Die Klägerin litt an einem Brustdrüsenkarzinom. Sie hat sich einerseits schulmedizinisch (Operation) behandeln lassen, andererseits eine Therapie mit einem alternativen Medikament durchgeführt, wofür es auch eine Verordnung vom Facharzt gab. Die Klage bezieht sich darauf, dass sie die Kosten (21.891,75 EUR) für die alternative Therapie von der Krankenkasse ersetzt haben wollte. Die Klägerin wollte jedoch auch eine Feststellung über die Wirksamkeit des Alternativmedikamentes, dieser Teil der Klage wurde abgewiesen. Ihre Argumentation war im wesentlichen, dass sich ihr Gesundheitszustand aufgrund dieser Therapie wesentlich verbessert habe und ihr eine Chemotherapie nicht zumutbar sei.
Die gegnerischen Argumente: das Medikament sei nicht zugelassen, der Wirksamkeitsnachweis fehle.
Nach der Operation waren bei der Klägerin tatsächlich keine Metastasen feststellbar. Ihr wurde die Chemotherapie angeraten, was sie ablehnte. Das Gericht stellte folgende Nebenwirkungen der Alternativtherapie fest:
Dabei zeigten sich Nebenwirkungen in der Weise, dass Schmerzen durch den
ganzen Körper mit Schwerpunkt in verschiedenen Körperregionen
wanderten. Die Schmerzustände waren begleitet von Temperaturanstieg
bis zu 37,2 Grad und zeitweise auch starken Schweißausbrüchen. Einmal
hatte die Klägerin auch so starke Schwindelgefühle, dass sie das Bett
nicht verlassen konnte. Die Schmerzen steigerten sich immer bis zur
Grenze des Erträglichen, nach dem Höhepunkt klangen sie ab. Zwischen
den Schmerzzuständen gab es Erholungspausen.
Ob der jetzige Gesundheitstzustand der Klägerin (keine Metastasen) auf das Medikament zurückgeführt werden kann konnte nicht festgestellt werden.
Im Urteil wird dann genau beschrieben, wie eine Chemotherapie funktioniert und wie die Wahrscheinlichkeiten aussehen.
Die wichtigsten Punkte der Urteilsbegründung:
- Das Heilmittelverzeichnis schränkt das Recht des Patienten auf die für die ausreichende und zweckmäßige Krankenbehandlung notwendigen Heilmittel nicht ein.
- Daher muss dem Patienten der Beweis zulässig sein, dass im Einzelfall eine wissenschaftlich noch nicht allgemein gesicherte Methode erforderlich und zweckmäßig
war.
- Die Kriterien dafür: , wenn diese Behandlung einer zweckmäßigen Krankenbehandlung entspricht und das Maß des Notwendigen nicht überschreitet, eine zumutbare erfolgversprechende Behandlung nach wissenschaftlich anerkannten Regeln der ärztlichen Kunst nicht zur Verfügung stand oder eine solche erfolglos blieb, während die Außenseitermethode beim Versicherten erfolgreich war oder (…

sich also als erfolgversprechend darstellte.
- Wenn jedoch schulmedizinische Behandlungsmethoden zu unerwünschten
(erheblichen) Nebenwirkungen führen und durch alternative Heilmethoden der gleiche Behandlungserfolg (ohne solche Nebenwirkungen) erzielt werden kann, kommt auch eine Kostenübernahme für alternative Heilmethoden durch den gesetzlichen Krankenversicherungsträger in Betracht
- zweckmäßig bedeutet vielmehr auch, dass unter mehreren Verfahren dasjenige auszuwählen ist, dessen Einsatz einen Erfolg mit den geringsten nachteiligen Nebenwirkungen für den Patienten verspricht
- So ist in der Rechtsprechung ganz allgemein auch der Grundsatz anerkannt, dass die
Zweckmäßigkeit einer Krankenbehandlung nicht allein nach ökonomischen
Gesichtspunkten beurteilt werden darf, sondern auch das Ausmaß der Betroffenheit des Patienten im Einzelfall berücksichtigt werden muss. Es kann daher auch die Entscheidung des betroffenen Patienten, der unter Umständen die Wahl zwischen mehreren Behandlungsmethoden hat, die zwar im Wesentlichen zum selben Ziel führen, jedoch
unterschiedlich belastende Therapien zum Gegenstand haben, nicht außer Acht gelassen werden.
Da nicht alle entscheidungserheblichen Tatsachen erhoben worden waren, wurde die Sache an das Erstgericht zurück verwiesen - das bedeutet neuerliche Verhandlung.
Persönlich finde ich es interessant, dass trotz der festgestellten Nebenwirkungen von der Klägerin das Medikament als praktisch nebenwirkungsfrei dargestellt wurde. Für die Diskussion relevant ist meiner Meinung nach, dass die Kriterien, wann Alternativmethoden von der Krankenkasse bezahlt werden müssen, sehr genau herausgearbeitet werden.