Lieber Tucholsky,
ich habe vor ein paar Jahren Zacharia Sitchin auf der Buchmesse in Frankfurt persönlich kennenlernen dürfen und war sehr beeindruckt von ihm. Ich muss gestehen, die Bücher stehen - wie so manche - noch ungelesen in der kleinen Bibliothek. Er gehörte wohl damals, wie man mir sagte, zu den wenigen Professoren, die die Originaltafeln der Sumerer lesen konnten . Ich weiß aber, dass die Sumerer so etwas wie eine Urreligio hatte, aus der sich zahlreiche religiösen Strömungen entwickelt haben. Kennst du die Literatur von Sitchin und kannst du etwas dazu sagen? Hast du eine gute 'Einsteiger-Literatur' zu dem Thema, die du empfehlen kannst? Für ein Buch, an dem ich gerade schreibe, würde mich besonders interessieren, ob es etwas über die damals üblich Mystik oder religiöse Praxis gibt.
Liebe Kundali,
ich denke, ein guter Einstieg ist das Buch: Samuel Noah Kramer, Sumerian Mythology, ISBN 0-8122-1047-6, 1944, 1961, 1972. und die Überarbeitung der sumerischen Texte von: Diane Wolkstein and Samuel Noah Kramer, Inanna - Queen of Heaven and Earth, 1983, ISBN 0-06-090854-8.
Wie Du sagst, haben sich daraus viele religiöse Strömungen entwickelt, vor allem bei den Menschen, welche vom Norden in Mesopotamien kommend, semitische Sprachen sprechend, die Tora (Hebräisch) tradierten, denn darin kann man viele alte Mythen aus Sumer, wie die Noah-Geschiche, oder den Beginn der Welt in der Genesis, aber auch viele andere Geschichten wieder finden.
Wenn man sich damit beschäftigt, und kennt auch die Symbolik des 'Himmels' als die innere Welt, dann kann man erkennen, dass solche 'Prinzipien', wie z.B. Inanna, welche von den europäischen Erbsenzählern, sprich 'Götterzähler' als 'Götzen die von den Menschen verehrt wurden als Götter', schlicht das (astrologische) Symbol Venus ist, dass einen Zusammenhang hat mit der harmonischen Bewegung des Objektes am Himmel. Ebenso kann man andere 'Prinzipien' wieder erkennen als die Bewegungen andere Wandelsterne.
Es gibt im Sumerischen das Wort Kur. Es bedeutet 'Berge', aber es wird auch in den Mythen verwendet als 'die untere Welt' oder die 'Unterwelt'. Damit ist klar, dass es auch eine 'obere' Welt gibt.
Interessant ist nun, dass z.B. die Verbindung 'Frau' und 'Unterwelt' die Bedeutung 'Sklavin' hat:
In den ältesten Sumerischen Schriften (links) kann man noch sehr gut die Symbole 'Frau' (oben), 'Kur' (Mitte) und 'Sklavin' (unten) erkennen, aber auch noch in der (späteren) Keilschrift (rechts).
Ich denke, das ist insofern interessant, als dass das Selbsterkennen der Seele in jeder Kultur mit dem Wissen verbunden war, dass sie hier (in dieser Unterwelt - s.a. 'Die Höhle des Sokrates') nur 'zu Besuch' ist. Während wohl die meisten (aufgezeichneten) Mythen die Liebe zwischen Frau und Mann und ihrer Trennungsproblematik in dieser Unterwelt behandeln, kann man im Gilgamesh Epos: 'Gilgamesch, Enkidu und die niedere Welt. Jenseits des Todes' Andeutungen erkennen (Chumbaba),
in denen ein Wesen, das auch als aus einer Schlange bestehend, vorkommt:
»Wer, mein Freund, könnte zum Himmel aufsteigen?
Götter nur thronen ewig mit Schamasch (Sonne)
Der Menschheit Tage aber, sie sind gezählt,
Eitel Wind ist, was immer sie wirken mag!
Du hier aber scheuest den Tod!
Was ist's mit der Kraft deines Heldensinns?
So will ich denn ziehen, dir voran -
Dein Mund mag dann rufen: "Geh, ran! Sei nicht bang!"
Fiele ich selbst - meinen Namen richtet' ich auf:
"Gilgamesch hat wider den reckenhaften Chumbaba den Kampf gewagt", wird es heißen.
Du wurdest geboren und wuchsest auf in der Steppe,
Ein Löwe sprang dich an, du weißt alles!
Sekundärliteratur oder Theorien sind immer mit einem Mangel behaftet, den man wohl nur aufheben kann durch Primärliteratur, oder zumindest durch Literatur, in der etwas begründet wird, dass man nachprüfen kann.
Ein guten allgemeinen Überblick über die Sumerer gibt: Samuel Noah Kramer, The Sumerians, ISBN 0-226-45238-7, 1971.
Ich habe nicht den Eindruck, dass es in Sumer so etwas wie eine religiöse Praxis in dem Sinne gegeben hat, wie man das aus dem Christentum oder dem Katholizismus oder dem Buddhismus kennt, welche immer mit einer Unterwürfigkeitshaltung verbunden ist. Vielmehr sehe ich das Bild, dass die Menschen unverdorben durch Religionen das Heilige (die Vereinigung der Geschlechter) achteten (s. 'Dilmun') und sich an den Prinzipien, die sie mit den Objekten am Himmel (die 'obere Welt') in Verbindung bringen konnten, wie z.B. auch die Gottes-Mutter erfreuten.
1 e-ne (Jene, denen) ba-am (gegeben ist) e-ne (Jene, denen) ba-am (es gegeben ist) me-en-ze-en (seid Ihr!)
2. kur-dil-mun-(KI) (Dilmun, das Paradies dieser Welt) ku-ga-am (ist rein)
3. ki-ku-ga (Ein reiner Ort) e-ne (Jene, denen) ba-am (er gegeben ist) me-en-ze-en (seid Ihr!)
4. kur-dil-mun-(KI) ku-ga-am (Dimun, das Paradies dieser Wet ist rein)
5. kur-dilmun-(KI) (Dilmun, das Paradies dieser Welt) ku-ga-am (ist reine) kur-dilmun (Dilmun, das Pardies) sikil-am (ist sauber)
6. kur-dilmun sikil-am (Dilmun, das Paradies ist sauber) kur-dilmun za(lag)-zalag-ga-am (Dimun, das Paradies reinigt Dich)
7. as-ni-ne (Allein) dilmun (KI)-a u-ne-in-nad (lagen sie im Paradies Dilmun)
8. ki (
Es war der Ort) *en-ki (an dem Enki) dam-an-ni-da ba-an-da-nad-a-ba (sich bei seiner Frau niederlegte)
9. ki-bi (Dieser Ort ) sikil-am (ist sauber) ki-bi (dieser Ort) za(lag)-zalag-ga-am (reinigt Dich)
10. ki (Es war der Ort) *en-ki (an dem Enki) nin-sikil-la ba-an-da-nad-a-ba (sich mit seiner Frau Ninsikilla niederlegte)
11. dilmun-(KI) (In dem Paradies dieser Welt) uga (schreit eine Krähe) du(g)-dug nu-mu-ni-bi (keinen Schrei)
12. dar-e (Der gesprenkelte Vogel) dug-dar-ri (der gesprenkelte Vogel schreit) nu-muni-ib-bi (keinen Schrei)
13. ur-gu-la (Kein Löwe) sag-gis-nu-ub-ra-ra (tötet)
14. ur-bar-ra-ge (Kein Leopard?) sil nu-ub-kar-ri (verschleppt ein Lamm))
15. ur-ku (Hunde) mas-ga(m)-gam (kauernde Kleine) nu-ub-zu (wissen nichts)
16. dun (Ochsen) se-ku-ku-e (die ihr Getreide essen) nu-ub-zu.....(wissen nichts)
17. tu (Keine Taube) sag-nu-mu-un-da-sub-e (läßt sich dort nieder)
18 igi-gig-e (Kranke Augen) igi-gig-me-en ( 'Ich habe kranke Augen') nu-mu-ni-bi (sagt niemand)
19. sag-gig-gi (Kopfschmerzen) sag-gig-me-en ('Ich habe Kopfschmerzen') nu-(mu-ni-bi) (sagt niemand)
20. um-ma-bi (Eine alte Frau) um-ma-me-en nu (sagt hier nicht: 'Ich bin eine alte Frau') ab-ba-bi (Ein alter Mann) ab-ba-me-en nu (sagt hier nicht: 'Ich bin ein alter Mann')
21. ki-sikil (Ein Mädchen) a-nu-tu-a-ni (dessen Wasser noch nicht verströmt ist) uru-a (in der Stadt) nu-mu-ni-ib-si-gi (wird nicht freigegeben zu heiraten)
22. lu (Kein Mann) id-da bal-e-mi-de nu-mu-ni-bi (befiehlt hier die Richtung des Kanals zu ändern)
23. ligir-e (Kein Herrscher) zag-ga-na nu-um-nigin (wendet sich ab)
24. lul-e e-lu-lum ('Der Lügner lügt') nu-mu-ni-bi (sagt hier kein Mann)
25. zag -ur
u-ka (Am Randes der Stadt) i-lu-nu-mu-ni-bi (jammert niemand)
Das Symbol 'Dilmun' ist auch in der Genesis enthalten als 'gan eden' (Hebr. 'Der Garten der Freude')
love
T.