Vor noch nicht allzu langer Zeit waren Astrologen noch felsenfest davon überzeugt, dass sie beispielsweise Horoskope zuordnen oder charakterliche Tendenzen bei den Horoskopeignern erkennen können.
Und sogar heute geben die Meteorologen an, dass sie Wetter vorhersagen können... siehe etwa die divergenten, auf Wissenschaft basierten Veröffentlichungen zum Klimawandel. Im übrigen gibt es "die Astrologie" ebenso wenig, wie "die Wissenschaft". Das wird von den Astrologiekritikern gern übersehen, und das macht sie letzten Endes ebenso lächerlich wie die pauschalierenden Wissenschaftskritiker. Und dass "Astrologen" (Welche? Wie viele genau? Wer sucht die aus für irgendwelche Studien? Nach welchen statistisch einwandfreien Verfahren werden die Samples gezogen?) zu irgendwelchen Überzeugungen gelangen, sagt über "die Astrologie" ebenso viel aus wie die oben von Skinner zitierten Versuche über die Psychologie... darf ich, nur weil sich ein paar Behavioristen (unter Wahrung wissenschaftlicher Vorgangsweisen) ein paar inzwischen als solche erwiesenen Kurzschlüsse erlaubt haben, gleich die gesamte Psychologie kippen? Oder Wissenschaft überhaupt, weil ja die Anwendung ihrer Kriterien offensichtlich zu Ergebnissen geführt hat, die binnen kurzem schon wieder obsolet waren? Eine solche Reaktion wäre ziemlich schwachsinnig - ebenso wie es evident unsinnig ist, ein generelles Urteil über die Astrologie zu fällen auf der Basis von einzelnen Fehlleistungen.
Da würde ich auch gern mehr drüber erfahren. Inwiefern verträgt sich die Technik in Herzschrittmachern nicht mit der traditionellen Wissenschaftstheorie?
Gern - wobei ich auf Infos aus zweiter Hand zurückgreife, ich programmiere keine Herzschrittmacher. Die neueren Generationen unterscheiden sich, wie ich gelesen habe, von früheren dadurch, dass lineare Steuerungsmodelle durch solche abgelöst wurden, die der chaotischen Komplexität der Regelmechanismen des Herzschlags besser entsprechen. Nun vertragen sich chaotische Modelle ganz schlecht mit traditioneller Wissenschaftstheorie, die ja unter anderem postuliert, dass eine Theorie so formuliert sein müsse, dass sie zu vorhersagbaren und wiederholbaren Ergebnissen führt. Eins der grundlegenden Axiome der Chaostheorie ist eben genau die Nichtvorhersagbarkeit von Entwicklungen innerhalb von selbstreferenziellen nichtlinearen Systemen ... traditionelle Forscher meinen immer noch, man müsse nur genau genug messen und steuern können, dann würde alles hübsch linear und prognostizierbar ablaufen. Im chaostheoretischen Kontext kann ich den Verlauf eines Prozesses innerhalb der Bandbreite eines Attraktors extrapolieren ... was dann vernünftigen astrologischen Aussagen schon sehr nahe kommt, die ebenfalls statt punktgenauer Zuordnung von Ereigniswahrscheinlichkeiten die Attraktoren eines Ereignishorizonts beschreiben.
Ich habe ja auch nicht behauptet, dass Herzschrittmacher auf Mechanismen basierten, die einer wissenschaftlichen Überprüfung nicht standhielten. Es steht dahinter lediglich einiges an Fortschritt in Wissenschafts- und Erkenntistheorie gegenüber jenen Modellen, die Du ganz offensichtlich allein als "beweiskräftig" akzeptieren magst. Ach ja, das Beispiel mit der theoretischen Physik... ganz evident hat Heisenberg mit seiner Unschärfenrelation eine Grenze der materiellen Beweisführung markiert, und die Anschauung der Quantenphysik, wonach etwas mal als Teilchen und mal als Welle auftritt, die Phänomene von scheinbar zeitloser Informationsübertragung zwischen entfernten Zwillingsteilchen, die aus einem Spaltungsprozess hervorgegangen sind und dergl. mehr - da gibt es reihenweise evident Beobachtetes, da gibt es einiges an Therorie dazu und nicht gar so viel über empirische Evidenz hinaus Bewiesenes. Ganz zu schweigen von Sachen wie der String-Theorie, die bislang eingestandenermaßen weder praktisch noch theoretisch beweisbar ist ... andererseits keineswegs Scharen von Wissenschaftlern davon abhält, sich intensiv damit zu beschäftigen. Gödel ind Mathematik wäre auch noch ein paar Sätze wert, aber ich will's ja nicht übertreiben...
müssen wir deshalb alles glauben, nur weil es nicht beweisbar scheint?
Mit solchen Phrasen enttäuscht Du ein bisschen... der Bereich des Glaubens beginnt dort, wo materielle Beweise nicht greifen. Wobei "Glauben" als Begriff definiert werden muss ... als Annahme bildet Glauben die Basis vieler Theorien, auch wissenschaftlicher ... ich kenne keine einzige Disziplin, deren Grundannahmen nicht auf Konsens begründet wären, auf einer Idee von Vernunft, dass es gut wäre, dies oder jenes anzunehmen - bewiesen sind diese Grundannahmen nicht, wie schon Archimedes wusste, der einen Punkt außerhalb des Systems verlangte, um das System aushebeln zu können. Solche Glaubenskontexte unterscheiden sich grundsätzlich von spirituellem Glauben oder von einem Glauben, der einfach auf Unwissenheit beruht. Der langen Rede kurzer Sinn: Es ist oft äußerst vernünftig und evident hilfreich, etwas zu glauben, was man nicht beweisen kann. Davon lebt auch die Wissenschaft.
Jetzt auch von Dir Polimik?
Klar, immer wieder gern. Muss ja auch Spaß machen, und DU hast da sicherlich kein alleiniges Privileg
Muss ich die Sterne deuten können, um die Aussagen zu überprüfen, die sie nach Meinung der Astrologen machen?
Wenn Du auch nur die Basislektionen von Astrologie verstanden hättest, wüsstest Du, dass nach Meinung "der Astrologen" - und diesmal traue ich mich, das wirklich für die Anschauung von gefühlten 95 % der AstrologInnen zu halten - nicht die Sterne sprechen oder Aussagen machen, sondern dass es die Astrologen sind, die aus kosmischen Konstellationen Deutungen ableiten. Selbstverständlich musst Du etwas von Astrologie verstehen, um vernünftige Aussagen über Astrologie machen zu können.
Sollen wir ihn also mit einer Armee ausrüsten und gen Russland ziehen lassen? Merkwürdige Ansicht...
Sollen wir? Wer lässt fragen? De facto ist es genau das, was immer wieder in der Geschichte passiert. Dabbeljuh wurde wiedergewählt... Dinge geschehen in ganzen Zwiebelschichten von Kontexten, da zähle ich auch Dein aufklärerisches Sendungsbewusstsein dazu. Das hat schon seinen Stellenwert, welchen auch immer...
Die Astrologie unterscheidet sich von anderen Glaubenssystemen dadurch, dass sie sich krampfhaft einen wissenschaftlichen Anstrich geben will, obwohl sie sich regelmäßig im diametralen Widerspruch zu ihr befindet.
Naja, immerhin werden Theologie, Philosophie, Psychologie an den Universitäten gelehrt... Wissenschaft ist ja weit mehr als Naturwissenschaft. Ich sehe auch nicht, wo sich "die Astrologie" krampfhaft einen wissenschaftlichen Anstrich geben will ... es gibt auch in Deutschland inzwischen ein paar Dissertationen von AstrologInnen, die approbiert wurden, es gibt AstrologInnen, die Astrologie für eine Wissenschaft halten und andere, denen das schnurz ist - wobei auch hier jeweils, damit man übers Gleiche redet, erst mal zu klären wäre, was genau denn einer mit "Wissenschaft" meint. Wie wissenschaftlich ist zum Beispiel einer, der Studien mit Beweisen verwechselt? Wenn ich davon ausgehe, dass Wissenschaft Modelle zum Weltverständis liefert, dass sich die Welt zugleich aber nicht in dem erschöpft, was wissenschaftlich korrekt modelliert werden kann, dann bleibt auch jenseits von Wissenschaft ein weites Spielfeld für praktischen Umgang mit der Welt, in dem durchaus vernünftig und Evidenz basiert gearbeitet werden kann.
Alles Liebe,
Jake