Hallo lieber Condemn,
vielen herzlichen Dank! Da habe ich mich jetzt echt gefreut, dass ein Mann mal etwas von sich erzählt
. Ihr Männer seid ja immer so furchtbar verschlossen während wir Frauen ja geradezu exhibitionistisch mit unserem Innenleben sind
.
Was mich noch interessieren würde, ist, woran kannst du für dich erkennen, dass Du auf die von Dir beschriebene Weise tatsächlich eine Identifikation aufgelöst hast und nicht nur vielmehr aus der Not eine Tugend gemacht hast?
Ich bewundere Deine Klugheit und Deine Prägnanz, diese glasklare Logik. Meine Art, leidensverursachende Idenfikationen loszuwerden, ist der Deinen nicht unähnlich. Ich für mich mußte aber nun doch irgendwann zähneknirschend eingestehen, dass ich mir mit einer Meisterleistung meines Verstandes selbst einen üblen Streich gespielt habe. Nicht, dass daran etwas falsch wäre; es gehörte halt zu meinem Spiel. Nur, es handelte sich bei mir um Selbstbetrug, mit dem ich den Kummer und Schmerz angesichts meiner unbefriedigten Bedürfnisse und unerfüllten Wünsche nur einfach immer tiefer und tiefer geschoben habe, während ich an der Oberfläche dachte, wie toll ich das doch hingekriegt habe.
Wie ist das bei Dir? Woher weißt Du, dass die Identifikation aufgelöst ist? Und wieso würde mensch sich auf die Unterhaltung zu einem Thema einlassen, bei dem keinerlei Identifikationen mehr bestehen?
Liebe Grüße
Tanita
Hi Tanita!
Ja, die Gefahr dass man sich selbst etwas vormacht ist einerseits sicher gegeben, die Frage ist aber wie man sich fühlt. Und woran ich erkenne wenn etwas gelöst ist, sind Ängste. Sie sind nicht mehr vorhanden. Die Themen tauchen nicht mal mehr auf. Aber natürlich habe ich noch Identifikationen und Probleme. Und nach wie vor, um mein obiges Beispiel zu nehmen, wünsche ich mir Erfolg und wäre gerne wieder körperlich fit. Der Unterschied zu früher besteht aber darin, dass es nicht meinen Selbstwert angreift, wenn ich es nicht bin oder auch nie mehr werden sollte. Ein Wunsch der auf Identifikation beruht, ist nicht unbedingt einfach weg, wenn die Identifikation gelöst ist. Aber es ist dann eher so etwas wie eine "Vorliebe", und eben nicht mehr mit dem Selbstwert verbunden.
Einerseits habe ich Identifikationen gelöst, sogar recht viele. Aber es scheint in der Natur der Sache zu liegen, dass das was einem am Wichtigsten (loszuwerden), auch am hartnäckigsten ist. Das Interessante dabei ist, dass es dabei gar nicht so sehr darum gehen muss, dass in diesen Bereichen nicht funktionieren würde was bei anderen Themen funktionierte. Es ist viel eher so, dass man diese Bereiche nicht anrührt. Das hat etwas höchst Irrationales und man kann sich selbst dabei zuschauen, wie man einerseits weiß was am besten wäre, und gleichzeitig nicht mal einen rationalen Grund hat das nicht zu tun... aber man tut es nicht. Normalerweise würde man sogar sagen: "Wenn auch nur der Hauch einer Chance besteht, tue ich das, auch über alle Widerstände hinweg. Entweder bis es geschafft ist, oder bis sich zeigt das es eben nicht funktioniert."
Das wäre der rationale Weg. Seltsamerweise geht man ihn nicht bei den Themen, wo man stark identifiziert ist. Sie scheinen so etwas wie einen eigenen Willen zu haben, einen Schutzschild. So, als ob der Wille zur Existenz, der ja gegen den Willen der Persönlichkeit geht, gleichwertig bis stärker ist. Ich habe festgestellt, dass wenn man ein Problem zu lösen wünscht, es ein Teil dieses Problems ist, dass die Hoffnungslosigkeit zusammen mit der Bedeutung steigt. Das führt dann zu dem Effekt, dass man daran denkt: "Okay... ich würde das gerne lösen.... aber ich kann nicht." Man fühlt sich sofort machtlos und teilweise sogar Energielos. Dieses Gefühl will man natürlich vermeiden, daher rührt man diese Themen nicht an. Sie tauchen natürlich immer wieder im Leben auf, führen zu Leid... und auch das ist eine Art, wie sie letztlich verarbeitet ("durchlitten") werden. Nur ist dieser Weg eben leidvoll und langwierig. Leichter wäre es definitiv, wenn man sich nicht von der Hoffnungslosigkeit, die gleichzeitig auch ein Auslöser für Zweifel ist. Die meisten glauben, dass die Zweifel, also rationale Gründe, zur Hoffnungslosigkeit führen. Meine Erfahrung ist aber dass man sicher wissen kann, dass keiner dieser Gründe wirklich wahr ist, das Gefühl aber bleibt. Es ist vielmehr so, dass dieses Gefühl einen dazu motiviert Gründe zu suchen und zu finden, warum es besteht. Im Grunde ist DA die Selbsttäuschung.
Das ist wirklich eine eigenartige Dynamik die da im Verstand abläuft. Man blockiert sich also selbst, ergibt sich der selbstgeschaffenen Illusion der Machtlosigkeit gegenüber etwas worunter man leidet. Warum? Weil das Wissen darum immer wieder von Unbewusstheit, und der "Gegenkraft" der Identifikation unterbrochen wird. Das kann man an sich selbst beobachten. Denk an ein Problem und sag Dir: "Kein Problem, das löse ich!" Sei dabei so bewusst wie möglich, beobachte Dich dabei selbst, wie Du einen positiven Vorsatz fasst. Es wird nicht lange dauern und Du wirst für mindestens einen kurzen Moment in die Unbewusstheit gezogen, wo Du einen Grund für wahr hältst, dass Du es eben nicht schaffen wirst. Die Identifikation steigt mit der Bedeutung. Das Potential dieser Identifikation einen ins Unbewusste zu ziehen ebenfalls. Je größer das Problem, desto stärker bist Du von Deiner Machtlosigkeit überzeugt und findest entweder andere Ursachen ("Schuldige") oder wenn Du nichts findest, ist es eben das "Schicksal" bzw. es bleibt eben bei: "Ich weiß nicht warum ich es nicht schaffe, aber die Erfahrung zeigt mir dass es so ist."
Diese "Gegenkraft" hat ebenfalls eine gewisse gedankliche Dynamik. Der Gedanke an eine Identifkation löst immer auch den gegenteiligen Gedanken aus. Jemand der sehr stark mit Geld identifiziert ist, kann sich darüber freuen wieviel er hat, es treten aber auch immer Angstgedanken auf, es zu verlieren. Diese Verlustängste sind bei allen Identifikationen ein Problem, selbst wenn eigentlich alles gut läuft, man hat was man wünscht. Und die Angst wiederum, der Gedanke an den Verlust, oder die Angst nicht zu erreichen was man wünscht, macht unbewusst. Das hat wiederum zur Folge dass man sich davon beeindrucken läßt, es für absolut wahr hält, und automatisch "falsch" darauf reagiert. Man sucht und findet Gründe, die eigene Machtlosigkeit zu bestätigen. Unbewusste Menschen zeichnen sich z.B. dadurch aus, dass sie sich ständig zum Opfer erklären und der Automatismus ihrer Intelligenz verlagert sich darauf, jede Menge Erklärungen, Rechtfertigungen und "gute" Gründe zu haben. Und das ist wiederum eine Identifikation, ein Selbstschutz. Der Gedanke selbst die Verantwortung zu haben wird mit Schuld gleichgesetzt und ist daher nicht zu ertragen. Sich selbst zum Opfer zu erklären ist also Selbst(wert)schutz, sozusagen das kleinere Übel. Und erst wenn man den Gedanken an Schuld losläßt, was praktisch bedeutet dass man sich selbst nicht mehr für das Scheitern verurteilt, kommt nicht nur die Erkenntnis der eigenen Verantwortung, sondern sogar der Wunsch danach. Solange das Thema aber unter Schuld läuft, wird jede Möglichkeit, jede Begründung genutzt, um die Verantwortung von sich selbst weg zu bringen. Und das ist wirklich der Punkt, wo man sich selbst etwas vormacht. Nur: Es hat absolut nichts mit Schuld zu tun. Das ist keine Wunschvorstellung, das ist ein Fakt. Allerdings schwer zu erklären, weil es eng mit dem Thema Zeit zu tun hat, die nicht diesen linearen Ablauf hat wie wir das wahrnehmen. Verantwortung total. Schuld nirgendwo. Wer den Unterschied nicht macht blockiert sich selbst. Und wo macht man ihn nicht? Natürlich wieder da wo man identifiziert ist
Ich glaube, dass tatsächlich einzig und allein Wissen der Schlüssel ist um dagegen anzukommen. Denn nur das Wissen gibt einem die Möglichkeit gegen die Wahrnehmung von negativen Überzeugungen zu "handeln", sich nicht beeindrucken zu lassen. Das ist wie in einem Traum, wenn einem ein "Monster" gegenübersteht. Es für wahr zu halten verleiht ihm genau die Macht die man in es hineindenkt. Das Wissen um die Illusion, obwohl man es noch wahrnimmt, und dadurch die Kraft sich nicht beeindrucken zu lassen, nimmt der "Erscheinung" die Macht. Das ist "Annehmen". Nur, wie gesagt... Je stärker die Angst, desto mehr wird man in die Unbewusstheit gezogen, was dazu führt dass man nicht mehr klar denkt. Das ist wirklich so... Man kann dass bei anderen sehr gut sehen. Bring jemanden mit einer starken Identifikation in Berührung und er wird zumindest "unklar", sucht Ausflüchte... Teilweise geht das bis zum totalen Austicken. Bei starken Identifikationen hat jeder das Potential zu einer Art "Wahnsinn" und Gedanken die für andere vollkommen unverständlich erscheinen. Es ist leicht auf rationaler Ebene dagegen zu argumentieren. Bei jemandem der dafür offen ist, führt dass dann dazu das er/sie sagt: "Ja, ich weiß das es so ist. Aber ich kann trotzdem nicht. Ich weiß nicht weshalb." Und dieses Spiel kann man auch mit sich selbst spielen. Und wenn man das bewusst macht ist es heilsam. Der Hauptpunkt ist dabei dann meiner Meinung nach, sich dieser "Gegenkraft" bewusst zu werden, die einen davon abhält oder nach kurzer Zeit aufgeben läßt. Ich glaube, dass darin wirklich der Schlüssel liegt. Man muss diesen "falschen Willen" erkennen und ebenfalls annehmen, was bedeutet dass man erkennt: "Okay, dass ist seine "Funktion". Aber ich muss mich dem nicht unterwerfen." Das Blöde ist dabei wirklich, dass man sich mies dabei fühlt wenn man es macht, wie auch wenn man aufgibt. Erst wenn man es schafft ist es wie eine Befreiung. Und es ist wirklich verrückt, wie man gleichzeitig um das alles wissen kann, man die Dynamik kennt und sogar vorhersagen kann, und trotzdem läßt man sich beeindrucken und "manipulieren".
So... Jetzt höre ich aber mal auf. Du siehst... Das ist "mein" Thema.. Starke Identifikation vorhanden.
VG,
C.