Grundeinkommen für eine bessere Zukunft

Ich finde, dein ganzer Vorschlag steht im Widerspruch zur grundgesetzlichen Zielsetzung unseres Landes, die Würde des Menschen zu achten und zu schützen.

Knapp die Hälfte derer, die in Deutschlang staatliche Leistungen beziehen, sind aus verschiedenen Gründen nicht erwerbsfähig, sind zu alt, zu jung, zu krank, oder sie kümmern sich z.B. um pflegebedürftige Angehörige. Die können alle nichts dafür, dass sie auf Hilfe angewiesen sind.
Aber auch unter den Erwerbsfähigen haben die allermeisten nicht nur unverschuldet ihre Anstellung verloren, sie haben zuvor auch in die Arbeitslosenversicherung einbezahlt, nicht selten für Jahrzehnte. Die haben schon deshalb einen Anspruch darauf, Leistungen zu erhalten. Der eigentliche Skandal dabei ist für mich der Umstand, dass man so schnell aus dem ALG I rausfällt.

All diese Menschen haben nichts Unrechtes getan, sie sind keine Bittsteller und müssen sich für nichts schämen. Mit welchem Recht sollte sie der Staat also dermaßen gängeln, so stark in ihre persönliche Lebensführung eingreifen dürfen und ihnen vorschreiben wo sie was zu kaufen haben, ob ihnen Fleisch erlaubt ist und wie ihre Wohnung möbliert zu sein hat? Wir leben in einem Sozialstaat, auch das ist im deutschen Grundgesetz verankert. Das heißt, es ist eine Selbstverständlichkeit denen zu helfen, die bedürftig sind, ein Grundpfeiler unseres Zusammenlebens, keine Gefälligkeit, kein Akt der Gnade. Vor allem gibt es der Gesellschaft nicht das Recht, nach Belieben auf Leistungsempfängern herumzutrampeln, ihnen die Fähigkeit abzusprechen, mit Geld umgehen zu können, oder sie an jeder Ladenkasse der erniedrigenden Prozedur auszusetzen, Gutscheine und ihren Ausweis zur Feststellung der Personalien hervorzukramen.
Weißt du, was für mich eine Gängelung durch den Staat darstellt? Dass der Staat hergeht und sagt "du hast zwar dein Geld verdient, aber jetzt zahlst du bitte erstmal hier in diese Arbeitslosenversicherung ein" - und wenn ich dann mal drauf zugreifen will, was passiert dann? Du sagst es ja selbst, dann fall ich schnell ausm ALG I raus und leb dann von Hartz 4 - genauso wie Leute, die anders als ich vielleicht gar nicht eingezahlt haben. Der Staat geht genauso her und lässt mich in eine Rentenversicherung einzahlen, aus der ich vermutlich keinen einzigen Cent mehr wiedersehen werde. Findest du das keine Gängelung? Keine Bevormundung? Wir zahlen für allerlei Zeug ein und egal, ob wir uns angestrengt haben, ob wir gespart haben, ob wir hart gearbeitet haben, ob wir nochmal extra gegeben haben, wenns wirklich hart auf hart kommt sind wir genauso gefistet wie die Leute, die schlau genug waren einfach nix davon zu tun. Und das ist Würde?

Alle Grundrechte stehen unter dem sog. "Vorbehalt des Möglichen". Heißt auf Deutsch: die Ganze Diskussion muss sich daran messen lassen, was praktisch durchführbar ist. Und ich frag mich; was für Konzepte haben wir da am Plan? Die einen sagen; einfach mehr Kohle auszahlen. Das ist ganz nett. Wie wird es aber finanziert? Dann kommen meist irgendwelche Ideen, "die Reichen" mehr zu besteuern. Leider funktioniert das in der Praxis nicht wirklich, weil die Reichen deswegen reich sind, weil sie schlau sind und mit Geld umgehen können. Und in einer globalisierten Welt kann sich kein Gesetzgeber ein Steuergesetz ausdenken, das so wasserdicht wäre, dass ein findiger Unternehmer nicht nen Weg drumrum findet.

Außerdem muss ich noch eins dazusagen; anders als das BGE war mein Vorschlag nicht dazu gedacht, alle anderen Sozialleistungen zu ersetzen. Genau das finde ich nämlich das schlimme am BGE; dass ein junger, gesunder, motivierter Mann genausoviel kriegen soll wie ein pflegebedürftiger, schwerkranker 80Jähriger. Gerade Sozialleistungen sollen sich nach Bedarf richten! Meine Idee war vielmehr als Zusatz gedacht, eventuell als Teilersatz zu Hartz-4, bei gleichzeitiger Verlängerung des ALG I - aber halt bedingungslos. Nach der Idee der BGE-Befürworter würde gerade diese Bedingungslosigkeit ja total viele positive Effekte haben (Anreiz für Jungunternehmer und Selbstständige, etc).

Und was soll das Ganze überhaupt bringen? Die Höhe der Leistungen orientiert sich ohnehin schon am Existenzminimum, viel mehr als "günstige und nützliche Produkte" zu kaufen, ist mit Hartz-IV sowieso nicht drin. Wo soll also das Einspaarpotenzial liegen? Zumal es nicht gerade billig werden wird, jeden Monat bundesweit ein paar hundert Millionen Euro in Klein- und Kleinstbeträgen per gebündelten Gutscheinen abzurechnen.
Hier ist das Problem; ich hätte gern mal, dass du mir vorrechnest, wie ein Single, der H4 bezieht, nichts anderes als "günstige und nützliche Produkte" kauft und am Ende des Monats nichts mehr übrig hat. Das ist übrigens mein Ansatz; ich glaube nicht, dass es sinnvoll ist, den Leuten immer und immer mehr Geld in den Rachen zu stopfen. Viel sinnvoller wäre es, den Leuten mal beizubringen, wie man mit Geld umgeht. In der Schule schon. Warum lernt man sowas nicht? Das wäre echt wichtig.


Ich glaube aus anderen Beiträgen von dir herausgelesen zu haben, dass du nicht nur ein Freund unseres kapitalistischen Systems bist, sondern dir ganz allgemein sogar noch mehr "Liberalisierung" wünscht. Ein Standpunkt, den man vertreten, und den ich zwar weitgehend nicht teilen, aber irgendwie noch nachvollziehen kann. Was ich aber ganz und gar nicht verstehe ist, warum die Gewinner so einer neoliberalen Wirtschaftsordnung, den Verlierern oftmals nicht das Schwarze unterm Fingernagel gönnen. Das kann doch nicht nur ökonomische Gründe haben.
Inwiefern bin ich "Gewinner" so einer Wirtschaftsordnung? Ich verfolge ein paar ganz einfache Grundgedanken:
1. In einer kapitalistischen Wirtschaftsordnung finden Vermögensverschiebungen in erster Linie freiwillig statt. Wer reich ist, ist es geworden, weil er Leuten Sachen gegeben haben, die diesen Leuten Geld wert war.
2. Ich finde es unfair, Leuten per Gewaltanwendung Geld wegzunehmen.
3. Ich glaube, dass der Staat schlechter mit Geld umgehen kann als Private es könnten (wenn sie wollten).

In einer Wirtschaftsordnung, wie ich sie mir wünsche, lernen Leute den Wert von Geld und kriegen nicht von klein auf eine Neidmentalität eingetrichtert. Auch kleine Arbeitnehmer haben am Ende mehr Geld in der Hand. Sie müssen natürlich auch mehr ausgeben (sich also selbst um ihre Versicherung etc kümmern), dafür werden sie aber nicht auf einen gewissen Weg gezwungen. Es darf ruhig weiter öffentliche Versicherungsprogramme geben, aber doch bitte nicht auch Pflichtbasis. Für Leute, die sich richtig arg vertun sollte insofern ein Sicherheitsnetz bestehen, damit die nicht auf der Straße leben müssen und genug Geld für Essen haben - aber nicht mehr. Das Problem ist; würden wir das von heute auf morgen einführen, würde das total schiefgehen, weil große Teile unserer Gesellschaft keine Vorstellung von Selbstverantwortung mehr haben. Das müssten wir peu a peu wieder einführen.
 
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1. In einer kapitalistischen Wirtschaftsordnung finden Vermögensverschiebungen in erster Linie freiwillig statt. Wer reich ist, ist es geworden, weil er Leuten Sachen gegeben haben, die diesen Leuten Geld wert war.
Das war ursprünglich mal so, ist heute eher die Ausnahme. Heutzutage wird Reichtum überwiegend nur noch vererbt, mit Geldgeschäften ohne Mehrwert für die Gesellschaft oder gleich mit krummen Geschäften gemacht.

2. Ich finde es unfair, Leuten per Gewaltanwendung Geld wegzunehmen.
Das müsste auch nicht sein, wenn die Grosseigentümer den Grundsatz "Eigentum verpflichtet" ernst nehmen und freiwillig die nötigen Soziallasten tragen würden.
Das jedoch wird nie passieren, denn wie du selbst anmerkst, sind "die Reichen" so schlau, dass sie nur das zahlen, was sie unbedingt müssen. Wenn kein Zwang mehr da ist wird halt gar nichts gezahlt und die absolute Mehrheit der Bevölkerung würde glattweg verhungern müssen, schliesslich kann die Unterschicht gar nichts zahlen und die verschwindende Mittelschicht nur wenig.
Dass das nicht im Sinne unseres Staates ist, daran kann ich nichts verwerfliches sehen.

3. Ich glaube, dass der Staat schlechter mit Geld umgehen kann als Private es könnten (wenn sie wollten).
Das "wollen" ist ja wie gesagt der Knackpunkt. Die Mehrheit der Reichen will mit seinem Geld nicht verantwortungsvoll umgehen.

In einer Wirtschaftsordnung, wie ich sie mir wünsche, lernen Leute den Wert von Geld und kriegen nicht von klein auf eine Neidmentalität eingetrichtert. Auch kleine Arbeitnehmer haben am Ende mehr Geld in der Hand.
Das wage ich zu bezweifeln. Kleine Arbeitnehmer verdienen gerade so viel, dass sie jetzt schon mit jedem Cent haushalten müssen. Wie soll sich das bisschen, das komplett für den Lebensunterhalt draufgeht, von selbst vermehren?
Sie müssen natürlich auch mehr ausgeben (sich also selbst um ihre Versicherung etc kümmern), dafür werden sie aber nicht auf einen gewissen Weg gezwungen. Es darf ruhig weiter öffentliche Versicherungsprogramme geben, aber doch bitte nicht auch Pflichtbasis.
Gibt doch genug Länder, in denen man sich prinzipiell selbst, also privat, versichern muss. Was dabei rauskommt, sieht man auch: Millionen können sich keine Krankenversicherung leisten und müssen an einfachsten Krankheiten sterben, weil sie sich die Behandlung natürlich auch nicht leisten können.
Für Leute, die sich richtig arg vertun sollte insofern ein Sicherheitsnetz bestehen, damit die nicht auf der Straße leben müssen und genug Geld für Essen haben - aber nicht mehr.
Gibts schon, nennt sich ALGII/Sozialhilfe. Ist halt das absolute Existenzminimum.
Das Problem ist; würden wir das von heute auf morgen einführen, würde das total schiefgehen, weil große Teile unserer Gesellschaft keine Vorstellung von Selbstverantwortung mehr haben. Das müssten wir peu a peu wieder einführen.
Tja, Selbstverantwortung muss man sich auch leisten können. ;)
 
Das müsste auch nicht sein, wenn die Grosseigentümer den Grundsatz "Eigentum verpflichtet" ernst nehmen und freiwillig die nötigen Soziallasten tragen würden.
Tja, so ist das eben, weil der Mensch eben so ist.
Kapitalismus ist die ungleichmäßige Verteilung des Reichtums,
Sozialismus die gleichmäßige Verteilung der Armut.
Und noch nie sind die Armen reich geworden, indem man die Reichen arm macht, das ist eine sozialistische Utopie.
 
Fazit: Wir brauchen ein neues System.
Neuer Wein in alten Schläuchen meinst Du.
Wir brauchten wohl eher eine neue Menschheit.
Platon beschreibt vor 2400 Jahren in "Staat"das Prinzip einer kommunistischen Gesellschaft.
Sein Schüler Aristoteles schreibt die erste Kritik des Kommunismus.
"Wo Alles Allen gehört, gehört keinem etwas, und niemand fühlt sich mehr verantwortlich"
 
Weißt du, was für mich eine Gängelung durch den Staat darstellt? Dass der Staat hergeht und sagt "du hast zwar dein Geld verdient, aber jetzt zahlst du bitte erstmal hier in diese Arbeitslosenversicherung ein" - und wenn ich dann mal drauf zugreifen will, was passiert dann? Du sagst es ja selbst, dann fall ich schnell ausm ALG I raus und leb dann von Hartz 4 - genauso wie Leute, die anders als ich vielleicht gar nicht eingezahlt haben. Der Staat geht genauso her und lässt mich in eine Rentenversicherung einzahlen, aus der ich vermutlich keinen einzigen Cent mehr wiedersehen werde.
Ich denke jeder der so argumentiert sollte sich mal ganz genau seinen Lohn-/Gehaltszettel anschauen und mal ausrechnen welchen Betrag er in einem Arbeitsjahr in die Arbeitslosen- oder Rentenversicherung einzahlt und was hinterher in einem Jahr als Auszahlung erwartet wird.
Ich finde immer Zahlen am aussagekräftigsten.

Dieses gesamte Sozialsystem krankt von vorne bis hinten und wird erbarmungslos ausgebeutet. Das was damals "Sozialhilfe" hieß war als Überbrückung in Nortfällen gedacht, nicht als Ernährungsgrundlage über Generationen.

Meine eine Tochter lebt - verheiratet - in einem Land, das kein Sozialstaat ist und die jungen Leute zahlen jeden Monat 4stellig in ihre Rentenkasse, damit sie im Alter (hoffentlich) gut leben können.
Da darf nicht viel passieren, da darf das Einkommen nicht wegfallen, durch Krankheit/Unfall/Jobverlust, denn das interessiert niemanden, da gibt es keine Institution die solche Menschen auffängt. Und wer "nur" einer einfachen Tätigkeit nachgeht, hat halt keine Rentenversicherung, weil er sich die Beiträge nicht leisten kann.

R.
 
Mach dir über den Restmüll nicht so viele Gedanken. Die Roboter die dies in Zukunft machen, werden schon entwickelt, und dann wird gaaaaanz langsam der Mensch abgeschafft,
Das ist jetzt vielleicht etwas am Thema vorbei, aber bei uns wird der Müll grundsätzlich nur von einer Person abgeholt und das ist der Fahrer der LKWs. Wir müssen die Tonnen in einer ganz bestimmten Richtung bereitstehen, so dass sie mit einem Greifer hochgehoben, geleert und wieder abgesetzt werden können. Der Fahrer steigt dafür nicht 1x aus, und wer die Tonne falsch hinstellt bekommt sie halt nicht geleert.
Also für diese Tätigkeit brauchts keine Roboter ......

R.
 
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Neuer Wein in alten Schläuchen meinst Du.
Wir brauchten wohl eher eine neue Menschheit.
Platon beschreibt vor 2400 Jahren in "Staat"das Prinzip einer kommunistischen Gesellschaft.
Sein Schüler Aristoteles schreibt die erste Kritik des Kommunismus.
"Wo Alles Allen gehört, gehört keinem etwas, und niemand fühlt sich mehr verantwortlich"
Ich weiss du zitierst gerne plotinus, obwohl du hervorragend denken kannst. :whistle:

Ich habe "neues" extra fett markiert. Und ich ich meine auch neu, im Sinne von noch nicht da gewesen.
 
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