Judenfeindlichkeit

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Mit dem 2. Weltkrieg begann am 1. September 1939 zugleich die eigentliche nationalsozialistische Vernichtungspolitik. Sein Ziel hatte Hitler schon 1925 in seiner autobiografischen Propagandaschrift „Mein Kampf“ und in vielen öffentlichen Reden zum Ausdruck gebracht: die vollständige Vernichtung des „Weltjudentums“, wie er es nannte. Dazu bot der Krieg den Nazis neue Möglichkeiten. Denn nun war Juden die legale Ausreise aus dem Deutschen Reich nicht mehr möglich. Dies erlaubte die systematische innenpolitische Erfassung und Isolierung der deutschen Juden und brachte dazu Millionen von europäischen Juden in den besetzten Gebieten, vor allem in Polen, der Ukraine, Weißrussland, der Sowjetunion und Ungarn, in die Reichweite der nationalsozialistischen Herrschaft.

Schon im Januar 1939 kündete Hitler in einer Reichstagsrede an, ein neuer Weltkrieg werde die "Vernichtung der jüdischen Rasse in Europa" bedeuten. Im Vorfeld des Polenfeldzugs schlossen SS und Wehrmacht ein Abkommen, das Heinrich Himmler als "Kommissar für deutsches Volkstum" besondere Vollmachten für die zu besetzenden Gebiete gab. Am 20. September 1939 beschlossen Hitler, Himmler, Reinhard Heydrich und Albert Forster als Nahziel, binnen eines Jahres alle Juden aus dem Reich nach Polen zu bringen und dort in Ghettos zu konzentrieren. Man dachte dabei zunächst wohl noch an die Einrichtung eines überwachten „Judenreservats“ an der russischen Grenze.

Im März 1940 wurden die Juden der inzwischen „eingedeutschten“ polnischen Gebiete südlich von Warschau und Lublin zwangsweise „umgesiedelt“. In den größeren polnischen Städten wie Warschau oder Łódź wurden hermetisch abgeriegelte Ghettos für sie eingerichtet. Dort starben daraufhin bereits viele durch Hunger, Kälte und tägliche willkürliche Morde der NS-Wachmannschaften.

Der Wehrmachtsbefehlshaber, Johannes Blaskowitz, protestierte und wurde daraufhin von Hitler kurzerhand abgesetzt. Weiteren Protest seitens der Wehrmachtsführung gab es nicht.
 
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Babi Jar ist der Name einer Schlucht, die außerhalb der Stadt Kiew in der Ukraine lag (mittlerweile innerhalb der Stadtgrenze). Hier wurde ein Massenmord an der jüdischen Bevölkerung durch deutsches Militär verübt, nachdem die Wehrmacht und die SS in Kiew einmarschiert waren. Beteiligt waren Wehrmacht, Angehörige des SD (Sicherheitsdienst), der Polizei, der Geheimen Feldpolizei und der Einsatzgruppe C (Sondereinheit, zuständig für Juden, Zigeuner, Asiaten, Kommunisten), die für die sogenannten Exekutivmaßnahmen gegen die Zivilbevölkerung zuständig war.

Mit Plakaten wurden die Juden, die sich noch in der Stadt befanden, aufgefordert, sich an bestimmten Stellen zur "Umsiedlung" zu melden. Die Mörder waren vom Erfolg dieses Aufrufs selbst überrascht: Obwohl man zunächst nur mit einer Beteiligung von etwa 5.000 bis 6.000 Juden gerechnet hatte, fanden sich über 30.000 Juden ein, die infolge einer überaus geschickten Organisation bis unmittelbar vor der Exekution noch an ihre Umsiedlung glaubten. Die Juden wurden zusammengetrieben und zur Schlucht eskortiert. Sie mussten in der Nähe der Schlucht ihre Wertsachen abgeben und sich ausziehen, dann wurden sie in die eigentliche Schlucht geführt und ermordet.

Entsprechend dem Einsatzbefehl wurden am 29. September und 30. September 1941 - 33.771 Juden bei Babi Jar systematisch durch Maschinengewehrfeuer ermordet. Die Wehrmacht leistete hier logistische Beihilfe, indem sie die Stadt und die SS absicherte und nach dem Massaker Teile der Schluchtwände sprengte, um mit dem abgesprengten Schutt die Leichenberge zu verstecken, dann wurde das Massengrab planiert. Bis zum 12. Oktober wurden insgesamt 51.000 Juden ermordet. Die Sachen der ermordeten Menschen wurden in einem Lagerhaus aufbewahrt und an Wehrmachtssoldaten verteilt.

Einer der Mörder sagte später aus: "Die Juden mussten sich mit dem Gesicht zur Erde an die Muldenwände hinlegen. In der Mulde befanden sich drei Gruppen mit Schützen, mit insgesamt etwa 12 Schützen. Gleichzeitig sind diesen Erschießungstrupps von oben her laufend Juden zugeführt worden. Die nachfolgenden Juden mussten sich auf die Leichen der zuvor erschossenen Juden legen. Die Schützen standen jeweils hinter den Juden und haben diese mit Genickschüssen getötet. Mir ist heute noch in Erinnerung, in welches Entsetzen die Juden kamen, die oben am Grubenrand zum ersten Mal auf die Leichen in der Grube hinunterblicken konnten."

Weitere Massenmorde an sowjetischen Militärgefangenen und Zivilbevölkerung unterschiedlicher Nationalitäten wurden systematisch ausgeführt. Den unterschiedlichen Schätzungen zufolge wurden 150.000 bis 200.000 Menschen hingerichtet. Im November 1943 wurde Kiew durch die Rote Armee befreit.

Babi Jar diente bis August 1943 als Mordstätte; dann mussten jüdische KZ-Häftlinge die Leichen exhumieren und verbrennen, um die Spuren der Massenmorde zu verwischen. Doch es blieben genügend Hinweise auf das Massaker zurück, die später von der vorrückenden Roten Armee gefunden wurden. Außerdem sind die Massenmorde durch Aussagen von Tätern, Zuschauern und einigen Überlebenden dokumentiert.
 
Am 9. September 1941 ordnete die Polizei an, dass alle Juden künftig einen gelben Stern in Form eines Davidssterns gut sichtbar an der äußeren Kleidung zu tragen hätten. Im Januar 1942 wurde alle ihre Wolle und Pelze beschlagnahmt. Ab März des Jahres mussten auch die Wohnungen der im Reich verbliebenen Juden mit einem „Judenstern“ gekennzeichnet werden. Sie durften öffentliche Verkehrsmittel nur noch in Ausnahmefällen benutzen.

Auch Juden im Alter von über 65 Jahren, die bis dahin verschont worden waren, mussten nun die Deportationszüge besteigen. Die Presse durfte nichts mehr über diese Maßnahmen berichten. Ab 19. Oktober 1942 erhielten die verbliebenen Juden wichtige Nahrungsmittel wie Fleisch, Weizenprodukte, Milch, Kunsthonig, Kakaopulver nicht mehr. Lebensmittelsendungen ins Ausland wurden von ihren Rationen abgezogen, Sonderzuteilungen für Kranke gestrichen.

Im Februar 1943 waren alle Beschäftigungsverhältnisse zwischen Deutschen und Juden aufzulösen. Im April 1943 wurde allen Juden und Zigeunern die deutsche Staatsbürgerschaft aberkannt. Da Deportationen und Vergasungen in den Lagern längst im vollen Gange waren, war diese Maßnahme nur noch ein Beispiel zynischer bürokratischer Perfektion ohne rechtliche und faktische Bedeutung.

Es folgte das Verbot für die noch übrigen Juden, bei Rechtsstreitigkeiten den ordentlichen Rechtsweg vor deutschen Gerichten zu nutzen. Strafbare Handlungen, die sie begingen, wurden direkt von der Polizei geahndet. Angehörige von Deportierten konnten keine Ansprüche auf deren Besitz mehr geltend machen; dieser fiel an das Reich. Diese vollständige Entrechtung machte die noch im Reich lebenden Juden parallel zum Holocaust zum Freiwild.

Relativ geschützt vor der Ausrottung waren nur noch Juden in „Mischehen“ (Ehe zwischen Personen unterschiedlicher ethnischer, konfessioneller oder religiöser Zugehörigkeit) oder ausländischer Staatsangehörigkeit. Auch deren Rechte wurden immer weiter eingeschränkt: Man erwog, sie zu sterilisieren oder ihre Ehen aufzulösen. „Mischlinge“ durften ab September 1942 keine höheren Schulen mehr besuchen; Soldaten unter ihnen mussten die Wehrmacht verlassen. Nach dem misslungenen Attentat auf Hitler am 20. Juli 1944 wurden auch alle Beamten entlassen, die mit „jüdischen Mischlingen“ verheiratet waren. Im Januar 1945 wurden alle „Mischlinge“ zum „geschlossenen Arbeitseinsatz“ befohlen.

Auf seine Vernichtungsdrohung vom Januar 1939 kam Hitler im Kriegsverlauf oft zurück. So beklagte er 1943 in einer Reichstagsrede, für diese Prophezeiung ausgelacht worden zu sein und schloss an:

"Unzählige von denen, die damals gelacht haben, lachen heute nicht mehr."
 
Einsatzshoots.jpeg

Erschiessungen in Winnyzja (Ukraine), 1942


Die „Einsatzgruppen (EGr) der Sicherheitspolizei und des SD“ wurden im 2. Weltkrieg als deutsche Sondereinheit, deren Führungspersonal aus Angehörigen der Geheimen Staatspolizei (Gestapo), Kriminalpolizei und des Sicherheitsdienstes (SD) bestand, für den Einsatz im Russlandfeldzug ("Fall Barbarossa") aufgestellt, um in den zu erobernden "Ostgebieten" neben der Wahrnehmung sicherheitspolizeilicher Interessen vor allem den politischen Gegner (kommunistische Funktionäre) sowie alle „rassisch Minderwertigen“ (Juden, Zigeuner, Asiaten) zu eliminieren.

Einsatzgruppen
 
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