@raterz:
Du missverstehst hier etwas ganz grundsätzlich. In deiner Vorstellung handelt es sich bei diesen Beschreibungen um eine Art "Wissenschaft", die präzise Aussagen über die Natur der Dinge macht.
Das ist jedoch nicht so.
Vieles von dem, was über die Kundalini gesagt wird, hat nebst einem wörtlichen Sinn einen symbolischen Sinn. Beispielsweise sind die beiden Nebenkanäle, Ida und Pingalam, immer auch Symbole für sämtliche Gegensätze der Welt - heiss/kalt, Frau/Mann, Aufstieg/Abstieg usw. - und nicht ausschliesslich eine präzise Beschreibung energetischer Phänomene.
So ist es möglich, dass im tibetischen Buddhismus der Zentralkanal absolut gerade ist und sich im Kopf nach vorne beugt (wie ein Spazierstock), während im Kundalini-Yoga keine derartige Beugung beschrieben wird. Viele Details stimmen in den beiden Systemen nicht überein. Was ist nun "wahr"? Wer hat "recht"?
Wenn du erst einmal verstehst, dass diese Darstellungen ungefähr so sind, wie verschiedene Sprachen, die über denselben Sachverhalt sprechen, dann begreifst du, dass die Unterschiede zwischen den Systemen gleichzeitig vorhanden und nicht wirklich vorhanden sind. Die Deutschen sagen "Vogel", die Franzosen "oiseau", die Briten "bird".
Wer hat nun Recht? Ist denn jetzt "Vogel" oder "oiseau" oder "bird" korrekt? Oder meinen sie alle bloss das Gleiche? Falls ja, wieso haben sie denn dann aber verschiedene Wörter, die sie benutzen?
Es gibt viele Leute, die herkommen und exakt die Vorwürfe aufstellen, die Systeme seien inkonsistent, sie würden sich in vielen Details widersprechen und so weiter.
Die Beschreibungen der energetischen Systeme des Menschen sind nie präzise, und sie werden es vermutlich auch nie sein. Weil jede Beschreibung sozusagen eine eigene Sprache ist. Dann den Vorwurf aufzubringen, "oiseau" und "bird" seien ja aber offensichtlich verschieden, das heisst, den Sachverhalt nicht richtig zu verstehen.
Und im Endeffekt sind diese Beschreibungen tatsächlich gar nicht allzu wichtig. Ihnen zu viel Bedeutung zuzumessen, heisst, sich in etwas zu verbeissen.