Mein Päckchen ist manchmal so schwer. Ich wollte dich um Beistand bitten, dann sah ich das Leid dieser Welt und ich machte leise kehrt.
Darf ich denn bitten wenn es anderen schlechter geht?
Liebe
@east of the sun, da es unter "Aufgeschrieben" steht muss ich fragen, ob Antworten erwünscht sind?
Falls ja, möchte ich dir etwas aus meiner Lebenserfahrung sagen.
Du darfst um Beistand bitten, das solltest du sogar. Man muss nicht alles alleine schaffen. Es zeugt von Empathie und einem guten Charakter, wenn man es sieht, das geballte Leid auf dieser Welt. Es ist gut, sich als fühlender Mensch nicht abzuwenden, weil es so bequemer ist, sondern berührbar zu bleiben. Das relativiert in der Tat vieles und ich halte sehr viel davon, auch für die anderen Menschen um Beistand zu bitten oder Beistand zu leisten, wenn man es kann.
Gleichzeitig bist du dir aber auch der wichtigste Mensch in deinem Leben, denn mit dir selbst bist du ein Leben lang zusammen. Wir kommen immer wieder an unsere Grenzen, werden mit vielem konfrontiert und müssen vieles bewältigen. Manchmal auch zu viel. Wenn ich mich dann nur an denen orientierte, denen es zur Zeit noch schlechter geht, dann bliebe ja niemals Raum für meinen eigenen Schmerz. Denn immer wird es irgendwo Katastrophen geben, die noch viel größer und schrecklicher sind.
Vielleicht haben andere aber zu einer Zeit, wo ich meine persönlichen Katastrophen hatte, dafür eine bessere Zeit gehabt.
Wir haben ein Recht auf unsere Traurigkeit und dunklen Momente, in denen wir uns überfordert oder gar hilflos fühlen. Wir sollten uns selber da ernst nehmen, und es nicht abtun. Zumeist bringen diese Krisen ja auch etwas, zumindest im Nachhinein gesehen.
Ich lasse dir mal ein Zitat von Max Frisch da, der es perfekt auf den Punkt bringt.
"Manchmal scheint auch mir jedes Buch, so es sich nicht befasst mit der Verhinderung des Kriegs, mit der Schaffung einer besseren Gesellschaft und so weiter, sinnlos, müßig, unverantwortlich, langweilig, nicht wert, dass man es liest, unstatthaft. Es ist nicht die Zeit für Ich-Geschichten. Und doch vollzieht sich das menschliche Leben oder verfehlt sich am einzelnen Ich, nirgends sonst.“
Max Frisch, "Mein Name sei Gantenbein"