Erdogan bekräftigt Warnung vor "Assimilierung"
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AFP - vor 2 Stunden 59 MinutenMünchen (AFP) - Der türkische Ministerpräsident Recep Tayyip Erdogan hat seine in Deutschland scharf kritisierte Warnung vor einer "Assimilierung" der Türken in der Bundesrepublik bekräftigt. "Ich sage noch einmal: Assimilierung ist ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit", sagte Erdogan vor der Parlamentsfraktion seiner Regierungspartei AKP in Ankara. Der Regierungschef räumte ein, dass es in diesem Punkt möglicherweise Differenzen zwischen ihm und Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) gebe. CSU-Chef Erwin Huber stellte wegen Erdogans Äußerungen weitere EU-Beitrittsgespräche mit der Türkei in Frage.
Erdogan bekräftigte auch seine Forderung, in Deutschland Schulen mit türkischer und deutscher Unterrichtssprache einzurichten. Die Türken in Deutschland sollten zudem Deutsch lernen und eine aktive Rolle in der deutschen Gesellschaft spielen, sagte Erdogan. Seine Regierung sei bereit, diese Integration nach Kräften zu unterstützen. Es gebe jedoch klare Unterschiede zwischen Integration und Assimilierung. So dürfe niemand von den Türken in der Bundesrepublik verlangen, die türkische Sprache "zu vergessen".
"Erdogan hat türkischen Nationalismus auf deutschem Boden gepredigt. Das ist antieuropäisch und belegt unsere Bedenken hinsichtlich eines EU-Beitritts der Türkei", sagte Huber dem "Münchner Merkur". "Man muss jetzt überlegen und prüfen, ob unter diesen Umständen die Fortführung der Beitrittsverhandlungen mit der Türkei überhaupt noch sinnvoll ist", fügte der CSU-Chef hinzu.
Huber bekräftigte zugleich seine Kritik an Erdogans Forderung nach Einführung türkischer Schulen in Deutschland: "Erdogan will gemeinsame Werte verhindern und will, dass auch in Deutschland geborene Türken der zweiten und dritten Generation auf immer Türken bleiben", kritisierte der CSU-Vorsitzende. Insgesamt habe Erdogan mit seinem Deutschland-Besuch "dem deutsch-türkischen Verhältnis und dem Zusammenleben von Deutschen und Türken schweren Schaden zugefügt".
Unions-Fraktionsvize Wolfgang Bosbach (CDU) warnte die türkische Regierung davor, sich in die deutsche Innenpolitik einzumischen. "Für das Zusammenleben in Deutschland ist die deutsche Politik zuständig. Man sollte nicht versuchen, als türkische Regierung Innenpolitik in Deutschland zu betreiben", sagte Bosbach der in Düsseldorf erscheinenden "Westdeutschen Zeitung".
Die Integrationsbeauftragte der Bundesregierung, Maria Böhmer, kritisierte die Äußerungen Erdogans zur "Assimilierung" als "rückwärtsgewandtes Denken".