Tätowierte Gesellschaft - wie steht ihr zu dem Thema?!

Ich komme aus der Rock und Metalszene und dort sind Tattoos gang und gäbe, und immer wieder wurde ich gefragt warum ich kein Tattoo habe, und immer noch nicht habe. Der Grund ist ein ganz einfacher. Es gibt (noch) kein Tattoo, das sich mit mir vereinen will, wo ich weiss, wo ich mir sicher bin dieses Tattoo repräsentiert genau das was ich bin, was ich will, meinen Weg.

Das ist auch meine musikalische Heimat gewesen. Hab bis vor ca. 20 Jahren in einigen lokalen Hard ’n‘ Heavy Bands rumgeklampft, getextet, Melodien ausgetüftelt und gesungen.
Ganz zu Anfang musste mir damals mein großer, mittlerweile leider verstorbene 15 Jahre älterer Bruder sogar noch die Nietengürtel, Armbänder und so für mich aus dem Sexshop besorgen, weil es so was sonst nirgends zu kaufen gab. :lachen:

„Pflicht“ waren damals aber bloß lange Haare und Jeans-Kutte.
Tattoos habe ich keine. Mag auch an mir selbst keine permanent mit mir „rumschleppen“ – weil ich es für möglich halte,
dass sie das Bild, das sich andere über mich machen und vor allem das Bild, das ich mir von mir selbst (in einer bestimmten Lebens-, Entwicklungsphase) mache
potentiell konservierend einschränken und mich (unterschwellig psychologietechnisch) spontaner Momente unvoreingenommener „neutraler“ Offenheit berauben könnten.
Meine Haare sind ja mittlerweile auch kürzer und das Metal-Outfit ist längst eingemottet. Wenn’s sein „müsste“ würde ich mir aber vielleicht ein Fledermäuschen stechen lassen, das ein Yin-Yang-Symbol in Klauen hält. :D
 
Werbung:
Das ist auch meine musikalische Heimat gewesen. Hab bis vor ca. 20 Jahren in einigen lokalen Hard ’n‘ Heavy Bands rumgeklampft, getextet, Melodien ausgetüftelt und gesungen.
Ganz zu Anfang musste mir damals mein großer, mittlerweile leider verstorbene 15 Jahre älterer Bruder sogar noch die Nietengürtel, Armbänder und so für mich aus dem Sexshop besorgen, weil es so was sonst nirgends zu kaufen gab. :lachen:

„Pflicht“ waren damals aber bloß lange Haare und Jeans-Kutte.
Tattoos habe ich keine. Mag auch an mir selbst keine permanent mit mir „rumschleppen“ – weil ich es für möglich halte,
dass sie das Bild, das sich andere über mich machen und vor allem das Bild, das ich mir von mir selbst (in einer bestimmten Lebens-, Entwicklungsphase) mache
potentiell konservierend einschränken und mich (unterschwellig psychologietechnisch) spontaner Momente unvoreingenommener „neutraler“ Offenheit berauben könnten.
Meine Haare sind ja mittlerweile auch kürzer und das Metal-Outfit ist längst eingemottet. Wenn’s sein „müsste“ würde ich mir aber vielleicht ein Fledermäuschen stechen lassen, das ein Yin-Yang-Symbol in Klauen hält. :D
Hier outen sich jetzt die ehemaligen Metallfreaks...:)
Dann muß ich meinen Senf auch dazu geben,
denn ich gehörte früher auch zu den Menschen,
die sich auf Wacken freuten - war bestimmt 10 x dabei.:)
Aber heute bin ich ruhiger geworden,
& höre die Mugge nur noch wenn ich meine Wohnung putze.:D
 
Das Thema ist eigentlich ein sehr tiefgründiges. Schon der Gletschermann, der so genannte Ötzi, hat Tätowierungen an seinem Körper, die, so heißt es, an besonderen Stellen angebracht worden seien, wo auch Akupunkturpunkte liegen sollen. Aber Tätowierungen werden heute nicht nach Gründen der Gesundheit vorgenommen, sie werden auch nicht wie beim Gletschermann ästhetisch unvorteilhaft vorgenommen, sondern sind reichlich bebildert.

In der japanischen Tradition gibt es noch heute bunte und schön bebilderte Tätowierungen, aber haben diese die gleichen Beweggründe, wie es in unserer Kultur heute praktiziert wird? Ich glaube nicht und vermutlich praktiziert man die Tätowierungen in Japan nur noch, weil es Tradition ist, ähnlich wie wir Weihnachten oder Ostern zelebrieren.

Der Ursprung mag aber in der Vergangenheit der menschlichen Entwicklung liegen, als noch ein starkes Bilderbewusstsein geherrscht haben musste. Und je mehr wir in die Vergangenheit zurückblicken, desto mehr sehen wir die Anbindung der Menschen an eine Religion, weshalb die Tätowierung einen religiösen Ursprung haben muss. Auch die Tätowierungen des Gletschermannes, wenn auch nicht so hübsch, dienen dem Heil, was ja der Anspruch der Religion ist.

Die heutige Neigung zur Tätowierung wird mit der Vergangenheit unserer Menschheitsentwicklung zusammenhängen, man empfindet ein gewisses archaisches Gefühl, sich ein Bild auf seine Haut einzuschreiben, als ob man dadurch mit seinem Gotte in Verbindung treten könnte.
 
Ich finde das Thema Tätowierung auch sehr interessant. Immerhin wird da der Körper kulturell, aber viel interessanter auch technisch verfügbar gemacht. In gewisser Weise versucht man sich selbst zu übersteigen, den naturwüchsigen Teil zu optimieren und vielleicht sogar die Gattung Mensch zu hinterfragen.

das andere wäre natürlich "boah geil Arschgeweih, sieht so fett aus ey!" aber unter diesem "mystischen", kulturellen Bezug, echt interessant.
 
Ich finde das Thema Tätowierung auch sehr interessant. Immerhin wird da der Körper kulturell, aber viel interessanter auch technisch verfügbar gemacht. In gewisser Weise versucht man sich selbst zu übersteigen, den naturwüchsigen Teil zu optimieren und vielleicht sogar die Gattung Mensch zu hinterfragen.

das andere wäre natürlich "boah geil Arschgeweih, sieht so fett aus ey!" aber unter diesem "mystischen", kulturellen Bezug, echt interessant.

Die Bildertätowierungen wirken wie ein magisches Denken und Empfinden. Selbst wenn man sich nur einen kleinen Schmetterling tätowieren lässt, so ist der Beweggrund doch ein tiefer gehender, den man sich selbst gar nicht erklären kann, wie es viele Verhältnisse gibt, wo wir Menschen etwas tun, ohne zu wissen, warum. So reiten Mädchen und junge Frauen für ihr Leben gern, würden sie aber befragt, was ihnen daran gefällt, könnten sie es nicht konkretisieren.

Mag man, ähnlich wie beim so genannten "Arschgeweih", zwar emotionalisiert denken: "Boar, eh!", so haben doch die Formen und Farben etwas in sich, das eine archaische Ebene anspricht, etwa so, wie es bei den Traumbildern vorkommt. Diese verändern sich, doch die Tätowierung bleibt "lebenslang", man kann sich von ihr nicht scheiden lassen.

Beim "Arschgeweih" scheint mir noch ein anderer Aspekt eine Rolle zu spielen. Die Trägerin, es sind ja immer junge Frauen, kann es selbst nicht sehen, dafür sehen jene es, wenn die Trägerin sich nach vorne bückt und ihr Oberteil den Blick freigibt. Versetzt man sich als Mann mit seinen ewig lüsternen Blicken in die Lage, statt erotisch-nackte Haut plötzlich ein "Arschgeweih" zu sehen, verdirbt es einem gleich die erotische Vorstellung, denn diese Tätowierung lenkt ab, lässt etwas erschrecken und sie erfüllt das, was in der Magie geeignet ist, den "bösen Blick" einzufangen. Daneben ist es aber auch mit einer Portion Ironie gespickt, wenn durch einen Trickreichtum statt dem Erwarteten ein Unerwartetes erscheint.

Wenn aber bei jungen Frauen dieser Blickfang zwar einen gewissen Spaß darstellt, so verändert sich dieser im gleichen Maße, wie Frauen älter werden. Ihre Attraktivität schmilzt zunehmend dahin, aber das "Arschgeweih" bleibt ewig jung. Und wenn dann eines Tages ein Pfleger bei einer pflegebedürftigen Greisin beim Waschen den tätowierten Blickfang sieht, dann spielt er nicht mehr mit der erotischen Anziehung, es wirkt nur noch wie ein Relikt aus jungen Jahren und wie die Faust aufs Auge - drum prüfet, bevor ihr euch ewiglich bindet!
 
Zuletzt bearbeitet von einem Moderator:
Und wenn dann eines Tages ein Pfleger bei einer pflegebedürftigen Greisin beim Waschen den tätowierten Blickfang sieht, dann spielt er nicht mehr mit der erotischen Anziehung, es wirkt nur noch wie ein Relikt aus jungen Jahren und wie die Faust aufs Auge - drum prüfet, bevor ihr euch ewiglich bindet!

Wenn ich alt bin, meine Haut faltig ist und hängt, ich einen Pfleger brauche - werden meine Tattoos vermutlich mein geringstes Problem sein ;)

Und nein, ich hab kein Arschgeweih, das fand ich schon immer furchtbar.
 
Wer seine Tätowierung(en) als Ausdruck von Freiheit sieht ist einfach nur unfrei.

Freiheit braucht keine Symbole.
 
Wer seine Tätowierung(en) als Ausdruck von Freiheit sieht ist einfach nur unfrei.

Freiheit braucht keine Symbole.

Ich seh meine Tattoos nicht als Ausdruck von Freiheit (auf die Idee wär ich auch nie gekommen), frage mich aber, wie du über das Frei-Sein oder Unfrei-Sein anderer urteilen kannst.
 
Werbung:
Ich seh meine Tattoos nicht als Ausdruck von Freiheit (auf die Idee wär ich auch nie gekommen), frage mich aber, wie du über das Frei-Sein oder Unfrei-Sein anderer urteilen kannst.

Wie kann ich frei sein, wenn ich mich nur dann frei fühle wenn ich Tattoos habe?

"NICHT-TÄTOWIERTE ...SIE KENNEN NICHT UNSER GEFÜHL VON BESONDERER FREIHEIT, VON UNABHÄNGIGKEIT UND LEBENSGLÜCK....

Was soll das für eine besondere Freiheit sein, die nur dann empfunden werden kann wenn ich tätowiert bin? Für mich ist das Unfreiheit.

Wenn ich ein tief empfundenes Gefühl von Freiheit und Lebensglück erlebe, dann ist das völlig unabhängig von Tattoos oder sonstigen äußeren Zeichen. Wenn ich zur Unterstützung solcher Gefühle Tattoos benötige, bin ich auch nicht frei. Im Gegenteil: meiner Meinung nach sogar sehr unfrei.

Und wenn ich als tättowierte anderen unterstellern muß dass sie tiefe Freiheit und Lebensglück nicht verstehen, laufe ich mit ziemlichen vorurteilsbehafteten Scheuklappen durch die Gegend.

Nein, für mich bringt der Eingangsthread nichts rüber was mich auch nur im geringsten an Freiheit erinnert.
 
Zurück
Oben