Das war in den 70er und 80ern auch noch so. Hab ich auch erlebt, dass alleinstehende Frauen immer irgendwie als bedauernswert oder als Schlampen angesehen wurden. Mir haben diese Frauen immer schon, auch als Kind, fasziniert. Sie waren anders, interessanter als die "Ehefrauen".
Genau. Ich habe als Kind die Ehefrauen und Mütter immer als abgehetzt und irgendwie unzufrieden erlebt. Nur meine Mutter nicht, die sah auch gar nicht ein warum sie sich das Leben schwer machen sollte und schlief lieber bis Mittags, ging lieber mit mir Eis essen oder fuhr mit meinem Vater durch die Gegend statt zu putzen. Trotzdem habe ich mich eher an den Singles orientiert.
In den siebzigern hatten wir Nachbarn (Ehepaar mit Kind), die bekamen ab und zu Besuch von ihrer Mutter, also der Oma des Kindes. Ob diese Oma nie verheiratet, geschieden oder verwittwet war, weiß ich nicht. Jedenfalls war sie zu diesem Zeitpunt allein und wahrscheinlich war sie noch gar nicht so alt.
Sie hatte lange weiße Haare, trug enge Jeans, Turnschuhe und Herrenhemden und fuhr immer mit einem VW-Bus vor, der voll mit Aufklebern war. Mit dem reiste sie durch die Welt.
Unsere Omas trugen dunkle Röcke, schwarze Kittelschürzen, hatten Dauerwelle oder einen Dutt.
Die ganze Straße hat sich über die das Maul zerrissen. Ich fand die faszinierend, weil ich bis dahin noch nie eine Frau gesehen hatte, die so autonom ihr Ding durchzog. Und obwohl ich nie mit ihr gesprochen habe, kann ich mich nach fünfzig Jahren noch genau an sie erinnern. Damals war das für eine Frau echt mutig. Und dann noch in ihrem Alter.