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»Mein Tod wird für mich wie eine herzliche Umarmung sein«, erklärt sie in ihrem, wie sie versichert, letzten Buch, sie werde »frei wie ein schöner Schmetterling« sein. Das ist Kitsch, und vielleicht ist er Resultat jahrelanger Angstabwehr einer Ärztin, deren Patienten alle starben. Doch diese süßliche Oberfläche hat mit der Wahrheit nichts zu tun. Die ist finster und ausweglos: Elisabeth Kübler-Ross stirbt von Schlaganfall zu Schlaganfall einen langgezogenen, elenden Tod; ihr Sterben ist ein langer Prozeß der körperlichen und seelischen Demontage. Nichts daran ist schön......
Ab und zu liest sie einen Brief aus der Menge von Papieren, die auf Gartenstühlen und Tischen um sie herum aufgestapelt sind. Manchmal telefoniert sie mit Freunden.
Sie haßt sich, und sie haßt den Prozeß der allmählichen Zerstörung. Depression und Erschöpfung haben ihre Stimme gebrochen; sie spricht schleppend und klagend.
Ihr Leben, für das sie nur noch das Wort »Zustand« benutzt, besteht aus einer Kette von öden, gleichförmigen Tagen. Sie ist einsam. Und sie hat das Gefühl, nie wirklich geliebt worden zu sein.
Vor knapp 30 Jahren wurde die Ärztin Elisabeth Kübler-Ross durch ihre »Interviews mit Sterbenden« weltberühmt. Jetzt sieht sie ihrem eigenen Tod entgegen. Von Marianne Wellershoff
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