Hallo Fynn,
Fynn:
Sie bildete sich ein, ein NEUTRALER BEOBACHTER zu sein .... ich habe versucht, ihr begreiflich zu machen, dass ein "normal-normierter" Mensch so etwas niemals sein könne, weil jede Wahrnehmung eines Menschen durch den eigenen PERSÖNLICHEN Wahrnehmungsfilter "gefärbt" wird ....
der Begriff "neutraler Beobachter" ist irreführend. Wir beobachten wertend. Aber es ist möglich, sobald man sich seiner Wertung(en) bewusst ist, eine neutrale Position einzunehmen. Aus dieser Position heraus agiert man dann nicht mehr parteiergreifend-selbstorientiert aufgrund der eigenen Werteskala, sondern man ist in der Lage verschiedene Standpunkte zu erfassen und wertfrei stehen zu lassen.
Das ist Übungssache und funktioniert erst, wenn man sein persönliches Wertesystem nicht nur durchschaut hat, sondern auch bereit ist, es als Teil des Selbst zu akzeptieren und dabei auch deren Veränderlichkeit zuzulassen - es fließen zu lassen. Sobald das gelungen ist, ist es auch möglich anderen Menschen ihre Wertsysteme zuzugestehen, ohne diese ändern zu wollen. Dann wird ein neutraler Blickwinkel möglich.
Fynn:
Was ist "Sünde"? Gibt es überhaupt Sünde? Oder ist Sünde nur eine Illusion?
Animalischer Grundüberlebenstrieb kennt keine Sünde. Sag mal einem Löwen, er soll keine Antilopen reißen, der würde sagen, dann verhungere ich und sterbe, bist Du bekloppt? Die Frage ist, ob Sünde durch die Wahrnehmung dessen, was wir auf Grund von Kultivierung besser machen können, wirklich existent bzw. existenzberechtigt ist.
"Du sollst nicht stehlen"... hm, ja, einverstanden, finde ich gut, dieses Gebot, sofern ich etwas stehle, was ich nicht brauche und damit jemandem Schade.
"Du sollst nicht falsch Zeugnis reden über Deinen Nächsten" ... finde ich auch gut, sofern es nicht um das tatsächliche Überleben geht, brauche ich über niemanden Lügen verbreiten und ihn damit evtl. in Gefahr bringen... usw... denn dann geht es um das Ego.
In gewisser Weise ersetzt unser Ego die Überlebenskämpfe, die der Mensch früher wirklich führen musste, um körperlich zu überleben. Heute verlagern sich diese Kämpfe in den Kopf, weil wir im Grunde nicht zu fürchten brauchen, dass wir z.B. verhungern oder von Feinden einfach so getötet werden. Das einzige Verhungern, dem ich Bedeutung beimesse und Ego-Spiele verständlich finde (das sind ja auch die, die auch hier immer wieder zur Sprache kommen), das ist das
emotionale Verhungern, das uns dazu bringt, "Sünden" zu begehen, die wir aus biologischen Überlebensgründen nicht zu begehen bräuchten.
Diese inneren Tode, über die wir gerne in Zusammenhang mit Pluto sprechen, die ist man früher körperlich tatsächlich gestorben. Heute wollen oder vielleicht auch müssen wir psychisch überleben, weil die ursprünglichen Gefahren des Menschseins in unseren Breitengraden eher selten geworden sind und wir alt werden (können).
Fynn: Das "Bedauerliche" ist nur, dass der Verstand die "wahren Dinge", die nicht "von dieser Welt" sind, auch gar nicht zu erklären vermag ....
Hm, ja eben... ist das überhaupt bedauerlich? Wahrnehmen und annehmen.
Fynn: Alles, was der Verstand zu erklären vermag, ist letztendlich bedeutungslos
Das sehe ich tatsächlich so. Was wir im Gefühl erfahren, hat Bedeutung für den Moment, nicht mehr und nicht weniger. Verstandeslogik ist ein Konstrukt, das über den "gefühlten" Moment - u.U. sehr weit - hinaus geht und meist dazu führt, dass wir spätere Situationen mit dieser (neuen) Logik zu kontrollieren versuchen. Muster werden zwar erkannt und abgestreift, aber gleichzeitig durch neue "Strategien" ersetzt, die ein freies Fließen der Herzensenergie erneut verhindern, weil Strategien nur im Kopf gelebt werden können. Das Herz verfolgt keine Strategie, wenn es offen ist.
Liebe Grüße
Martina