Mahabharata

Mahabharata 2. Buch
Dyuta Parva – Das Würfelspiel

62 – Vidura spricht auf Dhritarashtra ein
Wer Honig sammelt und immer nur bekommt, was er sucht, merkt nicht, dass er gleich fallen wird.

Zum Wohle einer Familie kann ein Mitglied geopfert werden,
zum Wohle eines Dorfes eine Familie,
zum Wohle eines Landes ein Dorf und
zum Wohle der eigenen Seele die ganze Erde.
Und so ging das Spiel immer weiter fort, und es war sicher, daß es Yudhishthir völlig ruinieren würde. Schließlich wandte sich Vidura, dieser Zerstreuer allen Zweifels, an Dhritarashtra.

Vidura sprach: Oh großer König aus dem Geschlecht der Bharatas, höre aufmerksam zu, was ich dir sage. Auch wenn meine Worte nicht angenehm für dich sein mögen, so sind sie doch wie Medizin für einen, der krank ist und kurz vor seinem letzen Atemzug steht. Als Duryodhana mit dem sündigen Geist sofort nach seiner Geburt mißtönend wie ein Schakal schrie, war es dir wohlbekannt, daß er dazu bestimmt war, den Ruin des Bharata Geschlechts zu bewirken. Erkenne, oh König, daß er uns allen den Tod bringen wird. Ein Schakal lebt in deinem Haus in Gestalt von Duryodhana. Doch du willst das aus Torheit nicht wahrhaben.

Höre die Worte von Kavya (Shukra- Guru der Asura-Götter), wie ich sie dir zitieren möchte: „Wer Honig sammelt und immer nur bekommt, was er sucht, merkt nicht, daß er gleich fallen wird. Er erklimmt gefährliche Höhen, um an den Honig zu gelangen, fällt und trifft auf Vernichtung.“ Duryodhana ist wie der Honigsammler völlig seinem Begehren verfallen und ganz verrückt nach diesem Würfelspiel. Er erkennt nicht die Konsequenzen. Er macht sich diese großen Krieger zum Feind und sieht nicht den Fall, der ihm bevorsteht. Du weißt sehr wohl, oh du Weiser, daß die Bhojas zum Wohle ihres Volkes einen unwürdigen Sohn verbannen. Und so haben sich die Andhakas, die Yadavas und die Bhojas zusammengetan und Kansa verbannt. Und als später, auf Geheiß der vereinten Stämme, Krishna denselben Kansa schlug, da waren alle für die nächsten hundert Jahre froh und erleichtert.

Gib Arjuna den Befehl, Suyodhana (Duryodhana) zu schlagen, so daß die Kurus glücklich sind und ihre Tage in Frohsinn verbringen können. Im Austausch für eine Krähe bekommst du Pfauen, die Pandavas. Und im Austausch für diesen Schakal gewinnst du dir Tiger. Versinke nicht in ein Meer des Grams.
Zum Wohle einer Familie kann ein Mitglied geopfert werden,
zum Wohle eines Dorfes eine Familie,
zum Wohle eines Landes ein Dorf und
zum Wohle der eigenen Seele die ganze Erde.
Dies sprach der allwissende Kavya selbst, der die Gedanken aller Wesen kennt und der Terror aller Feinde ist, einst zu den großen Asuras (nicht Dämonen wie manche von christlichen Gedanken beeinflusst übersetzen), um sie dazu zu bringen, Jambha gleich nach der Geburt zu verbannen.

Es wird erzählt, daß ein gewisser König erst eine Schar wilder Vögel, welche Gold ausspuckten, in sein Haus einlud und dann der Versuchung nicht widerstehen konnte und sie tötete. Oh Feindebezwinger, von Versuchung und Vergnügungssucht verblendet hat sich der König um des bißchen Goldes willen mit einem Schlag Gegenwart und Zukunft zerstört. Darum verfolge nicht die Pandavas aus Profitgier, oh König, wie der König in der Geschichte. Denn wenn du jetzt töricht verblendet handelst, wirst du es später bitterlichst bereuen, wie der König, der die Goldvögel tötete.

Pflücke lieber nach und nach die Blüten von den Pandavas, wie ein Blumenverkäufer Tag für Tag viele Blumen aus Gärten sammelt, die er beständig und freudig pflegt. Oh Bharata, verbrenne sie nicht bis zu ihren Wurzeln, wie ein vom Wind angefachtes Feuer alles zu dunkler Kohle macht. Geh nicht mit all deinen Söhnen, Ministern und Truppen zu Yama ein, denn wer könnte sich in der Schlacht mit den gemeinsam kämpfenden Söhnen der Pritha messen, was nicht einmal der Anführer der Himmlischen (Indra alias Zeus/Jehova) mit allen Göttern wagt?
 
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63 – Um Geld spielen ist die Wurzel von Streit; dessen Konsequenzen sind schrecklich

Vidura fuhr fort: Um Geld spielen ist die Wurzel von Streit, und der bringt Uneinigkeit hervor, deren Konsequenzen schrecklich sind. Weil er hierin Zuflucht nimmt, erschafft dein Sohn Duryodhana gräßliche Feindschaft. Wegen seiner Sünde werden die Nachfahren von Pratipa und Shantanu mit all ihren kämpferischen Truppen und Verbündeten, den Valhikas, untergehen. Mit seiner Vergiftung treibt Duryodhana gewaltsam Glück und Wohlstand aus diesem Königreich fort, gerade wie ein rasender Bulle sich selbst die Hörner abbricht.

Wer entschlossen ist und Weisheit hat, aber seiner Einsicht nicht folgt, weil er sich dem Willen eines anderen verpflichtet, der sinkt, oh König, in grausames Leid und gleicht einem Mann, der in ein Boot steigt, was ein Kind segelt. Duryodhana spielt mit dem Sohn des Pandu, und du bist ganz verzückt, daß er gewinnt. Doch dieser Gewinn bringt den Krieg, und der wird Menschen vernichten. Diese Faszination am Würfelspiel, die du gern erlaubt hast, wird gräßliche Folgen haben. Mit deiner Zustimmung hast du deinem Herzen geradewegs großen Kummer gebracht. Du lobst sogar den Streit mit dem dir so nah verwandten Yudhishthira, als ob du ihn nicht ersehen könntest.

Hört ihr Söhne des Shantanu und ihr Nachfahren von Pratipa inmitten der versammelten Kurus auf meine weisen Worte! Tretet nicht in dieses schrecklich lodernde Feuer ein und folgt nicht diesem Übeltäter. Wenn Yudhishthir von den Würfeln vergiftet seinem Zorn nachgibt, und Bhima, Arjuna und die Zwillinge ihm folgen, wer wird euch dann in der Stunde der Verwirrung noch Zuflucht gewähren?

Oh großer König, du bist doch selbst eine Mine von Reichtum. Du kannst auf andere Weise mehr Wohlstand gewinnen als durchs Würfeln. Warum denkst du, daß du gewinnst, wenn du den Pandavas etwas wegnimmst? Gewinne dir die Pandavas, und sie werden dir mehr Reichtum sein, als sie besitzen. Wir alle wissen, wie Shakuni spielt. Dieser König der Berge kennt viele ruchlose Würfeltricks. Laß ihn dahin gehen, woher er kam. Und bekriege nicht die Pandavas, oh Bharata!
 
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64 – Ein Mann wird zum Feind, wenn er unverzeihliche Worte spricht.
Es gibt nur einen Herrscher und alle handeln genau nach seinem Willen


Wer den anderen mit Gewalt kontrollieren möchte, wird zum Feind
Nur ein Kind will einen Freund haben und später findet
in ihm
nur noch Fehler
Ein Mensch mit einen verdorbenen Herzen kann niemals auf den rechten Pfad geführt werden

Es geben schon viele sündige Menschen in dieser Welt, die immer angenehme Worte sprechen

Das Denken der Schurken:
Nur der Mann ist ernst zu nehmen, der seinen Lieben Erfolg und den Ungeliebten Niederlage wünscht.



Duryodhana entgegnete: Oh Khatta, du lobst immer den Ruhm unserer Gegner und setzt dabei die Söhne Dhritarashtras herab. Wir wissen schon, wen du wirklich magst, oh Vidura. Denn uns achtest du gering wie Kinder. Nur der Mann ist ernst zu nehmen, der seinen Lieben Erfolg und den Ungeliebten Niederlage wünscht. Lob und Tadel verteilt er entsprechend. Doch deine Zunge verrät deinen Geist und dein Herz. ...Die Weisen sagen, daß es kein schwereres Übel gibt, als den eigenen Beschützer zu kränken. Wie kommt es, oh Khatta, daß du diese Sünde nicht fürchtest? Wenn wir unsere Gegner besiegen, gibt uns das große Vorteile. So halte deine harten Worte uns gegenüber zurück.

Ein Mann wird zum Feind, wenn er unverzeihliche Worte spricht. Und wenn der Feind gelobt wird, sollten keinesfalls die Geheimnisse der eigenen Seite ausgeplaudert werden. (Doch du mißachtetst diese Regel.) Warum, oh du Parasit, bedrängst du uns so? Du sagst nur, was du dir selbst wünschst. Kränke uns nicht mehr... Wir fragen dich nicht, was gut für uns ist. Sei still, und verwirre uns nicht noch mehr, wo wir schon durch deine Hand genug gelitten haben.

Es gibt nur einen Herrscher, und nicht zwei. Und der eine beherrscht sogar das Kind im Mutterleib. Auch ich werde von ihm beherrscht. Wie Wasser immer abwärts fließt, so handle ich genau nach seinem Willen. Wer sich den Kopf an einer Steinmauer stößt oder eine Schlange nährt, wird in seinen Handlungen vom eigenen Intellekt geleitet. (Und so auch ich.) Doch wer den anderen mit Gewalt kontrollieren möchte, wird zum Feind. Wenn Ratschlag mit freundlicher Absicht angeboten wird, wird der Schüler ihn geduldig annehmen. Doch wer etwas so leicht Brennbares wie Kampfer in Flammen setzt, wird dessen Asche nicht mehr erleben, wenn er nicht eilig löscht. Niemand sollte dem Freund eines Feindes Zuflucht gewähren, oder einem Neidischen oder Bösartigen. Daher, oh Vidura, geh lieber fort. Eine unkeusche Frau, auch wenn sie gut behandelt wird, verrät ihren Ehemann doch.

Vidura sprach noch einmal zu Dhritarashtra: Oh Monarch, sag uns als unvoreingenommener Zeuge, was du von dem Betragen derjenigen hältst, die ihre Dienenden beschimpfen, weil sie ihnen Ratschläge geben. Ja, die Herzen von Königen sind launenhaft. Zuerst sichern sie Schutz zu, und dann schlagen sie doch mit Keulen los. Oh Prinz Duryodhan, du erachtest dich als reif an Intellekt und mich als Kind. Doch bedenke in deinem schlechten Herzen, daß jener ein Kind ist, der einen erst als Freund haben will und später nur noch Fehler in ihm findet. Ein Mensch mit einen verdorbenen Herzen kann niemals auf den Pfad der Rechtschaffenheit geführt werden, gerade wie eine unzüchtige Ehefrau im Haus eines Wohlgeborenen.

Deswegen ist dir, du Bulle der Bharatas, Belehrung unangenehm, wie ein sechzigjähriger Ehemann einer jungen Gattin unangenehm ist. Doch wenn du nur angenehme Worte über sowohl gute als auch üble Taten hören möchtest, oh König, dann frag (hoffnungslos verliebte) Frauen, Idioten oder (geistige) Krüppel. Es gab schon viele sündige Menschen in dieser Welt, die immer angenehme Worte sprachen. Doch die Menschen, die unangenehme und doch heilende Worte sprechen oder anhören, sind sehr selten. Nur der ist ein wahrer Verbündeter des Königs, der nicht darauf achtet, ob etwas angenehm oder unangenehm für seinen Meister klingt, sich selbst tugendhaft beträgt und immer das ausspricht, was heilsam für den König ist, auch wenn es unangenehm scheinen mag.

Oh großer König, trink das, was die Wahrhaften trinken und die Unaufrechten meiden. Die Ehrbaren trinken Demut, auch wenn sie wie Medizin bitter, scharf und brennend, unangenehm, abscheulich und nicht berauschend ist. Trink davon und gewinne dir deine Besonnenheit wieder, oh König. Ich wünsche Dhritarashtra und seinen Söhnen allseits Reichtum und Ruhm im Überfluß. Möge nun geschehen, was geschehen mag. Ich verbeuge mich vor dir und ziehe mich zurück. Mögen die Brahmanen mir wohlgesonnen sein. Oh Sohn des Kuru, denn folgende Lektion habe ich gründlich verinnerlicht: Daß die Weisen niemals die Nattern erzürnen sollten, die schon mit ihren Blicken Gift versprühen.
 
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65 Wer einmal vergiftet ist, sinkt wie gelähmt immer tiefer hinab und kann sich nicht befreien
Yudhishthir verliert sich selbst, seine Brüder und Draupadi und werden somit Sklaven.

Shakuni sprach: Nun, Yudhishthir, vom Reichtum der Pandavas ist nicht mehr viel übrig. Wenn du irgend etwas noch nicht verloren hast, dann sag uns, was es ist.
Yudhishthira sprach: Oh Sohn des Suvala, ich weiß, daß mein Reichtum ungezählt ist. Doch warum fragst du nach dem meinen? Setz du nur tausend und Millionen, zehntausend Millionen, hundert Millionen, zehn, hundert und tausend Milliarden, Trilliarden und Quadrillionen dazu. Ich habe soviel. Darum, oh König, werde ich mit dir spielen.
Shakuni war bereit, die Würfel fielen trickreich und unfair, und Shakuni sprach: Sieh, Yudhishthira, ich habe gewonnen.

Yudhishthira sprach: Ich habe ungezählte Herden an Pferden, Milchkühen mit Kälbern, Ziegen und Schafe im Land, welches sich von Parnasha bis zum östlichen Ufer der Sindhu erstreckt. Um diesen Reichtum werde ich mit dir spielen.
Shakuni warf und sprach: Sieh, ich habe gewonnen.
...
Yudhishthira sprach: Diese Prinzen hier, die in ihren Ornamenten, Ohrringen, Nishkas und all dem königlichen Schmuck an ihren Körpern strahlen, sind nun mein Reichtum. Sie setze ich, oh König.
Doch Shakuni war bereit, die Würfel fielen trickreich, und er rief: Siehe, ich habe sie gewonnen.

Yudhishthira sprach: Schau auf den jungen Nakula mit den starken Armen, den roten Augen und dem breiten Nacken. Er ist mein Einsatz.
Shakuni erwiderte: Prinz Nakula ist dir lieb, oh König Yudhishthira, und eigentlich haben wir ihn schon gewonnen. Mit wem als Einsatz kannst du noch spielen?
Noch einmal warf Shakuni die Würfel und sprach: Siehe, ich habe ihn sicher für uns gewonnen.

Yudhishthira sprach: Schau auf Sahadeva, welcher für Rechtschaffenheit steht. Er hat sich auch einen guten Ruf in der Welt aufgrund seiner Gelehrtheit errungen. Er verdient es nicht, gesetzt zu werden, und doch werde ich um ihn spielen, denn er ist mir lieb und teuer. Ich setze ihn, als ob er mir gar nicht lieb wäre.
Shakuni fuhr fort und sprach: Sieh nur, ich habe gewonnen, Yudhishthira. Nun, oh König, die Söhne der Madri sind nun unser. Ich denke, daß du nun wohl auch Bhima und Arjuna als Einsatz in Erwägung ziehen wirst.

Yudhishthira antwortete: Oh du Lump, du handelst sündhaft und mißachtest die Moral, wenn du versuchst, Zwist unter denen auszusäen, die einen Herzens sind.
Shakuni sprach: Wer einmal vergiftet ist, sinkt wie gelähmt immer tiefer hinab und kann sich nicht befreien. Du bist älter als wir, oh König, und verfügst über die höchste Vervollkommnung. Oh Bulle der Bharatas, ich bitte um Vergebung und verbeuge mich vor dir. Du weißt doch, oh Yudhishthira, daß Spieler in der Hitze des Spiels solche Redensarten benutzen, die sie sonst niemals aussprechen würden, weder wach noch träumend.

Yudhishthira sprach: Er trägt uns wie ein Boot zum anderen Ufer in der Schlacht. Er ist immer siegreich über die Feinde. Er, der in dieser Welt den einen Helden verkörpert und über größte Tatkraft verfügt. Wie unverdient es auch sei, um ihn, um Arjuna als meinen Einsatz, spiele ich nun mit dir.
Shakuni hielt schon die betrügerischen Würfel bereit und rief: Siehe, ich habe gewonnen! Dieser Beste aller Bogenschützen, der beide Hände mit gleichem Geschick benutzt, wurde von mir gewonnen. Oh König, spiele nun um den Schatz, der dir noch bleibt. Spiele um Bhima, deinen lieben Bruder als Einsatz.

Yudhishthira sprach: Auch er hat es nicht verdient, beim Spielen gesetzt zu werden. Doch ich setze ihn, Bhima, ...
Shakuni hörte, warf mit faulen Tricks die Würfel und sprach:
Siehe, ich habe ihn gewonnen. Nun Sohn der Kunti, hast du allen Reichtum verloren, Pferde, Elefanten und sogar deine Brüder. Sag, gibt es etwas, was du noch nicht verspielt hast?

Yudhishthira antwortete: Ich allein, der älteste der Brüder und von ihnen geliebt, bin noch übrig. Wenn du mich gewinnst, werde ich tun, was einer zu tun hat, der gewonnen wurde.
Und wieder fielen die Würfel auf unfaire Weise und Shakuni sprach: Siehe, ich habe gewonnen. Du hast dich selbst zum Gewinnen frei gegeben. Das ist eine große Sünde. Doch dir bleibt immer noch Reichtum übrig, oh König. Und daß du dich selbst verspielt hast, ist daher äußerst sündhaft.

Dann informierte Shakuni alle anwesenden Könige, daß er nacheinander alle Pandavas und sogar Yudhishthira selbst gewonnen hatte. Danach wandte er sich erneut an Yudhishthira und sprach:
Nun König, es gibt noch einen Einsatz, der dir lieb ist und den ich noch nicht gewonnen habe. Setze du Draupadi, die Prinzessin von Panchala. Und gewinn dich durch sie selbst zurück.

Yudhishthira sprach: Mit Draupadi als Einsatz, die weder kurz noch lang, weder dünn noch korpulent ist und dunkle Locken hat, werde ich nun mit dir spielen. ...

Als dies der kluge Yudhishthira ausgesprochen hatte, da riefen die Alten und Erfahrenen laut: „Schande! Oh Schande!“. Die ganze Menge war aufgeregt und alle Könige traurig. Bhishma, Drona und Kripa waren schweißbedeckt. Vidura hielt den Kopf in den Händen und saß da, als ob er seinen Verstand verloren hätte. Sein Gesicht war nach unten gekehrt, und sinnend zischte er wie eine Schlange vor sich hin. Doch Dhritarashtra fragte freudig erregt immer wieder: „Hat er den Einsatz gewonnen?“, und konnte seine Gefühle nicht verbergen. Karna, Dushasana und andere lachten laut, während andere in der Menge bittere Tränen weinten. Stolz auf sein Können und seinen Erfolg und vor Aufregung bebend ergriff Shakuni die Würfel und rief:
Dies ist der Einsatz, der dir lieb ist und siehe, ich habe gewonnen!

Dann nahm er die Würfel an sich, die ihren Dienst getan hatten.
 
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66 –
Nur niedere Menschen schleudern allen Arten von Menschen unverschämte Worte entgegen

Unehrlichkeit ist eine der Türen zur Hölle

Duryodhana rief: Komm, Vidura, und bring Draupadi her, die liebe und geliebte Ehefrau der Pandavas. Zwing sie dazu, die Kammern zu fegen. Die Unglückliche soll dort wohnen, wo die Zofen sind.
Vidura antwortete: Weißt du denn nicht, du Übelgesinnter, daß du mit solch unverschämten Worten dich selbst mit Stricken bindest? Erkennst du denn immer noch nicht, daß du an der Kante eines Abgrunds hängst? Siehst du denn nicht, daß du als Hirsch viele Löwen reizt? Rasende und tödliche Giftschlangen winden sich um dein Haupt. Reize sie nicht noch mehr, du Unwissender, denn sonst triffst du bald auf Yama.

Draupadi kann meiner Meinung nach nicht zur Sklavin gezwungen werden, denn sie wurde vom König gesetzt, nachdem er sich selbst verloren hatte und nicht mehr sein eigener Herr war. Wie der Bambus, der seine Früchte nur kurz vor seinem Tod trägt, gewinnt sich der Sohn von Dhritarashtra die Schätze dieses Spiels. Er ist völlig vergiftet und begreift nicht einmal in seinen letzten Momenten, daß dieses Würfelspiel Feindschaft und gräßliche Gewalt hervorbringt. Niemand sollte grobe Worte fallen lassen, welche die Herzen anderer durchbohren. Niemand sollte seine Feinde durchs Würfelspiel oder andere faule Tricks besiegen. Niemand sollte Worte aussprechen, die von den Veden getadelt werden und zur Hölle führen, weil sie andere kränken. Denn wenn einmal den Lippen solche grausamen Worte entschlüpft sind, dann brennen sie im anderen Tag und Nacht. Solche Worte durchbohren das Herz, und deswegen sollten die Gelehrten niemals solche Worte auf andere richten.

Einmal verschluckte eine Ziege einen Haken und verletzte sich damit. Der Jäger mußte den Kopf des Tieres auf den Boden legen und gewaltsam an seiner Kehle reißen, um den Haken herausziehen zu können. Schlucke niemals den Reichtum der Pandavas, oh Duryodhana. Mach sie nicht zu deinen Feinden. Die Söhne von Pritha sagen nie solche Worte. Nur niedere Menschen, die Hunden gleichen, schleudern allen Arten von Menschen unverschämte Worte entgegen, egal ob sie in Wäldern oder Siedlungen leben und asketisch oder gelehrt sind.

Schande, der Sohn Dhritarashtras weiß nicht, daß Unehrlichkeit eine der Türen zur Hölle ist. Weh, viele der Kurus und unter ihnen Dushasana folgen ihm auf diesem unehrlichen Pfad des Würfelspiels. Und wenn auch Kürbisse und Boote im Wasser versinken und Steine schwimmen lernen würden, dieser törichte Sohn von Dhritarashtra hört nicht auf meine Worte, die ihm Heilung sein können. Zweifellos will er die Vernichtung der Kurus. Wenn weise und heilende Worte von Freunden nicht erhört werden, dafür aber die Maßlosigkeit regiert, wird es sicher zu einer gräßlichen und umfassenden Vernichtung kommen, die alle Kurus betrifft.
 
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66 –
Nur niedere Menschen schleudern allen Arten von Menschen unverschämte Worte entgegen

Unehrlichkeit ist eine der Türen zur Hölle

Duryodhana rief: Komm, Vidura, und bring Draupadi her, die liebe und geliebte Ehefrau der Pandavas. Zwing sie dazu, die Kammern zu fegen. Die Unglückliche soll dort wohnen, wo die Zofen sind.
Vidura antwortete: Weißt du denn nicht, du Übelgesinnter, daß du mit solch unverschämten Worten dich selbst mit Stricken bindest? Erkennst du denn immer noch nicht, daß du an der Kante eines Abgrunds hängst? Siehst du denn nicht, daß du als Hirsch viele Löwen reizt? Rasende und tödliche Giftschlangen winden sich um dein Haupt. Reize sie nicht noch mehr, du Unwissender, denn sonst triffst du bald auf Yama.

Draupadi kann meiner Meinung nach nicht zur Sklavin gezwungen werden, denn sie wurde vom König gesetzt, nachdem er sich selbst verloren hatte und nicht mehr sein eigener Herr war. Wie der Bambus, der seine Früchte nur kurz vor seinem Tod trägt, gewinnt sich der Sohn von Dhritarashtra die Schätze dieses Spiels. Er ist völlig vergiftet und begreift nicht einmal in seinen letzten Momenten, daß dieses Würfelspiel Feindschaft und gräßliche Gewalt hervorbringt. Niemand sollte grobe Worte fallen lassen, welche die Herzen anderer durchbohren. Niemand sollte seine Feinde durchs Würfelspiel oder andere faule Tricks besiegen. Niemand sollte Worte aussprechen, die von den Veden getadelt werden und zur Hölle führen, weil sie andere kränken. Denn wenn einmal den Lippen solche grausamen Worte entschlüpft sind, dann brennen sie im anderen Tag und Nacht. Solche Worte durchbohren das Herz, und deswegen sollten die Gelehrten niemals solche Worte auf andere richten.

Einmal verschluckte eine Ziege einen Haken und verletzte sich damit. Der Jäger mußte den Kopf des Tieres auf den Boden legen und gewaltsam an seiner Kehle reißen, um den Haken herausziehen zu können. Schlucke niemals den Reichtum der Pandavas, oh Duryodhana. Mach sie nicht zu deinen Feinden. Die Söhne von Pritha sagen nie solche Worte. Nur niedere Menschen, die Hunden gleichen, schleudern allen Arten von Menschen unverschämte Worte entgegen, egal ob sie in Wäldern oder Siedlungen leben und asketisch oder gelehrt sind.

Schande, der Sohn Dhritarashtras weiß nicht, daß Unehrlichkeit eine der Türen zur Hölle ist. Weh, viele der Kurus und unter ihnen Dushasana folgen ihm auf diesem unehrlichen Pfad des Würfelspiels. Und wenn auch Kürbisse und Boote im Wasser versinken und Steine schwimmen lernen würden, dieser törichte Sohn von Dhritarashtra hört nicht auf meine Worte, die ihm Heilung sein können. Zweifellos will er die Vernichtung der Kurus. Wenn weise und heilende Worte von Freunden nicht erhört werden, dafür aber die Maßlosigkeit regiert, wird es sicher zu einer gräßlichen und umfassenden Vernichtung kommen, die alle Kurus betrifft.
Ganz schön cholerisch dieser Vidura. Nur, weil Duryodhana gesagt hat, Draupadi soll ein paar Zimmer kehren, droht er Duryodhana mit rasenden und tödlichen Giftschlangen? Völlig überzogen!
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67 – Moral ist die höchste Tugend
Wenn diese geehrt wird, spendet dies sicherlich Segen


Draupadi wird geholt

Vom Hochmut vergiftet sprach der Sohn von Dhritarashtra: Schande über Vidura!
Dann blickte Duryodhana den Pratikamin (Saaldiener) an und befahl ihm: Geh, Pratikamin, und bring Draupadi her. Hab keine Angst vor den Söhnen des Pandu. Nur Vidura wettert ängstlich daher, weil er uns den Wohlstand nicht gönnt.

Gehorsam und eilends begab sich der Suta zur Wohnstatt der Pandavas und trat wie ein Hund, der sich der Höhle des Löwen nähert, vor Königin Draupadi. Er sprach: Yudhishthir wurde von den Würfeln übermannt, und Duryodhana hat dich, oh Königin, gewonnen. Folge mir also in das Haus Dhritarashtras. Ich werde dich hinführen und dir niedere Arbeit geben, oh Draupadi.

Draupadi erwiderte: Warum sagst du das, oh Pratikamin? Welcher Prinz würde seine Frau verspielen? Der König war sicher von den Würfeln vergiftet. Konnte er denn keinen anderen Einsatz finden?
Pratikamin antwortete: Er hat dich erst verspielt, als er nichts anderes mehr besaß. Erst hat er seine Brüder riskiert, dann sich selbst und schließlich dich, oh Prinzessin, und alles verloren.

Da sprach Draupadi: Oh Sohn eines Suta, geh und frag den Spieler in der Versammlung, wen er zuerst verloren hat: sich selbst oder mich. Finde das heraus und komm wieder zurück. Dann magst du mich abholen.
Der Bote kehrte in die Halle zurück und richtete alles aus, was Draupadi gesprochen hatte. Er wandte sich an Yudhishthira, welcher inmitten der Könige saß: Draupadi fragt dich: Wessen Herr warst du, als du mich im Spiel verlorst? Hast du zuerst dich oder mich verloren?

Doch Yudhishthira saß wie betäubt und ohne Verstand und gab dem Suta keine Antwort. Da sprach Duryodhana:
Die Prinzessin von Panchala soll herkommen und ihre Frage selbst stellen. Jeder hier in der Versammlung soll die Worte hören, die zwischen ihr und Yudhishthira gesprochen werden.

Gehorsam ging der Bote noch einmal zum Palast und sprach bekümmert zu Draupadi:
Oh Prinzessin, die Versammlung ruft dich zu sich. Es scheint, das Ende der Kauravas steht bevor, denn wenn Duryodhana dich vor die Versammlung bestellt, dann wird dieser verrückte König seinen Wohlstand nicht länger beschützen können.

Draupadi antwortete: Der große Bestimmer dieser Welt hat es wohl so angeordnet. Sowohl Glück als auch Elend halten bei weisen und unweisen Menschen gleichermaßen Hof. Und es wird gesagt, daß Moral die höchste Tugend ist. Wenn diese geehrt wird, spendet uns dies sicherlich Segen. Möge die Moral die Kauravas nicht verlassen. So geh nun zurück in diese Halle und wiederhole diese tugendhaften und moralischen Worte. Ich bin bereit zu tun, was die Älteren, Tugendhaften und mit Moral Vertrauten mir ausrichten lassen.

Dies tat der Suta, doch alle saßen nur mit gesenkten Häuptern und sprachen kein Wort, denn sie wußten um die begierige Entschlossenheit von Dhritarashtras Sohn. Mittlerweile schickte Yudhishthir einen vertrauten Boten zu Draupadi, der ihr folgendes ausrichten sollte:
Panchali soll in die Sabha kommen und vor ihren Schwiegervater treten, auch wenn sie bitterlich weint und wegen ihrer Periode nur ein Kleid mit entblößtem Nabel trägt.

Während der kluge Bote die Nachricht zu Draupadi trug, konnten die Pandavas in ihrer verzweifelten Not und durch ihr Wort gebunden nicht entscheiden, was sie tun sollten. König Duryodhana schaute lange in ihre Gesichter und befahl dann mit freudigem Herzen dem Suta:
Geh, Pratikamin, bring sie her. Die Kauravas sollen ihr die Frage direkt beantworten.
Diesmal fürchtete der Suta Draupadis Zorn. Er verleugnete seine Klugheit und fragte: Was soll ich Krishnaa (Draupadi) diesmal sagen?

Als Duryodhana dies vernahm, sprach er zu Dushasana: Ach Dushasana, geh du und bring die Tochter von Drupada eben mit Gewalt her. Dieser nicht allzu kluge Sohn eines Suta fürchtet Bhima. Doch unsere anwesenden Feinde hängen im Augenblick von unserem Willen ab. Was könnten sie dir schon tun?

Mit blutroten Augen folgte Dushasan den Worten seines Bruders, betrat das Haus der großen Krieger und sprach zur Prinzessin:
Komm, komm, oh Krishnaa, Prinzessin von Panchala, wir haben dich gewonnen. Gib deine Zurückhaltung auf und tritt vor Duryodhan. Oh du mit den großen Augen wie Lotusblätter, akzeptiere die Kauravas als deine Herren. Du wurdest rechtens gewonnen, nun komm schon, und begleite mich in die Halle.

In größter Not sprang da Draupadi auf, bedeckte ihr bleiches Gesicht mit den Händen und floh aufgelöst zu den Räumen, in denen sich die Damen von Dhritarashtras Haushalt aufhielten. Ärgerlich brüllend folgte Dushasana ihr und ergriff die Königin an ihren langen, dunklen und glänzenden Locken. Weh, diese Locken, die einst mit Wasser besprüht wurden, welches im großen Rajasuya Opfer mit Mantras geweiht worden war, ergriff nun der Sohn Dhritarashtras mit Gewalt und mißachtete die Macht der Pandavas.

Er zerrte die Dame an ihren langen, langen Locken vor die Versammlung, als ob sie hilflos wäre und keine mächtigen Beschützer hätte, und machte sie zittern wie eine Bananenstaude im Sturm. Mit gekrümmtem Körper wimmerte die so gewaltsam Gezogene:
Lump! Grober Schuft! Es wird dir schlecht bekommen, daß du mich vor die Versammlung nötigst. Ich bin in meiner unreinen Zeit und trage nur ein Kleidungsstück.

Doch unbeeindruckt zerrte Dushasana sie weiter und sprach grob zu ihr, die mitleiderregend zu Krishnaa und Jishnu (Nara und Narayana) betete:
Ob du deine Tage hast oder nicht, ob du nur ein Kleid trägst oder völlig nackt bist, du wurdest beim Würfelspiel gewonnen und bist nun unsere Sklavin. Du gehörst jetzt zu unseren Dienerinnen.

Mit zerzaustem Haar und nur noch halbbekleidet wurde die scheue Draupadi von ihrem Peiniger in die Versammlung gezerrt und sprach niedergeschlagen und schwach vor Wut:
In dieser Menge sind vielseitig gelehrte Männer versammelt, welche alle Opfer und Riten kennen und Indra (Iehova) in Heldenmut gleichen. Einige sind meine Gurus und andere schätze ich gleichermaßen. In diesem Zustand kann ich nicht vor sie treten. Du Lump, du grausamer Mann, entblöße mich nicht und zerr nicht so an mir. Die Prinzen werden es dir nie verzeihen, selbst wenn die Götter selbst deine Verbündeten wären.

Der hochbeseelte Sohn von Dharma (Richter der Toten), Yudhishthir, ist durch Forderungen der Moral gebunden, und die Wege von Dharma sind subtil. Nur, wer große Klarheit der Sicht hat, kann sie erkennen. Ich bin nicht geneigt, auch nur einen winzigen Makel an meinem Ehemann zuzugeben, wenn ich seine Tugenden bedenke. Es ist ein äußerst unwürdiger Akt, mich so vor die versammelten Kuru Helden zu zerren, während ich meine Periode habe. Doch niemand tadelt dich hier. Sie sind wohl alle deiner Meinung.

Oh Schande! Wenn alle Kurus in dieser Halle schweigend diese Tat dulden, die alle Grenzen der Kuru Moral übertritt, dann ist die Tugend der Bharatas zerstört, und die Bräuche der Kshatriyas (Krieger) sind vernichtet. Drona, Bhishma, Vidura und König Dhritarashtra haben ihre Größe verloren, denn warum sonst könnten die Alten und Weisen des Kuru Geschlechts diesem Verbrechen stillschweigend zuschauen?

So weinte die schlankhüftige Draupadi elendig in der Sabha und warf verzweifelte Blicke auf ihre bereits wütend entflammten Ehemänner, die dadurch noch wütender wurden. Der Verlust all ihrer kostbaren Güter und ihres Reiches hatte sie nicht so erregt, wie der scheue und gleichzeitig zornige Blick ihrer Gattin. Doch die Pandavas waren hilflos, und Dushasana zog immerfort gewaltsam an Draupadi, während er laut lachend „Sklavin! Sklavin!“ rief. Karna stimmte freudig in das Gelächter ein und auch Shakuni lobte Dushasan. Doch alle anderen, außer Duryodhana, erfüllte die Behandlung Draupadis mit tiefer Trauer.

Da ergriff Bhishma das Wort:
Oh gesegnete Dame, die Moral ist subtil. Ich bin nicht in der Lage, deine Frage zu beantworten, ob einer, der keine Habe mehr hat, die Habe anderer setzen kann. Denn Frauen sind auch immer unter der Kontrolle ihrer Ehemänner. Yudhishthir kann der ganzen Welt mit all ihren Schätze entsagen, doch er wird niemals die Moral opfern. So hat der Sohn des Pandu zugegeben: „Ich wurde gewonnen.“ Und daher kann ich die Sache nicht entscheiden. Es gibt keinen Ebenbürtigen für Shakuni im Würfelspiel. Yudhishthir hat freiwillig mit ihm gewürfelt und nicht gegen das betrügerische Spiel protestiert. Ich kann die Sache nicht entscheiden.

Draupadi sprach:
König Yudhishthir wurde in diese Versammlung und zu diesem Würfelspiel mit erfahrenen, geschickten, unnachgiebigen und hinterhältigen Spielern berufen, obwohl er kein Geschick im Spiel hat. Wie kannst du sagen, daß er freiwillig gesetzt hat? Der Anführer der Pandavas wurde von diesen zusammen agierenden Lumpen mit trickreichem Betragen und unheiligen Instinkten erst getäuscht und dann besiegt. Er konnte ihre Manöver gar nicht verstehen, doch nun ist es geschehen. Es sind hier in dieser Halle Kurus versammelt, welche sowohl die Herren ihrer Söhne als auch ihrer Schwiegertöchter sind. Überdenkt alle gründlich meine Worte und entscheidet sorgfältig.

So weinte und klagte Draupadi und warf mitleiderregende Blicke auf ihre hilflosen Gatten, während Dushasan viele unflätige und grobe Worte sprach. Bhima konnte den Anblick von Draupadi nicht länger ertragen, wie sie in ihrer Periode gestoßen und gezogen wurde mit halb losem Kleid und dies alles nur wenig verdiente. Unerträglich erregt faßte Bhima seinen Bruder Yudhishthir ins Auge und gab seinem Zorn mit Worten freien Lauf.
 

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Dyuta Parva – Das Würfelspiel


68 – Moral der Krieger:
Wenn wir ein an uns herangetragenes Problem nicht entscheiden, gehen wir sicherlich alle zusammen in die Hölle ein
Jagen, Trinken, Spielen übermäßiger Genuss von Frauen sind die vier Laster von Königen
Ein Mann, der nach diesen vier süchtig ist, lebt ohne Tugend.

Bhima sprach:Oh Yudhishthir, Spieler haben in ihrem Haus viele Frauen mit losem Charakter, doch sie setzen sie nicht, denn sie sind ihren Frauen freundlich gesinnt. Der König von Kasi gab soviel Reichtum aller Art, Juwelen, Tiere, Rüstungen, Waffen und vieles mehr, was auch die anderen Könige der Erde gaben. Nun hat der Feind all dies, unser Königreich, dich selbst und uns auch gewonnen. Doch all dies hat meinen Zorn nicht erregt, denn du bist unser Herr. Doch daß du Draupadi gesetzt hast, das erachte ich als höchst unanständige Tat. Das unschuldige Mädchen verdient diese Behandlung nicht von uns als ihren Ehemännern. Nur wegen dir wird sie nun von den gemeinen, verabscheuungswürdigen, grausamen und niederträchtigen Kauravas geschunden. Wegen ihr fällt mein Zorn auf dich. Ich sollte deine Hände verbrennen. Sahadeva, bring mir Feuer.

Doch Arjuna sprach: Bhima, niemals zuvor hast du so etwas gesagt. Deine hohe Moral muß von diesen grausamen Feinden zerstört worden sein. Erfülle nicht die Wünsche des Feindes. Übe hohe Moral. Wem steht es zu, den tugendhaften älteren Bruder zu verletzen? Der König wurde vom Feind gerufen, und er folgte der Kshatriya Moral, indem er seinen Willen bezwang und dieses Spiel ertrug. Dies ist sicherlich unserem großen Ruhm förderlich.

Bhima antwortete: Ich war mir nicht bewußt, oh Arjuna, daß der König den Gebräuchen der Kshatriyas folgte, sonst hätte ich schon mit ganzer Kraft seine Hände gepackt und sie im lodernden Feuer verbrannt.

Als nächstes meldete sich Vikarna, der Sohn Dhritarashtras, zu Wort, als er die erregten Pandavas und die weinende Draupadi sah:
Ihr Könige, beantwortet die Frage, die Draupadi gestellt hat. Wenn wir ein an uns herangetragenes Problem nicht entscheiden, gehen wir sicherlich alle zusammen in die Hölle ein. Wie kann es sein, daß die Älteren des Kuru Geschlechts, wie Dhritarashtra oder der hochbeseelte Vidura, nichts dazu sagen? Drona und Kripa, unsere Lehrer, sind hier. Warum beantworten diese Besten der Zweifachgeborenen nicht die Frage? Laßt die Könige einer nach dem anderen ihre Meinung dazu sagen und dabei alle gewinnsüchtigen oder verärgerten Motive beiseite lassen. Ihr Könige, antwortet der gesegneten Draupadi auf ihre Frage und sprecht nach reiflicher Überlegung aus, auf welcher Seite ihr steht.

So drang Vikarna immer und immer wieder in all die versammelten Könige. Doch kein Wort, weder böse noch gut, wurde ihm zur Antwort gegeben. Schließlich rieb der Prinz seine Hände aneinander, zischte wie eine Schlange und sprach:
Könige der Erde, Kauravas, ob ihr mir nun antworten wollt oder nicht, ich werde aussprechen, was ich für gerecht und angemessen halte. Ihr vorzüglichen Männer wißt, was gesagt wird. Daß nämlich Jagen, Trinken, Spielen und übermäßiger Genuß von Frauen die vier Laster von Königen sind. Ein Mann, der nach diesen vier süchtig ist, lebt ohne Tugend. Und die Menschen respektieren nicht die Taten eines Mannes, der in untugendhafte Handlungen verstrickt ist. Der Sohn des Pandu war zutiefst ins üble Spiel verstrickt, zu dem ihn betrügerische Spieler gedrängt hatten, als er Draupadi setzte. Doch die unschuldige Draupadi ist die gemeinsame Gattin aller fünf Brüder. Zuerst verlor der König sich selbst, und dann erst setzte er seine Frau. Außerdem hat ihn der wettbegierige Sohn von Suvala hartnäckig dazu gedrängt. Wenn ich auf diese Weise alle Umstände bedenke, erachte ich Draupadi nicht als gewonnen.

Nach diesen Worten erhob sich ein lauter Tumult in der Halle und alle Könige lobten Vikarna, während sie Shakuni tadelten. Doch Karna, der Sohn von Radha, wurde durch das zustimmende Getöse höchst ärgerlich. Er schwenkte seine wohlgeformten Arme und rief:
Oh Vikarna, viele gegnerische und widersprüchliche Einflüsse sind in dieser Versammlung zu vernehmen. Wie ein Holzbündel erst das Feuer nährt und dann von ihm verschlungen wird, so wird dich dein Zorn verschlingen. Es gibt hier viele Männer, die kein Wort gesprochen haben, obwohl Draupadi sie drängte. Sie alle finden, daß die Tochter von Drupada rechtens gewonnen wurde. Du allein brichst in Zorn aus und sprichst hier wie ein Alter, obwohl du noch ein unreifer Junge bist. Oh jüngerer Bruder von Duryodhana, du weißt nicht, was Moral ist, wenn du behauptest, daß Draupadi nicht gewonnen wurde, wo doch alles rechtens war.

Oh Sohn des Dhritarashtra, wie kannst du dies sagen, wo doch der Älteste der Pandavas vor dieser Versammlung all seinen Besitz gesetzt hat? Und Draupadi gehört zu diesem Besitz von Yudhishthira. Warum meinst du nun, Krishnaa wäre nicht gewonnen? Draupadi wurde als Einsatz vorgeschlagen und die Pandavas haben zugestimmt. Aus welchem Grund bist du anderer Meinung? Wenn du denkst, daß es eine unangemessene Handlung war, sie hierher zu bringen in nur einem Kleid, dann höre meine guten Gründe an. Oh Sohn der Kurus, die Götter haben für eine Frau nur einen Ehemann bestimmt. Doch Draupadi hat mehrere Gatten. Daher ist sie bestimmt eine unzüchtige Frau. So sollte ihr Anblick in nur einem Kleid oder sogar unbedeckt niemanden verwundern. All der Reichtum der Pandavas, sie selbst und Draupadi wurden rechtens durch Shakuni gewonnen. Oh Dushasana, die scheinbar weisen Worte von Vikarna sind nur die eines Jungen. Zieh den Pandavas und auch Draupadi ihre Kleider aus!
 
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69 – Draupadi befragt noch einmal die Versammlung

Draupadi sprach: Warte einen Moment, du grober Mann, du übelgesinnter Dushasan. Ich habe eine hohe Pflicht, welcher ich noch nicht folgen konnte. Wenn mir auch durch des Lumpen starke Arme meine Sinne vergehen, grüße ich nun doch die Altehrwürdigen in dieser Versammlung der Kurus. Es ist nicht meine Schuld, daß ich es nicht eher tat.

Dann fiel die von Dushasana gezogene, hilflose und bebende Draupadi zu Boden und weinte vor aller Augen:
Weh! Nur einmal wurde ich von der Versammlung der Könige gesehen, und das war bei meiner Gattenwahl im Amphitheater. Nicht einmal Wind oder Sonne erblickten mich im Palast, und nun bin ich den starren Blicken der Menge preisgegeben. Weh! Die Söhne des Pandu konnten es zuvor nicht leiden, wenn der Wind mich berührte. Doch nun müssen sie mit ansehen, wie dieser Grobian mich gewaltsam ergreift. Weh! Die Kauravas leiden bei diesem Anblick auch um ihre zitternde Tochter und Schwiegertochter, welche diese Behandlung nicht verdient.

Es scheint, die Zeit ist aus den Fugen. Was könnte schlimmer für eine keusche und hochgeborene Dame sein, als vor aller Augen zu Hofe gezwungen zu werden? Wo ist die Tugend, für die all diese Könige bekannt sind? Es ist bekannt, daß in alter Zeit die Könige niemals ihre Ehefrauen vor den Königshof brachten. Weh! Der alte Brauch ist den Kauravas verloren gegangen. Denn wie sonst könnte es geschehen, daß die züchtige Ehefrau der Pandavas und die Schwester von Prishatas Sohn, dem Freund von Vasudeva, hier vor alle Augen gebracht wird?

Ihr Kauravas, ich bin die rechtmäßige Gattin von König Yudhishthir dem Gerechten, und von selbem Rang wie der König. Sagt mir, ob ich wirklich eine Dienerin bin, und ich werde freudig eure Antwort akzeptieren. Doch dieser grausame Lump, der Vernichter des Ruhmes der Kurus, bedrängt mich hart. Ich kann dies nicht länger ertragen. Gebt mir eure Antwort, ob ich gewonnen wurde oder nicht. Ich werde eure Antwort akzeptieren, egal wie sie lauten möge.

Da sprach Bhishma erneut: Ich habe schon gesagt, oh gesegnete Dame, daß die Wege der Moral subtil sind. Sogar die berühmten Weisen verfehlen sie manchmal in dieser Welt. Was ein Starker als Moral beschreibt, wird von anderen geachtet, wie es auch immer sein möge. Doch wenn ein Schwacher über Moral spricht, wird dies kaum beachtet. Deine Frage betrifft eine Sache, die bedeutend, aber verworren und subtil ist. Ich bin nicht in der Lage, sie mit Sicherheit zu beantworten. Sicher ist nur, daß alle Kurus die Sklaven von Habsucht und Torheit geworden sind und die Vernichtung unseres Geschlechts bevorsteht.

Doch die Familie, oh Gesegnete, in welcher du Schwiegertochter geworden bist, weicht niemals vom Pfad der Tugend ab, auch wenn sie von größtem Elend angegriffen wird. Und dein Verhalten, oh Prinzessin von Panchala, ist deiner äußerst würdig, denn selbst in größter Not richtest du deinen Blick auf Tugend und Moral. Die Älteren hier, wie Drona und die anderen, sitzen mit gesenkten Häuptern und leblosen Körpern. Doch mir scheint, daß Yudhishthir die Frage beantworten sollte, ob du gewonnen wurdest oder nicht.
 
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