Das ist die Frage. Wenn ich mir also ein T-Shirt kaufe, das in China mit Kinderarbeit hergestellt ist, dann bin ich also nicht böse, wenn ich mich nicht informiere und daher ja hinter meinem Tun grundsätzlich keine Absicht steckt? Das wäre natürlich eine schöne Ausrede ... ich bin ja nicht gezwungen mich zu informieren, und kann ja beliebig wegschauen ....
Auch viele Worte machen ein Argument nicht besser. Was ist denn nach Deiner Meinung das Wegschauen? Hatte ich nicht davon geschrieben, dass wir im Herzen genau wissen, wenn wir etwas Böses tun. Wenn ich wegschaue, muss es doch dazu auch einen Grund geben – oder nicht?
Anderseits wirst Du mit absoluter Sicherheit auch schon ahnungslos Dinge gekauft haben, die nicht auf einer moralischen Ebene produziert und vertrieben wurden. Auch namhafte Firmen bieten für teueres Geld Waren an, die sie billig in Fernost produzieren lassen. Nein, ich lasse mich nicht darauf ein, das Böse weich zuwaschen.
KingOfLions: Und dann haben wir halt die Realität, wo Du wahrscheinlich ziemlich klein wirst, denn Du in deiner moralischen Überlegenheit den Autofahrer vor dir schimpfst, und ein 2 x 2m Rambo aussteigt um dir seine Meinung zu erklären ....
Ich weiß jetzt nicht so recht, was Du mir damit sagen möchtest? Meinetwegen musste Rambo noch nie aussteigen. Ja und zur Evolution möchte ich anmerken, dass sich in der Natur auf Dauer nicht die Stärkeren durchsetzen, sondern der Anpassungsfähigsten. Wenn dem nicht so wäre, würde es uns heute nicht geben. Aber wie ich schon schrieb, frage ich mich, was das alles mit dem Bösen zu tun haben soll.
KingOfLions: Wenn Du auf deine Gefühle hörst, dann hat das keinen rationalen Hintergrund. Und damit läufst Du Gefahr, anderen zu schaden und damit selber böse zu werden, weil Du nicht alle Facetten einer Problemstellung mit dem Gefühl erfassen kannst. Die Gefühle sind ein guter Indikator, vieleicht etwas zu verändern, wenn sich ein negatives Gefühl einstellt. Aber sie sind nicht der einzige Maßstab ... denn genau dazu haben wir unser Gehirn ... um bewusst zu lernen und durch vernünftige Entscheidungen unsere Gattung zu fördern.
Dass wir vernünftige Entscheidungen treffen, möchte ich mit einem dicken Fragezeichen versehen: Wo sind wir denn vernünftig? Der Mensch hat gelernt sich in kleinen Teams/Clans zu organisieren und da sind wir sicherlich sehr effizient, wenn es aber über 20 Leute hinausgeht, werden die Nächsten zu Konkurrenten. Tja und bei wirklich großen Gemeinschaften ist es mit unserer Intelligenz dann endgültig vorbei: Je größer, je dümmer!
Der vielgerühmte freie Wille ist dann die nächste große Illusion der Menschen, denn nur lediglich 0,01 % der neuronalen Prozesse werden an die Oberfläche des Bewusstseins gespült. Eine Erkenntnis steht zudem nicht am Anfang dieser Prozesse, sondern am Ende. Der Ratio bleibt dann lediglich zwischen ein paar vorgekauten Lösungen zu entscheiden (meistens sind es drei). An diesem Punkt besteht dann auch die einzige Chance, sich für das Gute zu entscheiden.
Wie schon Schopenhauer, Einstein und viele andere Denker bemerkten, ist es mit unserem freien Willen nicht so weit her. Du vergisst auch die vielen Lobbyisten in Dir, die im Hintergrund die Fäden ziehen. Überlassen wir also den Juristen die Illusion vom freien Willen. Ja und letztlich sind wir nicht bei einer hohen Frequenz des Bewusstseins wirklich kreativ und effizient, sondern in den scheinbaren Ruhephasen.
Aber unabhängig davon werden mich die vielen Wenn und Aber anderer nicht dazu bringen, meine Prinzipien vom Guten und der Menschlichkeit aufzugeben. Zarathustra hatte dazu einmal gesagt, dass Gott den Menschen einen Willen gegeben hat, dass sie sich für den Weg zum Guten, aber auch zum Bösen entscheiden können.
Merlin