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Wellenspiel
Guest
Das ist recht präzise ausgedrückt, vielleicht etwas verkompliziert.Ich denke das Paradox, das hier beschrieben wird, hatte der Philosoph Nagarjuna im 2 Jh. behandelt.
Ist mal eine kleine Empfehlung.
Lg
Aus dem Link.
Es gibt einen Begriff von Wahrheit, der Richtigkeit bedeutet, und dem eine Falschheit korreliert. In der Welt der abhängigen Verhältnisse, d.h. in der Welt der Phänomene bedienen wir uns dieses Begriffs. Wir behaupten, etwas ist wahr bzw. unwahr und meinen damit, etwas ist richtig bzw. falsch.
Nun gibt es einen Begriff von Wahrheit, dem keine Falschheit korreliert. Eine solche Wahrheit ist die Leerheit (śūnyatā). Wenn alles leer ist, dann erübrigt sich die Frage, ob etwas richtig oder falsch sein kann. Nun berücksichtigt Nāgārjuna nur den kontradiktorischen und nicht den konträren Gegensatz. Aus diesem Grund hat er einen statischen Seinsbegriff; es lässt sich bei ihm kein Begriff des Werdens finden. Die Begriffe des Seienden und des Nichtseienden, von Saṃsāra und Nirvāna6 bilden kontradiktorische Gegensätze. Dagegen ist die Leerheit ein Begriff, zu welchem es weder einen kontradiktorischen noch einen konträren Begriff gibt, der etwas Reales (im Sinne von realitas = Sachgehalt) bezeichnet. Da es nichts gibt, was nicht nicht-leer ist, entzieht sich die Leerheit der Realität. Deshalb lässt sich von dieser Leerheit nichts Bestimmtes behaupten. Zum einen bezeichnet sie jene Grauzone zwischen dem Seienden und dem Nichtseienden, weshalb sie weder ist noch nicht ist. Zum anderen kann ich von ihr nicht mal sagen, ob sie ist oder nicht ist, ohne in die Verlegenheit zu geraten, in die die Sprache mich versetzt. Behaupte ich von ihr, dass sie ist, dann mache ich sie zu einem Seienden, das sie jedoch nicht ist. Behaupte ich von ihr andererseits, dass sie nicht ist, dann glaube ich, sie durch meine Behauptung zu einem Nichtseienden zu machen, das sie wiederum nicht ist, während ich sie durch die Behauptung, dass sie nicht ist, zu einem Seienden mache dadurch, dass das absprechende ‚nicht‘ nur durch das ‚ist‘ zu denken und auszusagen ist. Die Sprache verwickelt uns in ein Paradox, und man kommt aus der sprachlichen Verstrickung nicht heraus, solange man versucht, über die Leerheit zu bestimmen, ob sie ist oder nicht ist. Der einzige Weg, zur Einsicht in die Leerheit zu gelangen, ist der Weg Nāgārjunas, auf dem er das Denken so weit führt, bis es sich selber aufhebt. Da die Leerheit weder das Seiende noch das Nichtseiende ist, ist es mir erlaubt, nur vorsichtig auszusagen: Es gibt die Leerheit. Derjenige, der diese Wahrheit einsieht, wird auf das Reden verzichten. Er wird kaum etwas oder nichts zu sagen haben. Die Einsicht in diese Wahrheit führt notwendig zum Schweigen.
http://wittgensteinrepository.org/agora-alws/article/view/2739/3202
Ich nenne es Komplementarität statt Dualität, Ergänzung statt Widerspruch: Sein und Nichtsein ergänzen einander als vermeintliche Gegensätze, doch von ein und derselben Natur, welche wir als die Leere bezeichnen können.
Die Illusion ist dual, die Wirklichkeit ist komplementär.