Nur geh ich nicht nach Freud´s Konzept, sondern nach Stangl´s.
Wenn du dir genau durchliest, was Stangl dazu schreibt, dann trifft das genau auf Joey zu.
Du schreibst selbst, dass Joey auch deswegen schreiben könnte, weil er sich Sorgen macht um Menschen die auf "Esoteriker" hereinfallen könnten und diese davor bewahren möchte (was auch stimmt, weil er es schon oftmals SO hier geschrieben hat; d.h. Joey schreibt über "Esoteriker", weil er andere Menschen davor bewahren will, auf Esoteriker reinzufallen!!!)
Wenn du dir nun Stangl durchliest, steht genau das da beschrieben:
Projektion ist ein tiefenpsychologisches Konzept und beschreibt, dass man anderen Menschen Eigenschaften, Schwächen oder Probleme zuschreibt, die man selbst offen oder versteckt in sich trägt. Wenn man etwa jemandem vorwirft, dass er egoistisch ist, obwohl man eigentlich selbst egoistisch ist. Wenn man projiziert, überträgt man also die eigenen Themen, Ängste oder Sorgen auf andere Menschen, wobei das Problem ist, dass man es im Normalfall nicht merkt.
Das ist ein Zitat aus einem Online-Lexikon. Es handelt sich nicht um Stangl's Konzept, sondern um die deskriptive Darstellung des Freudschen Konzepts.
Aus der detaillierten Beschreibung geht lediglich hervor, welche Komponenten zu diesem Konzept gehören. Es stellt dabei aber kein Argument gegen meine vorgebrachte Kritik an dem Gebrauch (bzw. Missbrauch) des Begriffs
Projektion dar.
Was du nun kritisieren könntest, wäre meine vereinfachte Darstellung des Freudschen Konzeptes. - Okay, da gebe ich dir recht.
Aber was genau ändert sich jetzt dadurch an der Kritik vom Gebrauch (bzw. Missbrauchs) des freudschen Begriffs
Projektion?
An dieser Stelle möchte ich noch mal betonen, dass es hier nicht um dich oder
@Joey geht, nur damit du mich nicht missverstehst.
Ich formuliere es daher noch mal ganz allgemein:
Wenn jemand sich in einer gewissen Art und Weise verhält, dann ist es nur natürlich zu versuchen, sich das Verhalten des Betreffenden zu erklären. Auch wenn man sein eigenes Verhalten verstehen möchte, ist es nur natürlich sich selbst zu hinterfragen.
In diese Überlegungen und Erklärungsversuche können verschiedene Konzepte einfließen. Ein Konzept wäre zum Beispiel das freudsche Konzept der Projektion. Im Alltag ist es den meisten Menschen auch nicht wichtig, ob solche Konzepte widerlegt sind oder nicht. Es wird verwendet und gut ist. Was man aber dennoch kritisieren kann, ist der Gebrauch (bzw. Missbrauch) solcher Konzepte.
Wie du,
@Cayden, noch mal richtig hervorgehoben hast, können, laut Freuds Konzept der Projektion, auch komplexe unbewusste Problematiken projiziert werden. Das heißt aber auch, dass die Ergebnisse der Überlegungen und Erklärungsversuche des Verhaltens seiner Mitmenschen auf der Basis dieses Konzeptes umso anmaßender sein können.
Ich mache jetzt noch mal den letzten Versuch, anhand eines Beispiels zu verdeutlichen, worauf meine Kritik abzielt:
Achtung! → Es handelt sich um ein fiktives Beispiel!
Angenommen ich hätte eine Nachbarin, die ihrem Hund Schokolade füttert. Sie weiß dabei aber nicht, dass Schokolade für Hunde gefährlich ist und sie ihren Hund im schlimmsten Falle sogar töten könnte. Im Gegenteil, sie hat von einer anderen Nachbarin gehört, dass der Hund dadurch ein schönes Fell bekäme.
Nehmen wir weiter an, dass ich bei jeder Begegnung sehe, wie sie ihrem Hund Schokolade füttert. Jedes mal weise ich sie freundlich darauf hin, welcher Gefahr sie ihren Hund aussetzt. Aber jedes mal ist sie unempfänglich für meine Warnhinweise und beruft sich auf die Nachbarin, die ihr gesagt hat, der Hund bekäme dadurch ein schönes Fell.
Kurze Zeit später fangen weitere 5 Nachbarn an, ihren Hunden Schokolade zu füttern. Auch sie kennen die Gefahr nicht, welche sie ihrem Hund dabei aussetzen. Immer wenn ich ihnen begegne, weise ich sie darauf hin. Ich gebe einfach die Hoffnung nicht auf, dass ich sie durch rationale Argumente von ihrem Irrglauben abbringen kann.
Ich sammle Zeitungsartikel, drucke entsprechende Fachartikel aus dem Internet aus usw...
Es dauert nicht lange, bis mein Verhalten die Nachbarn anfängt zu stören. Eine Nachbarin ist mit Freuds Konzept der Projektion vertraut und erklärt auf einer Versammlung allen Anwesenden, dass sie Verständnis für mein Verhalten aufbringen müssen, da es davon zeugt, dass ich ein komplexes unbewusstes Problem auf sie alle projizieren würde.
Irgendwann habe ich ich ihr mal auf einem gemeinsamen Rundgang mit den Hunden erzählt, dass in meiner Kindheit 4 Hunde meines Opas vergiftet wurden.
„Ja, stellt euch vor, vier Hunde auf einmal und sie war erst 10 Jahre alt!“
Alle sind sich einig, dass dieses Erlebnis ganz bestimmt unglaublich traumatisch für mich gewesen sein muss und ich deswegen heute so nachdrücklich vor der Gefahr einer tödlichen Vergiftung warne. „Aber seht doch“, sagt diese Nachbarin, „unsere Hunde haben alle ein schönes glänzendes Fell und leben noch!“
Nach dieser Versammlung fangen die Nachbarn an, gegen meine vorgebrachten Argumente nicht mehr mit Gegenargumenten zu reagieren, sondern drücken mir ihr tief empfundenes Mitleid aus, weil sie ja wissen welch traumatisches Erlebnis ich in meiner Kindheit durchmachen musste.
Ich bestätige dann zwar, dass es schon stimmt, dass 4 Hunde meines Opas vergiftet wurden, weise aber ausdrücklich darauf hin, dies hätte nichts mit ihren Hunden zu tun. Das Erlebnis liegt lange hinter mir und ich habe selbst einen Hund, mit dem ich ganz normal umgehen kann, ohne ständig Angst davor zu haben, dass er vergiftet wird oder ich ihn unabsichtlich selbst vergifte.
Daraufhin werde ich gefragt, ob ich denn jetzt also doch meinen Hund mit Schokolade füttern würde, wenn ich so normal mit ihm umgehen könne. Natürlich verneine ich das und nutze die Gelegenheit noch mal auf die Gefahren hinzuweisen. „Sehen Sie“, meint daraufhin meine Gesprächspartnerin, „offensichtlich projizieren Sie Ihr Problem aus der Kindheit auf uns alle.“
Ich bestreite das, und werde sofort darauf hingewiesen, dass es mir nur nicht bewusst ist, sich aber alle Nachbarn darüber einig sind, dass es so sein muss. Warum sonst sollte ich so hartnäckig gegen das Verfüttern von Schokolade argumentieren?
Kein Gespräch mit den Nachbarn macht mehr Sinn. Ich werde sofort abgewürgt und darauf hingewiesen, dass das alles nicht deren Problem ist, sondern dass ich ein mir unbewusstes komplexes Problem auf sie alle projiziere.
Wenige Wochen später ist der ganze Straßenzug in Trauer, denn 20 Hunde sind innerhalb kürzester Zeit gestorben.
Mögliches positives Ende des Beispiels:
Man sieht endlich ein, dass ich Recht hatte und glaubt mir nun, dass das Verfüttern von Schokolade einen Hund töten kann.
Mögliches negatives Ende des Beispiels:
Man führt das Massensterben der Hunde darauf zurück, dass irgendjemand Giftköder in der Gegend verteilt haben muss. Im schlimmsten Falle beschuldigt man mich und wird sich darüber einig, dass ich eine Hundemörderin bin und weggesperrt gehöre. Alle meine Beteuerungen, dass ich damit nichts zu tun habe und die Schokolade ihre Hunde umgebracht hat, werden nicht geglaubt. Sie kommen zu dem Ergebnis, dass ich nicht nur projiziere, sondern auch noch alles dafür getan habe, damit man mir glaubt und dabei sogar über Leichen gegangen bin.
Kommentar zum eben geschilderten Beispiel:
Jaahaaa....es ist überzogen.
Aber es ist nicht undenkbar...
Was ich zeigen wollte ist, dass irgendwann kein Gespräch mehr möglich ist, wenn man nur noch hört, dass man projiziert. Alle rationalen Fakten werden einfach übergangen, man schaut auf das Gegenüber herunter und ist sich mehr als sicher, dass man richtig erkannt hat, warum jemand scheinbar so verbissen auf etwas hinweisen möchte.Wendet man Freuds Konzept der Projektion an, um mein Verhalten zu erklären, dann hat man ganz leicht ein Totschlagargument zur Verfügung, dass meine Aufklärungsversuche getrieben erscheinen lässt und man mich somit nicht ernst nehmen muss. Hat alles mit mir selbst zu tun, nichts mit der Tatsache, dass Schokolade wirklich Hunde tötet.
Meine mögliche Motivation, so hartnäckig an meiner Warnung vor dem Verfüttern von Schokolade zu warnen, kann sich aus unendlich vielen Dingen zusammensetzen. Mit einem Trauma oder sonstwas muss es nicht zwangsläufig etwas zu tun haben. Was man aber macht, ist mir zu unterstellen ich hätte ein Trauma. Das ist mehr als anmaßend, zumindest würde ich persönlich das als anmaßend empfinden.