Als das Christentum im Römischen Reich 380 zur Staatsreligion erhoben wurde, fand sich rasch ein Betätigungsfeld: Die Todeslust verkehrte sich in Mordlust gegen Andersdenkende, Abweichler von der reinen Lehre und Ungläubige. "Deus lo vult", "Gott will es", lautete das Losungswort für das mörderische kirchliche Unternehmen zu Beginn des zweiten christlichen Jahrtausends: die Kreuzzüge. Die Päpste hatten die gesamte Christenheit aufgerufen, Jerusalem und das heilige Land von muslimischer Herrschaft zu befreien. Den Kreuzfahrern winkte neben der Hoffnung auf fette Beute der vollkommene Ablass aller Sündenstrafen.
Auf mindestens sechs Kreuzzüge wüteten die christlichen Heerscharen zwischen 1096 und 1291 nicht nur in Palästina. Sie verwüsteten nebenbei das christliche Konstantinopel (1204) und schlachteten auf dem Weg ins Heilige Land schon daheim Juden ab, die ihnen in die Quere kamen - alles zur größeren Ehre Gottes.
Bei der Eroberung 1099 Jerusalems fielen die Kreuzfahrer in einen Blutrausch. Auf dem Tempelberg veranstalteten sie, so ein Augenzeuge, ein solches Gemetzel, "dass die Unsrigen bis zu den Knöcheln im Blut wateten". Anschließend plünderten sie die Häuser der Reichen und gingen dann, "vor Freude weinend ... um das Grab unseres Erlösers zu verehren". Insgesamt kamen nach groben Schätzungen bei den Kreuzzügen über fünf Millionen Muslime, Juden, Christen der byzantinischen Kirche sowie christliche Eroberer um. Der Hass der Muslime gegen die Christen, der später die "heiligen Kriege" des Islam gegen den Westen auslöste, hat nicht zuletzt in den damaligen Gemetzeln seine Wurzeln. Und die Kreuzzüge waren kein Ausrutscher, sondern sie gehörten zum kirchlichen System, das stets neben den Friedfertigen auch die Wahnwitzigen in seinen Reihen bediente. Hand in Hand mit Bischöfen, Kaisern, Königen und Fürsten verfolgten Päpste über mehr als fünf Jahrhunderte alle, die es wagten, Gott anders zu verehren, als die Hüter der allein selig machenden Kirchenlehre es vorschrieb. Vom 13. Jahrhundert bis über die Aufklärung hinaus zog die Inquisition eine grausige Blutspur. Mindestens eine Million Menschen kamen nach Schätzungen durch die geistlichen Tribunale zu Tode. Besonders übel ging es dabei in Spanien zu. Der spanischen Inquisition, in den siebziger Jahren des 15. Jahrhunderts eingesetzt, fielen vor allem Hunderttausende zum Christentum übergetretene Juden ("conversos") und islamische Mauren ("moriscos") zum Opfer. Ihnen wurde vorgeworfen, heimlich weiter an ihrem alten Glauben zu hängen. Der Dominikanermönch Tomás de Torquemader, der erste spanische Großinquisitor, ließ in einem Jahr 12.000 angebliche Häretiker verbrennen.
Da war es nur konsequent, dass die spanischen Konquistadoren dieselben Methoden auch bei den Heiden der neuen Welt anwandten, sofern sie sich weigerten, ihren Göttern abzuschwören und sich zum Gott ihrer Eroberer zu bekennen. Das Ergebnis war ein Völkermord an Millionen Indianern. Die Konquistadoren, ermutigt von den sie begleitenden Klerikern, verübten eine endlose Kette von grausamen Verbrechen. "Die Indios", beschreibt Joachim Kahl in seinem Essay "Das Elend des Christentums" die Gräueltaten, "wurden gepfählt, gehängt oder langsam bei lebendigem Leibe geröstet."
Einen weiteren Gipfel erklomm der perverse Ungeist der Inquisition in der 500 Jahre andauernden Hexenverbrennung, die sich vor allem aus zwei Quellen speiste: aus dem magischen Weltbild des Mittelalters, das bevölkert war von Zauberern und bösen Geistern, und aus der im Christentum tief verwurzelten Angst vor der Frau als Verführerin. Papst Gregor IX. (1227 bis 1241) gab den Befehl, Hexen zu verfolgen. Etliche seiner Nachfolger legitimierten die Praxis. Die erste Hexe wurde 1275 in Toulouse verbrannt. Insgesamt kamen in Europa nach vorsichtigen Schätzungen 50.000 bis 80.000 Frauen um, darunter 1431 das Landmädchen Jeanne d`Arc, das als Jungfrau von Orléans in die Geschichte eingegangen ist. Die Protestanten standen den Katholiken nicht nach. In Evangelischen Landen wurden nicht weniger Frauen umgebracht als in katholischen Regionen. Besonders arg grassierte die Hexenverbrennung in Deutschland. Hier erschien 1487 das Pamphlet "Malleus maleficarum", der Hexenjammer, geschrieben von den zwei Dominikanern Heinrich Institoris und Jakob Sprenger, das Standartwerk der christlichen Frauenfeinde schlechthin. In Bamberg wurden in einem einzigen Jahr 600 Frauen hingerichtet, im rheinischen Siegburg 200, im hessischen Fulda in drei Jahren 205. Die letzte Hexe wurde 1793 in Posen hingerichtet.
Die wohl schwerste Schuld hat die katholische Kirche gegenüber den Juden auf sich geladen. Bereits im Urchristentum blühte ein heftiger Antijudaismus gegen die "Christusmörder", und diese Tradition blieb die Kirche bis ins 20. Jahrhundert treu. Ohne den christlichen Antijudaismus wäre der Holocaust der Nazis vermutlich nicht möglich gewesen. "Hep!", hatten die Mörder schon vor 1.000 Jahren gebrüllt, als sie in die Gassen der Juden eindrangen. "Hierosolyma est perdita", lautete die Auflösung des Kürzels - Jerusalem ist zerstört worden. "Hep!", das blieb der Schlachtruf für die Judenpogrome bis in die Hitler-Zeit. Wie viele Juden im Laufe der Kirchengeschichte mit Billigung der Kirche oder gar auf ihren ausdrücklichen Befehl umgebracht wurden, darüber gibt es keine verlässlichen Zahlen. Für die meisten Päpste bis in die angehende Neuzeit blieben die Juden das, was sie für Innozenz III. (1198 bis 1216) waren: "von Gott verfluchte Sklaven".
Es war die Bewegung der Aufklärung, die dem mörderischen Treiben ein Ende machten. Deren Ideale - Vernunft, Menschenwürde, Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit, Toleranz - erfassten zwischen dem 17. und 19. Jahrhundert die ganze westliche Welt, sie zerbrachen die indoktrinäre Macht der Kirche. Ketzer- und Hexenverbrennung wurden allenthalben vom Staat verboten. Die Inquisition erlahmte selbst in Spanien. 1808 erklärte Joseph Bonaparte, ein Bruder Napoleons, das christliche Folterinstrument für abgeschafft. Doch erst 1826 wurde in Valencia der letzte Ketzer gehenkt.