Über das Fliegen

Habe heute ein Gedicht gelesen, von dem ich meine, daß es sehr gut hierher passt:

In our next lives, we'll remember not to be human.
We'll be a pair of wild geese.
Flying high into the sky.
And from that distance
we'll look down on
the world's blinding snows,
it's oceans, waters, hills,
clouds and red dust
as if we had never fallen

(n'guyen-khac-hieu)
 
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Hallo chaya_wien,

das Gedicht ist hübsch, obwohl ich eigentlich nicht viel von Gedichten verstehe.

Es ist sehr schön, wenn man diesen Blick der in dem Gedicht beschrieben ist auf einmal erhält. Es ist nähmlich nicht so, daß man wenn man da oben fliegt automatisch den weiten Blick bekommt.

Am Anfang ist man ziemlich mit der Natur, also der Luft und ihrem Eigenleben und mit sich selbst beschäftigt. Man fliegt voll konzentriert auf den Schirm und sein Verhalten, und man muß auf so viele Dinge acht geben. Natürlich auch auf die vielen Fliegerkollegen die genau so wie du am Berg mitfliegen. Es kann zeitweise sehr eng werden. Und es passiert auch jedes Jahr leider viel durch unbeabsichtigte Zusammenstöße.

Aber irgend wann, wenn alles paßt, und du schon einiges an Übung hast, kommt der Zeitpunkt der völligen Entspannung in der Luft. (für grenzgänger -> da fliegt man trotzdem noch aktiv und achtsam) Und plötzlich weitet sich der Blick, und man sieht die Weite und Schönheit der Landschaft aus dem erhöhten Standpunkt in dem man sich gerade befindet.

Gerade hier am Alpenrand von München liegt für mich ein ideales Gleitschirmparadies. Die Berge sind hier im Schnitt ungefähr 1.800 Meter hoch, und wenn man Glück hat, kann man auf ca. 2.500 bis 2.900 Meter aufdrehen. Höher habe ich es hier noch nicht geschafft.
Nach vieler Kurbelei sollte man entspannen, und einfach einmal geradeaus fliegen. Den Blick schweifen lassen.
Dann kann man über die Berge drüber hinwegsehen. Man sieht plötzlich in die anliegenden Täler, der Horizont hat sich erweitert. Es gibt die Abwechslung zwischen Wald und Acker- oder Wiesenboden. Bewohnten und unbewohnten Gebieten. Die Topographie fügt sich zu einem Gesamtkunstwerk zusammen. Und dazwischen liegen wie blitzende Edelsteine unsere wunderschön silberblau oder silbergrau oder silberweiß funkelnden Seen. Der Starnberger See, der Ammersee oder der Chiemsee und noch einige mehr. Und auf der anderen Seite von Ost nach West liegen die Berge. Zuerst unsere sanften, saftigen, grünen Voralpen mit ihren gemütlichen urbaren Tälern, und mal vereinzelt die wilderen Gebiete wie der Wilde Kaiser, oder das Karwendel oder auch das Wettersteingebirge. Und dahinter natürlich das Land Österreichs mit seinem majestätischen Zentralalpenmassiv. Wo es Felsen und Eis zu bestaunen gibt.

Es ist wie ein Flug im Himmel - im bayerischen natürlich. :)) Diese Bemerkung bezieht sich auf dem Brandnerkasper ein bayerisches Volksstück. Vielleicht kennt ihr Österreicher es auch.
Für mich gibt es wenig schönere Dinge im Leben.

Aber trotz meiner spürbaren Begeisterung ist es sicherlich so, daß nicht jeder Mensch fliegen sollte. Es ist eine teilweise gefährliche Sportart und man sollte ein gewisses Fingerspitzengefühl dafür mitbringen finde ich.
Gleitschirmfliegen wird heute als Extremsport verkauft. Es ist auch nicht ganz billig. Man braucht eine gute Ausbildung und Ausrüstung. Und man muß auch mit dem Auto erst mal zum Fluggelände fahren. Und meistens fährt man mit der Bahn auf dem Berg, was auch eine Stange Geld kosten kann. Aber er kostet noch etwas viel viel wichtigeres, nämlich Zeit, viel Zeit.

Möchte man nicht sein Leben auf das Spiel setzen, dann muß man sich sehr intensiv mit der Materie beschäftigen. Man muß sich viel mit Meteorologie beschäftigen. Wir Flieger sind extrem vom Wetter abhängig. Hier spielt nicht nur eine Rolle, ob die Sonne scheint, oder ob es regnen wird. Es gilt zu erkennen welche Windstärken in welchen Höhen zu erwarten sind. Aus welchen Richtungen der Wind kommen wird usw. . Wie stabil ist das Wetter wegen Gewitterneigung.
Es müssen die verschiedenen Flugmanöver geübt und trainiert werden damit man im Augenblick der Gefahr richtig reagiert. Und wenn man auf Strecke gehen möchte muß man sich auch noch mit dem jeweiligen Luftrecht auseinandersetzen.

Der Sport ist extrem vielseitig und spannend, aber er fordert seinen Wert auch tatsächlich ein. Mal so schnell Fliegen gehen bringt meiner Erfahrung nichts. Man kommt vielleicht dabei in Aktions-Streß der die Unaufmerksamkeit erhöht. Und das kann Unfälle auslösen.
Es darf nicht vergessen werden, daß ein Fehler das Material, die Gesundheit oder das Leben auf das Spiel setzen kann. Es ist nicht schön wenn man bei der Landung durch einen TouchDown seine Lendenwirbel gebrochen hat und dadurch querschnittsgelämt den Rest seines Lebens im Rollstuhl sitzen muß.

Das Fliegen ist eine Tätigkeit, der man äußersten Respekt zollen muß. Natürlich ist es wunderschön sich so in der Natur zu bewegen, aber man muß der Natur dabei mit Ehrfurcht begegnen. Es gibt leise Stimmen die einem schon sagen, ob man gerade willkommen ist. Man sollte darauf hören - unbedingt! Wenn man all dies bedenkt, dann wird ein Flieger sehr sehr viel Freude haben.

Wunderschöne Grüße,
Werner
 
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