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Deshalb ist es eine gute Idee, Schritt für Schritt aus den Spielen auszusteigen, so wie du es andeutest, beispielsweise regelmäßig die Zähne zu putzen und nicht soviel Zucker zu sich zu nehmen.
Normal ist doch, dass man sich darüber aufregt, dass der Idiot da mir die Vorfahrt genommen oder mich ausgebremst hat. Für das Ego übrigens der reinste Zucker, wenn es einen anderen als Idioten abwerten kann.
Der erste Schritt aus den gröbsten Bewertungen heraus wäre also die Realisation, dass mir das eventuell auch schon einmal passiert ist, oder dass der andere vielleicht andere Probleme hat, weswegen er so unachtsam fährt.
Irgendjemand hier hat als Signatur den Spruch von Platon: "Sei gütig mit allen Menschen, denen du begegnest, denn jeder kämpft einen schweren Kampf."
Ich enthalte mich also des Bewertens eines anderen Menschen als Idioten, weil ich realisiere, dass ich mich oft selbst wie ein Idiot benehme.
Der nächste Schritt ist schon viel schwerer. Der andere fährt also "unachtsam". Halt stopp, wieder bewertend, oder? Vielleicht fährt er ja extra so und hat mir absichtlich die Vorfahrt genommen? Das wäre ja noch viel ärgerlicher. Ja, aber auch nur unter der Voraussetzung, dass ich Rücksicht fordere. Und da steckt eine viel härtere Bewertung drin, die permanente Bewertung, die ich an mein und anderes Verhalten lege, dass es rücksichtsvoll sein soll.
Gibt da ja viel, das reicht von lieb, nett, ordentlich, brav, höflich bis liebevoll.
Man könnte ja auch eine Art allgemeine Erlaubnis aussprechen, das löst einige verkrampfte Bewertungen.
So etwa: Jeder darf tun und lassen was er will, er muss halt mit den Konsequenzen leben.
In dem Beispiel: Ich ziehe mich aus dem Bewertungsspiel zurück und überlasse es dem Leben selbst, was daraus folgt. Ich gönne es dem anderen, dass er mit seiner Rücksichtslosigkeit durchkommt. Ich gönne es ihm auch, wenn er mal selbst mit Rücksichtslosigkeit anderer konfrontiert wird. Ich gönne es ihm auch, wenn er es schafft, alleine rücksichtslos zu sein, und alle in seinem Umfeld nehmen Rücksicht auf ihn. Es hat ja trotzdem seinen Preis, andere in seinem Umfeld leiden darunter. Er wird nicht so glücklich sein können wie jemand anderer, der rücksichtsvoll ist.
Ich für mich selbst wähle rücksichtsvolles Verhalten, weil ich damit glücklicher bin, und alle anderen müssen selber wissen was sie wählen.
Rücksichtslosigkeit bedeutet ja auch ein Mangel an Mitgefühl und Liebe. Wer so leben will, darf es doch tun. Liebe in diesem Sinne verstanden als die Kraft, die Verantwortung dafür übernimmt, dass es mir selbst und allen anderen so gut wie möglich geht.
Persönlich habe ich übrigens gute Erfahrungen mit dem Realisieren solcher Mönchsideale, kann ja daran liegen, dass ich innerlich "unnormal" genug bin, und das, obwohl ich berufstätig bin, verheiratet, Kinder habe, also so gesehen "normal" im gesellschaftlichen Leben stehe.