Kalokagathia

Gen Fu

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24. November 2007
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ist ein Wort aus dem Griechischen und bedeutet so viel wie "schön und gut".
Die Assoziation von Schönheit und Güte ist so alt wie die Menschheit selbst.
Der eng bei Kalokagathia stehende Halo-Effekt besagt, dass eine hervorstechende Eigenschaft sämtliche anderen überstrahlt. Dieses hervorstechende Merkmal kann z.B. Schönheit/Attraktivität sein, welche die gesamte Persönlichkeit des betroffenen Menschen überstrahlt und mit positiven Attributen bedeckt.
Ich habe immer wieder die Erfahrung gemacht, dass Kalokagathia die Wahrnehmung anderer Menschen in so gravierendem Ausmaß beeinflusst, dass die tatsächlichen Eigenschaften unwichtig werden. Ein simples Beispiel aus dem Arbeitsleben: Ein gewöhnlicher Mitarbeiter verrichtet seinen Job und geht seinem Alltag nach. Ein anderer Mitarbeiter, der gut gekleidet und mit kompetent scheinender Frisur ist, startet unter denselben Bedingungen. 2 Jahre später ist diese Person Projektleiter und angesehen auf der Arbeit, wohingegen der andere an derselben Stelle steht wie vor 2 Jahren.
Jetzt mag sich jeder denken "Schwachsinn, das hat doch nichts mit dem Aussehen zu tun, das war ehrlicher FLEIß und Talent". Das ist wahrscheinlich bestenfalls nur die halbe Wahrheit. Ich sage, dass in diesem Fall das Äußere wesentlich dazu beigetragen hat, weil die anderen mit diesem Aussehen bestimmte Eigenschaften assoziieren oder auch assoziieren wollen. "Wer so einen tollen Haarschnitt und so toll gekleidet ist, muss einfach kompetent sein." Dadurch, dass die anderen diese positiven Eigenschaften erwarten, verhalten sie sich dem gut gekleideten Mitarbeiter gegenüber entsprechend, was dazu führt, dass er diese Erwartungen unbewusst erfüllt und diese Rolle übernimmt. Der Rosenthal-Effekt ist auf jeden denkbaren Bereich übertragbar.
Da gerade die WM war, kann ich ein Beispiel aus dem Fußball geben. Mario Gomez, der früher belächelt und für den sogar das Verb "gegomezt" eingeräumt wurde, war nach seinem neuen Haarschnitt "plötzlich" Torschützenkönig 2012 (oder 2011, kann mich nicht mehr genau erinnern).
Etwas gnadenlosere Beispiele sind in der Entwicklungspsychologie zu finden, in der Studien zeigen, dass attraktive Kinder besser behandelt werden als Unattraktive, weswegen sie im Laufe der Zeit auch sozial kompetenter und beliebter werden. Das Tragische daran ist, dass dieser Effekt auch in die andere Richtung gilt, für Personen mit weniger vorteilhaftem Phänotyp.

Ich könnte noch etliche Beispiele aus meinem Leben geben, aber der Beitrag würde elend lange werden.

Was ist eure Meinung dazu, seht ihr in der Kalokagathia auch diese unüberwindbare Macht der Wahrnehmungstrübung ?
Ich jedenfalls bin schon lange zu dem Entschluss gekommen "Von wegen, man kann nicht von Äußerlichkeiten ausgehen". Ich habe mittlerweile das Gefühl, dass das Äußere einen Großteil ausmacht.
Ich bin mir sicher, dass viele von euch solcherart Erfahrungen machen mussten, oder bin ich der Einzige, der das so sieht ?
 
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