Richtig, hier ist es ja die Erwartungshaltung und das Bestehen auf sexuelle Befriedigung durch den Partner, die einer einfordert und der andere diese Erwartung für sich annimmt, um sie dann ablehnen zu müssen.
Sexualität ist für eine Partnerschaft nun einmal eine "normale" Grundbedingung und daher meist eine stille Vereinbarung. Will einer der Partner gegen diese Vereinbarung verstoßen, dann wäre es halt reibungsloser, wenn er das auch sagen und begründen würde. Und nicht - wie leider meistens üblich - einfach mit Ablehnung reagiern.
Insofern ist dem Partner, der einfach nicht - egal wieso übrigens - für den Partner Erfüllungsgehilfe sein möchte, ganz klar gefordert, sich in diese Dynamik nicht verwickeln zu lassen.
Ich sehe nicht ganz, warum Du immer kämpfen musst. In diesem Fall dich sogar in die Defensive bringst. Wenn ich nicht Erfüllungsgehilfe (von was? Wieso Gehilfe?) sein will, dann muss ich das sagen. Und wenn das gefühlt oder tatsächlich für den anderen gegen die Partnerschaftsvereinbarung verstößt, dann muss man halt überlegen die Partnerschaft aufzlösen. Auch darüber kann man reden.
Wie gesagt, es gibt hier kein Problem, sondern eine nicht legitime Erwartungshaltung, dass der Partner sexuell doch bitte zur Verfügung stehen möge. Daraus resultieren dann erst Probleme (auch die angebliche "Not", warum Leute dann fremdgehen, wird so argumentiert: "Du willst nicht, dann muss ich mir das woanders holen."). Nicht alleine dadurch, dass ein Partner mehr bis überhaupt keine Lust auf Sex hat als der andere.
Warum wertest Du diese Haltung als "nicht legitim"? Wie gesagt, das ist eine implizite Vereinbarung für eine Partnerschaft. Und wenn ich anderes will, dann muss ich das bekanntgeben damit mein Partner frei entscheiden kann.
Und ja, für einen sexuell aktiven Partner ist es eine Not, wenn der Partner seine sexuellen Aktivitäten einstellt. Da muss man halt dann was wohl? Bingo: reden. Denn meistens haben diese Dynamiken ja ganz andere Ursachen als die Sexualtität.
Ein solches "Problem" kann man nämlich nicht lösen, indem man den Partner, der weniger Lust auf Sex hat, abringt, nun sexuell verfügbar sein zu müssen. Eine echte Lösung wäre eben der Handbetrieb oder außerpartnerschaftliche Sexualität leben zu können. Ein Orgasmus ist nämlich immer gleich in seiner Wirkung, egal ob mit einem anderen Menschen erlebt oder ohne, denn er tut was er soll: befriedigen.
Das trifft zwar grundsätzlich für den rein physischen Orgasmus zu, aber nicht für die emotionale Befriedigung und schon gar nicht für die energtische Interaktion. Selbstbefriedigung ist etas ziemlich Mechanisches und Einsames.
Ein weiteres Problem ist, da es meist die Frauen betrifft, die dann weniger Sex wollen, dass Frau rein anatomisch betrachtet immer kann. Männer nicht, bei denen zeigt sich Unlust ganz schlicht und ehrlich in einer Nichtfunktion. Sie kann man schwerlich nötigen, trotzdem zu Diensten zu stehen. Daher haben sie es sehr viel einfacher ihre Unlust zu begründen. Daher versuchen meist Männer ihre Partnerin zu überreden bis hin zu schweren Vorwürfen oder gar sexuelle Gewalt in der Beziehung, damit sie - nun kommt es - "zu ihrem Recht kommen".
Auch das sehe ich nicht so. Warum kämpfen so viele Frauen mit Scheidentrockenheit bereits ausserhalb der Wechseljahre? Weil sie beim Sex gar keine Lust mehr empfinden, sondern es einfach eine mechanische Aktion ist.
Männer haben bereits aus der Pubertät in Interaktion mit den Anderen Kids einen Klamsch weg ... weil da Behaarung und Größenvergleich als Maßstab für Männlichkeit herangezogen wird, weil hier Konkurrenzverhältnis sexualisiert wird. Und daher ist es für einen Mann extrem tragisch beim Sex zu versagen bzw in ihren Augen nicht als potenter Sexualpartner anerkannt zu werden.
Und deshalb wäre mein Weg, wenn so ein Problem auftaucht und mir ein Mann mit so einer unlauteren Forderung käme, ihm sehr deutlich zu machen, dass er kein Recht auf meinen Körper hat, nur weil mein Körper immer kann und ich mit ihm in einer Beziehung lebe. Stell dir vor, deine Partnerin sagt, weil sie keine Lust auf Sex mit dir hat: "Schatz, tut mir leid, aber ich bekomme heute keinen mehr hoch." Genauso das ist die Sexunlust nämlich auch bei der Frau, nur dass es sich bei ihr nicht unbedingt so eindrucksvoll zeigt wie bei einem Mann.
Da hast Du recht, Sex gegen den Willen des Partners wäre eine unlautere Forderung. Aber das sollte im Einzelfall ein einfaches Nein (in netter konzilianter Form) reichen. Und wenn sich diese Einzelfälle mehren, dann muss man - Bingo: reden.
Und da genau dieser Druck durch die unlautere Erwartungshaltung bis hin zu Schuldzuweisungen die Lust ja noch weiter mindert, finde ich es sehr hilfreich sich von der Idee zu verabschieden, dass der Partner sexuell zur Verfügung zu stehen hat, nur weil ich will.
Meistens hat das Ganze ja eine Vorgeschichte, die dazu führt, dass einer der Partner keine Lust mehr empfindet. Das können körperliche Veränderungen sein, Änderungen im Verhalten, oder einfach das intimere Kennenlernen des Partners in unterschieldichen Lebenssituationen. Es ist also kein Beschluss von Heute auf Morgen, sondern etwas das entsteht. Und dann muss man - ja, reden.
Und dann kann man ehrlich hinschauen, woran es liegt, dass es sexuell keinen Spaß mehr miteinander macht. (Den Autor David Schnarch empfehle ich an dieser Stelle ausdrücklich.)
Ja. Besser ist es, sich gleich Beratung zu suchen. Denn meistens ist man bei diesem Thema so in Glaubenssätzen und eigenen Mustern, dass man den Wald da vor lauter Bäumen nicht sieht.
Oft genug ist die Sexualität eines Paares nach einigen Jahren eingerostet, einer bleibt teilweise sogar unbefriedigt, einer traut sich nicht mit geheimen Wünschen beim Partner anzukommen, der Sex ist kaum mehr als eine Sportübung für einen von Beiden usw. Es wird ja nicht unbedingt fremdgegangen, weil man zwingend für den Orgasmus fremde Haut braucht, sondern sich Anerkennung wünscht, sich begehrenswert fühlen möchte, neue Impulse sucht... bei einem Fremden kann man sich scheinbar viel einfacher wieder neu erfinden und entdecken, aus eingefahrenen Mustern aussteigen usw.
D'accord. Wobei halt sehr viel auch von Verhaltensmustern ausgeht, mit denen man sich irgendwann einmal arrangiert hat. Und wo dann Bücher (oder Forumsdiskussionen

) dann erst das Bedürfnis wecken, dass da ja auch etwas anders sein könnte.
Bei Frauen liegt das Problem meistens halt darin, dass sie sich nicht gesehen, nicht anerkannt oder emotional verletzt fühlen. Bei Männern verstärkt sich halt durch Beruf (Kampf) und Ernährer sein müssen halt sehr stark bestehende Ansätze die eigenen Gefühle nicht mehr auszudrücken, Zärtlichkeit nicht (mehr) leben zu können (gerade bei hohem Pornokonsum, wo das ja nicht vorkommt), auch die Partnerin nicht mehr attraktiv zu finden. Was natürlich auch bei beiden ist ... sich in der Partnerschaft gehen zu lassen, nicht mehr auf sich zu schauen, nicht mehr beim Partner zu sein weil andere Dinge (Kinder, Familie, Beruf) "wichtiger" sind ....
Ich staune immer wieder, wie wenig die meisten Menschen mit ihrer eigenen Sexualität, mit Kommunikation, mit Gemeinsamem umgehen können. Meistens hat man das Gefühl (wie ich so aus deinen Sätzen auch bei Dir) dass die Suche nach der Schuld wichtiger ist, als das Miteinander und die Lösung ... und das zerstört halt viele Partnerschaften, oder drängt in sehr distanzierte Beziehungen ohne Nähe und mit beschränkter Sexualität.