Extrablatt "Satan öffnet sein Archiv"
Die "Frucht" einer totalitären Religion
Hexenwahn und Hexenverfolgung der Kirche
Hexen, Folter, Scheiterhaufen - an vielen Orten weisen Plakate auf eine Ausstellung hin. Wegen des großen Besucherandrangs muß die Ausstellung von mittelalterlichen Folterwerkzeugen in Würzburg verlängert werden. Was drängt die vielen Menschen in das Foltermuseum? - Da kannst du sehen, was wir Frauen ausgehalten haben, sagt eine Frau zu ihrem Mann. Und euch Männer halten wir heute noch aus, setzt ihre Freundin hinzu. Dabei ist das Thema eigentlich nichts zum Scherzen.
Für 5 DM gibt es einen 70seitigen Führer. Darin heißt es: Die Ausstellung zeigt 120 Folterwerkzeuge sowie eine umfangreiche Bildergalerie. Werkzeuge der Exekution, der öffentlichen Demütigung und der Folter sind hautnah zu erleben. Zeichnungen und Radierungen geben die Grausamkeit aus der Zeit der Inquisition wieder.
Der Raum ist nicht groß. Dicht nebeneinander sind die Folter- und Mordwerkzeuge aufgebaut. Viele Besucher scheinen betroffen. Es wird wenig gesprochen. Man liest die Beschreibungen der einzelnen Folterinstrumente und geht zum nächsten, wartet, bis der Platz davor frei ist. Oftmals reicht die Phantasie nicht, um sich vorzustellen, wie denn z. B. im sog. Rädern ein Opfer langsam zu Tode gemartert wurde. Der Text erklärt es. Warum, so fragt man sich, genügte nicht das Töten der Andersdenkenden, warum mußte er möglichst lange gefoltert werden? Wer weiß die Antwort? In einer Tragödie des griechischen Dichters Sophokles spricht der Chor: Es gibt viel Ungeheuerliches, aber nichts ist ungeheuerlicher als der Mensch. Doch auch das Ungeheuerlichste ist erklärbar. So wie es keine Geheimnisse Gottes gibt, gibt es auch keine Geheimnisse des Menschen. Und nur was wir erklären können, können wir ändern.
Hexenausrottung in Würzburg
Über das drei Jahrhunderte währende Frauenmorden in Europa wurde viel geschrieben. Stammen die Bücher von kirchlichen Autoren, so gilt die Hexenverfolgung in der Regel als Folge eines heidnischen Dämonenglaubens, archaischer Zauberkulte, einer irrationalen Massenhysterie, einer Ausgrenzung von Psychopathen und Verwirrten. Finden sich hohe Kirchenführer unter den Akteuren, so waren diese eher Opfer des Zeitgeistes. So schreibt Friedrich Merzbacher in seinem Buch Die Hexenprozesse in Franken: Julius Echter war ein Fürst von Überlegung und Weitsichtigkeit, dem die Wohlfahrt seines weltlich-geistigen Fürstentums am Herzen lag. ... Leider konnte Julius das Vorurteil des damaligen Zeitenlaufes nicht überwinden.
Unter Fürstbischof Philipp Adolf von Ehrenberg (1623-1631) erreichte die Hexenverfolgung ihren Höhepunkt. Über 900 Hexenleute wurden während seiner Amtszeit im Bistum ermordet. Vermutlich hätte der Bischof die Hexenverfolgung noch weiter getrieben, wenn ihm nicht das kaiserliche Reichskammergericht in Speyer ein Mandatum inhibitorium übersandt hätte, das Philipp Adolf die Hexeninquisition verboten hat. (ebda S. 47)
Die Ursachen des Frauenmords
Die ursächliche Beteiligung der Kirche an Hexenwahn und Hexenausrottung ist nicht zu leugnen. Eine Wurzel ist der uralte Kampf der Geschlechter - genauer des Mannes gegen die Frau. Er ist wohl so alt wie der Fall, d.h. wie der Mythos der Vertreibung aus dem Paradies, die letztlich der Frau angelastet wird.
Die Geringschätzung der Frau in der Lehre der Kirche
Eine biblische Rechtfertigung für das Töten von Frauen aus Glaubensgründen findet sich bereits im Alten Testament - einem Buch, in dem göttliche Offenbarungen mit heidnischen Vorstellungen gemischt wurden. Im 2. Buch Mose heißt es: Eine Hexe sollst du nicht am Leben lassen (Ex 22,17), und im 3. Buch Mose: Männer oder Frauen, in denen ein Toten- oder Wahrsagergeist wohnt, sollen mit dem Tode bestraft werden. Man soll sie steinigen, ihr Blut soll auf sie kommen. (Lev 20,17)
Im Neuen Testament ist es vor allen Paulus, der die Frauenabwertung predigt. Er gesteht ihr nur das Recht zu, den Belehrungen der Männer zuzuhören. Sie ist nicht die Ersterschaffene, sondern die sündige Eva: Nicht Adam ließ sich verführen, sondern das Weib.
Der furchtbare Hexenhammer
Das katholische Handbuch für das millionenfache Foltern und Töten von Frauen schrieben zwei Dominikaner, Priester also, im Hauptberuf Inquisitoren. Sie nannten es Hexenhammer, Malleus Maleficarum, Hammer, d. i. Waffe gegen die Schadenszauberinnen. Es wurde im Jahre 1489 in Köln gedruckt und dann bis ins 17. Jahrhundert 29 mal neu aufgelegt. Das Buch strotzt von Frauenverachtung: Also schlecht ist das Weib von Natur, da es schneller am Glauben zweifelt, auch schneller den Glauben ableugnet, was die Grundlage für die Hexerei ist. ... Gepriesen sei der Herr, der das männliche Geschlecht vor solcher Schändlichkeit [Hexerei] bis heute so wohl verwahrte.
Die beiden Dominikaner konnten sich auf den Kirchenlehrer Thomas von Aquin (1225-1274) berufen. Dieser hielt die Frau für einen verfehlten Mann. Sie sei von Natur aus geringer an Tugend und Würde und habe dem Manne untertan zu sein. Der Mann sei ein Ebenbild Gottes, die Frau jedoch nicht. Sie sei nur Gehilfin des Mannes, allerdings nur beim Werke der Zeugung.
Der Dämonenglaube des Thomas von Aquin
Thomas von Aquin war es auch, der den Dämonenglauben zum Bestandteil des katholischen Glaubens machte: Wir glauben, daß Engel vom Himmel gestürzt und Dämonen geworden sind und durch den Scharfsinn ihrer Natur vieles können. Und Menschen, die den Dämonen solches zu tun antragen, werden Malefici genannt. Wieder andere haben gesagt, daß die Verhinderung der fleischlichen Vereinigung durch Maleficium erwiesen werden kann ... . Die Dämonen könnten sich der Menschen bemächtigen, vorzugsweise der Frauen und Schadenszauber betreiben, z. B. Hagelschlag, Mißernte, Tiersterben und sexuelle Impotenz des Mannes.
Solche Personen gingen dabei eine Teufelbuhlschaft ein, d.h. sie hätten Geschlechtsverkehr mit Teufeln, aus dem sogar Kinder entstehen könnten. Der heilige Kirchenlehrer spekuliert: Wenn aus dem Koitus der Dämonen manchmal Geburten folgen, so stammen sie nicht aus dem von ihnen oder ihren angenommenen Körpern ausgeschiedenen Samen, sondern aus dem Samen, der zu diesem Zweck von irgendeinem Mann empfangen wird, nämlich indem der Dämon, der bei dem Mann [vorher] den Sukkubus (darunter liegend) macht, bei der Frau den Inkubus (darauf liegend) macht, so daß der, der geboren wird, nicht ein Kind des Dämons, sondern jenes Mannes ist, dessen Samen abgezapft wurde.
So absurd diese klerikale Phantasie ist, sie sollte für Millionen von Frauen einen grausamen Tod bedeuten. Ihre Vernichtung läßt sich auf vier Faktoren in der katholischen Glaubenslehre zurückführen. Zum einen ist es die Geringschätzung der Frau bei Paulus und vielen Kirchenvätern. Zum anderen ist es der Dämonenglaube, wie er vor allem von dem größten Kirchenlehrer, Thomas von Aquin, eingeführt wurde. Ein dritter Faktor ist die Lehre vom Sündenbock und schließlich die Verdrängung bzw. Verurteilung der Sexualität, nicht zuletzt infolge des Pflichtzölibats für Priester.
Der Ursprung der Sündenbocktheorie
Im 3. Buch Mose wird das Modell des Sündenbocks beschrieben. Da spricht Jahwe zu Mose: Aaron soll seine beiden Hände auf den Kopf des lebenden Bockes legen und über ihm alle Verschuldungen der Israeliten und alle Übertretungen, die sie irgendwann begangen haben, bekennen, sie auf den Kopf des Bockes übertragen und ihn durch einen bereitstehenden Mann in die Wüste schicken. (Lev. 16,21)
Zusammen mit dem Sündenbock sei gleichzeitig die Sünde fortgejagt, also nicht mehr wirksam. Die Sündenbockvorstellung steht im krassen Gegensatz zum Gesetz von Saat und Ernte, das sich sonst in der Bibel findet, sowohl im Alten als auch im Neuen Testament, und welches lautet: Was der Mensch sät, das wird er ernten; es sei denn, er bereinigt rechtzeitig seine negative Saat. Welcher Gott mag demgegenüber die magischen Sündenbockpraktiken offenbart haben?
Ein Beispiel für die praktische Anwendung des Sündenbockmodells: Wer in sich eine Aggression gegen einen Mitmenschen spürt, kann diese verdrängen und auf sein Gegenüber projizieren. Warum bist du heute so aggressiv? fragt er empört. Der Angesprochene ist verdutzt und verteidigt sich womöglich. Diese Verteidigung nimmt der Angreifer als Bestätigung seiner Sichtweise: Der andere ist wirklich aggressiv!
Der psychologische Mechanismus besteht aus Abspaltung und Projektion: Die Aggression wird aus dem eigenen Bewußtsein abgespalten und auf eine geeignete Person übertragen. An dieser wird sie jetzt bekämpft bzw. ausgerottet.
Zusammen mit dem Dämonenglauben wirkt die Lehre vom Sündenbock fatal. Dämonenglaube bedeutet: Schicksalsschläge, Krankheiten oder Naturkatastrophen werden von Dämonen bewirkt. Die Dämonen bedienen sich bestimmter Menschen, durch die sie ihren Mitmenschen Schaden zufügen. Bringt man diese Menschen um, dann ist der Schadenszauber vorbei und der Dämon aus dem Menschen vertrieben. Diese katholische Logik liegt auch dem Exorzismus (der Teufelsaustreibung) zugrunde, der bis heute in der Romkirche praktiziert wird.
Sadistische Lust- und Machtbefriedigung
Es ist kaum ein Zweifel, daß die Inquisitoren mit der Hexenunzucht zugleich ihre eigene Versuchung bekämpften, daß die Frauen auf dem Scheiterhaufen eine besiegte Gefahr waren und daß mancher in diesem Kampf eine sadistische Ersatzbefriedigung fand. (zit. nach Blendinger et al.: Hexendokumentation, Würzburg 1986)
Das heißt: Ein geistlicher Herr, der in sich sexuelle bzw. perverse Neigungen spürt, spaltet diese ab und verdrängt sie. Denn ein Zölibatär hat so etwas nicht! Weil die Triebkräfte aber nicht weg sind, projiziert er sie auf andere, z. B. auf bestimmte Frauen. Weil Frauen den Kirchenvätern ohnehin als sündhaft und lasterhaft gelten, eignen sie sich besonders gut als Sündenbock, d.h. als Projektionsobjekt. Nun bekämpft der geile Kleriker seine Perversion in der Frau: Unter der Folter läßt er sich seine eigenen sexuellen Phantasien als die ihren bestätigen. An ihrem Körper sucht und findet er daraufhin die Beweise für ihren Verkehr mit dem Teufel. Dann wird sie - zum Heil ihrer Seele, versteht sich - möglichst qualvoll ermordet. Und die sexuelle Sucht sei ausgemerzt ...
Zur Folter gehörte regelmäßig das Abrasieren aller Körperhaare, weil darunter Hexenmale verborgen sein konnten und die akribische Untersuchung sämtlicher Körperöffnungen. Im Hexenprozeß ging es regelmäßig um Einzelheiten des Geschlechtsverkehrs mit dem Teufel, die in den perversesten Details unter der Folter erfragt bzw. produziert wurden. Die damit beauftragten kirchlichen Amtsträger lebten auf diese Weise ihr Sexverlangen auf Kosten der Frauen grausam aus.