Verhinderung = Förderung? Gewaltbereitschaft und dessen Gründe...

Dass immer mehr Amokläufer auftreten, hat aber m.E. (auch) einen anderen Grund: den immer mehr zunehmenden Abstraktionsgrad unserer Kultur, in dem die eigene Existenz innerhalb der Gesellschaft als m.o.w. sinnlos empfunden wird, weil das Zusammenwirken der Menschen nicht greifbar ist und auch kein erkennbares Ziel verfolgt, für das man sich einbringen könnte.

Z.B. würde man üblicherweise einen bestimmten Beruf ergreifen, um dann bestimmte Tätigkeiten auszuüben, die einen konkreten und erkennbaren Nutzen haben, und gefragt sind. Dieser Aspekt gesellschaftlicher Einbeziehung fällt aber inzwischen weitgehend unter den Tisch, und stattdessen kreist die Fragestellung nur noch um: finde ich damit einen Arbeitsplatz? und Verdiene ich genug Geld?
Damit ist die gesellschaftliche Inwertsetzung auf ein "jeder gegen jeden" reduziert. Und genau da sehe ich die eigentliche Ursache - da braucht man gar nicht bei Kriegsspielzeug nach Erklärungen zu suchen.

Oh - gelöscht, verändert --- brrr fange nochmal an Entschuldigung! Ich hatte sinngemäß geschrieben...

Du bist der Meinung diese Werteverschiebung ist ein Auslöser für die Reaktionen?

Ich stimme Dir zu, in der Arbeitswelt werden Fehler zugeschoben, gemobbt, und Intriegen um Positionskämpfe geschmiedet. Ich denke etwa 70% der Arbeitskraft wird dabei verschwendet. Früher glänzte der Einzelne durch seine Leistungen, heute glänzt der Einzelne dadurch, das er seine Mitbewerber schlechter aussehen lässt. Wer nicht arbeitet macht auch keine Fehler und ist so weniger Angriffen ausgesetzt.
Doch ist diese Werteverschiebung auch in Schulen zu finden? Dort ist die einzelen Leistung bewert und erkennbar oder nicht mehr? Bin ich zu lange aus der Schule heraus? Ich spreche jetzt nicht den Druck der Geltung durch Gebrauch von Markenprodukten in der Konsumgesellschaft an, wie ihn Frl.Zizipe schon angesprochen hat, sondern die wirkliche erbrachte Leistung in der Schule.

Die Verschiebung der Wertigkeit ist bestimmt ein negativer Faktor der modernen Gesellschaft - doch ist das der Auslöser für eine so hohe und exterme Gewaltbereitschaft bei Jugendlichen?




...und wollte letztendlich einfügen...

Die Verschiebung der Wertigkeit ist bestimmt ein negativer Faktor der modernen Gesellschaft - doch ist das der Auslöser für eine so hohe und exterme Gewaltbereitschaft bei Jugendlichen?

Pardon! Die Gewaltbereitschaft ist natürlich nicht nur bei Jugendlichen zu sehen, sondern auch bei anderen Verbrechen, besonders durch die Perversion gegenüber Kindern...
 
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Du bist der Meinung diese Werteverschiebung ist ein Auslöser für die Reaktionen?

Ich stimme Dir zu, in der Arbeitswelt werden Fehler zugeschoben, gemobbt, und Intriegen um Positionskämpfe geschmiedet. Ich denke etwa 70% der Arbeitskraft wird dabei verschwendet. Früher glänzte der Einzelne durch seine Leistungen, heute glänzt der Einzelne dadurch, das er seine Mitbewerber schlechter aussehen lässt. Wer nicht arbeitet macht auch keine Fehler und ist so weniger Angriffen ausgesetzt.


Das kommt auch noch dazu - aber das ist nicht ganz das was ich meinte.

Doch ist diese Werteverschiebung auch in Schulen zu finden? Dort ist die einzelen Leistung bewert und erkennbar oder nicht mehr?

Nein, das nicht. Aber in den Schulen liegt die "Sinnstiftung" etwa in der Formel "du musst was lernen damit du später was wirst" - also in einem Verweis auf die berufliche Zukunft, und die Arbeitswelt.
Es geht ja nicht nur um Leistung, sondern um die Sinnfrage (und die Sinnfrage ist dem Menschen m.E. wichtiger ist als konkrete Inhalte - sonst gäbs ja auch keine Esoterik ;) ).

Wenn einem dann ein Berufsbild vorschwebt wie meinetwegen "ich will Schuhmacher werden", oder irgendwas derartiges, dann ist dabei die Sinnfrage ganz implizit beantwortet. Aber diese Art praktische Berufe mit konkret greif(!)barem Outcome verschwinden ja zunehmend, und stattdessen entstehen viele neue Berufsbilder, die sehr abstrakt sind und eigentlich Rädchen in einem riesigen undurchsichtigen Getriebe, dessen eigentlicher Sinn auch nur darin besteht, immer noch mehr Wohlstandsgüter in einen eh schon übersättigten Markt zu pumpen, nur um irgendwie 'Profit' zu erwirtschaften.

Wie soll man sich damit als einzelner identifizieren - ausser eben als einen Kampf "jeder gegen jeden"?
Und ich denke, auch wenn sich das jetzt hier in Sätzen formuliert recht abstrakt anhört, ist es doch unterbewusst fühlbar als eine diffuse Sinnlosigkeit.

Wohin dann also mit der eigenen Lebens- und Schaffenskraft?
 
Und um es weiterzuführen: in der westlichen Kultur dürfen die Kids ja ne Menge, aber alles doch nur in gewissem Rahmen - Computerzeit wird vorgegeben, die Gewalttätigkeit div. Computerspiele wird eingegrenzt, Spielzeug wird auf pädagogische "Hochwertigkeit" überprüft und selektiert, Freunde werden mißtrauisch begutachtet, Freizeitgestaltung wird auf "Sinngehalt" untersucht usw. ....
Das ist ja eigentlich alles recht mittelschichtsorientiert , würdest Du das eher generell "kulturspezifisch" so sehen ... (grübel).


Sehr spannendes Thema :thumbup:
Ich hänge mich mal an Irelands Gedanken an um zu formulieren, was mir dazu durch den Kopf geht.

Ich denke, dass wir in unseren Breitengraden bei Kinderspielen wie Räuber und Gendarm etwas zu verkopft sind. Ich kann mich zumindest daran erinnern, dass ich und meine Mitspieler solche Spiele in Kindertagen nicht gespielt haben weil wir Blut fließen sehen wollten oder weil wir da einen ideologischen Hintergrund abarbeiten wollten. Wir haben einfach nachgespielt was wir aus Büchern und Filmen und Geschichten so gehört haben einfach um des Spielens Willen und um zu erfahren, "wie das denn so ist". Wie bitte soll ein Kind denn sonst die ganzen Gewalttätigkeiten verarbeiten, die es im Laufe seines Lebens so aufschnappt.
Diese Spiele haben mich zumindest nie dazu animiert andere Kinder zusammenzuschlagen oder Gewalt als etwas Tolles zu empfinden. Ganz im Gegenteil, sie haben mir zwei Erfahrungen beschert die mir dabei geholfen haben die Sinnlosigkeit von Gewalt zu erkennen. Zum Einen erfuhr ich das Gefühl der Hilflosigkeit wenn ich da irgendwie am Baum festgebunden war, nicht selber loskam und auf den guten Willen der Anderen hoffen musste. Aber wesentlich prägender empfand ich die überraschende Leere und Sinnlosigkeit die mich immer dann überkam wenn ich jemanden besiegt und "unschädlich" gemacht oder alle gegnerischen Ritter gefangengenommen und im Burgverlies versenkt hatte. Da stand ich dann und dachte "Und nun?"
Von daher hat diese Art des Kinderspiels auch einen pädagogischen Wert, wenn man das Spiel aus Kindersicht betrachtet ohne ihnen per se Gewalttätigkeit zu unterstellen.
Dabei stelle ich gerade einen Unterschied fest, der meiner Beobachtung nach sehr oft gemacht wird. Soldat und Krieg mit Waffen spielen ist deutlich negativ besetzt, während zum Beispiel das Mittelalter mit seinen Rittern und Schwertern eher unter Heldentum und positiv eingeordnet wird. Für mich zumindest ein Widerspruch.

Wenn ich dann altersmäßig ein bißchen weitergehe, bin ich wieder bei Irelands Gedankengang. Ja, die Heranwachsenden haben hier viele Möglichkeiten und dürfen auch recht viel. Und das Problem ist in einem gewissen Sinne tatsächlich der "pädagogische" Gehalt. Denn viele Freizeitbeschäftigungen werden nicht danach bemessen ob sie Spaß machen, sondern danach ob sie das Kind wettbewerbstauglicher machen. Und damit verlieren sie ihren Ventilcharakter, sie fallen als Rückzugsmöglichkeiten und Bewältigungshilfe aus und reihen sich ein in die lange Schlange der Dinge, die mit Leistungsdruck behaftet sind. Und verursachen eigentlich den Bedarf nach einem weiteren Ventil, damit man den Leistungsdruck irgendwo hinter sich lassen kann. Gitarre oder Klavier spielen lernt man heute nicht mehr, damit man ein bissel klimpern, sich loslösen und seine Lieblingslieder spielen kann. Nein, Gitarre lernt man um das musische Talent auszuprägen, die kognitiven Fähigkeiten zu trainieren und im besten Falle bei einem Wettbewerb zu gewinnen.
Das gleiche Spiel bei sportlichen Tätigkeiten, die Orientierung geht nach oben, alles ist auf Leistung getrimmt. Und Kinder spüren das auch.
Für mich nicht weiter verwunderlich, dass sie in Freiräumen dann völlig über die Stränge schlagen oder sich gegebenenfalls mit Rauschmitteln wegballern. Wer hält es schon lange aus in einer Welt in der es nichtmehr primär ums leben an sich geht, sondern alles mit Hintergedanken übersättigt ist? Zumal auch Kinder schon fähig sind zu verstehen, dass in einer Welt die nur die Besten honoriert trotzdem nicht jeder Bester sein kann.
 
Oh - gelöscht, verändert --- brrr fange nochmal an Entschuldigung! Ich hatte sinngemäß geschrieben...

Du bist der Meinung diese Werteverschiebung ist ein Auslöser für die Reaktionen?

Ich stimme Dir zu, in der Arbeitswelt werden Fehler zugeschoben, gemobbt, und Intriegen um Positionskämpfe geschmiedet. Ich denke etwa 70% der Arbeitskraft wird dabei verschwendet. Früher glänzte der Einzelne durch seine Leistungen, heute glänzt der Einzelne dadurch, das er seine Mitbewerber schlechter aussehen lässt. Wer nicht arbeitet macht auch keine Fehler und ist so weniger Angriffen ausgesetzt.
Doch ist diese Werteverschiebung auch in Schulen zu finden? Dort ist die einzelen Leistung bewert und erkennbar oder nicht mehr? Bin ich zu lange aus der Schule heraus? Ich spreche jetzt nicht den Druck der Geltung durch Gebrauch von Markenprodukten in der Konsumgesellschaft an, wie ihn Frl.Zizipe schon angesprochen hat, sondern die wirkliche erbrachte Leistung in der Schule.

Die Verschiebung der Wertigkeit ist bestimmt ein negativer Faktor der modernen Gesellschaft - doch ist das der Auslöser für eine so hohe und exterme Gewaltbereitschaft bei Jugendlichen?


Ich denke gemobbt wird in der Schule nicht aufgrund von Leistung. Egal ob Vorzugsschüler oder eher leistungsschwach - Mobbingopfer kann jeder werden, sowie auch jeder Täter werden kann.

Aber die Frage stellt sich schon - Warum wird in der Schule eigentich gemobbt? Da geht es doch eher nicht um den Posten des Klassensprechers. Mobben die aus Langweile, weil sie keine soziale Kompetenz lernen oder weil ihnen jegliches Mitgefühl fehlt? Oder weil sie in der Gruppe als besonders cool gelten wollen?

Früher ist schon wohl auch gemobbt worden, da hieß es halt noch "hänseln" - aber es gab nicht diese Brutalität, mit der heute vorgegangen wird.

Aber da wären wir wieder beider Ausgangsfrage - Warum sind Jugendliche, oft noch Kinder so brutal geworden?


:o
Frl.Zizipe
 
Ich denke gemobbt wird in der Schule nicht aufgrund von Leistung. Egal ob Vorzugsschüler oder eher leistungsschwach - Mobbingopfer kann jeder werden, sowie auch jeder Täter werden kann.

Aber die Frage stellt sich schon - Warum wird in der Schule eigentich gemobbt? Da geht es doch eher nicht um den Posten des Klassensprechers. Mobben die aus Langweile, weil sie keine soziale Kompetenz lernen oder weil ihnen jegliches Mitgefühl fehlt? Oder weil sie in der Gruppe als besonders cool gelten wollen?

Früher ist schon wohl auch gemobbt worden, da hieß es halt noch "hänseln" - aber es gab nicht diese Brutalität, mit der heute vorgegangen wird.

Aber da wären wir wieder beider Ausgangsfrage - Warum sind Jugendliche, oft noch Kinder so brutal geworden?


:o
Frl.Zizipe

War es früher wirklich so viel besser? Oder haben die Opfer eher die Schn**** gehalten?
Wenn sich heute Kinder prügeln, mischen sich Erwachsene ein...ist ja auch richtig...aber...es steht heute auch gleich die Versicherung auf der Matte...ein Veilchen; Rippenprellung oder gar ein ausgeschlagener Zahn...na da fragt doch gleich die Krankenkasse nach, wie das passiert ist...ob nicht ne gegnerische Versicherung für die Behandlung aufkommen muß...Klassenkeile waren doch früher an der Tagesordnung...heute nennt man´s mobbing...
und früher stand eben über ne mobbing-Schule aus Hamburg nichts im Münchener Kurier...

Sage
 
Es hat sich die Anzahl geändert, es ist alles mehr geworden. Mobbing, Alkohol, Drogen, Prügeleien (dazu kommt, daß früher der am Boden Liegende nicht mehr getreten und geschlagen wurde, im Gegensatz zu heute).
 
War es früher wirklich so viel besser? Oder haben die Opfer eher die Schn**** gehalten?
Wenn sich heute Kinder prügeln, mischen sich Erwachsene ein...ist ja auch richtig...aber...es steht heute auch gleich die Versicherung auf der Matte...ein Veilchen; Rippenprellung oder gar ein ausgeschlagener Zahn...na da fragt doch gleich die Krankenkasse nach, wie das passiert ist...ob nicht ne gegnerische Versicherung für die Behandlung aufkommen muß...Klassenkeile waren doch früher an der Tagesordnung...heute nennt man´s mobbing...
und früher stand eben über ne mobbing-Schule aus Hamburg nichts im Münchener Kurier...

Sage


Klar - Youngsters haben sich immer untereinander gemessen und sich gegenseitig verkloppt. Meine Tochter tat es bei der Generalprobe zur Erstkommunion in der Kirche :D

Aber eben die Brutalität war denk ich nicht so gegeben. Einer liegt schon am Boden, fünf treten noch auf ihn ein und ein sechster filmt die Szene mit seinem Handy ....

Ich will nicht sagen, dass früher ALLES besser war. Aber ich weiss nicht, ich denke, dass es nicht so oft vorkam, dass 12jährige 10jährige überfallen, nur um ihnen das Handy zu klauen. Oder ein paar 13jährige eine alte Frau auf der Straße niederschlagen, um ihr 10 Euro zu stehlen .....
Ich denke schon, dass die Gewaltbereitschaft enorm gestiegen ist.


:o
Frl.Zizipe
 
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Kann es sein, dass wir eine mit "sanfter Gewalt" durch Verbote erschaffene scheinbare gewaltfreie Welt erst recht zum grausamen Geburtsort der Gewalt gestalten? Nähren wir durch Verbote des spielerischen Aggressionsabbau die Gewaltbereitschaft?

Ich bin der Meinung - Ja!

Besser jedenfalls mit Spielzeugwaffen spielen, als wie es z.B. bei den Amis, wo ja in fast jedem Haushalt ne echte Kanone zu finden ist,
gelegentlich der Fall ist, dass Kinder mit echten Waffen aufeinander schießen, ohne sich dabei wirklich was „Böses“ zu denken.

Ich hatte als Kind jedenfalls auch ein gigantisches Spielzeugwaffenarsenal mit dem ich vornehmlich gegen Monster und Aliens „gekämpft“ habe, um mich und meine Familie zu „beschützen“. :lachen:
Glaub, dass Kämpfen und Gewaltbereitschaft irgendwie evolutionstechnisch in unseren Genen steckt,
sei’s auch „nur“ unter dem Deckmantel FÜR das „Gute“, die eigene Sippe zu kämpfen.
Das ist meiner Meinung nach bloß Menschlich,
egal ob Chinese, Ami, Österreicher, Deutscher oder wie auch immer dieser dünne „Zivilisationslack“ sich nennt, mit dem wir unser Tierwesen zu übertünchen versuchen.

Meiner Ansicht nach ist es jedenfalls „sinnvoller“ diesen Trieb stellvertretend „spielerisch“ auszuleben, als ihn zu unterdrücken und (als tickende „Zeitbombe“) in die „Unbewusstheit“ zu verdrängen.

Ansonsten glaube ich aber nicht, dass es heutzutage wirklich mehr „Durchgeknallte“ (im Sinne von Amokläufern, Sadisten, gewaltbereiten Fanatikern etc.) gibt, als zu anderen historisch belegten Zeiten.
Allerdings sind „unsere“ (ECHTEN) Waffen mittlerweile weitaus gefährlicher, als noch vor 100 Jahren –
und ein einziger „Irrer“ zur „falschen“ Zeit am „falschen“ Ort könnte theoretisch bereits genügen, die gesamte Welt in Brand zu stecken.
 
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