eva hatte von Maria gehört, daß jemand nach der Akasha-Chronik gefragt hatte. Das fand sie sehr interessant. Dieses Wort, akasha, hatte es ihr wirklich angetan. Sie fühlte daran herum und bewegte es in ihrem Mund. Doch es war eine sehr seltsame Frucht. Gleichzeitig nach nichts schmeckend und doch - wenn man genau hinschmeckte - fand man die unglaublichsten Aromen darinnen. Sie lutschte an diesem Wort herum. Es schmeckte so unglaublich fein, so zart, zarter als die feinsten Spinnenweben. Spinnnenweben sind wie dicke Schiffstaue dagegen.
So geriet sie in einen besonderen Zustand und - schwupps - war sie eingeschlafen. Sie wurde aber irgendwann mitten in der Nacht wach. Eine Stimme sprach akasha und sagte:
Schweigen - Fragen - Schweigen - Hören - Schweigen
a - k - a - sh - a
und eva verstand. Ja, so war das auch immer bei ihr. Immer hatte sie diese Fragen zu bearbeiten, für die Bibliothek des Lebens. Und das erste, was ihr immer zu diesen Fragen einfiel, war, daß sie selber gar nichts dazu wußte. Alles eigene Wissen war dann wie weggeblasen, als wenn es nie existiert hatte. Alle eigenen Gefühle waren wie ausgeblasen, nur ein großer Strom von ewiger Liebe erfüllte ihr Herz.
Und dann das Fragen. Sie nahm dann diese Frage in ihr Herz hinein. Sie hatte mal bei einem Bildschirmschoner gesehen, daß der so Wörter auf dem Bildschirm herumbewegte, in Schlangenlinien, dreidimensional, und so herumdrehte. So ähnlich fühlte sich das im Herzen auch an. So eine Frage war wie ein Samenkorn, das darinnen herumwirbelte. Und im Strom dieser Liebe fing es an, langsam lebendig zu werden.
Es wuchs und wuchs, bis es sie ganz ausfüllte. Es war fast, als wenn sie nur zur Frage werden würde, ganz Frage sein. Und dann kam das zweite Schweigen. Dieses Schweigen war schwieriger als das erste, denn die Frage war schon so lebendig und schwubberte und blubberte in ihr herum und fing an zu zappeln und zu zippeln, bis man es kaum aushalten konnte. Und dann muß man schweigen und ruhig sein.
Und erst wenn man ganz still ist, wenn auch die Frage gemerkt hat, daß sie mit allem Zappeln nichts erreicht, und selber fast anfängt, die Blätter hängen zu lassen, weil sie nicht weiterwachsen kann, dann kommt das Hören. Das Hören ist wie das Öffnen einer Tür, durch die Licht in einen dunklen Raum fallen kann.
Das Hören war oft das Ende von ruhig sein. Und dann kam das Schwerste. Schweigend hören. Nicht gleich losrennen und losschreiben. Sondern im Schweigen hören. Keinen eigenen Gedanken daran hängen, sondern einfach weiter hören und dabei schweigen.
Wobei dieses Schweigen nicht eine Bewegungslosigkeit war. Im Gegenteil, da kamen ganz viele Impulse. Sie fing im Hören und im Schweigen dann immer an, durch die Bibliothek zu hüpfen und zu tanzen. Und an welchem Buch sie auch gerade stehenblieb, das machte sie an irgendeiner Stelle auf. Und dort standen dann kleine Puzzleteile. Diese mußte man dann nur noch zur Antwort zusammensetzen.
Ja, also so war das mit der Bibliothek des Lebens.