"Zieht Euch zurück vom Tor und bildet eine Verteidigungsreihe, raaaasch," schrie Alturin nach unten zu den Soldaten. Sie setzen Oarkraut ein! Drei Reihen Bogenschützen nach vorn! Schnell weg vom Tor, eilt Euch!" Das Wort Oarkraut brachte die Männer sofort in Bewegung und alle rannten sofort los und taten, wie Alturin befohlen hatte. Kurz darauf standen vier Reihen Bogenschützen in sicherer Entfernung zum Tor, die Bogen gespannt. Über vierhundert Pfeile waren auf das Tor gerichtet. Alturin war von der Wehrmauer herunter gekommen und wollte den Männern unten im Kampf beistehen. Gerade als er sich zu der hinteren Reihe der Schützen stellte geschah es.

Boummm! Mit irrsinnig lautem Knall explodierte das Oarkraut und riss das schwere Tor in viele Stücke. Die Druckwelle riss die ersten beiden Reihen der Bogenschützen um. Manche wurden von den umherfliegenden Teile des Tores getroffen. Alturin duckte sich schützend zu Boden.

"Schnell, auf mit Euch, nehmt euere Stellung wieder ein , rasch!", rief er den Männer zu. Schnell richteten sie sich wieder auf. Lautes Gebrüll brandete auf. Durch den aufgewirbelten Staub und den Qualm der Expolsion brandete die erste Welle der Angreifer durch das offene Tor herein. "Pfeile los!", schrie Alturin. Sirrend verliess Hagel um Hagel die Bögen und streckte viele der Angreifer nieder. Doch es waren zu viele. Immer näher und näher kamen sie den Reihen der Bogenschützen.

Sein alter Gefährte Bengolf kam an seine Seite und sah ihn besorgt an. Alturin packte den Griff seines Schwertes....


H.A. - hier genannt Tolkien

Klasse! Ich bin begeistert :-D
 
Südland



Leholan war König im Südland. Das wiesen- und waldreiche Land mit seinen sanften Hügeln und steil aufragenden Bergen regierte er seit langen Jahren. Von seinen Urvätern war es in seiner Ahnenreihe stets weiter gegeben worden bis zu ihm. Mit weiser Hand regierte er das Land, wie sein Vater Alguriel es ihn gelehrt hatte. Zwei Söhne waren ihm von seiner Gemahlin Altreiede geschenkt worden. Sie waren sein ganzer Stolz. Belgomir, der ältere der beiden, war ein weit über das Land hinaus bekannter Krieger. Jeden Wettstreit hatte er bisher für sich entscheiden können und an Kraft und Geschicklichkeit war er unerreicht.

Bengimir jedoch, Leholan's zweiter Sohn, war das genaue Gegenteil. Er war von zarter Statur, hatte feine, schlanke Hände und ein ebenmässiges Gesicht. Er war eher den schöngeistigen Dingen zugewandt und seine hohe Stirn wies ihn als einen Denker aus. Auf dem Schlachtfelde war er nicht zu gebrauchen, es sei denn der Gefallenen in einem Klageliede zu gedenken.

Beiden lagen die Frauen am Hofe zu Füssen - aus dem einen oder anderen Grunde.

Belgomir war vor zwei Tagen mit einer Schar von zehn Gefolgsleuten zur Jagd aufgebrochen und wurde heute zurück erwartet. Sie führten stets einen Karren mit für die Verpflegung und die Zeltunterkünfte. Bei der Rückkehr jedoch war es meist so, dass diese Dinge zusätzlich auf die Pferde verteilt werden mussten, da das Jagdglück Belgomir scheinbar immer hold war. Seit Stunden hielten Wachposten von den Türmen der Burg her Ausschau nach dem Jagdtrupp, doch bisher hatten sie nichts entdecken können. Man scherzte schon, dass sie diesmal noch langsamer fahren müssten, weil die Achsen des Karrens sich so sehr biegen würden, ob der Last der erlegten Beute.

Als alles zum Abendmahl hergerichtet war, wollte Altreiede eigentlich noch warten, doch Leholan entschied mit dem Speisen zu beginnen, sie würden schon gleich eintreffen. Doch in seinem Innersten machte er sich Sorgen. Er hatte ein ungutes Gefühl. Dieser Traum heute Nacht hatte ihn unruhig schlafen lassen und zweimal war er sogar aufgestanden. Er hatte von einem Kind geträumt, dass im zarten Alter bereits mit solcher Kampfeskraft und Geschicklichkeit gesegnet war, dass man es kaum glauben konnte. Am Ende war der Junge in einen fürchterlichen Kampf verwickelt, deren Ausgang ihm im Traum nicht gezeigt wurde. Leholan hatte diesen Traum auf Belgomir bezogen und machte sich wegen des Kampfes darin grosse Sorgen.

Das Mahl an der grossen Tafel hatte begonnen und anstelle der sonst üblichen randvollen Teller schien der Appetit des Herrscherpaares heute eher dürftig auszufallen. Inzwischen entging hier keinem mehr, dass sie in Sorge waren. Die Dämmerung war längst hereingebrochen und nachdem Leholan mit dem Mahl geendet hatte entschied er: "Schickt drei Kundschafter aus und reitet ihnen entgegen. Nehmt genügend Fackeln mit, dass man euch von Weitem sehen kann. Macht euch gleich auf!" Sofort wurde seinem Befehl Folge geleistet und drei Männer machten sich auf den Weg. Keine fünf Minuten später ritten sie durch das Tor dem nahen Wald entgegen. Aufmerksam beobachteten sie die Umgebung.

Plötzlich hob ihr Anführer den Arm in die Höhe und hielt sein Pferd an. "Halt. Da vorne ist etwas. Sieht aus wie der Karren, den unsere Leute mitgeführt haben. Rasch, lasst uns nachsehen." Die Gruppe setzte ihre Pferde wieder in Bewegung. Die Umrisse des Karrens wurden deutlicher. Die Kutschbank schien verwaist zu sein und die Zügel waren nach hinten auf die Ladefläche gelegt.

"Das ist der Jagdkarren Belgomir's, rief der Anführer. Rasch, lasst uns nachsehen." Er ritt an den Karren heran und seine vor Schreck geweiteten Augen liessen nichts Gutes vermuten. "Belgomir!", rief er bestürzt. Der Sohn des Königs lag schwer verletzt hinter der Kutschbank des Karrens. Blut strömte aus mehreren Wunden an seinem Körper. Ein Pfeil steckte hinten in seiner rechten Schulter und hatte das schwere lederne Jagdkleid Belgomir's durchschlagen. Der Anführer sprang von seinem Pferd ab und landete auf dem Karren. Vorsichtig berührte er Belgomir an der Schulter. "Herr!"

Nur leises Stöhnen kam aus Belgomir's Mund. "Rasch auf den Kutschbock, rief er einem der anderen Männer zu. Es ist Belgomir. Er ist schwer verletzt, wir müssen ihn schnellstens zurück bringen und versorgen. Er hat viel Blut verloren. Binde Dein Pferd hinten an und eile Dich geschwind! Und Du reite zurück und berichte dem König. Es müssen Vorbereitungen getroffen werden für Belgomir's schwere Wunden," wies er den dritten Mann an."

Sofort tat der Mann wie ihm befohlen war und kurz darauf sass er auf dem Kutschbock und liess das Pferd vorsichtig anlaufen. Der zweite Kundschafter ritt sofort in wildem Galopp zurück in Richtung der Burg. Der Anführer sah sich inzwischen Belgomir's Wunden an. Dabei fiel sein Blick auf den Pfeil, der in seiner Schulter steckte. Er nahm die Federn am Ende vorsichtig zwischen die Finger und leuchtete sie mit einer Fackel an. "Ein Askadenpfeil, murmelte er leise vor sich hin. Was ist hier geschehen?"

Der Kundschafter hatte das Tor der Burg erreicht und sprang im Vorhof geschwind von seinem Pferd ab. Schnell rannte er die Stufen zur Burg hoch und kam in den Speisesaal, wo noch alle versammelt waren. "Mein Herr, mein Herr, wir haben Belgomir gefunden. Er ist schwer verletzt!"

Entsetzen machte sich in den Gesichtern der Anwesenden breit. Völlig ausser Atem berichtete der Mann dem König, dass Belgomir scheinbar der einzige Überlebende eines Angriffes war. Von den anderen zehn Jagdbegleitern fehlte jede Spur.

"Rasch zum Tor, befahl Leholan und bereitet ein Krankenlager für Belgomir. Holt die Heilkundigen zusammen und bereitet heisses Wasser." Eiligen Schrittes folgte er den anderen hinunter zum Tor. Gerade passierte der Karren das Tor zum Innenhof der Burg. Altreiede stand bereits am Karren und hatte Belgomir's Hand ergriffen. Tränen rannen ihr die Wangen hinunter und liefen ihr über den vor Schmerz zusammengekniffenen, bibbernden Mund. Bestürzt sah der König seinen schwer verletzten Sohn. Der Anführer trat zu ihm.

"Es ist ein askadischer Pfeil mein König, ich habe ihn mir genau angesehen."

"Was hat das zu bedeuten? Wir haben mit den Askaden keinen Unfrieden gehabt seit ewiger Zeit", fragte der König.

"Mir ist es auch ein Rätsel Herr," antwortete der Anführer der Kundschafter.

"Bringt ihn vorsichtig hinauf, wies Leholan die Männer an. Das Krankenlager ist hergerichtet und die Heilkundigen stehen bereit." Mehrere Männer trugen Belgomir behutsam vom Karren fort in die Burg. Altreiede starrte noch auf die grosse Blutlache auf dem Karren. Leholan berührte sacht ihre Schulter. Sie drehte sich zu ihm um und ihre Blicke trafen sich. Nie hatte er seine Gemahlin so verzweifelt gesehen. Behutsam zog er sie zu sich heran und nahm sie in die Arme. Schluchzend liess Altreiede ihrer Trauer freien Lauf. Betreten und mit gesenkten Köpfen standen die anderen Menschen um sie herum.

Bengimir hatte den Saal nicht verlassen. Er stand auf dem Balkon und beobachtete die Szenen im Hof der Burg. Er hatte nicht den Wunsch verspürt, mit den anderen hinunter zu gehen. Warum auch? Es waren ja auch genügend Menschen da, welche sich um Belgomir kümmerten. Alle waren sie um ihn herum, wie so oft.....

Belgomir war inzwischen in ein Gemach gebracht worden, wo er sofort von einigen heilkundigen Männern und Frauen versorgt wurde. Das Herrscherpaar wurde gebeten, den Raum zu verlassen und so fanden sich alle gemeinsam kurz darauf wieder im Saal zusammen und warteten auf den Bericht der Menschen, die ihn versorgten und sich um ihn kümmerten. An Schlaf war in dieser Nacht nicht zu denken. Es dauerte bis kurz vor dem Morgengrauen, als einer der Männer aus dem Zimmer heraus in den Saal kam und vor das Königspaar trat. Erwartungsvoll und mit angsterfüllter Mine sahen alle den Mann an.

"Er hat sehr viel Blut verloren Herr und ist nach allerbestem Wissen versorgt, begann der Mann. Nun liegt alles Weitere an ihm. Wenn er den kommenden Tag übersteht und wir Fieber vermeiden können, wird er es schaffen, zu uns zurück zu kommen. Darauf sollten sich nun all' unsere Gebete richten."

"Ich will ihn sehen," sagte der König.

Gemeinsam mit seiner Gemahlin betrat Leholan kurz darauf das Krankengemach. Der Raum war von den Gerüchen verschiedener Kräuter, Salben und Räucherwerk geschwängert. Kerzen brannten überall. Belgomir schien tief zu schlafen. Altreiede nahm auf einem Stuhl neben dem Bett Platz. Etwas beruhigt beobachtete sie den sich langsam hebenden und senkenden Brustkorb ihres Sohnes. Leholan sah sich den herausgezogenen Pfeil an, der auf einem Tisch abgelegt war. Blut klebte an der Pfeilspitze. Das Blut seines Sohnes.

Was ging hier vor?


H.A. - hier genannt Tolkien
 
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Angriff - Teil 1


Hatora sah Mikkel an. "Ist Dein Schwert geschärft, junger Lichtkrieger?, fragte sie. Du wirst es heute brauchen, genau wie Deinen Bogen." Sie stellte sich vor Mikkel und legte ihre Hände auf seine Schultern. Wie aus dem Nichts erschien ein Kristall in ihrer Hand, der an einer Kette hing. "Trage dies nun junger Mikkel. Es möge Dir Schutz gewähren und Dir Kraft geben. Bedenke stets die Dinge, die wir Dich hier gelehrt haben." Sie legte Mikkel die Kette um und steckte den Kristall in sein Hemd, so dass er nicht mehr sichtbar war.

Mikkel bedankte sich bei Hatora und sah sie erwartungsvoll an. Dann ergriff sie das Schwert, dass vor ihr auf dem Tisch lag, hob es hoch in die Höhe und rief laut:"Für die Kristallstadt!"

Rasch schritt sie zur Tür und Mikkel folgte ihr. Lauter Kampflärm war von draussen zu hören. Mikkel war aufgeregt, doch hatte er keine Angst. Sehr aufmerksam und konzentriert folgte er Hatora auf die unteren Ebenen, bis sie den Ausgang erreichten. Qualm wehte heran. Schreie ertönten. Kampflärm erfüllte die Luft. Hatora sprang mehrere Treppen auf einmal nehmend auf die herannahenden Feinde zu. Mikkel folgte ihr und wunderte sich über ihre Kraft und Geschicklichkeit.

Alturin und Bengolf standen einer Übermacht gegenüber. Welle um Welle der Angreifer brandete unaufhörlich heran. Viele Tote und Verwundete lagen auf dem Platz und die Pfeile der Lichtkrieger fanden immer neue Ziele. Doch die Zahl der Angreifer war zu gross. Die ersten von ihnen erreichten ihre Reihen.

"Lanzen vooooor," schrie Alturin und scharfe Speerspitzen wurde aus der zweiten Reihe gegen die Angreifer gerichtet. Doch unbeeindruckt davon rannten die Askaden gegen den Wall aus Speeren an. Die erste Angriffswelle war abgewehrt und viele der Feinde aufgespiesst, doch sofort rückten die Krieger der Askaden nach. Noch bevor die nächsten Speere gerichtet waren rannten die feindlichen Krieger gegen die Reihen der Lichtkrieger an.

"Schwerter," schrie Alturin laut und hob sein Schwert. Die nächsten Wellen der Askaden brandeten auf die Reihen der Verteidiger. Innerhalb kürzester Zeit war ein Kampf Mann gegen Mann entbrannt. Die Wucht des Aufpralls der einströmenden Askaden riss Löcher in ihre geordeneten Reihen und wie ein gefrässiger Wurm suchten sich die Askaden den Weg zum Kern der Kristallstadt. Die ersten Angreifer hatte Alturin abgewehrt. Wirr hing sein Haar ihm in die verschwitzte Stirn. Ein grosser, kantiger Askadier stürmte mit wildem Geschrei und erhobenem Schwert auf ihn zu. Alturin schwang sein Schwert in die Höhe und schleuderte es in einer schnellen Drehung dem Askadier entgegen. Die Wucht des Schwertes holte den Feind von den Beinen. Alturin zog sein Schwert aus dem sterbenden Körper.

Bengolf hatte es mit drei Angreifern zu tun. Er hatte noch ein Kurzschwert zur Hilfe genommen und mit wirbelnden Bewegungen wehrte er die Angriffe erfolgreich ab. Die Schlacht tobte nun schon mehr als eine Stunde und Bengolf spürte seine Kräfte langsam schwinden. Er konnte eine kleine Pause gebrauchen, doch hier hiess es jetzt - entweder - oder. Kämpfen oder Sterben. Eine Gruppe von vier Askadiern kam auf ihn zugestürmt. Doch bevor er zum Schlag ausholen konnte, flogen zwei Gestalten an ihm vorbei und streckten die Angreifer nieder. Hatora und Mikkel waren zur Stelle! Sie hatten jeder zwei der Askadier angesprungen und mit einem Hieb ausser Gefecht gesetzt. Bengolf nickte ihnen dankbar zu.

Der Strom der Angreifer riss nicht ab. Wie ein Wirbelwind fegte Mikkel durch ihre Reihen und streckte mit ungeheuerer Schnelligkeit einen Angreifer nach dem anderen nieder. Er staunte über die Gewandheit Hatoras. Eine derartige Schnelligkeit hätte er ihr nicht zugetraut. Viele der Angreifer schienen geradezu geblendet zu sein von ihrer blitzenden Rüstung. Sie vermochte sich so schnell zu drehen, dass man Mühe hatte zu erkennen, wo Vorne und Hinten war. Hatora schlug eine regelrechte Schneise in die Reihen der Angreifer. Mikkel war nur wenige Schritte hinter ihr.

Ein lauter Ruf ertönte aus den hinteren Reihen der Askadier. Ihr Anführer, den Mikkel mit seinen Pfeilen verletzt hatte, war auf dem Weg nach vorne. Der Kampfeslärm ebbte ab. Artron trat von hinten hervor. Seine Männer machten ihm weiträumig Platz. Die Wunde an seiner Hand war verbunden und sein Fuß versorgt worden. Stolz schritt er nach vorn und blieb etwa zehn Meter vor Hatora und Mikkel stehen. Bewaffnet mit Schwert und Schild sah er die beiden mit geringschätzigem Blick an.

"Nun Hatora, Herrin der Kristallstadt, es sieht ganz so aus, als ob Euere Herrschaft sich dem Ende neigt. Dieser askadischen Übermacht werdet Ihr nicht lange standhalten können. Meine Truppen sind zehntausend Kopf stark. Was meint Ihr, wäre es nicht besser für Euch, Ihr würdet Euch ergeben?"

Alle Augen waren auf Hatora gerichtet.

"Ihr überschätzt Euch, Artron. Es mag sein, dass Ihr uns an Zahl überlegen seid, doch unsere Mannen sind besser ausgebildet. Und.......sie dienen einem hehren Ziel, im Gegensatz zu Euch. Wir wissen nicht einmal um den Grund Eures Angriffs."

"Euere Zeit ist um, Hatora! Eine neue Ordnung wird geschaffen werden mit einem neuen Herrscher, der das gesamte Land einen wird, ob Ihr es nun wollt oder nicht. Ergebt Euch seinem Willen oder geht unter."

"Und wer soll dieser neue Herrscher sein,?" fragte Hatora.

"Ein weiser Mann aus dem Waldland, der alle Völker unter seine Herrschaft bringen wird," antwortete Artron.

"Oh, antwortete Hatora, der gute Rincobal scheint mir von Sinnen zu sein und Deinen Geist gleich mit verwirrt zu haben."

Wütende Rufe kamen aus den Reihen der Askaden und einige Bögen wurden auf sie gerichtet. Mikkel hob blitzschnell seinen Schild und stelle sich vor Hatora. Überrascht schob sie ihn wieder etwas zur Seite, doch sein Verhalten gefiel ihr sehr.

"Oh ich sehe, Ihr habt einen neuen Beschützer, der gut mit dem Bogen umgehen kann und feige von hohen Mauern auf seine Angreifer schiesst." Artron hob seine verletzte Hand in die Höhe. "Nun, wenn er ein so guter Kämpfer ist, mache ich Euch ein Angebot, Hatora. Ihr wisst, ist der Anführer der Askaden tot, würden die Truppen abziehen. Es ist Gesetz bei uns, dass in diesem Fall jeder Kampf sofort abgebrochen wird. Euer junger Freund kämpft gegen mich - Mann gegen Mann - Waffen nach seiner Wahl - auf Leben oder Tod. Verliert er, übergebt Ihr uns die Stadt. Gewinnt er, ziehen unsere Truppen ab. Nun, was sagt Ihr dazu?"

Hatora zögerte. Sie wollte Mikkel nicht gegen diesen kampferprobten Barbaren kämpfen lassen. Es musste einen anderen Weg geben. Da drehte sich Mikkel zu ihr um. Sein Blick und etwas in seinen Augen liess sie stutzen. Sie nahm ihn plötzlich zwanzig Jahre älter wahr und wusste, dass dies ein Zeichen war.

"Herrin, sagte Mikkel, ich bitte Euch. Dies ist mein Kampf. Mein Kampf für Euch und für die Kristallstadt. Ich werde Euch bestimmt nicht enttäuschen. Vertraut mir."

"Er ist sehr stark Mikkel und sehr gerissen und.....es steht sehr viel auf dem Spiel," warf Hatora ein.

Mikkel legte seine rechte Hand auf ihren Arm und schaute in ihre Augen. "Ich werde ihn besiegen, Herrin. Vertraut mir. Das Blut eines einzelnen Mannes, anstatt das Blut vieler tausend Menschen."

Schliesslich willigte Hatora ein. Mikkel verbeugte sich vor ihr und schritt nach vorn. Ein Horn der Askaden ertönte und ein grosser Kreis wurde gebildet. Die Krieger schafften Platz für die Kämpfer.

"Nun junger Lichtkrieger, welche Waffen sind die Deinen,? fragte Artron mit hähmischem Blick.

"Was ich brauche habe ich bei mir," antwortete Mikkel knapp.

"Es wird ein kurzer Kampf werden, Lichtkrieger. Allerdings wirst Du am Ende Deinem Kopf verlieren," spottete Artron unter dem Gelächter seiner Mannen.

Bengolf und Alturin waren heran gekommen. Sie wollten ihrem Schüler nahe sein beim Kampf. Links und rechts von Hatora hatten sie sich plaziert. Das Askadenhorn ertönte abermals. Der Kampf begann.

H.A. - hier genannt Tolkien
 
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