Da sprichst Du ein großes Wort gelassen aus. Natürlich ist noch alles da, wenn auch oft im Verborgenen, weil die Natur hier doch reichlich geschädigt und mißbraucht worden ist. Ich mache viel in Naturphotographie, suche da in einer geschundenen Umwelt die kleinen Schönheiten, die die Seele berühren, ein lichtdurchflutetes Haselblatt, ein Herbstblatt, das an einem Spinnenfaden hängt und vom Werden und Vergehen rund um die Jahreszeiten kündet, ein Grashalm im Regen glitzernd, ein kleiner, regennasser Pilz mit intensiven Farben. Immer bekam ich zu hören "das hätte ich aber nicht mal gesehen". Wer hat denn noch Zeit, einfach eine Stunde im Gras zu sitzen und einer Fuchsfähe mit ihren Kleinen beim Spielen und Schlafen zuzuschauen? Oder Zwiesprache mit einem Fuchs zu halten, der weit abseits vom Weg in wenigen Metern Entfernung steht und einem mit seinen wissenden Augen bis tief in die Seele schaut? Oder einer Krähe einfach einen schönen Morgen zu wünschen?
Rennen, hasten, genau 20 Minuten Power-Walking, ein Mountainbikeschnitt von mindestens 25, bei Joggen der Blick auf die App im Smartphone gerichtet, dann zurück ins Auto gehetzt, ab zum Geld machen oder nächsten Event, Reiten, Tennis, was weiß ich? Man sagt, wer zu schnell läuft, verliert seine Seele und mein Eindruck ist, daß das etlichen Leuten schon passiert ist. Auch das ist selbstschädigend und ich wage zu bezweifeln, daß bei diesem hektischen, ja mörderischen Tempo noch irgend einer den Ruf überhaupt wahrnimmt geschweige denn ihm folgt.
Verantwortung übernehmen? Dazu müssen die Menschen erst mal wieder frei werden, z.B. von Karrieresucht und Konsumdenken und das schnelle, oberflächliche Vergnügen aus den Gedanken verbannen.
Dann greifen wir doch diese Rituale auf und passen sie lernend an unsere eigene Mentalität an. Von irgend was resp. irgend jemandem müssen wir doch lernen, neu anfangen, weil die Kirche über Jahrhunderte gewütet hat wie ein Berserker, alle unsere eigenen schamanischen Traditionen buchstäblich mit Blut ausgelöscht hat. Ich glaube, die Samen haben sich diesbezüglich noch am längsten gehalten, schlicht und einfach, weil sie weitab im unwirtlichen Hohen Norden lebten.
Ob sich hier in Westeuropa eine neue Tradition ausbildet, das werden wir erst in ein paar hundert Jahren wissen.
Was den Kern angeht, diese Frage zu beantworten, bin ich nicht qualifiziert genug, das kann ich nicht beurteilen. Ich kann nur über meine eigenen Ziele nachdenken.
Aber was den Volkssport angeht, so ist es oft genug dessen Eigenheit, als Modelwelle irgend wann wieder abzuflauen und die nächste "Sportart" ist hip, die nächste Sau wird durch's Vergnügungsdorf getrieben.
Die "Verbündeten" waren dann nur ein intellektuelles Freizeitspielzeug ("ich hätte doch gerne 'nen Wolf, oder besser noch einen Tiger...

, als wenn man einen Verbündeten bei Amazon bestellen könnte...), das man einfach beiseite legt, das etwas anderem weichen mußte. Es kommt m.E. auf die Menschen an, die den Ruf
tatsächlich gehört haben und ihm auch folgen, auf die eine oder andere Weise. Sie könnten und sollten die Keimzelle einer neuen europäischen Schamanentradition bilden.
Ein paar Gedanken von einem, der gerade mal am Anfang seines Weges steht...
LG
Grauer Wolf