Ohne Projektion wäre Leben im Sinne von Kommunikation und Empathie gar nicht möglich, da der gesamte Prozess der Perzeption genau darauf basiert- ein Umstand, den zB. gerade die Werbeindustrie sich psychologisch zunutze macht.
Auch Projektion im psychologischen Sinne ist an sich unwiderlegbar, wenn gleich auch psychologische Konzepte, erst recht deren verlängerter Arm in esoterischen Konzepten widerlegbar sein mögen.
Ein KleinKind, das im entsprechenden Kulturkreis zu sieht, wie ein korpulenter, bärtiger Mann mit auffallend roten Haaren eins seiner Familienmitglieder vergewaltigt wird lernen, dass korpulente, rothaarige und bärtige Männer "gefährlich" sind und, dass es angebracht ist, auf diese mit Argwohn zu reagieren und zwar im selben Reizreaktionsschema, wie es lernte, dass man problemlos in einen Apfel beisst um diesen zu essen und ganz laut "ih...aaahhh.. eine Spinne!" kreischt, sofern gerade eine über den Weg läuft. Die gesammelte "Empfindungsmotorik" ist erlernt und zwar zum Grossteil (von natürlichen Anlagen eben abgesehen) durch den Akt der Projektion, auch wenn es im Detail anders benannt sein mag bzw. die Spuren längst von genau diesem Akt wegführen hin zu einer Realität der Übereinkunft, die dann nicht mehr "projiziiert" würde sondern eben sowas wie eine faktische, objektive Realität darstellte. Was wie gesagt auch Sinn der Sache ist und überhaupt zB. Sprachentwicklung erst möglich macht.
Zurück zum Beispiel...
Der tiefenpsychologische/analytische Ansatz wäre in so einem Fall nun zu sehen, wann wo und wie es in diesem Menschen zu einer derartigen Bewertung gekommen ist- wozu es überhaupt nötig wäre zunächst zu eruieren, dass es je dazu kam, was mitunter schwer genug bis unmöglich ist. Und was die moderne Psychologie einer Psychologie der alten Garde wohl vorwirft, nämlich, dass dieses Postulat zunächst gesetzt ist und sich im Folgenden die gesamte Therapie um genau dieses Postulat praktisch am möglicherweise tatsächlichen Bedarf des Patienten vorbei dreht.
Der neuere Ansatz, soweit ich das verstanden habe entbehrt nach Möglichkeit einer derartigen Bewertung der Sachlage sondern sucht einen direkten weniger leidvollen Umgang des Patienten mit seiner Situation. Ich denke, dass diesem Ansatz auch der moderne Begriff des Triggerns gedankt ist, wobei, wie gesagt Ziel der Therapie ist, mit den Triggern umgehen zu lernen statt die primäre Entstehungsursache dafür zu suchen und finden, und dann auch noch in sich, sprich im Patienten.
Da geht also eine Patientin zum Analytiker mit dem Umstand, auf ihren neuen Chef nicht klarzukommen, sie bekäme Alpträume, diffuse Angstzustände, würde sich wehrlos, hilflos empfinden, sobald er auch nur den Raum betritt.... nach Jahren der Therapie und diesbezüglicher Ursachenforschung steht fest, dass sie als Kind eben jenes beschriebene Erlebnis hatte und der Chef nur daher so bedrohlich wirke, weil er genau jene Eigenschaften der äusseren Merkmale vertrete (Korpulent, rothaarig, bärtig).... Die Entstehung des Triggers ist ausgemacht und jetzt wäre der erneuerte Umgang mit diesem Trigger zu erlernen, praktisch umzuprogrammieren.
Der neue Ansatz spart sich die scheints sehr anstregende aber auch ggf. fehleranfällige Ursachenforschung: Die Patientin in diesem Fall noch Aspekte ihrer persönlichen Geschichte sind Gegenstand der Therapie im Sinne einer ersten Ursache mit einer damit einhergehenden grossen Verantwortlichkeit sondern vielmehr würde auf die Dynamik zwischen Chef... ggf... weiterer Autoritätspersonen wie Vater..., Kollegen usw., das gesamte soziale Umfeld eingegangen und Techniken entwickelt, mit dieser Störung umzugehen in Form dessen, diese zb. zu kommunizieren und die Umgebung um besondere Rücksicht zu bitten, sich entsprechende Auszeiten zu nehmen oder durch kreative Imaginationen eigene Befindlichkeit umzustrukturieren usw... was sich für mich einfach nach Verhaltenstherapie anhört.... (wenn ich das überhaupt richtig verstanden habe).
In meinen Augen ist Kern einer tiefenpsychologischen Therapie die Selbsterkenntnis, die als heilsam postuliert ist.... Kern einer moderneren (systemischen?) Therapie ist Umgang und Einbindung einer Störung auf eine Weise, dass sowenig Reibungsfläche wie möglich bleibt und ein weniger leidvolles bis angenehmes Leben möglich ist.
Was ich mich dann frage ist, wie das eine das andere von sich weisen will und sich dann noch Therapie nennt? Allerdings gehe ich davon aus, dass es diese strikte Trennung eh nur konzeptionell und theoretisch gibt, ganz praktisch, therapeutisch geht das wohl Hand in Hand.
Danke, dass du dir so ausführlich Gedanken gemacht hast.
Um allem gerecht zu werden, müßte ich jetzt zahlreiche Seiten vollschreiben (ich befürchte, das liest kaum jemand und zudem ist alles googelbar).
Wenn ich es kurz halte, gibt es wieder einen enormen Interpretationsspielraum.
Ich versuchs mal, kurz abzuhandeln und du fragst ggfs., was konkret unklar ist (?).
Weil schon sehr früh absehbar war (bereits kurz nach Freud und "so richtig" seit ca. den 50ern), dass die Psychoanalyse den Menschen wenig brachte (bewiesen wurde das so richtig erst in den 90ern mit der Grawe-Studie, die besagte, dass derartige Konzepte hauptsächlich elaborierten Menschen mit wenig Problemen was bringen können), entwickelte sich das "krasse Gegenteil" - der Behaviorismus (Pawlow, Skinner, Thorndike, Watson usw. - Konditionierung - vielleicht sagt jemandem das was?).
Man versuchte, das, was Freud erforschen wollte, bewußt komplett auszuklammern (was im Kopf ablief, spielte keine Rolle - das galt als die "black box").
Man wollte nur untersuchen, was "reinging" (Reiz) und was "rauskam" (Reaktion).
In dieser Phase wurden phänomenale Erkenntnisse gewonnen, die noch heute Bestand haben. Zudem gab es erstmalig "richtige Forschung" in der Psychologie.
Die Verhaltenstherapie entstand.
https://de.wikipedia.org/wiki/Behaviorismus
Fast zeitgleich gab es eine weitere Strömung aus dem humanistischen Bereich: Carl Rogers mit seiner Gesprächstherapie.
In Deutschland spielt sie keine Rolle mehr, da sie nicht anerkannt ist (sie konnte sich im Rahmen der "Beweisführungen" für das neue Therapeutengesetz Ende der 90er nicht behaupten).
https://de.wikipedia.org/wiki/Klientenzentrierte_Psychotherapie
Kurze Zeit später (in den 60ern, Beck, Ellis)) entwickelte sich die kognitive Verhaltenstherapie - als eine Art "Gegenbewegung" zum "reinen" Behaviorimus (die Elemente des Behaviorismus galten nach wie vor, sie wurden nur um den kognitiven Aspekt erweitert: die "black box" öffnete sich.
Die kognitive Verhaltenstherapie entstand (und sie ist bis heute die bewiesenermaßen (!) erfolgreichste Therapieform).
https://de.wikipedia.org/wiki/Kognitive_Verhaltenstherapie
Mit ihr hielt die Forschung endgültig Einzug in die Psychotherapien, es gab eine Psychotherapieerfolgsforschung, d.h. man konnte nachprüfen, was bei wem wirkte und was nicht.
Die systemische Therapie, die heute (langsam aber sicher) der Vorreiter ist, entstand in Ansätzen schon in den 50er Jahren und entwickelte dann in den 70ern mit Watzlawik zunehmend Bekanntheit.
Das besondere an ihr ist, dass sie keinen speziellen "Urvater" oder wenige "Urväter" hat, sondern an vielen Stellen in der Welt entwickelt wurde.
https://de.wikipedia.org/wiki/Systemische_Therapie
Man wußte mit der Zeit, dass das Umfeld des Kranken nicht auszuklammern ist.
Zuvor ging man noch davon aus (im Freudschen Sinne), dass man den Kranken nur nehmen und therapieren müsse und alles wird gut.
Kommt der Kranke zurück in seine Familie, zu seinem Arbeitsplatz, seinen Freunden - geht es von vorn los.
Wie ein Mobilee muß sich also das Umfeld mitverändern, damit alles "im Gleichgesicht" bleibt (nur so als Vorstellungsmöglichkeit).
Die systemische Therapie kann auf ganz viel Forschung aus dem bisherigen zurückgreifen und hat so recht "gute Karten": man weiß, dass das A und O die gute Therapeut-Klient Beziehung ist und dass die beste Methode nichts bringt, wenn Therapeut und Klinet sich nicht verstehen.
Sie weiß, dass es seltenst "DIE Ursache" gibt (Ausnahme Traumata), sondern dass die allermeisten Probleme aus einem langen Prozess, in den auch das Umfeld involviert ist, generieren.
Zudem weiß sie, dass ausschließlich der Betroffene der Experte für seine Störung/ Krankheit ist und der Therapeut (wie auch kein anderer Mensch) das "Univerum" eines anderen vollkommen erfassen kann und auch gar nicht soll (was nicht möglich ist, kann man sich max. einbilden und das ist nicht gut).
Somit ist klar, dass es keine allgemeingültige Wahrheit gibt: jeder Mensch kann seine Lebensgeschichte so erzählen, dass Zuhörer in Tränen ausbrechen und auch so, dass Zuhörer vor Neid erblassen - und beide Varainten sind "absolut wahr"

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So haben sich auch Begriffe wie "Projektion", "Verdrängung" usw. erledigt - wozu braucht man sie noch?
Natürlich grüble auch ich (die mit der anderen Überzeugung) auch mal gern mit Freundinnen, warum sich der oder die Person so unmöglich verhält - Sinn macht das nicht, außer den Sinn, das Gefühl zu haben, temporär eine akzeptale Erklärung für sich selbst gefunden zu haben (Menschen wollen so etwas!).
In einer Therapie habe ich das komplett abgelegt - es wäre nicht förderlich, ich würde mein Gegenüber "stigmatisieren", auf irgendetwas festlegen, was mir persönlich im Augenblick plausibel erscheint (auch wenn das noch so subtil wäre) und damit den ganzen Prozess gefährden.
Mal eine Zwischenfrage (bevor ich mir die Finger weiter wund schreibe): leuchtet das soweit ein oder drücke ich mich völlig unverständlich aus oder bin ich komplett am Thema vorbei ... ?
Ich bin der Ansicht, man kann es nicht erklären, ohne zumindest kurz auf die Gesamtgeschichte einzugehen ...