Um übrigens den Zusammenhang mit dem Testosteron mal zu erklären: anders als das weibliche Sexualhormon, das zu Zwecken der optimalen Schwangerschaft die Aufmerksamkeit der Frau eher auf die untere Körperhöhle und den Kopf lenkt, richtet das männliche Sexualhormon die Aufmerksamkeit eines Mannes eher auf den Bewegungsapparat und die obere Körperhöhle.
Wir Männer sind also eher körperbetont bezüglich der Bewegung, haben ja auch deutlich mehr Muskulatur und Kraft, im Durchschnitt betrachtet. Daß wir ein Stück weit auf den Bewegungsapparat (der sich durch den Raum bewegt) in unserer Wahrnehmung fixiert sind zeigen die Tatsachen, daß wir einerseits häufig sportliche Zeiten haben, aber auf der anderen Seite stundenlang auf dem Sofa liegen können ohne irgendetwas zu tun. Wenn auch unser Bewegungsapparat ruht, dann ruht potentiell auch unser Geist. Geistige Ruhe in Bewegung dagegen ist für uns relativ schwierig, daher fühlen sich hierzulande auch häufig eher Frauen zu weichen Sportarten hingezogen um Energie zu gewinnen für die Folgezeit, und die Männer dagegen powern sich aus, um nach dem Sport auf dem Sofa in Ruhe zu kommen.
Gleichzeitig ist es durch diese Ausrichtung auf den Bewegungsapparat so, daßa wir weniger unter Kontrolle haben, wohin sich unser Körper bewegt und was da so drumherum um die Bewegung passiert. Wir können herrlich schweigend spazieren gehen. Null Problem. Wer als Mann ehrlich ist wird gestehen, daß er in sich solange er in Bewegung ist auch eine geistige Bewegung hat. Wenn nun in unserer geistigen Wahrnehmung ein sexuell attraktives Objekt erscheint, dann kann es quasi sein, daß sich ohne daß wir das irgendwie beeinflussen können unser Po vom Stuhl hebt und sich die Beine hinter diesem Objekt herbewegen. Der Volksmund nennt die Veranlassung für unser Hinterhergehen dann Schwanzsteuerung, aber objektiv sind wir nur Opfer dieses vermaledeiten Hormons, das der Vervielfältigung des Menschen dient.
Wir sind quasi Opfer unseres Geschlechts. Ja. Das Schlimme: es reicht ein Objekt in der Vorstellung schon aus. Dann verlieren wir mitunter die Macht über unsere Hände und wenn keiner in der Nähe ist... (keiner will's wissen.)
Stört ja auch keinen. Mal so gesehen. Und hilft gegen Kopf- und Rückenschmerzen, ist gut für den Kreislauf und gegen Stress - und kostenfrei ist es auch noch. Und Du kriegst nicht so schnell Arthrose in den Händen. Besonders sinnvoll ist daher, die Hände auch mal zu wechseln. (von wegen Skoliose und so...)
Wir Männer sind also in einer vollkommen anderen Lage als eine Frau, denke ich. Wir nehmen unser "Innendrin" eben ab etwa 3 cm unterhalb des Bauchnabels wahr - im Regelfall - und das auch nur beim Sex oder beim Toilettengang. Wir leben vom Bewegungsapparat und wenn die Natur einen Reiz vor Augen setzt, fliegen wir - möglicherweise ja nicht körperlich, aber wenigstens automatisch geistig los und bestäuben diese Blume mit unserem Willi.
Tja. Und darin, in dieser geistigen Eigenschaft des Mannes, sieht der Yogi ein Problem. Denn das ist Verschwendung von Energie. Das ist mangelnde Aufmerksamkeit derjenigen Person, die da sitzt und der Frau hinterher guckt für die Tatsache, daß sie eine Person ist, die einer Frau hinterher guckt. Denn wie schon gesagt: es geschieht automatisch. Die Augen werden ganz automatisch durch das Testosteron auf den visuellen Reiz ausgerichtet, auf den das männliche Gehirn genormt ist, und wird das Auge befriedigt, so geschieht eine gedanklich-psychische und körperliche-hormonelle ("feinstoffliche") Kaskade, die man durch Meditation auf die sexuelle Energie aufhalten kann.
Um über etwas zu meditieren, muß der Inhalt der Meditation innendrin behalten werden. Im Geist. Das ist ganz grundsätzlich so, egal worum man meditiert: der Inhalt, z.B. eine Kerze die man anblickt, ist innendrin. Und so entsteht dann die Idee der Enthaltsamkeit als Yoga: die sexuelle Energie muß innendrin bleiben, damit man über sie meditieren kann. (Yoga ist ja vom Ursprung her was Geistiges und nur in der Auswirkung etwas Körperliches.)
Es geht also gar nicht darum, keinen Sex zu haben, sondern es geht darum, die Aufmerksamkeit auf sich selbst zu richten. So ist es bei Meditation und den mit ihnen verbundenen Prozessen immer üblich.
Es gibt sicher nicht viele Männer, denen diese Eigenschaft der - ich nenne es mal - "aggressiven sexuellen Fixierung" in sich auffällt und die sie abstellen wollen. Ich nehme natürlich auch an, daß es auch zum Teil vom Frauen- und Männerbild abhängig ist, in dem jemand sozialisiert ist. Vermutlich hat nicht jeder einen so aggressiven sexuellen Geist, aber ich denke doch daß es aufgrund des Testosterons sehr häufig sein muß.
Der Zweck der Übung - das deutete ich schon an und Benjamin hat das auch schon erwähnt - ist die Neudefinierung des eigenen Mannseins und hat mit Sexverzicht nur in der Auswirkung einer geistigen Übung zu tun. Ich finde das prima, wenn ein noch recht junger Mann diese internalisierte geistige Handlung hinterfragt und auf diese Weise die Energie freilegt, ein besserer Partner zu werden. Denn es sollte sich natürlich nichts Aggressives gegen das andere Geschlecht richten, auch nicht eine sexuelle Gier, die durch das Testosteron wie gesagt sehr häufig vorkommt. Benjamin beschreibt das als Ablenkung und berichtet, wie er den Verlust von Konzentration, also verdichteter Aufmerkamkeit, einer Energie, bemerkt, wenn er zum Beispiel in der Bücherei sexuelle Sinnesreize wahrnimmt. (Er muß also seine Wahrnehmung verändern, und das geschieht durch sexuelle Enthaltsamkeit eben tatsächlich. Am Sparen des Spermas wird's nicht liegen, sondern ganz einfach nur am Auslassen der Handlung körperlich wie auch geistig.)
Enthaltsamkeit macht also zum besseren Mann, ob man's nun glauben will oder nicht.
(Wäre ich nicht krank und bräuchte meine Medizin, dann.............)