Allein schon der militaristische Jargon, mit dem die Enthaltsamkeitsideologie in die Köpfe der Menschen soll, zeigt schon, daß hier was nicht stimmen kann. "Die Lust ermorden", "wiederholtes Einhämmern" - das ist Sprachgebrauch unverbesserlicher und dogmatischer Fundamentalisten.
Ich halts da mit dem Satz, den opti gerade dankenswerter Weise eingestellt hat:
Eben.
Und nicht nur meine direkte Erfahrung, um diesen Begriff aufzugreifen, sondern die der überwältigenden Mehrheit der Menschen sagt, daß es sich bei diesem wieder einmal geschnürten Enthaltsamkeitspaket, das uns angedreht werden soll, um einen einzigen Scherzartikel handelt. Der Inhalt ist die Verpackung.
Da brauch ich nicht mal argumentieren. Die direkte Erfahrung sagts mir.
Einen duften Satz hast du da abgesetzt, Opti.
Die EM ist zwar schon vorbei, aber trotzdem könnte man sagen: Eigentor.
Nun gefällt vielen Menschen das Wort "beseitigen" nicht; manche bevorzugen Worte wie "transzendieren" oder "transformieren". "Klar", sagen sie, "man kann ,Lust' in ,Nicht-Lust' transformieren!"
Einige Begriffe kommen der eigentlichen Bedeutung etwas näher, und andere könnte man euphemistisch nennen, also Begriffe, die nicht so negativ sind. Diese Leute sagen lieber "transzendieren" oder "transformieren" als "beseitigen", weil sie Worte brauchen, die eine Zuckerglasur haben und ihnen deshalb vom Gefühl her angenehmer sind.
Der Buddha lehrte, dass solange der Mensch sexuell aktiv ist, er kein Interesse an der Praxis des spirituellen Lebens hat; die beiden Dinge passen einfach nicht zueinander. Aber in seiner Lehre über die schrittweise Erleuchtung sagte er auch, dass das Empfinden von Lust und Sexualität Genuss beinhaltet. Er verleugnete den Genuss nicht. Genuss ist dabei. Aber, sehen Sie, dann verändert sich dieses Vergnügen in Missvergnügen, und allmählich, langsam, sobald sich das anfängliche Feuer der Lust abgenutzt hat, beginnen die Menschen zu kämpfen.
Denn aus Lust erwächst Furcht; aus Lust erwächst Habgier; aus Lust erwachsen Eifersucht, Zorn, Hass, Verwirrung und Kampf; all diese negativen Dinge erwachsen aus der Lust. Und deshalb sind all diese negativen Dinge in der Lust beinhaltet. Und, wissen Sie, wenn wir das sehen möchten, dann brauchen wir gar nicht weiter zu schauen als in unsere eigene Gesellschaft.
Machen Sie nur die Augen auf und sehen Sie sich um. Wie viele Millionen Menschen kämpfen? Und das ist nur in ihrer Lust und Gier begründet - Ehemänner mit Ehefrauen; Freunde mit Freundinnen; Freunde mit Freunden; Freundinnen mit Freundinnen - usw., nicht wahr? Es macht keinen Unterschied, ob die Menschen heterosexuell, homosexuell oder bisexuell sind, das ist ganz egal. Solange du darin verstrickt bist, ist es unvermeidlich, dass du diese Probleme hast - Kampf, Enttäuschung, Zorn, Hass, Töten - all das ist damit verbunden.
Weil also der Buddha das Problem sah, das der Sexualität innewohnt, sagte er, dass es besser ist, die Sinne zu disziplinieren und zu kontrollieren, um ein ruhiges und friedvolles Leben zu haben. Aber das muss schrittweise erfolgen, langsam, begründet auf Verstehen, nicht unvermittelt. Es kann nicht erzwungen werden. Es muss allmählich geschehen und mit tiefem Verständnis. Wenn Menschen es nicht verstehen und versuchen, ganz unvermittelt damit Schluss zu machen, werden sie nur noch mehr Frustration, Furcht usw. haben.
Und deshalb sagte er in seiner schrittweisen Lehre, dass es zuerst Genuss schenkt, sexuell aktiv zu sein, dann aber gibt es Nachteile, dann gibt es Probleme. Und erst dann, wenn man die Probleme sieht, beginnt man zu erkennen, dass diese Nachteile und diese Negativität der Sexualität innewohnen - sie sind davon nicht zu trennen. Die Lust beinhaltet diese Schwierigkeiten und Probleme.
Besonders in der heutigen Zeit würde das als ein sehr radikaler Standpunkt angesehen werden, weil die Menschen wissen, dass nur wenn sie sich von diesen Dingen abwenden, nur wenn sie sich von dieser Art von Lehre fernhalten und räumlich und zeitlich Millionen von Meilen weit weg sind und sich dann umdrehen und auf die Wurzeln ihres Problems sehen, dann erscheint es radikal. Sie haben sich so lange abgewandt und in Raum und Zeit so weit entfernt, dass sie denken, wenn sie zurückschauen: "Um Himmels willen, wie kann ich das jetzt beseitigen? Ich habe mich so weit darauf eingelassen und ich bin jetzt darin so verstrickt." Deshalb erscheint es ihnen radikal. Klar ist es radikal!