Memoiren.Misch-Masch

Sie standen jetzt bereits seit einer viertel Stunde in der Nähe dieses Vorstadthauses.
"Ich habe keinen Augenblick an diese Frau gedacht", meinte er jetzt betont leise und bestimmt.
Sie schwieg.

Es hatte einmal leicht zu regnen begonnen, es verging aber ebenso schnell, wie es gekommen war. Inzwischen waren sie sich einig geworden, dass sie sich in diesem Hause nur mässig wohl fühlten. Sie mochte den Toni Schweizer nicht besonders, den Geschäftskollegen ihres Mannes, unter anderem, weil er übermässig laut sprach, und er kam mit der Art von Brigitte nicht ganz klar, aus Gründen, die er aber für den Moment nicht darlegen wollte. Die Schweizers hatten einfach eine übertriebene Art, wie sie beide fanden.

Er wartete, an welchem Faden seine Frau als nächstes ziehen würde. In stiller Übereinkunft hatten sie sich geeinigt, dass sie ihr selbst kreiertes Intermezzo auskosten würden, bis sie vor Hunger und Durst in das Haus flüchten würden. Von ihr kam aber nichts, sie war ein weiteres mal damit beschäftigt, mit ihrer Nagelfeile den Nagel des kleinen Fingers an ihrer linken Hand zu bearbeiten.
"Ich habe gar nichts gegen Dagobert", sagte er noch, falls du dieser Meinung bist.

"Ach ja?" meinte sie nur.
Und: "Wann warst du eigentlich das letzte mal bei deinem Psychologen?"
In diesem Augenblick trat Dagobert in den Vorgarten des Hauses und zündete sich eine Zigarette an. Jemand rief lachend hinter ihm her und folgte ihm auf den Fersen.
"Lilly", sagte er jetzt mit Nachdruck. "Wir sollten jetzt gehen".
 
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Toni Schweizer kam singend auf sie zu. Er trug ein geblümtes, aber sehr schickes Hemd und seine Glatze glänzte unter der Lampe. Der Flur war gesäumt von zahlreichen Bildern, alles Kläranlagen von Toni, natürlich schwarz-weiss Bilder, von Brigitte liebevoll fotografiert. Brigitte rief aus der Küche, dass sie gleich komme, was so viel hiess wie: Toni, lotse sie gleich mal ins Wohnzimmer.

Lilly hatte unterdessen ihr Glas gefasst und war gottenfroh, dass sie noch ein Apérohäppchen zu sehen bekam. Im Prinzip war es ja immer der beste Teil vom Ganzen, das schleckte keine Geiss weg. Nach dem Apéro hätte man rein theoretisch schon deswegen wieder gehen können, weil man dann alle wieder mal gesehen hatte und die wichtigsten News bereits ausgetauscht waren.

Aber eben, da Theorie und Praxis selten deckungsgleich sind, würde man der Dinge harren, die da kommen würden. Die Kleine der Schweizers begrüsste Herbie und Lilly mit Brigittes Meditationskissen. Sie hielt es an ihren Bauch und die Regel war, dass es immer zwischen zwei Bäuche zu liegen kommen muss. Das bedeutete, die Erwachsenen mussten sich kleiner machen, ansonsten wäre dies nie zu bewerkstelligen, und es gäbe folglich keine Begrüssung, was natürlich Folgen hätte für die ganze Party. Lilly wurde jetzt neugierig auf das Kissen. Dieses hatte bereits eine Führungsposition inne und zeigte Lilly auf, wohin sie ihre nächsten Schritte zu machen hätte. Es war das Nebenzimmer.

Feierlich gingen jetzt das Kissen, Lilly und Lena unter einem weiten Durchgang fröhlich plaudernd, aber für den Durchgang angemessen pflichtbewusst pausierend, in den nächsten Raum, wo zwei höchst zufriedene Seelen zusammen auf dem Boden lagen. Mit dem einen Ohr hörte Lilly schon MC Gemini, Dagoberts Sohn, wie er mit grenzenloser Empathie dem kleinen Fabian Schweizer eine Geschichte erzählte, mit dem andern Ohr vernahm sie die ziemlich laute Begrüssung von ihrem Mann und Dagobert. Ihr war klar, um ihre Verdauung würde sie sich frühestens heute nacht wieder richtig kümmern können. Auf den Rotwein freute sie sich dennoch. Und inzwischen hatte sie sich auch das Kissen geschnappt.
 
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Lilly hatte es sich auf dem Sofa bequem gemacht und drückte sich Brigittes Meditationskissen fest an den Bauch. MC Gemini liess jetzt für die Kinder einen Scherz nach dem andern los, so dass diese vor Freude schon mit hochroten Köpfen von einer Zimmerecke zur andern geschleudert wurden und zwischendurch über Gemini hinweg Purzelbäume schlugen. Während dessen nahm Lilliys Bauchgefühl dank des Kissens von Sekunde zu Sekunde zu. Erstaunlicherweise sah sie jetzt ganz anderes, als das, was sich vor ihren Augen abspielte, und das Kissen begann zu glitzern und zu funkeln wie ein Diamant. Und plötzlich spürte sie, wie Toni sich zu ihr auf das Sofa legte, das Kissen in hochem Bogen durch das Zimmer warf und seinen Kopf genüsslich auf ihren Bauch hinbüschelte. Es war, als hätte ihr jemand soeben einen Whisky eingetrichtert, nicht unangenehm, auch wenn sie Whisky nicht mochte.

Toni rief jetzt laut und fröhlich, dass es Essen gäbe, während er gleichzeitig sich gerade zum hundertjährigen Dornröschenschlaf auf Brigittes Schoss gelegt hatte. Lena hatte innegehalten, stand mitten im Raum und starrte Brigitte an. Dann bellte sie: "Moskau, Moskau!" Und führte alle ohne weiteren Erklärungen in die Stube. Dort hatte sich Bettina, die Krampfadernspezialistin schon an ihren Herbie herangemacht. Er sass mit heruntergelassenen Hosen auf einem Stuhl und liess sich von ihr die Beine betatschen.
 
Ich wusste es - es sind schon Namen durcheinander gekommen. Hier die korrigierte Version:

Lilly hatte es sich auf dem Sofa bequem gemacht und drückte sich Brigittes Meditationskissen fest an den Bauch. MC Gemini liess jetzt für die Kinder einen Scherz nach dem andern los, so dass diese vor Freude schon mit hochroten Köpfen von einer Zimmerecke zur andern geschleudert wurden und zwischendurch über den immer noch liegenden Gemini hinweg Purzelbäume schlugen. Während dessen nahm Lilliys Bauchgefühl dank des Kissens von Sekunde zu Sekunde zu. Erstaunlicherweise sah sie jetzt ganz anderes, als das, was sich vor ihren Augen abspielte, und das Kissen begann zu glitzern und zu funkeln wie ein Diamant. Und plötzlich spürte sie, wie Toni sich zu ihr auf das Sofa legte, das Kissen in hochem Bogen durch das Zimmer warf und seinen Kopf genüsslich auf ihren Bauch hinbüschelte. Es war, als hätte ihr jemand soeben einen Whisky eingetrichtert, nicht unangenehm, auch wenn sie Whisky nicht mochte.

Toni rief jetzt laut und fröhlich, dass es Essen gäbe, während er gleichzeitig sich gerade zum hundertjährigen Dornröschenschlaf auf Lilliy's Schoss gelegt hatte. Lena hatte innegehalten, stand mitten im Raum und starrte Lilly an. Dann bellte sie: "Moskau, Moskau!" Und führte alle ohne weiteren Erklärungen in die Stube. Dort hatte sich Bettina, die Krampfadernspezialistin schon an Herbie herangemacht. Er sass mit heruntergelassenen Hosen auf einem Stuhl und liess sich von ihr die Beine betatschen.
 
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Herbie, der mit seiner Körpergrösse den ganzen Rest der Gesellschaft überragte, stand jetzt wieder mit seinem Glas neben Marianne, der Krampfadernspezialistin, und blickte mit ernster Miene auf sie hinab. Lilly sah es mit Entsetzen und wusste sofort, dass ihr Mann soeben im Begriff war, seine "künstlerische Freiheit" voll auszunutzen. Er sprach von der dunkeln Seite seiner kanadischen Verwandtschaft, in welcher es vor zwei Jahrzehnten einen Kriminalfall gab. Mit der Tatsache, dass zwei Jahrzehnte eigentlich nichts sind, sah sich Lilly im Laufe ihrer Ehe hie und da konfrontiert, aber das, fand sie, musste jetzt wirklich nicht sein! Auch Lena musste es bemerkt haben, sie holte schnell die zwei Hasen aus dem Bastelraum und liess sie in der Wohnung frei herum laufen. Lilly, die sich eine Atheistin nannte, fixierte Dagobert, hatte Halt an einer Stuhllehne gefunden und sprach in Gedanken das Vater unser. Allmählich setzten sich einige Gäste an den Tisch und Lilly entschied sich für den haltgebenden Stuhl. Da streifte sie Brigittes Engelshand an den Schultern und die absolut lieb gehauchte Bemerkung: Lilly, schau die Tischkärtchen.
 
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Der kleine Fabian Schweizer hing noch immer an MC Geminis Mundecken als wären es Rockzipfel. Doch dieser fühlte sich jetzt bereit, aus ihrer gemeinsamen Seelenwelt aufzutauchen und sich den gestrandeten Leuten zu widmen. "Es kommt eine neue Reiss-und Schneidezeit", meinte er, fest entschlossen, keine weiteren Fragen eines Delphins mehr zu beantworten. Damit meinte er, dass auch ein Delphin einmal essen muss. MC Gemini nahm neben Gudrun Platz, welche ihrerseits Primarlehrerin war und neben ihrem Partner sitzen durfte, der Hanspeter hiess und die Position des Schulleiters inne hatte. Die zierliche Gudrun kraulte Hanspeter liebevoll den Nacken, und als sie merkte, dass sich neben ihr etwas bewegte, liess sie davon ab und lächelte Gemini zu. Sie wusste, dass Gemini seine Mutter letztes Jahr verloren hatte, und ihr Lächeln bedeutete: Hab Vertrauen, ich habe zwar keine eigenen Kinder, aber mit mir kannst du immer reden.

Toni Schweizer brachte den letzten Teller. Er war für Lilly, die neben Herbie sass, und als er ihn vor ihr hinstellte, erwachte er aus seinem Dornröschenschlaf. Das war auch nötig, denn anders wäre er in der kommenden halben Stunde nicht gewappnet gewesen, zusammen mit seiner Frau alle Fragen zu beantworten, die sich auf der gemeinsamen kulinarischen Reise ergaben und ganz nebenbei aus ihrem Leben zu plaudern. MC Gemini liess sich das Gesamtkunstwerk der Schweizers auf der Zunge vergehen und schwieg durchgehend.
 
Mittlerweile lag das weiss und rosa gepfefferte Kaninchen aus der deutschen Toskana zufrieden und im absoluten Wissen, dass die Menschen ihr Handwerk verstehen, in tiefster Dunkelheit. Man hatte damit begonnen, sich Urlaubserlebnisse zu erzählen, die es sonst nirgends zu hören gibt, und Hanspeter holte gerade zur Geschichte mit dem schlechtesten Schokoriegel aus, den er je gegessen habe. Gudrun meinte, es wäre gewesen, als sie und Hanspeter nach dem Besuch des Einstein-Museums in Bern in der Schweiz zurück in ihr Hotel fuhren, aber Hanspeter behauptete steif und fest, es wäre in Gelten gewesen. "Es gibt aber kein Gelten, Hanspeter", meinte Gudrun sanft und beschwingt wie der Südwind, es gibt nur ein Olten, und ausserdem ein Gelterkinden, wo sie auch einmal durchgefahren wären, das wäre bei dem wunderschönen Abendrot gewesen. Da meinte Hanspeter, bestimmt verwechsele sie jetzt etwas, denn es gäbe doch in der Nordwestschweiz diesen Möhlin-Jet, und sie meine doch bestimmt Frick bei Eiken, wo die Sonne auch dann noch schien, wenn die ganze Schweiz im Hochnebel zu versinken drohe.

Fabian Schweizer stand an der geöffneten Haustür und beobachtete Dagobert, wie dieser eine Zigarette vom Anfang bis zum Ende rauchte, während er selbst sich von möglichst allen Seiten und mit wissenschaftlichem Entdeckergeist an die Haustür schmiegte. Er sprach während dessen mit seinem rechten Arm, den er "den Piloten" nannte und gleichzeitig beobachtete er aus seinen Augenwinkeln auch seine Schwester, wie sie in der Garderobe einen Nasen- Mundschutz holte und sich über das Gesicht zog und sich, auf diese Weise neu eingekleidet, an ihren Platz setzte, ohne ein Wort zu sagen. Brigitte schaute sie nur stoisch, aber auffordernd an und Lena meinte ebenso stoisch: "Ich rieche zuviel"
 
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