Buddhismus

hallo opti

zu deinem ersten post:
also ich habe den film über ihn gesehen und da kahm dass auch vor was du gesagt hast. nach diesen 20 jahren als er in den höhlen war wollte er weiterhin in der abgeschiedenheit lernen. sein lehrer Jamyang Khyentse Chökyi Lodrö aber sagte dass die zeit gekommen sei das wissen das er erlangt hatte an andere weiterzugeben. heisst soviel wie, er wurde zum lehrer ab diesem zeitpunkt.

zum zweiten post:
keine ahnung ob das stimmt. es wäre widersprüchlich zu dem was ich weiss von matthieu riccard. der nähmlich sagte dass khyentse norbu sogar noch belehrungen gab als er auf der toilette sass. :D
ob er nun belehrungen gab, stupas und klöster bauen liess, texte schrieb oder einfach menschen zu sich kommen liess und ihren problemen zuhörte, sein leben war ein unaufhörliches geben.
alsbald Chökyi Lodrö ihn beauftragte zu lehren hielt er auch gleich seine erste belehrung. die daurte über 6 monate und wurde vor ca. 2000 yogis gehalten. so stumm kann der garnicht gewesen sein...;)

LG Nagarjuna
 
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opti schrieb:
Ich bin eben auf einen interessanten Aspekt gestoßen, der meine Vermutung bestärkt, dass Jesus im Grunde genommen nichts anderes als ein Yogi war, der im Prinzip nach denselben Vorstellungen wie Buddha lebte (Kontemplation, Ethik, Brahmacharya). Einige vermuten ja auch, dass Jesus selber in Indien war. Aber auch einige seiner Jünger waren offensichtlich in Pakistan (Nordindien).

Nach Kaiser Ashokas Tod setzte bald der Zerfall des indischen Reiches ein und 185 v. Chr. wurde Gandhara (antikes Reich im nordwestlichen Teil des heutigen Afghanistan) (35 km nordwestlich des heutigen Islamabad) schließlich von den baktrischen Griechen (Baktrien = Landschaft im nördlichen Afghanistan - ein Gebiet, aus dem auch der Religionsgründer Zarathustra stammt), erobert. Mit Sirkap gründeten sie eine eigene griechische Stadt in unmittelbarer Nähe Taxilas und herrschten dort bis etwa 90 v. Chr.. Danach wechselte die Herrschaft in schneller Folge zu den Saken (indogermanisches Nomadenvolk in Zentralasien aus der Gruppe der Iranier, etwa 90 v. Chr.) und danach den persischen Parthern (antikes iranisches Volk, etwa 19). Deren König Gandophares soll der Überlieferung gemäß den Apostel Thomas und Apollonius von Tyana (Zentralanatolien) an seinem Hof zu Gast gehabt haben.

Taxila


Das Jesus in Indien war, ist doch kein Geheimnis mehr :D Aber da geht es ja um Meditiation, Chakren öffnen und dergleichen. Da könnte man ja glatt auf Gott stossen. Das muss unbedingt verschwiegen und vermieden werden. Aber jeder ist sich doch wohl bewusst, dass es für Gott keine Geheimnisse gibt. Das müsste doch auch bald mal die kath. Kirche in ihr Kleinhirn kriegen. Aber was willst schon von jemand erwarten, der versucht Gott in ein Buch zu pressen und auch noch die richtungsweisenden Apokryphen ignoriert und zensiert. Teuflischer und sündhafter geht's ja schon garnicht mehr :lachen:
 
Die gesamten in den drei buddhistischen Schriftensammlungen, dem Tipitaka (Dreikorb), niedergelegten Worte des Buddha sind genau genommen nichts weiter als Erläuterungen der seine eigentliche Lehre bildenden vier edlen Wahrheiten.

Die vier edlen Wahrheiten

1. Die Wahrheit vom Leiden
2. Die Wahrheit von der Leidensentstehung
3. Die Wahrheit von der Leidenserlöschung
4. Die Wahrheit von dem zur Leidenserlöschung führenden achtfachen Pfade

Der achtfache Pfad

1. Rechte Erkenntnis
2. Rechte Gesinnung
3. Rechte Rede
4. Rechtes Tun
5. Rechter Lebensunterhalt
6. Rechte Anstrengung
7. Rechte Achtsamkeit
8. Rechte Sammlung

Die erste Wahrheit lehrt, kurz gesagt, daß das gesamte, sich in den fünf Daseinsgruppen (khandha): Körperlichkeit, Gefühl, Wahrnehmung, Geistesformationen, Bewußtsein erschöpfende Dasein etwas Unbefriedigendes und dem Leiden Unterworfenes ist, etwas Vergängliches, Unpersönliches, Nichtiges. Sie umfaßt also das gesamte Dasein mit allen seinen Merkmalen wie Vergänglichkeit, Leidunterworfensein, Ichlosigkeit, usw.

Die zweite Wahrheit lehrt, daß alles Leiden, mit anderen Worten dieses ganze Dasein, durch das Begehren bedingt ist, das sich als körperliche, sprachliche und geistige Willenstätigkeiten oder Karma äußert und das alle Wiedergeburt und damit alles Leiden erzeugt. Sie umfaßt somit auch die Lehren von Karma und Wiedergeburt sowie von der bedingten Entstehung aller Dinge.

Die dritte Wahrheit lehrt, daß durch Erlöschung eben dieses Begehrens und dadurch auch der damit verbundenen Verblendung sowie aller übrigen selbstischen Leidenschaften es notwendigerweise zur Erlöschung von Wiedergeburt und Leiden, d.h. zum Nirvana, kommen muß.

Die vierte Wahrheit vom achtfachen Pfade (atthangika magga) gibt die Mittel an, die zur Erreichung dieser Leidenserlöschung führen, und enthält somit die gesamte buddhistische Ethik und Geistesschulung.

Meine Meinung dazu:

Zur ersten Wahrheit: Wenn in der ersten Wahrheit vom Leiden angedeutet wird, dass Leben zwangsläufig mit Leiden verbunden ist, dann kann ich dem nicht zustimmen. Unser Leben ist zwar mit Leid verbunden, aber nur weil wir in einer Gesellschaft leben, die zwar einerseits Wohlstand, aber andererseits eine gewisse emotionale Kälte erzeugt. Ich jedenfalls würde nicht sagen, dass Leben zwangsläufig mit Leiden verbunden ist. Ich könnte mir jedenfalls Gesellschaftsstrukturen vorstellen, in der weit weniger Leiden herrscht und in der es vielleicht sogar eine ganze Menge glücklicher Menschen geben könnte.

Zur zweiten Wahrheit: Es wird gesagt, dass Leiden durch Begehren bedingt ist. Ich würde Begehren keinesfalls immer als negativ betrachten. Das Baby begehrt die Liebe und Aufmerksamkeit der Mutter und es begehrt gestillt, gefüttert, aufs Töpfchen gesetzt und gewaschen zu werden. Erfährt es diese Zuwendung nicht, dann nimmt es Schaden an Leib und Seele. Diese Art des Begehren ist lebensnotwendig und ich sehe in diesem Begehren keinen negativen Aspekt. Wenn also gesagt wird, Leiden entsteht durch Begehren, dann sollte man auch sagen, welches Begehren damit gemeint ist.

Außerdem gefallen mir Buddhas Vorstellungen von Karma und Wiedergeburt nicht. Damit kann ich nichts anfangen. Das sind Glaubensbekenntnisse. Wenn Leiden im jetzigen Leben entsteht, dann nicht durch Karma, sondern dadurch, dass mit dem Wünschen und Begehren einerseits und mit der Befriedigung dieser Wünsche andererseits eine Disharmonie entsteht.

Diese Disharmonie entsteht in der Regel dadurch, dass dem Kind zu wenig Aufmerksamkeit, Fürsorge und Liebe geschenkt wird, die zu einer neurotischen Veranlagung des Kindes führen. Die Ursachen für eine neurotische Fehlentwicklung des Kindes sind allerdings vielfältig. Aus dieser neurotischen Einstellung allerdings entsteht eine Begehren, welches man als nicht natürlich betrachten könnte, welches dann zu Leid führt, wenn es nicht befriedigt wird. Hier liegt allerdings bereits eine neurotische Einstellung vor, aus der heraus das Begehren geboren wird. Es ist also nicht das Begehren allgemein zu beanstanden, sondern die neurotische Ursache des Begehrens.

Zur dritten Wahrheit: Leiden kann erst dann erlöschen, wenn man erkannt hat, dass das Begehren einen neurotischen Ursprung hat. Erlischt das Leiden, dann hat man tatsächlich das Gefühl, ins Nirvana einzugehen. Dieses Nirvana ist für mich allerdings im Hier und Jetzt zu finden und nirgendwo anders. Und wenn es so etwas wie eine Wiedergeburt gibt, dann ist sie im menschlichen Leben angesiedelt. Ob es nach dem Tode so etwas wie eine Wiedergeburt gibt, weiß niemand zu sagen. Sie interessiert mich aber eigentlich nicht. Ich habe mit meiner "Wiedergeburt" im jetzigen Leben genug zu tun.

Zur vierten Wahrheit: Es wird gesagt, die vierte Wahrheit des achtfachen Pfades gibt die Mittel, die zur Erreichung dieser Leidenserlöschung führen. Diese vierte Wahrheit lautet: Rechtes Tun. Und dem kann ich nur zustimmen. Ohne rechte Einsicht und rechtes Tun wird sich nichts verändern. Das Leiden beruht ja darauf, dass man irgendwann begonnen hat, sich falsche Gewohnheiten anzueignen, die zu Leid führen. Ändert man diese Gewohnheiten nicht, dann ändert sich auch nichts am Leid.

Das Ändern der Gewohnheit ist in der Regel allerdings ein schmerzhafter Prozess, weil man mit den Situationen konfrontiert wird, die zu den leidbringenden Gewohnheiten geführt haben. Wird man mit diesen schmerzhaften Situationen erneut konfrontiert, so brechen die Gefühle, die mit diesen Situationen verbunden sind erneut aus. Sie sind alle noch vorhanden. Die Konfrontation mit solchen Situationen kann sehr dramatisch sein. Vielfach sind sie nicht durch eine einmalige Annäherung aufzulösen, weil sie zu schmerzhaft sind, so dass man sich ihnen nur sehr langsam nähern kann. Darum benötigt solch ein Heilungsprozess oft längere Zeit und die Hilfe eines Freundes oder eines Therapeuten ist eventuell erforderlich.

Diejenigen allerdings die meinen, wir seien ohnehin alle bereits erleuchtet, wir müssen dieses nur erkennen, kann ich nur sagen, dass ich dieser Interpretation so nicht zustimmen kann. Ich würde diese Aussage vielmehr so interpretieren, dass die Möglichkeit des Nirvana in jedem Menschen angelegt ist. Und wenn man sagt, man müsse dieses nur erkennen, dann ist dieses Erkennen für mich nicht mit einem Nichtstun verbunden. Und mit der Vorstellung der Shunyata (der Lehre der Leere), Samsara (das Rad von Tod und Wiedergeburt) und Nirvana seien dasselbe, kann ich ehrlich gesagt nichts anfangen. Auch diese Aussage würde ich anders interpretieren. Ich meine, man sollte nicht so stur an 2.000 Jahre alte "Weisheiten" festhalten, sondern sie in die heutige Zeit übertragen.

Die vier edlen Wahrheiten
 
Hi Opti

Ich denke für die erste Wahrheit brauchen wir auch keinen Buddha.
Mit Sicherheit sollte diese erste Wahrheit heute so heissen:
"Es gibt Leid"

Das bedeutet in unserem konkreten Fall als Mensch: Kranhheit, Alter, Tot.
Das wir noch anderen Prozessen unterliegen, wie zB Vergänglichkeit, ist klar. Die kann ja auch als positiv, negativ oder neutral erfahren werden. Je nachdem, was passiert.

Zur 2tenWahrheit:

Begierde kann sogar aufbauend sein. Unser ganzes Sozialsystem basiert auf einem System, das aus Begierde entstand; der Staat hat finanziellen Überfluss (gehabt?).
Ich denke, die Erklärungen über die Ursache zum Leid lassen sich sich unkomplizierter ausdrücken, nämlich, daß alles Leid nur entsteht, weil der Geist seine wahre Natur nicht erkennt.
Wir sehen nur seine Aktivität, nicht die Natur davon. Also die Bilder im Spiegel, nicht den Spiegel. Die Wellen, aber nicht das Meer.

Wenn du mit Wiedrgeburt nichts anfangen kannst, lass es weg. Das braucht man nicht, um Buddhist zu sein.
Aber (Buddhistisches) Karma weglassen geht nicht. Das ist sehr essenziell, und ich behaupte, jeder mit einem klaren Kopf kann nur Probleme damit haben, weil er was falsch verstanden hat. Letztlich ist Karma bloss angewandte Vernunft, und mich wundert bei deinem Scharfsinn ehrlich gesgt etwas, daß das immernoch falsch ankommt.
Karma ist sehr komplex, nichts statisches. Das was du schreibst, ist absolut richtig (mit den Wünschen etc) und widerspricht den Erklärungen zu Karma in keinster Weise.
(Buddhistisches)Karma wäre fast einen eigenen Thread wert.
Aber offensichtliches Leid (nicht so subtiles, wie du beschreibst), wie zB Krankheit, hängt vom Körper ab. Dieser wiederum ist bereits altes Karma.


Zur 3ten Wahrheit sagst du:
"Leiden kann erst dann erlöschen, wenn man erkannt hat, dass das Begehren einen neurotischen Ursprung hat. Erlischt das Leiden, dann hat man tatsächlich das Gefühl, ins Nirvana einzugehen. Dieses Nirvana ist für mich allerdings im Hier und Jetzt zu finden und nirgendwo anders."

Ja, exzellent. Aus Mahayanasicht ist dies "Befreiung" und wird mit "kleines Nirvana" bezeichnet.
Man muss tatsächlich nirgendwo anders hingehen, um in sog. "reine Länder" zu kommen.

Auch die Wiedergeburt innerhalb deins Lebens hast du sehr richtig erfasst, wird SO aber eher im Theravada ausgedrückt.
Wie gesagt, lass Wieedergeburt einfach weg, wenn sie dir nicht gefällt, man braucht es nicht.

Zur 4ten:

Du sagts:
"Das Leiden beruht ja darauf, dass man irgendwann begonnen hat, sich falsche Gewohnheiten anzueignen, die zu Leid führen. Ändert man diese Gewohnheiten nicht, dann ändert sich auch nichts am Leid."

Das stimmt so nicht ganz. Das hat nicht irgendwo angefangen. Das war immer so. Es sind zeitlose Gewohnheiten, ebenso ohne Anfang und ohne Ende (zumindest nicht ohne was dafür zu tun).
Wenn es irgendwann erst angefängen hätte, wären wir ja wie die Christen das erklären, aus einem guten Zustand herausgefallen. Somit wäre er, wenn man diesen Zustand wieder erlangt, nicht zuverlässig, denn man könnte ja wieder herausfallen.
Im Buddhismus kann man sich Befreien und ab da, wird man nie wieder herausfalen. Man hat ja die zeitlose Natur des Geites erkannt und kann aus dieser Erkenntnis nicht wieder herausfallen.

Deinen Erklärungen zu den Gewohnheiten habe ich nichts ergänzendes hinzuzufügen.

Wir sind bereits Buddhas, die das nur noch nicht erkannt haben, ist lediglich die so gemeint, daß wir die an der Oberfläche liegenden Schleier (der Gewohnheiten, Tendenzen, Gefühle) reinigen müssen, um zu erkennen, was immer da war.
Das Nirvana und Samsara gleich sind, hast du oben schon im Prinzip selbst erklärt, ich zitiere nochmal: "Dieses Nirvana ist für mich allerdings im Hier und Jetzt zu finden und nirgendwo anders."

Samsara ist Geist und Nirvana ist Geist. Oder auf Neudeutsch: "Himmel und Hölle werden zwischen den eigenen Ohren, ider Rippen erlebt, oder wo man sonst seinen Geist vermutet" ;-)

Schierig wird es für dich (ich beisse mir da schon lange die Zähne dran aus) wenn du ausgerechnet die Texte des Theravadas heranziehst, um sie in einer zeitgemässen Weise auszudrücken. Sie wünschen das wirklich nicht, was mich manchmal sogar n bissl ärgert.
Ich mag es auch nicht alt und staubig, und ich emfinde viele Theravadins schon fast wie Bibeltreue Christen, die nicht selbständig erklären können, sondern zu jeder Lebenslage ne MM 30 oder Mm34 oder oder zitieren, also nur am Text leben.

FM
 
Ich habe mit Buddha ein grundsätzliches Problem. Und das besteht in der Auffassung des Begehrens. Buddha sagt dazu folgendes:

"Wo aber, ihr Mönche, kommt dieses Begehren zum Entstehen und wo faßt es Wurzel? Was es da in der Welt an Lieblichem und Angenehmem gibt, dort kommt dieses Begehren zum Entstehen, dort faßt es Wurzel. Was aber gilt in der Welt als das Liebliche und Angenehme?

Auge, Ohr, Nase, Zunge, Körper und Geist sind in der Welt etwas Liebliches und Angenehmes. Dort kommt dieses Begehren zum Entstehen, dort faßt es Wurzel."

Für mich ist dieses Begehren etwas vollkommen natürliches und gesundes. Ich kann nichts negatives an diesem Begehren erkennen. Vielmehr bin ich davon überzeugt, dass das Leben eines gesund aufgewachsenen Menschen, ich möchte an dieser Stelle, nicht das Wort Erleuchtung ins Spiel bringen, weil es normalerweise vollkommen überbewertet wird, da es der Göttlichkeit gewissermaßen gleichgesetzt wird, von Harmonie, Seligkeit und Sinnlichkeit gekennzeichnet ist. Mit anderen Worten, im Leben eines glücklichen Menschen spielt das Begehren eine sehr wichtige Rolle.

Und daran kann ich überhaupt nichts Anstößiges finden. Solange das Begehren einen natürlichen Ursprung hat und keinen neurotischen, ist für mich Begehren vollkommen in Ordnung. Bei Buddha hört es sich allerdings so an, als sei jegliches Begehren schädlich. Und auch in den Yogaphilosophien hört man immer wieder die Theorien, dass man auch von der Verhaftung des Begehrens ablassen sollte, da in der höchsten Stufe der Erleuchtung, selbst jedes Begehren verschwinden soll.

An der letzten Aussage wage ich zu zweifeln. Gibt es wirklich einen Zustand, an dem jedes Begehren verschwindet? Ich kann mir dieses ehrlich gasagt nicht vorstellen. Momentan ist es mir auch vollkommen egal, ob es so etwas gibt, denn alles was mich interessiert, ist es, so etwas wie Seligkeit in mein Leben zu bringen. Dass es diese Seligkeit gibt, davon bin ich allerdings sehr überzeugt. Ich bin auch sehr davon überzeugt, dass wir eigentlich geboren sind, um in Seligkeit zu leben.

Wenn unser Leben allerdings von Leid geprägt ist, dann liegt das daran, dass wir immer wieder mit Lebensumständen konfrontiert wurden, die in uns neurotische Wurzeln einpflanzten. Dadurch aber verlieren wir unsere Natürlichkeit und es entsteht Leid. Gelingt es uns aber, die neurotischen Ursachen unseres Handelns zu beseitigen, dann erwächst allmählich Seligkeit. Und hat sich die Seligkeit erst einmal unserer bemächtigt, dann können wir uns ja überlegen, ob wir als letzten Schritt auf dem Weg ins nur Nirvana, auch die Verhaftung an die Seligkeit ablegen sollten. Ich bin aber keineswegs davon überzeugt, dass das möglich und sinnvoll ist.
 
FrischMilch schrieb:
Hi Opti

Ich denke für die erste Wahrheit brauchen wir auch keinen Buddha.
Mit Sicherheit sollte diese erste Wahrheit heute so heissen:
"Es gibt Leid"

Das bedeutet in unserem konkreten Fall als Mensch: Kranhheit, Alter, Tot.
Das wir noch anderen Prozessen unterliegen, wie zB Vergänglichkeit, ist klar. Die kann ja auch als positiv, negativ oder neutral erfahren werden. Je nachdem, was passiert.

Zur 2tenWahrheit:

Begierde kann sogar aufbauend sein. Unser ganzes Sozialsystem basiert auf einem System, das aus Begierde entstand; der Staat hat finanziellen Überfluss (gehabt?).
Ich denke, die Erklärungen über die Ursache zum Leid lassen sich unkomplizierter ausdrücken, nämlich, daß alles Leid nur entsteht, weil der Geist seine wahre Natur nicht erkennt.
Wir sehen nur seine Aktivität, nicht die Natur davon. Also die Bilder im Spiegel, nicht den Spiegel. Die Wellen, aber nicht das Meer.

Wenn du mit Wiedrgeburt nichts anfangen kannst, lass es weg. Das braucht man nicht, um Buddhist zu sein.
Aber (Buddhistisches) Karma weglassen geht nicht. Das ist sehr essenziell, und ich behaupte, jeder mit einem klaren Kopf kann nur Probleme damit haben, weil er was falsch verstanden hat. Letztlich ist Karma bloss angewandte Vernunft, und mich wundert bei deinem Scharfsinn ehrlich gesgt etwas, daß das immernoch falsch ankommt.
Karma ist sehr komplex, nichts statisches. Das was du schreibst, ist absolut richtig (mit den Wünschen etc) und widerspricht den Erklärungen zu Karma in keinster Weise.
(Buddhistisches)Karma wäre fast einen eigenen Thread wert.
Aber offensichtliches Leid (nicht so subtiles, wie du beschreibst), wie zB Krankheit, hängt vom Körper ab. Dieser wiederum ist bereits altes Karma.


Zur 3ten Wahrheit sagst du:
"Leiden kann erst dann erlöschen, wenn man erkannt hat, dass das Begehren einen neurotischen Ursprung hat. Erlischt das Leiden, dann hat man tatsächlich das Gefühl, ins Nirvana einzugehen. Dieses Nirvana ist für mich allerdings im Hier und Jetzt zu finden und nirgendwo anders."

Ja, exzellent. Aus Mahayanasicht ist dies "Befreiung" und wird mit "kleines Nirvana" bezeichnet.
Man muss tatsächlich nirgendwo anders hingehen, um in sog. "reine Länder" zu kommen.

Auch die Wiedergeburt innerhalb deins Lebens hast du sehr richtig erfasst, wird SO aber eher im Theravada ausgedrückt.
Wie gesagt, lass Wieedergeburt einfach weg, wenn sie dir nicht gefällt, man braucht es nicht.

Zur 4ten:

Du sagts:
"Das Leiden beruht ja darauf, dass man irgendwann begonnen hat, sich falsche Gewohnheiten anzueignen, die zu Leid führen. Ändert man diese Gewohnheiten nicht, dann ändert sich auch nichts am Leid."

Das stimmt so nicht ganz. Das hat nicht irgendwo angefangen. Das war immer so. Es sind zeitlose Gewohnheiten, ebenso ohne Anfang und ohne Ende (zumindest nicht ohne was dafür zu tun).
Wenn es irgendwann erst angefängen hätte, wären wir ja wie die Christen das erklären, aus einem guten Zustand herausgefallen. Somit wäre er, wenn man diesen Zustand wieder erlangt, nicht zuverlässig, denn man könnte ja wieder herausfallen.
Im Buddhismus kann man sich Befreien und ab da, wird man nie wieder herausfalen. Man hat ja die zeitlose Natur des Geites erkannt und kann aus dieser Erkenntnis nicht wieder herausfallen.

Deinen Erklärungen zu den Gewohnheiten habe ich nichts ergänzendes hinzuzufügen.

Wir sind bereits Buddhas, die das nur noch nicht erkannt haben, ist lediglich die so gemeint, daß wir die an der Oberfläche liegenden Schleier (der Gewohnheiten, Tendenzen, Gefühle) reinigen müssen, um zu erkennen, was immer da war.
Das Nirvana und Samsara gleich sind, hast du oben schon im Prinzip selbst erklärt, ich zitiere nochmal: "Dieses Nirvana ist für mich allerdings im Hier und Jetzt zu finden und nirgendwo anders."

Samsara ist Geist und Nirvana ist Geist. Oder auf Neudeutsch: "Himmel und Hölle werden zwischen den eigenen Ohren, ider Rippen erlebt, oder wo man sonst seinen Geist vermutet" ;-)

Schwierig wird es für dich (ich beisse mir da schon lange die Zähne dran aus) wenn du ausgerechnet die Texte des Theravadas heranziehst, um sie in einer zeitgemässen Weise auszudrücken. Sie wünschen das wirklich nicht, was mich manchmal sogar n bissl ärgert.
Ich mag es auch nicht alt und staubig, und ich emfinde viele Theravadins schon fast wie Bibeltreue Christen, die nicht selbständig erklären können, sondern zu jeder Lebenslage ne MM 30 oder Mm34 oder oder zitieren, also nur am Text leben.

FM

Alter und Tod sind für mich nicht zwangsläufig mit Leid verbunden. Und bei den Krankheiten würde ich zwischen vorübergehenden und chronischen Krankheiten unterscheiden. Vorübergehende Krankheiten sind zwar mit ebenfalls mit Leid verbunden, sie gehören aber irgendwie im Leben dazu. Mit Leid identifiziere ich in erster Linie chronisches Leid.

Deine Einstellung zum Karma überzeugt mich nicht. Karma beruht zwangsläufig auf der Vorstellung der Wiedergeburt. Aber die Wiedergeburt ist Glaubenssache. Ich lasse sie, wie du mir empfiehlst, lieber weg.

Man könnte vielleicht sogar sagen, wie die Christen es andeuten, dass wir realistisch betrachtet, tatsächlich mit der Geburt aus einem guten Zustand herausbefördert werden. Schaut man sich das Leben der kleinen Kinder an, dann sind sie meistens noch recht glücklich. Erst im Laufe der ersten Lebensjahre ändert sich dies. Aus glücklichen Kleinkindern werden allmählich etwas weniger glückliche größere Kinder.

Kinder werden also nicht in einen neutralen Zustand hineingeboren (das alte Karma lass ich im Zusammenhang mit der Wiedergeburt einmal ganz beiseite) aus der sie sich positiv oder negativ entwickeln können, sondern sie bekommen gewissermaßen alle Eigenschaften in die Wiege gelegt, ein glückliches Leben zu führen. Allerdings besteht natürlich auch die Gefahr, dass das Gegenteil geschieht. Aber ich glaube, die Natur meint es gut mit uns und hat für uns ein Leben in Seligkeit vorgesehen.

Und wenn es wirklich so etwas wie Karma gibt, dann sind das vielleicht die Eigenschaften, die wir durch unsere Eltern mit in die Wiege gelegt bekommen. Diese Eigenschaften können sowohl positiv, wie auch negativ sein. Vielleicht könnte man sogar den ganzen Sozialisationsprozess unter einem karmischen Aspekt betrachten. Sind es doch unsere Vorfahren (unsere Eltern), die uns aufziehen, die uns die ethischen Werte vermitteln, und die uns zu dem machen, was wir heute sind. Aber auch die Regeln der Gesellschaft könnte man unter karmischen Aspekten betrachten. Sind sie doch eine kontinuierliche Weiterentwicklung der Lebens- und Moralvorstellungen vieler Generationen, die vor uns gelebt haben und die bis in die heutige Zeit hineinwirken.

Dabei beinhaltet meine Interpretation des Karma allerdings keine Reinkarnationsüberlegungen. Die lehne ich ab. Und selbst wenn es Reinkarnation geben sollte, interessiert sie mich nicht. Mich interessiert in erster Linie mein jetziges Leben. Damit habe ich genug zu tun. Warum also sollte ich mir Gedanken über die Reinkarnation machen, die eventuell überhaupt nicht existiert? Alles was mich interessiert, ist es, in diesem Leben glücklich zu sein.

Ich versuche mir meine eigenen Gedanken zu machen. Und dabei ist es mir eigentlich weniger wichtig, auf welche Quelle ich mich gerade beziehe. Die Tharavadin können dabei genau so verkrampft sein, wie andere. Da hast du wohl recht. Ich sympathisiere zwar mit den Theravadins, sehe mich aber nicht unbedingt selber als Theravadin, sondern gehe meinen eigenen Weg. Und am meisten habe ich wohl von den Yogis gelernt, die es sogar schon lange vor Buddha, vor den Theravadins und dem Hinduismus gab.
 
opti schrieb:
"Rinpoche legte sich nachts nicht zum Schlafen hin; er schlief, gerade sitzend in einem hölzernen Kasten. Nach dem Abendessen, begann er mit einem Lernabschnitt und sprach nicht bis zum Mittag, des nächsten Tages. Am Mittag würde sein Bruder mich rufen, alle würden zusammen zu Mittag essen und wenig sprechen. Dann würde Rinpoche einen anderen Lernabschnitt beginnen und niemanden bis zum Abend sehen. In einer Waldung verbrachte Rinpoche drei Jahre im Rückzug. Das war, nachdem unsere erste Tochter Chimey geboren war. Sogar nach seinem Rückzug würde Rinpoche nur am Familienhaus für eine Woche oder zwei hintereinander bleiben, bevor er zurückging in seine Einsiedelei.",

Obwohl er verheiratet war und zwei Töchter hatte, lebte er offensichtlich als Einsiedler. Aber ich habe das jetzt erst einmal schnell überflogen.
Man sehe das ganze mal aus der Perspektive der Töchter. Die haben einen Vater, der sich einen Scheissdreck um sie kümmert, der kaum zuhause ist, sondern dauernd mit seinen Studien beschäftigt ist. Dieses Schicksal erleiden heute nicht wenige Kinder von Eltern, die sich so sehr um ihre Selbstverwirklichung (meist in Form einer Karriere) kümmern, dass sie sich vor allem durch Abwesenheit auszeichnen. Der Rinpoche mag ein erleuchteter Mann gewesen sein. Ob er sich auch in Fragen auskannte, die seine Tochter im Alltag beschäftigen, das steht wohl in den Sternen. Aber das gehört natürlich nicht in so einen Thread, nicht wahr.

(Ich hatte mal Kontakt mit einer jungen Frau, deren Vater ein bekannter Buddhist ist. Der Mann reist regelmässig nach Tibet, besucht Klöster, erteilt Unterricht, meditiert schon seit Jahrzehnten usw. Die junge Frau fand ihren Vater eigentlich ein aufgeblasenes *********. Wenn ich vor der Wahl stehe, ob ich mich menschlich verhalten oder spirituell verhalten soll, so wähle ich noch immer das erstere. Übrigens hatte die junge Frau die Erkenntnis der Leere realisiert. Sie hatte mit ihrem Vater nie darüber gesprochen.)
 
Hallo fckw, deine Kritik ist natürlich berechtigt. In diesem Zusammenhang sollte man sich vielleicht das Leben manches "Erleuchteten" einmal näher anschauen. Dann stellt sich die Erleuchtung vielleicht doch eher als Egoismus heraus. Man sieht also, auch die Väter können noch etwas von ihren Töchern lernen. Vielleicht hätte der Vater einmal mit seiner Tochter reden sollen. Dann wäre vielleicht der Wunsch verschwunden, die ganze Welt missionieren zu wollen. Vielleicht waren die Reisen auch nichts anderes als eine Flucht vor der Auseinandersetzung mit den eigenen Ängsten, Sorgen, etc..
 
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fckw schrieb:
Man sehe das ganze mal aus der Perspektive der Töchter. Die haben einen Vater, der sich einen Scheissdreck um sie kümmert, der kaum zuhause ist, sondern dauernd mit seinen Studien beschäftigt ist. Dieses Schicksal erleiden heute nicht wenige Kinder von Eltern, die sich so sehr um ihre Selbstverwirklichung (meist in Form einer Karriere) kümmern, dass sie sich vor allem durch Abwesenheit auszeichnen. Der Rinpoche mag ein erleuchteter Mann gewesen sein. Ob er sich auch in Fragen auskannte, die seine Tochter im Alltag beschäftigen, das steht wohl in den Sternen. Aber das gehört natürlich nicht in so einen Thread, nicht wahr.

Nicht zuletzt aus diesem Grunde gefällt mir das hinduistische Konzept der vier Lebensstadien:

- Brahmacharya, (bis 20/25 Jahre)
- Grihastya = Berufs- und Familienleben (20/25 bis 50/60 Jahre)
- Vanaprastha (50/60 bis 70/75 Jahre)
- Sannyas (70/75 Jahre bis zum Tod)

:liebe1:
 
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