Es bringt nichts, jemand aufzufordern Verantwortung zu übernehmen,wenn er es nicht gelernt hat, wenn er zum Kinderrollenspieler erzogen worden ist!
Das ist wohl wahr. Dass es nichts bringt.
Was aber trotzdem nicht heißen kann, dass man sich dann alles erlauben darf, ohne mit Konsequenzen rechnen zu müssen.
Die Konsequenzen folgen, ob ich die Verantwortung dafür nun bei mir selbst sehen will oder nicht.
Gerade dieses "weil ich so erzogen wurde" ist etwas, womit meiner Meinung nach Vorsicht geboten ist.
Denn will ich ein Leben nach meinen Werten leben oder eins nach den Werten meiner Eltern oder des Kollektivs?
Wenn man ein gutes Verhältnis zu seinen Eltern hatte oder hat, stellt sich diese Frage vielleicht nicht.
Wenn man aber kein gutes Verhältnis hatte und trotzdem sagt, ich wurde halt so erzogen, darum gebe oder lebe ich das so weiter, dann kann ich das tun, werde aber dementsprechende Konsequenzen oder Ergebnisse vorgesetzt bekommen.
Liegt es aber dann nun in meiner Verantwortung, dass ich beschlossen habe, meine Erziehung so weiterzugeben bzw. weiterzuleben, obwohl diese mir schon nicht gefallen hat oder sind dann meine Eltern schuld? Oder das Kollektiv? Irgendwer lässt sich immer finden...
Eine Einteilung der Welt in Kinder- und Eltern-Rollenspieler finde ich etwas seltsam.
Das sind für mich praktische Schubladen, mit denen ich die Welt schön in 2 Kategorien einteilen kann.
Bzw. 3, denn die erlöste Form ist ja das "erwachsen sein".
Was bedeutet denn "erwachsen sein" anderes als die Verantwortung für seine Handlungen und sein Leben zu tragen?
Saturn-Wiederkehr. Im Idealfall der Zeitpunkt, ab dem ich auf eigenen Beinen stehe, meine eigene Wohnung habe, mein eigenes Leben lebe.
Zudem ich auch denke, dass jeder sein Gebiet hat, auf dem er sich als Kinderrollenspieler zeigt und ein anderes auf dem er eher Elternrollenspieler ist.
Also ich kann mir nicht vorstellen, dass man explizit entweder Eltern- oder Kinderrollenspieler ist. Jeder ist irgendwo besonders fähig und wo anders besonders unfähig.
Umgekehrt reden Elternrollenspieler gerne von Verantwortung, jedoch stellen sie sich dieser mit Hilfe guter Juristen nicht und drücken so die Folgen ihre Verantwortung auf die Kinderrollenspieler ab (Banken-, VW-Affäre usw.)
Wenn wir mal nicht den großen (Banken, VW) Rahmen, sondern den kleinen familiären Rahmen nehmen, dann mag auch das so sein, und trotzdem liegt es in meiner Macht, ob ich mir die Verantwortung dafür aufs Auge drücken lasse oder eben nicht. Zumindest ab einem gewissen Alter.
Bleibe ich "Kinderrollenspieler", dann lasse ich mir weiter alles vom Kollektiv vorsetzen und versuche dem "Bild" bestmöglich zu entsprechen.
Die Folgen: Entfremdung von mir selbst, Unzufriedenheit bis Burn-out. Und dahinter der fromme Wunsch: "Kümmert sich denn nun auch mal jemand um mich?"
Ja wer solls denn tun, wenn nicht ich selbst?
Die Sehn-Sucht ist so eine Suche zu sich Selbst.
Ja, aber das ist Neptun. Und gerade Saturn-Neptun-Spannungen sorgen meist für eine Uneinigkeit zwischen dem eigenen Ideal, den eigenen Wünschen und dem was das Kollektiv erwartet oder serviert. Und auch hier habe ich wieder dasselbe Problem, solange ich darauf warte, dass mir das Kollektiv doch endlich serviert, was ich mir wünsche, wird das halt nix. Ich muss schon selbst schauen, dass ich mir meine Wünsche erfülle. Und das ist nichts anders, als selbst die Verantwortung dafür zu übernehmen.
Sonst sitze ich in meinem Kämmerlein und drehe mich tagein, tagaus um den Satz "Aber ich hätte doch so gerne... und dieses gemeine Kollektiv vergönnt mir einfach nicht, meine Ruhe, meinen Frieden, die Realisierung meiner Wünsche "
Es ist doch meine Entscheidung ob ich mich diesem kollektiven Wachstumswahn, Kontrollwahn und Machbarkeitswahn aussetze oder nicht.
Und auch mal sagen zu können "bis hierher und nicht weiter" ist Verantwortung übernehmen und zwar Verantwortung für seine eigenen Grenzen.
Wer das nicht kann, wird immer wieder erleben, dass diese Grenzen überschritten werden.
Nur, wer lässt es denn dann zu, dass andere diese Grenzen andauernd überschreiten?
Verantwortung bedeutet ja auch nicht, alles was einem gereicht wird, sofort auf seine Schultern zu packen, sondern genau abzuwägen, was ich schultern kann und was nicht mehr. Und dann halt auch mal "Stopp" zu sagen. Sowie Päckchen, die mir nicht gehören auch wieder abgeben zu können.
Ein übertriebenes Verantwortungsgefühl führt genauso zu Problemen, wie ein zu geringes Gefühl dafür.
Da kann die Verantwortung an sich aber nichts dafür.
Das ist wie mit dem Wort "Macht". Der eine missbraucht seine Macht, der andere setzt sie zum Wohle aller ein.
Da kann aber die Macht an sich nichts dafür.
LG
Stern