Hallo Biene (Sabiene?).
Knifflige Sache mit Deinem Bruder. Aber durchaus zu lösen.
Wenn Du genau um Dich herum schaust siehst Du, dass jeder Mensch destruktive Verhaltensweisen hat - nicht immer so stark ausgeprägt wie bei Deinem Bruder, aber grundlegend gleich: Menschen rauchen oder trinken zuviel Alkohol und finden auch sonst genügend Möglichkeiten, sich selbst zu sabotieren. Warum tun sie so etwas?
Um zu verstehen wie etwas IST, um zu verändern, was sein SOLL hilft der Blick zu zurück, wie es ENTSTAND. Lass uns deshalb zunächst zusammen überlegen, wie es entstand - dann können wir prüfen, was wir tun können um die Zukunft zu verändern.
Ich möchte nun gerne den ersten Schritt vorwegnehmen und erklären, wie der Zustand Deines Bruders ENTSTAND - während Du prüfst, ob dies zutreffen könnte. Das bisschen Arbeit sollte Dein Bruder uns wert sein!

Ok ? Dann los:
Als wir klein waren waren wir gewohnt, für unser Verhalten jeweils belohnt zu werden, wenn wir lieb waren, oder bestraft zu werden wenn wir böse waren. Unsere Eltern bekamen mit, was wir taten, und waren fast immer zur Stelle, wenn es Lob oder Kritik zu verteilen gab. Unsere Eltern brachten uns so bei, was in unserer Gesellschaft als Gut und als Schlecht gilt, damit wir in diese Gesellschaft hineinpassen.
So haben wir - schon von Kindesbeinen an - die grundlegenden moralischen Verhaltensregeln gelernt: "Wenn ich gut bin werde ich belohnt - wenn ich schlecht bin werde ich bestraft".
In einer idealen Welt wäre dies ja auch nur gerecht und fair. Aber in der Realität ist es Mami und Papi nicht immer aufgefallen, wenn wir etwas Schlechtes taten. Und selbst
wenn sie es manchmal doch gemerkt haben waren sie vielleicht gerade zu müde oder beschäftigt, um konsequent auf unser Verhalten zu reagieren.
Aber es gibt jemanden, der all unsere Fehltritte mitbekommen und sich
alles gemerkt hat:
wir selbst ! Das ist heute nicht anders als früher - und nicht nur das: wir haben
zusätzlich auch all die kleinlichen, gemeinen, hinterhältigen, neidischen, boshaften, grausamen und haßerfüllten Gedanken mitbekommen, die uns jemals durch den Kopf gegangen sind. Sie alle sind in unserem Unterbewusstsein abgespeichert, und erzeugen in uns ein Bild von uns selbst, dass negativ und schlecht ist. Weil wir uns wiederum für schlecht und gemein halten (!), aber von niemandem mehr "dafür" bestraft werden, bestrafen wir uns selbst - ohne uns dessen bewusst zu sein !!
Es gibt viele Möglichkeiten, sich selbst zu sabotieren und zu bestrafen: man kann vorzeitig von der Schule abgehen, eine schlechte Stellung annehmen und sich dort quälen, einen Partner wählen, der einen (verbal oder körperlich) misshandelt, mehr Geld ausgeben als man zur Verfügung hat (Spieler, Zocker..). Man kann Nikotin, Alkohol oder Drogen nehmen und so Selbstmord auf Raten begehen. Andere werden krank, fügen sich Verletzungen zu (kennst Du Menschen, die sich auffallend häufig verletzen?) und auch sonst Dinge tun, von denen man eigentlich genau weiss, dass sie falsch sind - aber irgendetwas zwingt einen dazu, es
dennoch zu tun.
So besuchen wir zB Seminare - um sie anschliessend NICHT umzusetzen; geben mehr Geld aus als wir haben - was uns in schlimme finanzielle Situationen bringt; tun Sachen, von denen uns alle eindringlch abraten - die Liste ist lang, und Du kannst bereits feststellen, dass diese Verhaltensmuster mit denen Deines Bruders auffallend übereinstimmen.
Besserung tritt ein, wenn wir unser Verhalten
UND DIE MOTIVE FÜR DIESES VERHALTEN ERKENNEN - und uns dann zum ersten Mal fragen, ob wir uns nicht schon genug bestraft haben.
Dein Bruder sucht noch nach Strafe, und seine Motivation erfährt er aus den hohen Idealen von Buddhismus etc.
Er übersieht, dass sein Wert als Mensch niemals gelitten oder geschwunden ist, und so lautet die Parole für ihn, zunächst seinen Wert als Mensch wiederzuentdecken. Frag ihn mal, welchen Wert auf einer Skala von 1 bis 10 er sich selbst geben würde - es wird Dir helfen, ihn zu
verstehen. Sonst kannst Du ihm nicht helfen.
Viel Erfolg!
KTG