Wie lernt man, Trost anzunehmen?

Hi Sayalla,



Ja! Das ist aber nur die eine Seite der Münze. Wir Menschen sind so vielschichtig und facettenreich wie das Leben überhaupt. Bleiben wir beim Thema Trost, um es nicht zu kompliziert zu machen. Die eine Seite ist: ich mag nicht annehmen (aus welchen Gründen auch immer), die andere Seite ist: meine Gegenüber mögen auch nicht aus ganzem Herzen geben (aus welchen Gründen auch immer). Das spüre ich sehr deutlich.

Tanita

Aus ganzem Herzen geben kann nur jemand, der durch seinen eigenen Schmerz hindurch gegangen ist und nun weiss, wie sich das Land dahinter anfühlt. Wenn das mal so ist, gibt es für denjenigen keinen Annahme mehr jemanden trösten zu wollen / müssen, da er die Liebe zu allen Geschöpfen auf der Erde erlebt.
Ich habe mal (ausserhalb einer Meditation) eine mystische Erfahrung machen dürfen, die dem sehr nahe kam. Da gibts dann NUR noch Freude, Einheit, Verbundenheit... es wäre gar kein Platz für ein spezielles Gefühl wie Trost da gewesen... und doch stelle ich persönlich mir so den einzig wahren Trost vor... da dieses Gefühl alle Zustände umfaßt.

Vertrauen ist mit Sicherheit der richtige Weg in die richtige Richtung. :)
Ich arbeite auch an mir. Und da ich diesen inneren Frieden habe kennenlernen dürfen, weiß ich, er ist es mir wirklich wert.

Viel Glück auf deinen Wegen!
LG Sayalla
 
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Das mit dem Opferlamm ist ein relativ neues Bild. Früher hätte ich es darauf beschränkt, dass ich einfach eine abgrundtiefe, unüberwindliche Scham empfinde, wenn andere sehen, wie traurig und schwach ich bin. Das ist mir einfach peinlich. Diesem Schamgefühl bin ich nun mal nachgegangen und da ich thematisch auf diesem Seminar auf "Berührungen" eingenordet war und mir eine andere ebenso zentrale Berührungsangst bewußt geworden ist (die mit mir als Opfer zu tun hat), kam ich darauf, dass es sich hier nicht nur einfach um eine diffuse peinliche Situation handelt (und ich da vielleicht einfach nur die Familientradition der Männer fortführe, - obwohl ich Frau bin), sondern auch um eine "Opfersituation" . Und wenn ich mir eine Trostsituation vorstelle mit den mir bekannten Menschen, dann wäre das eben genauso.

Liebe Tanita,

ein toller Schlüssel, der mir sehr geholfen hat, ist immer die Frage nach dem Bedürfnis. Was brauche ich, was fehlt mir genau in dieser und jener Situation? Dieser Schlüssel führt zum Herz und zum Gefühl. Früher gings mir immer nur darum, was ich will. Ich will nicht, dass andere mich für verletzlich halten. Völlig absurd eigentlich in einem Moment, in dem ich gerade verletzt bin. Das ist, als würde ich mir grad das Bein brechen, für jeden sichtbar, aber so tun, als sei ich unverwundbar. :D
Meine ersten Schritte waren, dass ich einfach mal wirklich das Bedürfnis zugelassen habe. Ich hatte das Glück, dass ich eine tolle Freundin und Lehrerin habe, die als Heilerin zielsicher und einfühlsam genau diese Punkte, bei denen ich Schmerz verdrängt habe, angesprochen hat, und dann für mich da war, als alles aus mir heraus gebrochen ist. Und es war wundervoll, mich dann in den Arm nehmen zu lassen!
Der Unterschied war dann auch der, dass sie mir wirklich Trost und nicht Mitleid gespendet hat. Das ist denke ich ein wichtiger Punkt, den du selbst auch immer wieder ansprichst, auch im Zusammenhang mit deiner Opferrolle ... Zwischen Mitleid und Trost ist ein großer Unterschied. Mitleid verstärkt das eigene Leid nur, wie weiter oben schon jemand geschrieben hat. Wenn ich Mitleid mit jemandem habe, stelle ich ihn eigentlich auf eine Stufe unter mir. Und genau das wollen wir nicht ... und aus Angst vor diesem Mitleid stellen wir uns gleich mal selbst durch unsere "Stärke" eine Stufe drüber. Das innere Bedürfnis wird aber weder durch das eine, noch durch das andere erfüllt.

Meine Schwäche, mein Bedürfnis nach "Gehaltenwerden" ist genauso groß wie die Angst und ich möchte mich da nun gerne vorantasten, - Schrittchen für Schrittchen.

Wenn das möglich ist, versuch es doch einfach mal locker zu sehen. Die Angst hast du ja jetzt die ganzen Jahre deines Lebens gelebt, und du bist damit nun unzufrieden. Warum nicht einfach mal den anderen Weg ausprobieren? Versuch es doch einfach mal, und schau, wie es sich anfühlt. Versuch und Irrtum. ;)

Alles Liebe
Tina
 
Hallo Zahya
Ich hoffe, du schaust hier nochmal rein und liest das. Möchte dich was fragen:
Wenn man sich über seine eigenen Gefühle stellt, sie verleugnet, ist das sicher ungesund.
Doch ein Aussteigen aus einem Thema, wo einem das Herz weh tut, ist doch keine Verdrängung, sondern ein bewußtes, aktives Handeln.
Was nützt es mir da, evtl. immer wieder..., diese unguten Gefühle zuzulassen und aber keine Sorge dafür zu tragen, etwas an meiner Lage zu ändern?
Und wenn ich das ändere, brauche ich dann noch Trost? Ich komme doch dann in die Lebensfreude rein, wo es keinen Trost mehr bedarf.

Wäre schön, wenn du antwortest.

LG Sayalla

Liebe Sayalla,

Natürlich gibts keinen Fortschritt, wenn man einfach im Schmerz hängen bleibt. Aber um etwas ändern oder aussteigen zu können, muss man doch erst mal die Lage mit allen Details erfassen. Das Problem und meine Reaktion darauf anzunehmen und zuzulassen ist ja auch dringend wichtig, damit ich daraus lernen kann, für das nächste Mal, wenn mir so eine Situation wieder begegnet. Ich nehm mal ein bildliches Beispiel her:
Ich lege meine Hand auf eine heiße Herdplatte und verbrenne mich. Ich spüre (realisiere) den Schmerz, ziehe die Hand weg, und mache mir bewusst: Okay, wenn die Herdplatte heiß ist, verbrenne ich mich. Dann such ich nach einer Lösung, wie ich den Schmerz gleich lindern kann, und weiß fürs nächste Mal, dass man seine Hand nicht auf eine heiße Herdplatte legen sollte. :D
Wenn ich nun aber den Schmerz verdränge, dann wäre das so, als würde ich meine Hand einfach auf der Herdplatte liegen lassen und mir sagen "Oh, hey, das tut doch gar nicht weh." Die Verbrennung ist trotzdem da, aber ich tue nichts dagegen, weil ich sie ja für nicht real erkläre. Wenns ganz blöd hergeht, werd ich sogar immer wieder meine Hand auf heiße Herdplatten legen, weil meine Bewertung total falsch ist.

Ist das ein verständliches Beispiel? Genauso läuft das für mich auch auf der Gefühlsebene ab. Ändern will man ja nur etwas, das einem nicht gut tut. Wenn man aber nicht dazu steht, dass einem etwas nicht gut tut, sondern durch falsches "stark" sein den Schmerz herunter spielt, nimmt man sich damit auch die Gelegenheit, daraus auszusteigen.

Die Ausgangssituation, wie du sie beschreibst, würde ich schon eher in Richtung ungesundes Selbstmitleid einordnen. Das wäre meiner Sicht nach die Polarität zu dem Nicht-Annehmen ... aus meiner Erfahrung ist auch mein falscher Stolz in Situationen, in denen ich eigentlich Trost brauche, genau daraus entstanden, dass ich eben NICHT in Selbstmitleid zerfließen will, und das auch nicht nach außen darstellen möchte, so ein Häufchen Elend. Beide Wege entsprechen aber nicht der Realität, weder das übertriebene Leid, noch die übertriebene Stärke. Manchmal ist man eben verletzt oder traurig, und das ist okay so - es kommt dann nur darauf an, wie man damit umgeht. :)

Alles Liebe
Tina
 
Ich merke gerade, dass ich auf deine essenzielle Frage, ob man dann noch Trost braucht, gar nicht wirklich eingegangen bin ...

In dem Moment, wo ich die Dinge geändert habe und wieder das Positive lebe, brauche ich keinen Trost. Aber am besten jemanden, der sich mit mir über diesen Schritt freut. ;)
Ich glaube, in seinem Herzen ist kein Mensch wirklich Einzelgänger. Es ist einfach schön, zu lieben und geliebt zu werden und jemanden an meiner Seite zu haben, der immer für mich da ist. Vertrauen und Verbundenheit, die Geborgenheit die daraus entsteht. Manchmal gibt es im Leben Umstände, die mich unglücklich machen, und dann ist es schön zu wissen, dass ich mit solchen Umständen nicht alleine bin, sondern liebe Menschen um mich habe, die mich dabei unterstützen, so schnell und gut wie möglich wieder glücklich zu sein.
 
Aus ganzem Herzen geben kann nur jemand, der durch seinen eigenen Schmerz hindurch gegangen ist und nun weiss, wie sich das Land dahinter anfühlt. Wenn das mal so ist, gibt es für denjenigen keinen Annahme mehr jemanden trösten zu wollen / müssen, da er die Liebe zu allen Geschöpfen auf der Erde erlebt.

Da hast Du aber schon die sozusagen umfassend erleuchtete Person vor Augen, nicht wahr? Ich glaube mal, dass das auch uns nur partiell Erleuchteten möglich ist, halt nicht immer und nicht überall. Aber es gibt durchaus Situationen, wo ich "Trostklemmi";) z.B. aus ganzem Herzen geben kann, z.B. bei meinen jüngsten Kindern. Wenn`s da echten Kummer gibt, mache ich nur die Arme auf und halte sie fest, da wird nix gefragt, analysiert, beschönigt oder dramatisiert. Sie lassen sich auch halten, voll und ganz ohne jeden Krampf. Mich kostet das überhaupt keine Kraft, deswegen kann man es auch kaum Energietanken nennen (zumindest ist das kein Tanken, das auf meine Kosten ginge), obwohl beide daraus immer energetisiert herausgehen. Bei meinen anderen Kindern, die aber auch schon ein bißchen älter sind, läuft das nicht unbedingt so unverkrampft. Obwohl, auch da gibt es Veränderungen. Meine älteste Tochter z.B., die auch so ein "Trostklemmi" ist, kam im Sommer nach der mißratenen Führerscheinprüfung nach Hause, sah mich an, warf sich mir regelrecht in die Arme und weinte sich aus. Das war völlig neu und ich war sehr überrascht. Gleichzeitig war das wunderschön. Ich konnte so richtig "ganz Mama" sein und war innerlich voller Dankbarkeit für ihr Vertrauen. Auch das kostete mich gar keine Kraft oder Mühe und dennoch ging sie voller Kraft daraus . Offenbar funktionieren bei echter tröstender Präsenz die hier auf Erden sonst üblichen Energiespielmechanismen nicht mehr.

Ich habe mal (ausserhalb einer Meditation) eine mystische Erfahrung machen dürfen, die dem sehr nahe kam. Da gibts dann NUR noch Freude, Einheit, Verbundenheit... es wäre gar kein Platz für ein spezielles Gefühl wie Trost da gewesen... und doch stelle ich persönlich mir so den einzig wahren Trost vor... da dieses Gefühl alle Zustände umfaßt.
:):):). Solche Erfahrungen sind echte Geschenke, nicht war? Sie leuchten einem den Lebensweg wie der Stern von Bethlehem.

Auch Dir viel Glück auf Deinen Wegen:).

Tanita
 
Liebe Tina,

ein toller Schlüssel, der mir sehr geholfen hat, ist immer die Frage nach dem Bedürfnis. Was brauche ich, was fehlt mir genau in dieser und jener Situation? Dieser Schlüssel führt zum Herz und zum Gefühl. Früher gings mir immer nur darum, was ich will. Ich will nicht, dass andere mich für verletzlich halten. Völlig absurd eigentlich in einem Moment, in dem ich gerade verletzt bin. Das ist, als würde ich mir grad das Bein brechen, für jeden sichtbar, aber so tun, als sei ich unverwundbar. :D
Meine ersten Schritte waren, dass ich einfach mal wirklich das Bedürfnis zugelassen habe. Ich hatte das Glück, dass ich eine tolle Freundin und Lehrerin habe, die als Heilerin zielsicher und einfühlsam genau diese Punkte, bei denen ich Schmerz verdrängt habe, angesprochen hat, und dann für mich da war, als alles aus mir heraus gebrochen ist. Und es war wundervoll, mich dann in den Arm nehmen zu lassen!

Danke, dass Du das erzählt hast. Das klingt für mich ausgesprochen angenehm und ermutigend:).

Der Unterschied war dann auch der, dass sie mir wirklich Trost und nicht Mitleid gespendet hat. Das ist denke ich ein wichtiger Punkt, den du selbst auch immer wieder ansprichst, auch im Zusammenhang mit deiner Opferrolle ... Zwischen Mitleid und Trost ist ein großer Unterschied. Mitleid verstärkt das eigene Leid nur, wie weiter oben schon jemand geschrieben hat. Wenn ich Mitleid mit jemandem habe, stelle ich ihn eigentlich auf eine Stufe unter mir. Und genau das wollen wir nicht ... und aus Angst vor diesem Mitleid stellen wir uns gleich mal selbst durch unsere "Stärke" eine Stufe drüber. Das innere Bedürfnis wird aber weder durch das eine, noch durch das andere erfüllt.

Ja, das wird mir auch immer mehr bewußt, was das für ein gewaltiger Unterschied ist zwischen Mitleid und Trost. Wenn erwachsene Menschen einander tröstend beistehen wollen, so ist dafür wohl zum einen Voraussetzung, dass dies ein Verhältnis auf gleicher Augenhöhe ist (was z.B. nicht im typischen Therapeuten/Patienten-Verhältnis gegeben ist) und zum anderen aber die Fähigkeit, einerseits ganz das Kind in sich und andererseits ganz den "idealen" Vater/die "ideale" Mutter in sich zum Ausdruck kommen zu lassen. Sapnnende Sache!

Wenn das möglich ist, versuch es doch einfach mal locker zu sehen. Die Angst hast du ja jetzt die ganzen Jahre deines Lebens gelebt, und du bist damit nun unzufrieden. Warum nicht einfach mal den anderen Weg ausprobieren? Versuch es doch einfach mal, und schau, wie es sich anfühlt. Versuch und Irrtum. ;)

Ja, Tina, wenn die Zeit reif ist, und ich werde es spüren, wenn es soweit ist, dann werde ich mich voll Vertrauen da hinein begeben und loslassen.
Die Zeichen stehen auf "positiv", auch wenn es jetzt noch nicht ganz soweit ist.

Liebe Grüße

Tanita
 
Also sich zu etwas zu zwingen und ohne ein inneres Ja seine eigenen Grenzen zu durchbrechen, bringts nicht. Dennoch sind diese inneren Grenzen, wie z.B. die Unfähigkeit, Schmerz frei auszudrücken, eine Leitschnur im Reifeprozess. Irgendwann, wenn die Zeit reif ist, kommt das innere Ja.
Ja, wobei ich die "Fähigkeit" offen zu sein eben eher als ein Zeichen für einen gewissen "Entwicklungsstand" sehe, aber nicht das es einem wirklich hilft. Es gibt ja Theorien, die vermitteln das ein Ausleben des Schmerzes zu einer Auflösung führen. Das ist indirekt wahrscheinlich wahr, aber weder hat es mit "zeigen" zu tun, noch mit "nach außen bringen", sondern mit hinschauen und dem viel gepriesenen "Annehmen"... was einem "nicht-verurteilen" entspricht. Das kann z.B. körperlichen Schmerz wirklich auflösen, das habe ich schon erfahren. Die vermeintliche Ursache dahinter aber, z.B. eine Krankheit, ist damit noch nicht gelöst. Oder auch wenn jemand psychisch leidet durch irgendeine Art von Trennung etwa. Je nachdem worauf das Bewusstsein gerichtet ist, wie es mit dem umgeht was es für die Ursache hält, kann ein "ausleben" sogar zu Hysterie führen. Es hängt sehr davon ab, worauf die Aufmerksamkeit gerichtet ist.




Da bringst du mich auf etwas, was mir schon länger durch den Kopf geht. Sag`mir doch mal, als Mann:), empfindet ihr Männer Schmerz im Gefühl?
Ich kann ja leider keinen Vergleich aufstellen, weil ich nicht weiß wie Frauen oder allgemein jemand anders Schmerz empfindet. Meinst Du Schmerz als körperlichen Schmerz den man dann als Leid fühlt, oder meinst Du psychisch Schmerz den man eben wirklich fühlt.... ?
Und ja, es hat natürlich mit Gefühlen zu tun, psychisches Leid kann so starke Emotionen hervorrufen, dass es sich physisch niederschlägt. Was fast jeder kennt ist das "Hals zuschnüren". Viele Menschen haben das in einer gewissen Intensität als Dauerzustand. Ich glaube nicht, das Männer und Frauen da unterschiedlich sind. Der Umgang ist es aber vielleicht... Leiden entsteht durch Denken, durch Ablehnen dessen was ist. Ich las irgendwann mal, dass nichts einen leiden lassen kann, wenn man es nicht selbst dazu "ermächtigt". Ich konnte das nicht glauben, erfuhr es dann aber selbst als ich starke Schmerzen hatte und keine Wahl mehr hatte... ich konnte machen was ich wollte, hatte keinen Einfluss darauf. Das hatte nach einer gewissen Zeit eine Art inneres Aufgeben zur Folge und es war als würde ich in den Schmerz hineingesogen und er war auf einmal zwar noch da, aber nicht mehr leidvoll. Und wenn man mal darauf achtet, kann man auch erkennen dass es immer ein urteilender, ablehnender Gedanke ist, der eine Emotion erzeugt, die man als Leid wahrnimmt. Bzw. das Springen der Aufmerksamkeit zwischen Gedanken und Emotion, ein ständiges hin und her, während die Sprünge gedanklich auch noch zwischen der vermeintlichen Ursache und Gedanken der Ablehnung geschehen, erzeugt Leid. Es ist diese negative Dynamik des Bewusstseins.

Hintergrund meiner Frage: ich bin ja in dieser Angelegenheit eher sehr männlich in meinem Verhalten, allerdings fühle ich den Schmerz deutlich. Die Männer, mit denen ich in meinem Leben zu tun habe, sind natürlich genauso "emotionale Krüppel" wie ich, aber da scheint mir die Abwehr immer noch insofern viel gewaltiger als es so aussieht, als könnten sie den Schmerz gar nicht fühlen. Während es also bei mir eine Frage der noch nicht vorhandenen Bereitschaft zum Ausdruck von Kummer ist, so scheint es mir bei "meinen" Männern eine nicht vorhandene Bereitschaft zum Fühlen zu sein. Wie ist das bei Dir? Kannst Du alleine weinen?
Was Du sagst kann schon sein. Teilweise hatte ich Zeiten, wo ich wusste das ich leide, gleichzeitig das Gefühl dazu nicht unbedingt lokalisieren konnte. Das machte es aber nicht besser... Was auch klar ist, da Leiden tatsächlich eine Eigenschaft des Verstandes ist. Ob ich alleine weinen kann... Mit Sicherheit kann ich das. Aber das letzte mal ist lange her. Und wenn, dann ist es wirklich weit gekommen. Und ich glaube, anders als bei vielen Frauen die unter gewissen Umständen nicht nicht-weinen können, können Männer das fast immer. Also es zurückhalten... Aber auch das sehe ich nur als eine Art des Ausdrucks. Es sagt nicht unbedingt etwas über die Intensität des Leidens aus, auch nicht zwingend über einen sinn- oder weniger sinnvollen Umgang damit. Allgemein drücken sich Männer und Frauen ja verschieden aus. Eine Frau empfindet z.B. Aggressivität wahrscheinlich nicht so intensiv wie ein Mann, bzw. verlangt dieses Gefühl nicht so stark nach Ausdruck. Aber auch hier hängt alles mit Identifikation zusammen. Letztlich ist alles Leiden Angst. Und Angst ist immer mit dem Gedanken an Verlust verbunden. Und mit dem was man zu verlieren fürchtet, ist man identifiziert, was bedeutet das es wichtig für das eigene Selbstbild, den Selbstwert ist. Das ist der Punkt von dem alles ausgeht. Selbst Schicksalsschläge die man nicht damit in Verbindung bringen würde, der Tod eines geliebten Menschen etwa, haben diese Verbindung. Allerdings ist nicht immer leicht zu erkennen, womit man identifiziert ist, aber ich glaube dass das die beste "Psychotherapie" ist die es gibt, genau das herauszufinden und Identifiaktionen zu lösen.

VG,
C.
 
Hi believe,



Ja, das ist eine Sache des Vertrauens. Nur muß das Vertrauensdefizit bei mir so tief liegen, dass ich es gar nicht spüre. Ich vertraue z.B. meiner Mutter und meiner Schwester voll und ganz, aber selbst ihnen spiele ich die Rolle der Starken so perfekt vor, dass selbst diese mir so vertrauten Menschen immer wieder überrascht sind, wie sie wieder mal darauf reinfallen konnten.
Erzähl mir doch mal von Deinen ersten Schrittchen:).

Liebe Grüße

Tanita


Hi, Tanita!


Oh je, da weiß ich fast gar nicht, wo ich anfangen soll! Habe mich halt immer mit dem befasst, was grade so aufsteigt. Es hat nämlich gar keinen Zweck, an Material dran kommen zu wollen, das noch tief vergraben liegt. Die Seele bringt alles häppchenweise hoch, so, wie wir es vertragen.
Und das Beste ist Ehrlichkeit mit sich selbst. Immer wieder hingucken und sich sagen, ja, ich habe Angst vor Nähe, ja, ich kann und darf nicht schwach sein. Ja, ich schäme mich für meine Schwäche. Wenn es wahr ist, löst es sich! Die Kunst ist halt, rauszufinden, was man vor sich selbst verbirgt!
Wenn man 's aushält, kann man es sich auch von seinen Mitmenschen sagen lassen, die wissen es! :D


Liebe Grüße

believe :)
 
Ja, wobei ich die "Fähigkeit" offen zu sein eben eher als ein Zeichen für einen gewissen "Entwicklungsstand" sehe, aber nicht das es einem wirklich hilft. Es gibt ja Theorien, die vermitteln das ein Ausleben des Schmerzes zu einer Auflösung führen. Das ist indirekt wahrscheinlich wahr, aber weder hat es mit "zeigen" zu tun, noch mit "nach außen bringen", sondern mit hinschauen und dem viel gepriesenen "Annehmen"... was einem "nicht-verurteilen" entspricht. Das kann z.B. körperlichen Schmerz wirklich auflösen, das habe ich schon erfahren. Die vermeintliche Ursache dahinter aber, z.B. eine Krankheit, ist damit noch nicht gelöst. Oder auch wenn jemand psychisch leidet durch irgendeine Art von Trennung etwa. Je nachdem worauf das Bewusstsein gerichtet ist, wie es mit dem umgeht was es für die Ursache hält, kann ein "ausleben" sogar zu Hysterie führen. Es hängt sehr davon ab, worauf die Aufmerksamkeit gerichtet ist.

Ich denke auch nicht, dass das freie Ausdrücken von schmerzlichen Empfindungen im Gegensatz zum Unterdrücken derselben der Schlüssel zum Glück ist. Meine Schwester z.B. hatte noch nie Probleme mit dem Weinen in der Öffentlichkeit und dennoch hängt sie genauso an ihren schmerzhaften Themen wie ich. Ausdrücken ist ja auch so etwas wie wegschieben und bringt zwar kurzfristige Erleichterung, aber keine Erlösung.
Nein, was ich meine, bzw. was ich für mich anstrebe ist Durchlässigkeit für alles was kommt und eben ansteht. Und wenn ich mir schmerzhaften Ausdruck permanent gegen mein körperliches Drängen (Brennen in der Kehle)verwehre, dann bin ich da eben noch nicht durchlässig, bzw. der freie Energiefluß ist blockiert. Umgekehrt kann meine Schwester z.B., die sofort weint, Schmerz nicht aushalten und so wäre ihr nächster Reifeschritt vielleicht mal den Schmerz einfach bewußt wahrzunehmen und anzuschauen, etwas, das ich ohnehin immer tue. Durchlässigkeit hat ja auch etwas mit "Aushalten können" bei freiem Atemfluß zu tun. Bei dem einen kann dies irgendwann das Aushalten des freien Tränenflusses auch in der Öffentlichkeit bedeuten, bei dem anderen das bewußte Aushalten von schmerzhaften Empfindungen, ohne sofort das Ventil der Tränen zu suchen.
Eigentlich ist bei dem einen in dieser konkreten Angelegenheit da das heulende Kind zu dominant und bei dem anderen der sich beherrschende Erwachsene. Ideal wäre, wenn da irgendwann ein ausgewogenes Verhältnis besteht.

Ich kann ja leider keinen Vergleich aufstellen, weil ich nicht weiß wie Frauen oder allgemein jemand anders Schmerz empfindet. Meinst Du Schmerz als körperlichen Schmerz den man dann als Leid fühlt, oder meinst Du psychisch Schmerz den man eben wirklich fühlt.... ?

Gute Frage:). Das bringt mich nämlich darauf, dass ich jetzt einfach vorausgesetzt habe, dass wir Schmerz alle gleich empfinden. Dabei weiß ich das gar nicht. Also, dass Männer körperliche Schmerzen z.B. bei einer Magenkolik oder bei einem Beinbruch ebenso empfinden können, wie Frauen, da habe ich keinen Zweifel. Ich meinte den psychischen Schmerz, aber was ist das eigentlich:)?
Ich empfinde psychischen Schmerz immer in der Herzgegend als ein "zusammengezogenes Isoliertsein". Und Du?

Was Du sagst kann schon sein. Teilweise hatte ich Zeiten, wo ich wusste das ich leide, gleichzeitig das Gefühl dazu nicht unbedingt lokalisieren konnte. Das machte es aber nicht besser... Was auch klar ist, da Leiden tatsächlich eine Eigenschaft des Verstandes ist. Ob ich alleine weinen kann... Mit Sicherheit kann ich das. Aber das letzte mal ist lange her. Und wenn, dann ist es wirklich weit gekommen. Und ich glaube, anders als bei vielen Frauen die unter gewissen Umständen nicht nicht-weinen können, können Männer das fast immer. Also es zurückhalten... Aber auch das sehe ich nur als eine Art des Ausdrucks. Es sagt nicht unbedingt etwas über die Intensität des Leidens aus, auch nicht zwingend über einen sinn- oder weniger sinnvollen Umgang damit. Allgemein drücken sich Männer und Frauen ja verschieden aus. Eine Frau empfindet z.B. Aggressivität wahrscheinlich nicht so intensiv wie ein Mann, bzw. verlangt dieses Gefühl nicht so stark nach Ausdruck.

Also empfinden Männer genauso Psycho-Schmerz wie Frauen und drücken es in der Regel in unserer Kultur nur nicht aus? Ich frage mich halt nur, weil ich beim Anblick der wichtigen Männer in meinem Leben entweder nie oder nur in ganz vereinzelten Momenten überhaupt gefühlten Schmerz wahrnehmen konnte. Klar weiß ich, dass hinter der starken Fassade auch nur ein Menschlein mit seinem Kummer und seinen Nöten sitzt, aber ich frage mich, ob Männer sich ebenso wie Frauen das Fühlen überhaupt gestatten oder ob da so etwas wie ein automatischer Mechanismus ist, der bei der drohender Gefahr trauriger Empfindungen sofort anspringt und dafür sorgt, dass diese Empfindungen nichtmals gespürt werden.

Falls hier noch andere Männer mitlesen, würde ich mich über weitere Antworten sehr freuen. Fühlt Ihr "Psycho-Schmerz" und wenn ja, wie fühlt sich das an und was macht Ihr damit?

Liebe Grüße

Tanita
 
Werbung:
Hi believe,

Oh je, da weiß ich fast gar nicht, wo ich anfangen soll! Habe mich halt immer mit dem befasst, was grade so aufsteigt. Es hat nämlich gar keinen Zweck, an Material dran kommen zu wollen, das noch tief vergraben liegt. Die Seele bringt alles häppchenweise hoch, so, wie wir es vertragen.
Und das Beste ist Ehrlichkeit mit sich selbst. Immer wieder hingucken und sich sagen, ja, ich habe Angst vor Nähe, ja, ich kann und darf nicht schwach sein. Ja, ich schäme mich für meine Schwäche. Wenn es wahr ist, löst es sich! Die Kunst ist halt, rauszufinden, was man vor sich selbst verbirgt!
Wenn man 's aushält, kann man es sich auch von seinen Mitmenschen sagen lassen, die wissen es! :D

Danke für Deine Antwort. Ja, das klingt gut. Schrittchen für Schrittchen, - ist auch mein Credo:).
Aber ob`s die Mitmenschen tatsächlich immer wissen, hängt doch sehr vom Mitmenschen ab;).

Liebe Grüße

Tanita
 
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