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Nelida
Guest
Bertram
Mein Name ist Bertram. Ich bin ein Vampir, - ein Vampir, wie Aleksander und seine ehemalige Begleiterin Verena.
Uns Vampiren ist es eigen, keine schriftlichen Botschaften zu hinterlassen, - und falls es welche gibt, vernichten wir sie. Das war schon immer so, auch unter den Menschen, die wirkliches, wahres Wissen erkannt haben. Nur ein Narr geht hinaus und schreit sein Wissen dem Pöbel entgegen.
Kyle, ein menschlicher Freund Aleksanders, erwähnte etwas über vampirische Bibelschreiber. Das stimmt, es hat sie gegeben, jedoch ist kein Mensch in der Lage, diese Schriften wirklich zu entziffern. Nicht, dass sie einer Art unleserlichen Geheimschrift unterliegen, wie etwa geheime Schriftzeichen, - nein, es ist ganz einfach der Schreibstil, der nur von Vampiren zu erkennen ist.
Übrigens, Kyles Schriften wurden noch in dem Augenblick von mir vernichtet, als er in die Schlucht stürzte.
Falls sich jemand fragt, wie denn all diese Schriften ja doch erhalten geblieben sind, kann ich das sehr gut beantworten.
Zuerst einmal existiert ein vampirisches Kollektiv, - eine Art allgemeines Wissen, das allen Vampiren zugänglich ist. Es verbindet sie geistig miteinander. Auch ein Grund, warum wir Einzelwesen sind und uns nicht unbedingt zu Familien oder Gruppen zusammenschließen müssen.
Bei Menschen ist dieses Kollektiv eher unbewusst, weshalb sie die Gemeinschaft brauchen, um ihr Wissen mündlich weiter zu geben. Bei Menschen ist es jedoch nicht nur das Wissen. Sie sind zu egozentrisch, um für sich alleine zu existieren. Sie brauchen Beistand und Beifall. Wenn sie diesen nicht haben, verkümmern sie in Eigentümlichkeit oder gar in Verrücktheit. Traurig, aber wahr!
Das nächste ist, dass auch Menschen zum vampirischen Kollektiv Zugang haben. Meistens, wenn nicht immer, sind das Menschen, die gerne Geschichten schreiben, die phantasiebegabt sind. Und meistens werden ihre Schriften, die sie über uns schreiben, von anderen Menschen bloß als vielleicht unterhaltsame oder auch weniger unterhaltsame Geschichten aufgefasst, denen kein wirklicher Glaube geschenkt wird.
Das bedeutet also, dass wir unser Wissen an manche Menschen weitergeben, wo wir glauben, dass es so unverfälscht wie nur möglich ankommt.
Natürlich ist es für so einen Menschen nicht einfach, unsere Wahrnehmungen zu beschreiben, da wir mehrere Dimensionen gleichzeitig wahrnehmen und sogar bewusst in ihnen existieren können.
Das bedeutet wiederum, dass wir uns aussuchen können, in welcher der für uns wahrnehmbaren Dimensionen wir bewusst SEIN können. Es ist uns natürlich nicht möglich, gleichzeitig in mehreren Dimensionen bewusst zu sein, - auch wenn wir das gewissermaßen sind, da ja auch unser materieller Körper mehrdimensional existiert. Wir Vampire haben zwar das Bewusstsein, gleichzeitig in mehreren Dimensionen zu sein, aber wir können dieses Bewusstsein nicht bewusst ausleben. So gesehen sind wir dann nur Beobachter unseres Selbst, wobei wir keine Möglichkeit haben, über unsere Parallelleben die Steuerung zu übernehmen. Aber wir können uns dazu entschließen, eines dieser Parallelleben zu SEIN, wenn wir das wollen. Bis jetzt hat das meines Wissens noch kein Vampir getan, denn welches Lebewesen wird sich schon in eine Bewusstseinsstufe begeben, die tiefer liegt als die seine? Und es ist nun mal so, dass wir Vampire das höchste menschliche Bewusstsein innehaben. Ja, auch wenn es sich hochmütig anhört, so ist es dennoch genauso.
Aleksander sagte über Verena, dass sie des Vampirdaseins nicht würdig war. So etwas kommt öfter vor, und ich muss sagen, für einen Menschen ist es die größte und beste Chance seines Lebens. Ich kann nur meinen Kopf über so verbohrte Menschen schütteln, die das nicht begreifen und nicht einmal versuchen, etwas an ihrem Dasein zu ändern. Sie meinen, sobald sie unsterblich sind und sich alles leisten können, seien sie über alle und alles erhaben. Keine Sorge, Verena war da noch eine der weniger üblen Sorte. Ich kannte einmal einen Vampir übrigens einen männlichen der wahllos Menschen abschlachtete und ebenso wahllos überall einbrach. Er war nicht lange ein Vampir, denn schon nach weniger als einem Monat erschien ihm der persönliche Tod und nahm ihn bereits das erste Mal mit. Verena hingegen hatte die Chance, sich zu besinnen. Der persönliche Tod schenkte ihr eine Frist, die sie aber nicht erkannte.
Kyle hat es bereits angesprochen, als er meinte, Aleksander hätte Verena warnen müssen. Aber selbst uns Vampire ist es nicht möglich, den Charakter eines anderen Menschen zu ändern. Wir können doch auch nicht für einen anderen Vampir Blut saugen, um seine Krämpfe zu lösen.
Nicht einmal eine leise Andeutung hätte etwas an Verena verändert, wenn sie nicht selbst erkennen konnte. Und sie ausgerechnet sie hielt uns Vampire für eiskalte Egoisten. Sie hat wirklich nichts verstanden!
Das gesamte menschliche Bewusstsein tut sich erst auf, wenn das Ego umfunktioniert wird. Aus nichts anderem besteht die Zauberformel. Aber zuerst muss gewusst werden, was mit Ego eigentlich gemeint ist. Es gibt unzählige menschliche Schriften darüber, und ehrlich gesagt sind die meisten nutzlos, da sie reine Verblendung und reines Wunschdenken sind. Das, was Menschen mit Ego meinen, und dass man es ablegen sollte, ist absoluter Blödsinn. Es geht nur darum, WIE ich damit umgehe. Abgelegt kann es niemals werden - es kann nur umfunktioniert werden.
Dies geschieht sicher nicht dadurch, indem es jemand einem anderen sagt, oder indem es irgendwo gelesen wird. Dies geschieht durch Erfahrungen mit anderen Menschen und mit dem eigenen Lebensschicksal und vor allem AUS SICH SELBST heraus.
Nur ein Beispiel: Ein Mensch ärgert sich tagtäglich über seine Nachbarn und will dem ein Ende machen. Er hat zwei Möglichkeiten: Die eine ist, die Nachbarn aus dem Weg zu schaffen. Die andere ist, sich selbst zu ändern und zwar so, dass man sich nicht mehr über seine Nachbarn ärgert.
Und gleich noch ein Beispiel: Ein Mensch wird schwerkrank. Auch hier gibt es zwei Möglichkeiten. Die eine ist, täglich zu jammern und seine schwere Krankheit zu beklagen. Die andere ist, zu akzeptieren, dass die Krankheit ein Teil des eigenen Lebens ist und daraus Kraft zu ziehen.
Ganz einfach gesagt, ist es die Abwesenheit der Sorge um sich selbst, welche das Ego umfunktioniert. Sobald ich mir um mich selbst keine Sorgen mehr mache, stören mich auch die Nachbarn nicht mehr und selbst eine schwere Krankheit lässt mich gleichmütig. Als Mensch bin ich nun mal ein sterbliches Wesen, - und ob der Tod als Krankheit, als Unfall, oder als Mord zu mir kommt, kann mir durchaus einerlei sein. Genau dasselbe betrifft den Zeitpunkt des Todes, da so viele Menschen einen jungen Menschen, oder ein Kleinkind bedauern, das zu Tode kommt. Und manche sagen: Seine Zeit war eben zu Ende. Es ist Bestimmung. Auch das ist Quatsch, denn es gibt keine Bestimmung für den Menschen, außer, dass er nicht unsterblich ist.
Was will ich damit sagen? Ganz einfach: Es gibt keine Antwort auf diese Frage, warum und wann ein Mensch stirbt. Er stirbt einfach! Sich darüber Gedanken zu machen, fördert das Ego und macht das Umfunktionieren nur noch schwerer. Im Grunde genommen haben Menschen kein Mitleid, sondern stets nur Selbstmitleid. Sie stellen sich vor, sich in der Lage des Leidenden zu befinden und bedauern somit nur sich selbst. Es gibt nicht einmal so etwas wie Mitgefühl! Denn wie könnte ein Mensch dasselbe fühlen wie ein anderer? Er kann nur erahnen, wie sich der andere fühlt und stellt sich somit nur das Gefühl des anderen bei sich selbst vor.
Mitleid, Mitgefühl ist also nichts anderes als Selbstmitleid. Da gibt es nichts zu beschönigen. Selbst die Liebe eines Menschen bedeutet nichts anderes als Selbstliebe. Manche werden sagen, eine Mutter liebt ihre Kinder bedingungslos, egal, was sie alles anstellen. Ich habe schon Fälle beobachtet, wo ich mich fragte, ob es so etwas wie Mutterliebe überhaupt gibt. Und wenn eine Mutter zu ihrem Kind steht, das zum Verbrecher egal, welcher Art geworden ist, dann ist sie um nichts besser als ihr Kind und ebenso ein Verbrecher.
Harte Worte? Mag sein, - aber die Wahrheit ist nun mal nicht immer das, was Menschen gerne hören. Nur dann, wenn sie wirklich tief genug in sich selbst hineinhören, werden sie vielleicht erkennen, dass ich wirklich die Wahrheit über das Menschengeschlecht sage.
Damit sei nicht gesagt, dass der Mensch an sich böse ist. Das alles hat nichts mit Gut oder Böse zu tun. Es ist nur so, dass der Mensch stets so oder so sein möchte, dabei aber vergisst, wie er wirklich ist. Menschen greifen gerne nach Höherem, weil sie ihr eigenes Wesen nicht ertragen können.
Und doch es ist nichts Böses an ihnen. Es ist nun mal ihre Wesensart, - genauso wie es die Wesensart eines Skorpions ist, zu stechen, wenn er sich bedroht fühlt. Oder die Wesensart von einer Wasserflut. Sie schwemmt alles hinweg, ohne zu fragen, ob sie damit ein so genanntes unschuldiges Kind tötet. Weder der Skorpion, noch die Wasserflut sind böse. Es ist einfach ihre Wesensart, das zu sein, was sie sind. Genau dasselbe trifft beim Menschen zu, selbst wenn er allzu gerne vom paradiesischen Utopia träumt und sich selbst als engelhaftes Wesen sehen möchte.
Dennoch gibt es eine Möglichkeit, diese Wesensart zu ändern, da der Mensch ein flexibles Wesen ist, das sich fast überall anpassen kann. Und wie gesagt, besteht diese Möglichkeit nicht darin, Weisheiten zu lesen oder zu hören, sondern sie zu TUN!
Ganz klar, dass es zuerst den Gedanken gibt, - die Frage, was mich denn an mir selbst stört. Rein durch Beobachtungsgabe kann ich als Mensch feststellen, was mich an anderen Menschen stört und mich anschließend frage, warum mich genau das an anderen Menschen stört. Meist habe ich selbst jenen Fehler, der mich am anderen stört. Ich weiß also aus Erfahrung, wie sich andere Menschen verhalten und mich damit stören und erkenne, dass dies nichts anderes als mein eigenes Spiegelbild ist, da es ja MEINE Wahrnehmung ist.
Ich nehme wahr, dass mich das, was dieser Mensch tut und sagt, stört. Warum nehme ich es wahr? Weil ich selbst Wahrnehmung bin!
Einfach, nicht wahr?
Es ist auch genau dasselbe Thema, das ich bereits angesprochen habe und das über Mitleid und Mitgefühl handelte.
Greift mich ein Mensch körperlich an, kann ich mich jederzeit wehren, wenn ich die körperlichen Voraussetzungen dazu habe. IST ein Mensch jedoch, laut meiner Wahrnehmung, ein furchtbares Ekel, und ich muss tagtäglich mit ihm auskommen sei es z.B. bei der Arbeit kann ich mich natürlich nicht körperlich wehren. Okay, ich könnte ihn umbringen, womit zumindest dieses Problem beiseite geschafft wird, jedoch andere Probleme auf mich zukommen würden, etwa für den Rest meines Lebens hinter Gitter gesperrt zu werden. Es gibt jedoch etwas, das dieses Problem wirklich für immer aus dem Weg schaffen würde, ohne dass neue hinzukommen, - und das wäre die Selbsthinterfragung.
Also frage ich mich, ob es mir besser geht, wenn ich mich jedes Mal über dieses Ekel ärgere. Natürlich geht es mir nicht besser, denn Ärger macht Bauchweh und graue Haare. Also versuche ich mich nicht zu ärgern. Ein schweres Unterfangen, denn sobald ich den Ärger spüre, kann ich ja nichts mehr dagegen tun. Er ist da ich fühle ihn und würde meinem Gegenüber am liebsten an die Gurgel gehen.
Menschen sagen ja so gerne: Gefühle kann man nicht unterdrücken, - und wenn, kommen sie ein anderes Mal noch heftiger hoch.
Was also tun? Beobachten! Ich beobachte dieses Ekel ganz genau alle seine Bewegungen, die Art wie er spricht, was er sagt, wie er es sagt und werde mir dabei bewusst, dass dies nur meine eigene Wahrnehmung ist.
Wahrnehmung kann täuschen! Man hält es kaum für möglich, aber doch ist es so. Fragt einmal andere Menschen, ob sie den Menschen, den ihr als Ekel empfindet, genauso sehen, wie ihr. Hat denn die Allgemeinheit immer recht, falls sie zugunsten eurer Wahrnehmung ausfällt? Wenn es nur einen Menschen unter all denen gibt, die ihr befragt, die dieses Ekel lieben, wäre schon Zweifel angebracht. Und seid versichert, es gibt immer einen Menschen, von dem jemand geliebt wird, - sei es auch nur einen Augenblick lang. Ja, auch wenn die Liebe, wie ich auch schon sagte, mehr als eigennützig von Menschen wahrgenommen wird.
Und da haben wir es schon! Worauf können sich Menschen verlassen, wenn nicht einmal auf die eigene Wahrnehmung, die ja so gut täuschen kann? Aus Wahrnehmungen werden Meinungen gebildet und wegen unterschiedlichen Meinungen schlagen sich Menschen gegenseitig die Schädel ein.
Ihr wisst wohl noch immer nicht, worauf ich hinaus will und warum ich, ein Vampir, euch etwas über euch selbst erzähle?
Schlagt euch, im wahrsten Sinne des Wortes, eure Meinungen und Urteile aus dem Kopf. Sie bringen euch nichts. Sie fördern nur euer Ego und machen das Umfunktionieren sehr schwer. Mit Meinungen legt ihr euch fest. Und ich weiß aus Erfahrung, dass manche von euch, selbst wenn euch bewusst wird, dass eure Meinung falsch ist, noch immer darauf besteht, nur um euer Gesicht nicht zu verlieren. Das ist nichts anderes als falscher Stolz. Was wollt ihr euch damit beweisen? Oder besser gefragt: Was wollt ihr den anderen Menschen damit beweisen? Eure Dummheit? Und es ist Dummheit, auf einer Meinung zu bestehen, wo sich doch alles in der Welt so schnell verändert. Nur ihr wollt mit eurer Meinung stehen bleiben und damit in einem Loch versumpfen?
Behaltet eure Meinungen lieber für euch selbst, die ihr im Moment habt und dann lasst sie fahren, denn ein anderer Moment braucht vielleicht eine ganz andere Meinung.
Und seid euch sicher, Menschen ohne eigene Meinung lassen sich noch weniger auf den Kopf scheißen als Menschen mit eigener Meinung. Denn Menschen mit eigener Meinung scheißen sich selbst auf den Kopf.
Wie sagte ich vorhin? Was ist das Schlüsselwort, - der Schlüsselsatz?
Ja genau, - die Abwesenheit der Sorge um sich selbst!