Da möchte ich an dieser Stelle einmal ein paar grundsätzliche Gedanken zum Thema Träume einstreuen:
Es ist doch so, dass sich im Schlaf die neuronalen Verbindungen lösen, damit Schadstoffe aus dem Gehirn ausgeschwemmt werden können. Nach diesem Prozess werden die neuronalen Verbindungen optimiert und neu verbunden. In diesem Zusammenhang werden dann auch Dinge aufgegriffen, zu denen noch keine akzeptable Lösungen gefunden wurden.
In einem Was-wäre-wenn-Spiel werden dann alle Möglichkeiten durchgespielt, die die sich aus dem Erfahrungsschatz anbieten. Es gibt aber viele Dinge, zu denen wir keine eigene akzeptable Erfahrung parat haben und sich deshalb diese Gedanken zu einem Karussell verselbstständigen.
Das erklärt dann auch, warum ganze bestimmte Traummuster sich immer wieder in unterschiedlichen Szenarien wiederholen. Selbst in den Träumen kann das geschehen, indem zum besseren Verständnis das Thema in einem abrupten Szenenwechsel neu dargestellt wird. Etwas, das bei den meisten Träumenden aber nicht zum besseren Verständnis führt, sondern eher zu seiner Verwirrung beiträgt und scheinbar nicht zusammenpasst.
Dieses Karussell kann aber nur aufgelöst oder verändert werden, wenn unabhängige Gedanken von außen eingebracht werden (neue Lösungsangebote), was ja das eigentliche Ziel in der Traumtherapie ist. Es ist im Prinzip also eine Hilfe zur Selbsthilfe.
Eigentlich wäre also die Sache mit dem Verständnis zu den Träumen ja recht einfach, wenn es da nicht die ungleichen Geschwister mit ihren unterschiedlichen Interessen in uns gäbe. Da ist zunächst, der von den Gefühlen bestimmte unbewusste Seelenbereich, in dem es um die elementaren Bedürfnisse des Menschen geht.
Der andere Bereich der Ratio, die alles gerne bestimmen, verstehen und kommentieren möchte. Bei ihr gilt die Maxime: „Was nicht sein kann, darf auch nicht sein!“ In den Träumen tauchen deshalb die sogenannten Schatten auf, die genau diese Verleugnung der eigenen Seelenaspekte darstellen (das andere Ich). Damit wird dann klar, warum das Erkennen der eigenen Träume die schwierigste Disziplin ist, denn es fehlt da der neutrale Standpunkt des Betrachters. Dazu fällt mir ein Vers aus dem Tao Te King ein:
Wer andere kennt, ist klug.
Wer sich selbst kennt, ist weise.
In den Träumen begegnen wir der Bildersprache der Seele, mit all ihren Gleichnissen aus den Erinnerungen, Gefühlen und Stimmungen. Eine Sprache, der wir auch in den Märchen und in der Welt des Theaters begegnen. Dort tauchen auch dunkle Gestalten auf, die wir nicht so recht erkennen können und uns eine unkalkulierbare Gefahr vermuten lassen (die Ängste). Wir brauchen nur einen Film anschauen oder ein Buch lesen, dann merken wir, wie uns diese Mechanismen der Gefühle und Stimmungen zu einem Teil der Geschichte werden lassen. Eine Theateraufführung gleicht also einem gelebten Traum.
Wenn man nun mit diesem Hintergrund einmal all die Träume in diesem Forum anschaut, reduzieren sie sich trotz der Vielfalt auf wenige elementare Themen, wobei die Angst den größten Anteil einnimmt. Damit wird auch deutlich, dass wir trotz unserer Unterschiede tief in unserer Seele doch alle gleich sind. Wenn man nun bedenkt, dass man die Stimmungen aus den Träumen mit in den Alltag trägt und damit unser Tun bestimmt, wird klar, warum ein gutes Traumklima für uns so wichtig ist. Etwas, das mit dem Verstehen der Träume zu tun hat, denn gerade das Nicht-Verstehen ist der Keim der Angst.
Bei einer Traumtherapie gibt es zunächst mit der Interpretation ein Angebot, mit dem dann zusammen mit dem Träumenden der Bezug zum persönlichen Leben erarbeitet wird. Wie man sehen kann, geht es also hier im Forum lediglich um ein Angebot zur Selbsterkenntnis und weniger um die Ergründung einer konkreten Lebenssituation. Also etwas, das einen neuen Denkansatz anbietet, um ein Karussell verändern zu können.
Wer glaubt, er würde nur Klarträumen und könne deshalb auch seine Träume verstehen, der irrt. Träume steigen aus dem Unbewussten auf, in dem auch alle unsere Gedanken ihren Ursprung haben. Wir träumen während des Schlafes auch unterhalb der REM-Phase, nur fehlt uns dort das Bewusstsein, um das Erlebte als Erinnerung festzuhalten. Nur jene Gedanken, die wir innerhalb von 5 Minuten nochmals aufnehmen, werden zu einer Erinnerung gefestigt. Es kommt also darauf an, aus welcher Schlaftiefe wir erwachen und die Augen öffnen, um uns an einen Traum erinnern zu können oder nicht.
Nein, fremde Träume sind mir nicht suspekt, denn daraus kann ich auch etwas über mich selbst erfahren und sei es nur, dass ich mit meinen Träumen nicht alleine bin. Ja, es gibt auch in meinen Träumen solche Friseurinnen, Wohnungen oder die Suche nach einem Weg, nur haben sie unterschiedliche Berufe oder schauen anders aus – aber das Thema dürfte das gleiche sein.
Merlin